Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 507/90
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 432/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 1. März 1994 und der Bescheid der Beklagten vom 27. März 1990 abgeändert und festgestellt, daß die BK ein kumulativ toxisches und allergisches Kontaktekzem bei Sensibilisierung gegen Nickel, Ammoniumthioglycolat, Koloquintenextrakt, Ammoniumpersulfat und Glycerylmonothioglycolat zur Folge hatte. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte u.a. eine Nickelallergie als Folge einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) anzuerkennen und der Klägerin Verletztenrente zu gewähren hat.
Die im Jahre 1965 geborene Klägerin durchlief vom 3. August 1982 bis 8. Juli 1985 im Friseursalon B. eine Ausbildung zur Friseuse. Vor Beginn der Ausbildung wurde sie am 21. April 1982 von Prof. Dr. P. Hautklinik der Städtischen Kliniken K., im Epicutantest auf Standardsubstanzen und Friseurstoffe getestet. Dabei kam es zu keinen positiven Reaktionen. Am 29. Juli 1982 erfolgte eine Erstuntersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz durch den praktischen Arzt Dr. H ... Dabei wurden keine Hautveränderungen bemerkt. 1983 wurden von Dr. H. erstmals Hauterscheinungen im gesamten Bereich der Hände und Unterarme, insbesondere im Bereich der Finger bzw. Interdigitalfalten, festgestellt. Vom 20. August bis 24. August 1984 und 3. September bis 8. September 1984 war die Klägerin deswegen arbeitsunfähig geschrieben. Die sie ab 20. August 1984 behandelnde Hautärztin Dr. L. führte am 21. August 1984, 3. September 1984, 1. Oktober 1984 und 23. Juli 1985 Testuntersuchungen mit mitgebrachten Substanzen sowie nach der Standardreihe u.a. Friseurstoffreihe durch und diagnostizierte ein allergisches Kontaktekzem beider Hände auf spezielle Berufsstoffe, Nickel, Kobalt und Neomycinsulfat bei atopischer Konstitution. Im Allergiepaß wurde der Klägerin eine Sensibilisierung gegen Ammoniumthioglycolat, Kloquintenextrakt sowie Ammoniumpersulfat bescheinigt. Wegen ständiger Intensivierung der Krankheitssymptome und immer kürzer werdender freier Intervalle gab die Klägerin auf ärztlichen Rat nach erfolgreich bestandener Gesellenprüfung den Beruf als Friseuse auf. Bei der letzten Untersuchung durch Frau Dr. L. am 26. Juli 1985 waren die Hauterscheinungen gut gebessert. Auch der Hausarzt Dr. H. stellte fest, daß kurz nach Aufgabe des Friseurberufs eine deutliche Verbesserung der Befunde eingetreten sei. Noch während der Ausbildung zur Friseuse hatte der Ausbildungsbetrieb im September 1984 bei der Beklagten Anzeige wegen des Verdachts auf eine BK erstattet. Das schließlich unter dem 17. September 1986 erstellte hautfachärztliche Gutachten des Prof. Dr. P. Städtische Kliniken K., kam zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin eine beruflich verursachte schwere Hauterkrankung in Form eines chronisch-rezidivierenden dyshidrosiformen allergischen Kontaktekzems bei polyvalenter Kontaktallergie auf viele friseurspezifische Berufsstoffe wie Shampoo, Dauerwellenflüssigkeit, Creme Oxidat, Haarspray und Fixierung sowie bei latenter (zur Zeit nicht nachgewiesener) Nickel-Kobalt-Allergie bestehe, die zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit im Friseurgewerbe im Juli 1985 gezwungen habe und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v.H. verursache. Allergien auf Antibiotika seien wahrscheinlich außerberuflich erworben, ebenso eine diskrete atopische Konstitution. Zur Zeit seien Hände und Unterarme der Klägerin hauterscheinungsfrei. Bei weiterer strikter Allergenkarrenz sei mit einer wesentlichen Besserung der Erkrankungsfolgen zu rechnen. Eine Umschulung werde empfohlen. Der Landesgewerbearzt stimmte in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 1986 dieser Beurteilung insofern zu, als die frühere Hauterkrankung an den Händen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit berufsbedingt sei. Er äußerte jedoch Zweifel bezüglich der formalen Voraussetzungen für eine BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO (wiederholte Rückfälligkeit, schwerer Krankheitsverlauf) sowie hinsichtlich der MdE-Einschätzung von 25 v.H., und empfahl primär Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation im Rahmen des § 3 BKVO.
Mit förmlichem Bescheid vom 17. Januar 1987 erkannte die Beklagte die Hauterkrankung als BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO an und teilte der Klägerin mit, daß ein Anspruch auf Berufshilfe nach § 556 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehe. Zu dieser Zeit übte die Klägerin unter Aufrechterhaltung ihres Rehabilitationsantrags bereits seit 22. Juli 1985 im Rahmen von Urlaubsvertretungen und Saisonarbeitsverträgen eine Tätigkeit als Packerin bei der Firma B. D. – einer Waffelfabrik – aus. Vom Betriebsarzt Dr. T. waren hiergegen laut Bescheinigung vom 2. April 1986 ärztlicherseits keine Einwendungen erhoben worden. Während ihrer letzten Beschäftigung in der Zeit von 2. November 1987 bis 19. Juli 1988, für die ebenfalls ein Saisonvertrag als "Packerin” bestand, wurde die Klägerin von der Firma laut ihren Angaben und einer Auskunft des Betriebsarztes Dr. Sch. vom 18. Juni 1993 dann jedoch vorübergehend auch noch als Teigfrau in der Teigkammer der Bäckerei eingesetzt. Dabei mußte sie Zutaten für Waffeln in große Behälter aus verschiedenen Maschinen abfüllen und den fertigen Teig umpumpen sowie täglich die Geräte und den Fußboden und einmal pro Woche die vier Bottiche mit einem Hochdruckgerät reinigen. Nach einiger Zeit traten erstmals wieder Hauterscheinungen an den Händen auf, so daß die Klägerin diese Tätigkeit aufgeben mußte. Ab 8. September 1988 wurde sie als Aushilfszustellerin bei der Deutschen Bundespost tätig, wobei Hautprobleme nicht mehr auftraten. Mit Schreiben vom 25. April 1989 teilte sie der Beklagten mit, daß sie vorerst auf eine Umschulung verzichten wolle, da durch die BK Umschulungsmöglichkeiten kaum gegeben seien und sie hoffe, bei der Post irgendwann ein Dauerarbeitsverhältnis zu bekommen; die Beklagte solle nunmehr die Gewährung einer Verletztenrente prüfen. Die Klägerin wurde von der Post dann auch in ein festes Arbeitsverhältnis als Zustellerin übernommen. Ab Mitte Dezember 1992 hatte sie Mutterschaftsurlaub, seit 1. März 1993 befindet sie sich in Erziehungsurlaub (Geburt von zwei Kindern).
In einem von der Beklagten veranlaßten weiteren hautfachärztlichen Gutachten des Dr. K. vom 19. Dezember 1988 wurde ein chronisch rezidivierendes dyshidrotisches Kontaktekzem der Hände bei deutlicher Allergie gegen die als berufstypisch anzusehenden Substanzen Nickelsulfat, P-Phenylendiamin, Opth und Wellonorm mit Koppelungsallergie auf Neomycinsulfat (verursacht durch steoridhaltige Salben) und Paragruppen-Koppelungsallergie auf p.-tert-Butylphenol/Formaldehydharz diagnostiziert; die Haut der Hände sei im wesentlichen frei von krankhaften Veränderungen und eine atopische Konstitution jetzt nicht festzustellen. Unter Berücksichtigung von Hauterscheinungen, Umfang und Intensität der Sensibilisierungen sowie Verbreitung der Allergene gemäß den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Berufsdermatologie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) wurde eine MdE von 20 v.H. empfohlen. Die Beklagte holte hierzu noch eine gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage der Ärztin für Hautkrankheiten und Arbeitsmedizin Dr. B. vom 6. Oktober 1989 ein. Diese verwies darauf, daß die Beurteilung der Testergebnisse deutlich erschwert sei, weil Prof. Dr. P. die Arbeitsstoffe zu hoch konzentriert getestet habe, Dr. L. und Dr. K. insoweit keine Konzentrationen angegeben hätten, letzterer die Epicutantestung auch nicht zweimal abgelesen habe und zudem nicht ersichtlich sei, ob jeweils die gleichen Arbeitsstoffe getestet worden seien. Retrospektiv sei davon auszugehen, daß es bei atopischer Diathese durch Naßarbeit und hautirritierende Stoffe primär zu einem toxisch-degenerativen bzw. kumulativ toxischen Kontaktekzem und dann ggf. auch zu einigen Sensibilisierungen gegen Berufsstoffe gekommen sei, nicht jedoch gegen standardisierte Präparate, die nicht getestet worden seien. Bei Nickel handele es sich ihrer Erfahrung nach nicht um ein berufstypisches Allergen. Gleiches gelte für p.-tert-Butylphenol/Formaldehydharz. P-Phenylendiamin sei zwar ein berufsspezifisches Allergen, jedoch zum Zeitpunkt der Friseurtätigkeit bei der Klägerin nicht nachgewiesen worden. Nach den Empfehlungen der DDG ergebe sich damit eine MdE von nur 10 v.H. Außerdem werde eine schädigungsfreie Tätigkeit erst ab 8. September 1988 ausgeübt.
Mit Bescheid vom 27. März 1990 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß die schwere Hauterkrankung, die sie sich durch ihre Tätigkeit als Friseuse zugezogen habe (kumulativ-toxisches Kontaktekzem) eine BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO sei, als Eintritt des Versicherungsfalls der 20. Juli 1988 gelte und ein Anspruch auf Rente wegen der BK nicht bestehe, da nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung eine MdE von mindestens 20 v.H. nicht festzustellen sei. Nach den Gutachten des Dr. K. und der Dr. B. seien Hauterscheinungen nicht mehr vorhanden.
Am 6. April 1990 hat die Klägerin beim Sozialgericht Kassel (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, daß der Versicherungsfall bereits am 9. Juli 1985 eingetreten sei und ihr u.a. unter Berücksichtigung des § 581 Abs. 2 RVO Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v.H. zustehe.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten vom 19. August 1992 nach Aktenlage des Prof. Dr. K., Universitäts-Hautklinik B., eingeholt, der sich den Ausführungen der Dr. B. anschloß, zur genaueren Beurteilung von Umfang und Intensität der bei der Klägerin vorliegenden Sensibilisierungen jedoch noch eine Nachbegutachtung mit allergologischen Testungen vorschlug. Nach Einholung von Auskünften der Firma B. D. und des Werksarztes Dr. Sch. hat das SG ohne weitere medizinische Beweiserhebung durch Urteil vom 1. März 1994 die Klage abgewiesen. Es hat mit der Beklagten die Auffassung vertreten, daß der Versicherungsfall bei rückschauender Betrachtung erst mit Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma B. D. am 19. Juli 1988 eingetreten sei, und der Klägerin von diesem Zeitpunkt an eine Verletztenrente nicht zustehe.
Gegen das ihrem Prozeßbevollmächtigten am 8. April 1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. April 1994 Berufung eingelegt.
Im Berufungsverfahren sind zur weiteren Sachaufklärung Befundberichte der Hautärztin L.-F. vom 20. April 1994 mit Testunterlagen, des Hautarztes Dr. K. vom 9. Dezember 1994, des praktischen Arztes Dr. H. vom 11. April 1995 und 23. Januar 1997 mit Krankenunterlagen sowie der Hautärzte Dres. Sch. und K. vom 18. Oktober 1994 eingeholt worden, die im August 1987 im Epicutantest eine Sensibilisierung gegen Glycerylmonothioglycolat nachgewiesen hatten. Beigezogen wurden ferner die Rehabilitationsakte des Arbeitsamtes Kassel, die Personalakte der Firma B. D. und eine Krankheitsauskunft der AOK Homberg. Von Amts wegen ist sodann das Gutachten vom 28. September 1995 des Prof. Dr. M. Universitäts-Hautklinik F., mit ergänzender Stellungnahme vom 1. Juli 1996 eingeholt worden. Der Sachverständige weist darauf hin, daß die Beurteilung des Falles der Klägerin durch eine unzureichende Dokumentation der Befunde und der Behandlungsmaßnahmen und wegen der schon von Dr. B. und Prof. Dr. K. dargestellten Unzulänglichkeiten der durchgeführten Epicutantestungen erschwert sei. U.a. aufgrund der von Prof. Dr. K. und Dr. B. nicht berücksichtigten negativen Anamnese und des negativen Epicutantestes vor Beginn der Lehre als Friseuse sei jedoch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß es durch diese Tätigkeit bei genetischer Disposition sowohl zur Manifestation einer atopischen Diathese als auch zu einer weiterhin nachweisbaren Sensibilisierung gegen Nickel sowie zu einer aktuell nicht mehr nachweisbaren Sensibilisierung gegen standardisierte Substanzen aus dem Friseurberuf (Ammoniumthioglycolat, Koloquintenextrakt, Ammoniumpersulfat, Glycerylmonothioglycolat) und zu einem toxisch degenerativen und allergischen Kontaktekzem gekommen sei. Die in der Vergangenheit wiederholt und erneut nachgewiesene Sensibilisierung gegen Neomycin sei hingegen nach Befragung der Klägerin als Folge der Behandlung eines Mofaunfalls und nicht als Folge der Behandlung des Kontaktekzems anzusehen, was auch für die aktuell nachgewiesenen Kreuzreaktionen gelte. Während der Tätigkeit der Klägerin als Teigfrau bei der Firma B. D. sei die vorbestehende atopische Diathese durch Feuchtarbeiten und Kontakt mit Reinigungsmitteln verschlechtert worden. Inwieweit hier zusätzlich eine Allergie gegen Nickel z.B. durch Kontakt mit nickelhaltigen Metallgegenständen von Bedeutung gewesen sei, lasse sich retrospektiv nicht mehr beantworten. Während der Sachverständige im Gutachten vom 28. September 1995 die MdE für die beruflich bedingte Hauterkrankung ab 9. Juli 1985 noch mit 20 v.H. bewertete, kam er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Juli 1996 zu dem Ergebnis, daß die MdE unter Anwendung der inzwischen veröffentlichten neuen MdE-Empfehlungen der DDG nur 15 v.H. betrage.
Die Klägerin hält die Ausführungen des Sachverständigen im Prinzip für zutreffend, meint jedoch, daß die neuen Empfehlungen der DGG für die Entscheidung ihres Falles nicht verbindlich sein könnten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 1. März 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. März 1990 zu verurteilen, ihr aus Anlaß der BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO (kumulativ toxisches und allergisches Kontaktekzem bei Sensibilisierung gegen Nickel, Ammoniumthioglycolat, Ammoniumpersulfat, Koloquintenextrakt und Glycerylmonothioglycolat) ab 26. April 1989 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen,
hilfsweise,
Prof. Dr. M. bzw. Priv.-Doz. Dr. O. zu befragen, warum er in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1996 von seinem Gutachten vom 28. September 1995 in bezug auf die Höhe der MdE abweicht. Auf den Schriftsatz vom 24. September 1996 wird Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch Prof. Dr. M. habe bestätigt, daß nach den derzeit gültigen und auch im Falle der Klägerin anwendbaren aktuellen MdE-Empfehlungen der DDG eine rentenberechtigende MdE in keinem Fall bestehe, selbst wenn die Nickelsensibilisierung als beruflich verursacht angesehen werde. Das gelte um so mehr, als nach Auskunft eines Mitgliedes der Deutschen Kontaktallergiegruppe entgegen Prof. Dr. M. nicht von einer weiten, sondern lediglich von einer mittelgradigen Verbreitung dieses Allergens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen werden könne. Außerdem könne der Beurteilung des Prof. Dr. M. daß die Nickelsensibilisierung beruflich erworben sei, keineswegs gefolgt werden, da die Einwirkung von Nickelsulfat am Arbeitsplatz der Klägerin nicht erwiesen sei, Nickel nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht als typisch berufsspezifisches Allergen im Friseurberuf anzusehen sei und die Sensibilisierung gegen Nickelsulfat bei Frauen im übrigen in erster Linie durch das Tragen von Modeschmuck, insbesondere in Verbindung mit Ohrlöchern, erfolge. Nickelallergien bei Friseusen würden von ihr deshalb grundsätzlich nicht mehr als BK-Folge anerkannt. Außerdem bestünden angesichts der unterschiedlichen Testergebnisse und der Unzulänglichkeiten bei den jeweiligen Testungen erhebliche Zweifel, daß die Nickelsulfatsensibilisierung bereits zur Zeit der Ausübung des Friseurberufs vorgelegen habe und für die Hauterscheinungen an den Händen relevant gewesen sei. Es sei denkbar, daß diese allein durch die Friseurstoffe verursacht worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Feststellungsbegehrens begründet, im übrigen unbegründet.
Als Folge der von der Beklagten anerkannten BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO ist nicht nur, wie im angefochtenen Bescheid geschehen, ein kumulativ toxisches Kontaktekzem, sondern antragsgemäß auch ein allergisches Kontaktekzem mit Sensibilisierung gegen Nickelsulfat sowie gegen die standardisierten Friseurstoffe Ammoniumthioglycolat, Ammoniumpersulfat, Koloquintenextrakt und Glycerylmonothioglycolat festzustellen. Zwar ist in der Mehrzahl der Fälle bei einer Nickelsensibilisierung von einer außerberuflichen Sensibilisierung auszugehen. Das wird auch von Prof. Dr. M. ausdrücklich nicht bestritten. Das heißt nach den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen jedoch nicht, daß dies immer so sein muß und eine individuelle Prüfung des Einzelfalls entbehrlich ist, wie die Beklagte in offensichtlicher Fehlinterpretation der von ihr vorgelegten Literatur und auch der Gutachten des Prof. Dr. K. und der Dr. B. meint. Insoweit ist zur Kenntnis zu nehmen, daß die Klägerin kurze Zeit vor Beginn der Friseurlehre am 3. August 1982 von Prof. Dr. P. am 21. April 1982 auf Standardsubstanzen und Friseurstoffe getestet wurde und es dabei zu keinen positiven Reaktionen kam. Ebensowenig wurden vor Beginn der Lehre Hauterscheinungen festgestellt, u.a. nicht anläßlich der am 29. Juli 1982 von Dr. H. durchgeführten Untersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz. Dazu kam es erst während der Lehre ab 1983, und zwar zunächst im Bereich beider Hände und Unterarme und insbesondere im Bereich der Finger und nicht an typischen Kontaktstellen für eine außerberufliche Sensibilisierung u.a. insbesondere durch Modeschmuck, wie z.B. Ohrlöcher, Jeansknopf, BH-Schnalle. Hauterscheinungen derart wurden von den seinerzeit behandelnden Ärzten Dr. H. und Dr. L. und im übrigen auch später von keinem Arzt festgestellt. Insoweit sind die Angaben der Klägerin gegenüber Prof. Dr. M., daß sie nie Modeschmuck (nur goldene Ohrringe) getragen habe und sie erst nach Beginn der Friseurlehre und nach Bestehen von Hauterscheinungen einen ihr von einem Freund geschenkten Schmuckanhänger nicht vertragen habe, ohne weiteres glaubhaft. Des weiteren ist davon auszugehen, daß die Ausbildung zur Friseuse in den Jahren 1982 bis 1985 geeignet war, eine Nickelsensibilisierung zu verursachen, weil die Klägerin Kontakt mit nickelhaltigen Metallgegenständen hatte, aus denen bei Druck, Reibung, unter Schweiß, Wasser, Friseurchemikalien Nickelionen freigesetzt wurden. Zwar liegen Untersuchungsergebnisse über die Gegenstände, mit denen die Klägerin während ihrer Ausbildung zur Friseuse konkret Kontakt hatte, nicht vor, da die Beklagte eine Überprüfung seinerzeit noch nicht für notwendig hielt und nicht veranlaßt hat und diese heute nicht mehr möglich ist. Aus dem Fehlen derartiger Beweise kann die Beklagte sich unabhängig davon, daß dies in ihren Verantwortungsbereich fällt, im nachhinein jedoch nicht mit Erfolg berufen, weil nach den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. M. nicht ersichtlich und auch wissenschaftlichen Untersuchungen z.B. von Aberer und Holub ("Berufsdermatologische Relevanz der Nickelsensibilisierung”, Allergologie 1992, S. 429 ff.), Lindemayr ("Friseurekzem und Nickelallergie”, Der Hautarzt 1984, S. 292 ff.) und Bäuerle (Handekzeme, 1986, S. 65 ff., 85 ff.) nicht zu entnehmen ist, daß zu Beginn der 80er Jahre die im Friseurgewerbe verwendeten Scheren und sonstigen metallhaltigen Geräte oder Hilfsmittel weitgehend oder gar ausschließlich aus nicht vernickelten Teilen bestanden und der Friseurberuf der Art nach die Vorbedingungen für die Freisetzung von Nickel aus metallischen Arbeitsmaterialien nicht erfüllte. Vielmehr ist Nickel durchaus und zumindest für den hier maßgeblichen Zeitpunkt als typischer Berufsstoff und relevantes Allergen des Friseurberufs anzusehen (s. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 5. Auflage, S. 742, und die von der Beklagten zuletzt vorgelegte Veröffentlichung "Epicutantest-Ergebnisse in Frauenberufen”, Dermatosen 45, 1997, S. 160 und 162), woran auch Prof. Dr. P. und Dr. K. ersichtlich keinen Zweifel hatten. Soweit Dr. B. und Prof. Dr. K. sich gegen eine berufliche Verursachung der Nickelallergie der Klägerin ausgesprochen haben, wurde dies ebenfalls nicht mit einer fehlenden beruflichen Exposition der Klägerin gegen Nickel, sondern mit außerberuflichen Kontaktmöglichkeiten mit vernickelten Gegenständen, insbesondere mit Modeschmuck begründet, für die es im Falle der Klägerin indes gerade keine überzeugenden Hinweise gibt.
Mit Prof. Dr. M. ist deshalb im Einzelfall der Klägerin bei Würdigung aller Umstände, einschließlich des von Dr. B. und Prof. Dr. K. nicht berücksichtigten negativen Epicutantests und der negativen Anamnese vor Beginn der Lehre, eine Sensibilisierung gegen Nickel durch die berufliche Tätigkeit bei genetischer Disposition bzw. atopischer Diathese als wesentlich wahrscheinlicher anzusehen als eine außerberufliche Sensibilisierung u.a. insbesondere durch Modeschmuck. Denn überwiegende medizinische Gründe sprechen hier anders als in dem von der Beklagten angeführten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. August 1994 – L-7/U-1832/93 für einen beruflichen Zusammenhang. Soweit die Beklagte es für fraglich hält, daß die Nickelsensibilisierung überhaupt schon zur Zeit der Ausbildung zur Friseuse bestand, weil die einschlägigen Testergebnisse der erstbehandelnden Hautärztin Dr. L. falsch positiv gewesen sein könnten, Prof. Dr. P. 1986 eine Sensibilisierung nicht festgestellt habe und die Testungen des Dr. K. im Jahre 1988 wegen einmaliger Ablesung nur nach 48 Stunden zum Nachweis von Sensibilisierungen ungeeignet seien, ist festzustellen, daß die Zuverlässigkeit der Testungen der Dr. L. bezüglich Nickel von keinem Arzt in Frage gestellt wurden, die Negativtestung durch Prof. Dr. P. schon von diesem mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine weitgehende Allergenkarenz zurückgeführt und lediglich ein Absinken in den Latenzbereich angenommen worden war und angesichts der positiven Nachweise einer Sensibilisierung gegen Nickel durch Dr. L. 1984 und Prof. Dr. M. 1995 aus der nicht lege artis durchgeführten Testung des Dr. K. im Jahre 1988 nicht geschlossen werden kann, daß es sich hierbei gar nicht um eine echte Sensibilisierung, sondern nur um eine irritative Reaktion handelte. Daß es entsprechend der Beurteilung des Prof. Dr. M. durch die berufliche Tätigkeit bei der Klägerin darüber hinaus auch zu einer Sensibilisierung gegen die Friseurstoffe Ammoniumthioglycolat, Ammoniumpersulfat, Koloquintenextrakt und Glycerylmpnothioglycolat gekommen ist, wird auch von der Beklagten offensichtlich nicht in Abrede gestellt. Die erst im Berufungsverfahren bekannt gewordenen positiven Ergebnisse und Testungen mit diesen standardisierten Substanzen durch Dr. L. und die Dres. Sch. und K. aus den Jahren 1985 und 1987 lagen Dr. B. und Prof. Dr. K. noch nicht vor. Im übrigen wurde auch ohne Kenntnis dieser Testergebnisse und ungeachtet der Mängel der Testungen mit nicht standardisierten eigenen Friseurstoffen durch Dr. L., Prof. Dr. P. und Dr. K. auch von Dr. B. und P. Dr. K. allgemein nicht in Abrede gestellt, daß es bei der Klägerin durch die berufliche Tätigkeit nicht nur zu einem toxisch-degenerativen bzw. kumulativ-toxischen Kontaktekzem, sondern "auch zu einigen Sensibilisierungen gegen Berufsstoffe” gekommen ist. Daß Sensibilisierungen gegen die standardisierten Friseurstoffsubstanzen durch Prof. Dr. M. nicht mehr nachgewiesen wurden, beweist nicht die Unrichtigkeit der früheren Testergebnisse, sondern ist durch das konsequente Meiden der Allergene zu erklären.
Demgegenüber kann entgegen Dr. K. von einer beruflichen Sensibilisierung gegen p.-tert-Butylphenol/Formaldehydharz und P-Phenylendiamin nicht ausgegangen werden, da insoweit nur einmal, nämlich durch Dr. K. überhaupt positive Reaktionen festgestellt wurden und diese bei einmaliger Ablesung nur nach 48 Stunden eine Sensibilisierung auch nicht beweisen. Auch die bei der Klägerin wiederholt und zuletzt von Prof. Dr. M. nachgewiesene Sensibilisierung gegen Neomycin mit daraus resultierenden Kreuzreaktionen gegen Arzneistoffe wie Bacitracin, Framycetinsülfat und Kanamycinsulfat ist mit Wahrscheinlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar auf die berufliche Tätigkeit bzw. auf die Behandlung des beruflich verursachten Kontaktekzems, sondern auf die Behandlung der Folgen eines Mofaunfalls im Jahre 1984 zurückzuführen, wie Prof. Dr. M. aufgrund der eigenen anamnestischen Angaben der Klägerin überzeugend ausgeführt hat. Das ist unter den Beteiligten auch nicht streitig.
Wegen der festzustellenden BK-Folgen steht der Klägerin ein Anspruch auf Verletztenrente ab dem 26. April 1989 jedoch nicht zu, so daß die Berufung in diesem Umfang keinen Erfolg haben konnte. Zwar war die Rente von diesem Zeitpunkt an festzustellen, nachdem die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 25. April 1989 mitgeteilt hatte, daß sie auf eine Umschulung vorerst verzichten wolle, weil Umschulungsmöglichkeiten kaum vorhanden seien und sie hoffe, bei der Post irgendwann einen Dauerarbeitsvertrag zu erhalten. Denn damit war sowohl die durch die BK bedingte Arbeitsunfähigkeit in dem erlernten Beruf der Friseuse beendet (s. dazu auch Lauterbach-Watermann, Unfallversicherung, 3. Auflage, Anm. 5 zu § 580) als auch die Berufshilfe als abgeschlossen anzusehen (§ 580 Abs. 2 und 3 Nr. 1 RVO; §§ 72 Abs. 1 Nr. 1, 46 Abs. 3, 214 Abs. 3 Sozialgesetzbuch –SGB– 7). Die BK-Folgen verursachen indes keine MdE in rentenberechtigendem Grade von mindestens 20 v.H. (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 56 Abs. 1 SGB 7). Der für den Rentenanspruch maßgebende Grad der MdE hängt einerseits von der Schwere des durch die BK und ihre Folgen verursachten, noch vorhandenen Krankheitszustandes und andererseits von dem Umfang der dem Erkrankten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens ab (Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung – Bundessozialgericht –BSG– SozR 2200 § 551 Nr. 21; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 28; § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB 7). Zur Feststellung, in welchem Ausmaß die Klägerin durch die BK-Folgen in ihrer Fähigkeit gehindert ist, Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die ihr vor Eintritt des Versicherungsfalls offen standen, können die "Empfehlungen für die Einschätzung der MdE bei BKen der Haut nach der Nr. 5101 der BKVO” herangezogen werden. Diese sollen dazu beitragen, daß bei der Einschätzung und Bewertung der Folgen beruflich verursachter Hauterkrankungen nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO einheitliche Maßstäbe angelegt werden, soweit es sich um regelmäßig vorkommende Krankheitsbilder mit typischem Verlauf handelt, und sind als geeignetes Hilfsmittel zur Bewertung der MdE in typischen Hauterkrankungsfällen anerkannt (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 28; BSG, Urteil vom 29. September 1992 – 2 RU 35/91; HLSG in Breithaupt 1982, 573 und Urteil vom 27. September 1989 – L-3/U-125/86). Dabei ist in noch nicht abgeschlossenen Verfahren wie dem der Klägerin die Neufassung vom 18. Mai 1995 (Rdschr. Nr. 86/1995 des Bundesverbandes der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand) zugrunde zu legen, wie es Prof. Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Juli 1996 getan hat. Beurteilungskriterien sind danach das Ausmaß der Hauterscheinungen (Ziffer 3.1.1) und die Auswirkungen der Allergie unter Berücksichtigung ihres Umfangs, ihrer Intensität und der Verbreitung der Allergene auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in krankheitsauslösender Form (Ziffer 3.1.2). Nach den Feststellungen des Prof. Dr. M. ist bei der Klägerin allenfalls von leichten Hauterscheinungen (Hauterscheinungen bis zu dreimal im Jahr, schnelle Abheilung unter adäquater Therapie, Unverträglichkeit intensiver irritativ-toxischer Hautbelastung) und bei Zustand nach Allergie gegen mehrere, gering verbreitete Berufsstoffe und Sensibilisierung gegen eine einzelne weit verbreitete Substanz (Nickel) von mittelgradigen Auswirkungen der Allergie auszugehen, so daß sich nach der Tabelle gemäß Ziffer 3.2 eine MdE von 15 v.H. ergibt. Eine MdE von 20 v.H. ist bei nur leichten Hauterscheinungen nach dieser Tabelle im allgemeinen hingegen nur anzunehmen, wenn die Auswirkungen der Allergie schwerwiegend sind (= mehrere Berufsstoffe weit verbreitet, einzelner Berufsstoff sehr weit verbreitet auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch mit Berücksichtigung möglicher Kreuzallergien und/oder bei klinisch besonders intensiver Sensibilisierung). Das ist bei der Klägerin eindeutig nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob bezüglich Nickel entsprechend der Annahme des Prof. Dr. M. tatsächlich von einer weiten Verbreitung oder – wie die Beklagte meint – nur von einer mittelgradigen Verbreitung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen werden kann, weil es insoweit nicht auf die Verbreitung von Nickel als solche, sondern auf die Verbreitung in "krankheitsauslösender Form” und demnach nur auf Tätigkeiten ankommt, bei denen Metallauflage plus Reibung plus Schweißbildung etc. zusammenwirken bzw. Nickel überhaupt freigesetzt werden kann (u.a. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 764; Aberer und Holub, a.a.O.). Eine Sensibilisierung der Klägerin gegen einen einzelnen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sehr weit verbreiteten Berufsstoff oder mehrere weit verbreitete Berufsstoffe kann in keinem Fall festgestellt werden. Auch ist für eine klinisch besonders intensive Sensibilisierung bei zwischenzeitlich negativen Testreaktionen auf die standardisierten Friseurstoffe Ammoniumthioglycolat, Koloquintenextrakt, Ammoniumpersulfat und Glycerylmonothioglycolat und einer Reaktion auf Nickel nichts ersichtlich, da die Klägerin seit Aufgabe ihrer Friseurtätigkeit wesentliche Hautprobleme nur noch einmal im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Teigfrau bei der Firma B. 1988 hatte und u.a. gegenüber Prof. Dr. M. nicht über Ekzeme am Jeansknopf oder BH-Schnelle oder an den Händen bei Kontakt mit einer Schere, sondern nur noch über gelegentliche Hauterscheinungen bei hauswirtschaftlichen Arbeiten in feuchtem Milieu klagte. Von daher stellte sich im Falle der Klägerin eher die Frage, ob der Nickelsensibilisierung überhaupt eine klinische Relevanz zukam und zukommt. Das kann mit Prof. Dr. M. in Verbindung mit der atopischen Diathese für den Fall entsprechender Kontakte zwar angenommen werden, für eine klinisch besonders intensive Sensibilisierung gibt es jedoch keinen Beweis.
Die Bewertung der MdE mit 15 v.H. durch Prof. Dr. M. auf der Grundlage der Empfehlungen in der anzuwendenden neuen Fassung ist danach insgesamt nicht zu beanstanden, sondern schlüssig und überzeugend. Der Sachverständige mußte auch nicht dazu befragt werden, warum er in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1996 bezüglich der MdE-Bewertung von seinem Gutachten vom 28. September 1995 abgewichen ist, da er die Gründe dafür in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1996 bereits genannt hat. Außerdem ist die Einschätzung der MdE nicht die eigentliche Aufgabe des medizinischen Sachverständigen, sondern im Rahmen des Rechts der freien Beweiswürdigung (§ 128 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) allein Sache des Gerichts, das auch darüber zu befinden hat, ob die Empfehlungen für die Einschätzung der MdE bei BKen der Haut als Grundlage für die MdE-Bewertung heranzuziehen sind und ggf. in welcher Fassung. Soweit die Klägerin sich letztlich hiergegen wendet, ist festzustellen, daß keine Gründe dafür ersichtlich sind, warum die Empfehlungen in der Fassung vom 18. Mai 1995 im Falle ihrer Hauterkrankung zur Ermittlung der MdE ungeeignet oder zeitlich noch nicht anwendbar sein sollen und die danach ermittelte MdE von 15 v.H. die Folgen der BK nicht angemessen berücksichtigt.
Schließlich kommt auch eine Erhöhung der nach § 581 Abs. 1 Nr. 1 RVO (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB 7) festzustellenden MdE von 15 v.H. nach § 581 Abs. 2 RVO (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB 7) nicht in Betracht, da die Klägerin bei Eintritt der erst BK 20 Jahre alt war und lediglich den Ausbildungsabschluß als Friseuse erreicht hatte. Daß sie diesen Beruf nach erfolgreichem Abschluß aufgeben mußte, reicht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aus, um eine unbillige Härte im Sinne von § 581 Abs. 2 RVO anzuerkennen (u.a. BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 1 m.w.N.).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte u.a. eine Nickelallergie als Folge einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) anzuerkennen und der Klägerin Verletztenrente zu gewähren hat.
Die im Jahre 1965 geborene Klägerin durchlief vom 3. August 1982 bis 8. Juli 1985 im Friseursalon B. eine Ausbildung zur Friseuse. Vor Beginn der Ausbildung wurde sie am 21. April 1982 von Prof. Dr. P. Hautklinik der Städtischen Kliniken K., im Epicutantest auf Standardsubstanzen und Friseurstoffe getestet. Dabei kam es zu keinen positiven Reaktionen. Am 29. Juli 1982 erfolgte eine Erstuntersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz durch den praktischen Arzt Dr. H ... Dabei wurden keine Hautveränderungen bemerkt. 1983 wurden von Dr. H. erstmals Hauterscheinungen im gesamten Bereich der Hände und Unterarme, insbesondere im Bereich der Finger bzw. Interdigitalfalten, festgestellt. Vom 20. August bis 24. August 1984 und 3. September bis 8. September 1984 war die Klägerin deswegen arbeitsunfähig geschrieben. Die sie ab 20. August 1984 behandelnde Hautärztin Dr. L. führte am 21. August 1984, 3. September 1984, 1. Oktober 1984 und 23. Juli 1985 Testuntersuchungen mit mitgebrachten Substanzen sowie nach der Standardreihe u.a. Friseurstoffreihe durch und diagnostizierte ein allergisches Kontaktekzem beider Hände auf spezielle Berufsstoffe, Nickel, Kobalt und Neomycinsulfat bei atopischer Konstitution. Im Allergiepaß wurde der Klägerin eine Sensibilisierung gegen Ammoniumthioglycolat, Kloquintenextrakt sowie Ammoniumpersulfat bescheinigt. Wegen ständiger Intensivierung der Krankheitssymptome und immer kürzer werdender freier Intervalle gab die Klägerin auf ärztlichen Rat nach erfolgreich bestandener Gesellenprüfung den Beruf als Friseuse auf. Bei der letzten Untersuchung durch Frau Dr. L. am 26. Juli 1985 waren die Hauterscheinungen gut gebessert. Auch der Hausarzt Dr. H. stellte fest, daß kurz nach Aufgabe des Friseurberufs eine deutliche Verbesserung der Befunde eingetreten sei. Noch während der Ausbildung zur Friseuse hatte der Ausbildungsbetrieb im September 1984 bei der Beklagten Anzeige wegen des Verdachts auf eine BK erstattet. Das schließlich unter dem 17. September 1986 erstellte hautfachärztliche Gutachten des Prof. Dr. P. Städtische Kliniken K., kam zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin eine beruflich verursachte schwere Hauterkrankung in Form eines chronisch-rezidivierenden dyshidrosiformen allergischen Kontaktekzems bei polyvalenter Kontaktallergie auf viele friseurspezifische Berufsstoffe wie Shampoo, Dauerwellenflüssigkeit, Creme Oxidat, Haarspray und Fixierung sowie bei latenter (zur Zeit nicht nachgewiesener) Nickel-Kobalt-Allergie bestehe, die zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit im Friseurgewerbe im Juli 1985 gezwungen habe und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v.H. verursache. Allergien auf Antibiotika seien wahrscheinlich außerberuflich erworben, ebenso eine diskrete atopische Konstitution. Zur Zeit seien Hände und Unterarme der Klägerin hauterscheinungsfrei. Bei weiterer strikter Allergenkarrenz sei mit einer wesentlichen Besserung der Erkrankungsfolgen zu rechnen. Eine Umschulung werde empfohlen. Der Landesgewerbearzt stimmte in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 1986 dieser Beurteilung insofern zu, als die frühere Hauterkrankung an den Händen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit berufsbedingt sei. Er äußerte jedoch Zweifel bezüglich der formalen Voraussetzungen für eine BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO (wiederholte Rückfälligkeit, schwerer Krankheitsverlauf) sowie hinsichtlich der MdE-Einschätzung von 25 v.H., und empfahl primär Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation im Rahmen des § 3 BKVO.
Mit förmlichem Bescheid vom 17. Januar 1987 erkannte die Beklagte die Hauterkrankung als BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO an und teilte der Klägerin mit, daß ein Anspruch auf Berufshilfe nach § 556 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehe. Zu dieser Zeit übte die Klägerin unter Aufrechterhaltung ihres Rehabilitationsantrags bereits seit 22. Juli 1985 im Rahmen von Urlaubsvertretungen und Saisonarbeitsverträgen eine Tätigkeit als Packerin bei der Firma B. D. – einer Waffelfabrik – aus. Vom Betriebsarzt Dr. T. waren hiergegen laut Bescheinigung vom 2. April 1986 ärztlicherseits keine Einwendungen erhoben worden. Während ihrer letzten Beschäftigung in der Zeit von 2. November 1987 bis 19. Juli 1988, für die ebenfalls ein Saisonvertrag als "Packerin” bestand, wurde die Klägerin von der Firma laut ihren Angaben und einer Auskunft des Betriebsarztes Dr. Sch. vom 18. Juni 1993 dann jedoch vorübergehend auch noch als Teigfrau in der Teigkammer der Bäckerei eingesetzt. Dabei mußte sie Zutaten für Waffeln in große Behälter aus verschiedenen Maschinen abfüllen und den fertigen Teig umpumpen sowie täglich die Geräte und den Fußboden und einmal pro Woche die vier Bottiche mit einem Hochdruckgerät reinigen. Nach einiger Zeit traten erstmals wieder Hauterscheinungen an den Händen auf, so daß die Klägerin diese Tätigkeit aufgeben mußte. Ab 8. September 1988 wurde sie als Aushilfszustellerin bei der Deutschen Bundespost tätig, wobei Hautprobleme nicht mehr auftraten. Mit Schreiben vom 25. April 1989 teilte sie der Beklagten mit, daß sie vorerst auf eine Umschulung verzichten wolle, da durch die BK Umschulungsmöglichkeiten kaum gegeben seien und sie hoffe, bei der Post irgendwann ein Dauerarbeitsverhältnis zu bekommen; die Beklagte solle nunmehr die Gewährung einer Verletztenrente prüfen. Die Klägerin wurde von der Post dann auch in ein festes Arbeitsverhältnis als Zustellerin übernommen. Ab Mitte Dezember 1992 hatte sie Mutterschaftsurlaub, seit 1. März 1993 befindet sie sich in Erziehungsurlaub (Geburt von zwei Kindern).
In einem von der Beklagten veranlaßten weiteren hautfachärztlichen Gutachten des Dr. K. vom 19. Dezember 1988 wurde ein chronisch rezidivierendes dyshidrotisches Kontaktekzem der Hände bei deutlicher Allergie gegen die als berufstypisch anzusehenden Substanzen Nickelsulfat, P-Phenylendiamin, Opth und Wellonorm mit Koppelungsallergie auf Neomycinsulfat (verursacht durch steoridhaltige Salben) und Paragruppen-Koppelungsallergie auf p.-tert-Butylphenol/Formaldehydharz diagnostiziert; die Haut der Hände sei im wesentlichen frei von krankhaften Veränderungen und eine atopische Konstitution jetzt nicht festzustellen. Unter Berücksichtigung von Hauterscheinungen, Umfang und Intensität der Sensibilisierungen sowie Verbreitung der Allergene gemäß den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Berufsdermatologie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) wurde eine MdE von 20 v.H. empfohlen. Die Beklagte holte hierzu noch eine gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage der Ärztin für Hautkrankheiten und Arbeitsmedizin Dr. B. vom 6. Oktober 1989 ein. Diese verwies darauf, daß die Beurteilung der Testergebnisse deutlich erschwert sei, weil Prof. Dr. P. die Arbeitsstoffe zu hoch konzentriert getestet habe, Dr. L. und Dr. K. insoweit keine Konzentrationen angegeben hätten, letzterer die Epicutantestung auch nicht zweimal abgelesen habe und zudem nicht ersichtlich sei, ob jeweils die gleichen Arbeitsstoffe getestet worden seien. Retrospektiv sei davon auszugehen, daß es bei atopischer Diathese durch Naßarbeit und hautirritierende Stoffe primär zu einem toxisch-degenerativen bzw. kumulativ toxischen Kontaktekzem und dann ggf. auch zu einigen Sensibilisierungen gegen Berufsstoffe gekommen sei, nicht jedoch gegen standardisierte Präparate, die nicht getestet worden seien. Bei Nickel handele es sich ihrer Erfahrung nach nicht um ein berufstypisches Allergen. Gleiches gelte für p.-tert-Butylphenol/Formaldehydharz. P-Phenylendiamin sei zwar ein berufsspezifisches Allergen, jedoch zum Zeitpunkt der Friseurtätigkeit bei der Klägerin nicht nachgewiesen worden. Nach den Empfehlungen der DDG ergebe sich damit eine MdE von nur 10 v.H. Außerdem werde eine schädigungsfreie Tätigkeit erst ab 8. September 1988 ausgeübt.
Mit Bescheid vom 27. März 1990 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß die schwere Hauterkrankung, die sie sich durch ihre Tätigkeit als Friseuse zugezogen habe (kumulativ-toxisches Kontaktekzem) eine BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO sei, als Eintritt des Versicherungsfalls der 20. Juli 1988 gelte und ein Anspruch auf Rente wegen der BK nicht bestehe, da nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung eine MdE von mindestens 20 v.H. nicht festzustellen sei. Nach den Gutachten des Dr. K. und der Dr. B. seien Hauterscheinungen nicht mehr vorhanden.
Am 6. April 1990 hat die Klägerin beim Sozialgericht Kassel (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, daß der Versicherungsfall bereits am 9. Juli 1985 eingetreten sei und ihr u.a. unter Berücksichtigung des § 581 Abs. 2 RVO Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v.H. zustehe.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten vom 19. August 1992 nach Aktenlage des Prof. Dr. K., Universitäts-Hautklinik B., eingeholt, der sich den Ausführungen der Dr. B. anschloß, zur genaueren Beurteilung von Umfang und Intensität der bei der Klägerin vorliegenden Sensibilisierungen jedoch noch eine Nachbegutachtung mit allergologischen Testungen vorschlug. Nach Einholung von Auskünften der Firma B. D. und des Werksarztes Dr. Sch. hat das SG ohne weitere medizinische Beweiserhebung durch Urteil vom 1. März 1994 die Klage abgewiesen. Es hat mit der Beklagten die Auffassung vertreten, daß der Versicherungsfall bei rückschauender Betrachtung erst mit Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma B. D. am 19. Juli 1988 eingetreten sei, und der Klägerin von diesem Zeitpunkt an eine Verletztenrente nicht zustehe.
Gegen das ihrem Prozeßbevollmächtigten am 8. April 1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. April 1994 Berufung eingelegt.
Im Berufungsverfahren sind zur weiteren Sachaufklärung Befundberichte der Hautärztin L.-F. vom 20. April 1994 mit Testunterlagen, des Hautarztes Dr. K. vom 9. Dezember 1994, des praktischen Arztes Dr. H. vom 11. April 1995 und 23. Januar 1997 mit Krankenunterlagen sowie der Hautärzte Dres. Sch. und K. vom 18. Oktober 1994 eingeholt worden, die im August 1987 im Epicutantest eine Sensibilisierung gegen Glycerylmonothioglycolat nachgewiesen hatten. Beigezogen wurden ferner die Rehabilitationsakte des Arbeitsamtes Kassel, die Personalakte der Firma B. D. und eine Krankheitsauskunft der AOK Homberg. Von Amts wegen ist sodann das Gutachten vom 28. September 1995 des Prof. Dr. M. Universitäts-Hautklinik F., mit ergänzender Stellungnahme vom 1. Juli 1996 eingeholt worden. Der Sachverständige weist darauf hin, daß die Beurteilung des Falles der Klägerin durch eine unzureichende Dokumentation der Befunde und der Behandlungsmaßnahmen und wegen der schon von Dr. B. und Prof. Dr. K. dargestellten Unzulänglichkeiten der durchgeführten Epicutantestungen erschwert sei. U.a. aufgrund der von Prof. Dr. K. und Dr. B. nicht berücksichtigten negativen Anamnese und des negativen Epicutantestes vor Beginn der Lehre als Friseuse sei jedoch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß es durch diese Tätigkeit bei genetischer Disposition sowohl zur Manifestation einer atopischen Diathese als auch zu einer weiterhin nachweisbaren Sensibilisierung gegen Nickel sowie zu einer aktuell nicht mehr nachweisbaren Sensibilisierung gegen standardisierte Substanzen aus dem Friseurberuf (Ammoniumthioglycolat, Koloquintenextrakt, Ammoniumpersulfat, Glycerylmonothioglycolat) und zu einem toxisch degenerativen und allergischen Kontaktekzem gekommen sei. Die in der Vergangenheit wiederholt und erneut nachgewiesene Sensibilisierung gegen Neomycin sei hingegen nach Befragung der Klägerin als Folge der Behandlung eines Mofaunfalls und nicht als Folge der Behandlung des Kontaktekzems anzusehen, was auch für die aktuell nachgewiesenen Kreuzreaktionen gelte. Während der Tätigkeit der Klägerin als Teigfrau bei der Firma B. D. sei die vorbestehende atopische Diathese durch Feuchtarbeiten und Kontakt mit Reinigungsmitteln verschlechtert worden. Inwieweit hier zusätzlich eine Allergie gegen Nickel z.B. durch Kontakt mit nickelhaltigen Metallgegenständen von Bedeutung gewesen sei, lasse sich retrospektiv nicht mehr beantworten. Während der Sachverständige im Gutachten vom 28. September 1995 die MdE für die beruflich bedingte Hauterkrankung ab 9. Juli 1985 noch mit 20 v.H. bewertete, kam er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Juli 1996 zu dem Ergebnis, daß die MdE unter Anwendung der inzwischen veröffentlichten neuen MdE-Empfehlungen der DDG nur 15 v.H. betrage.
Die Klägerin hält die Ausführungen des Sachverständigen im Prinzip für zutreffend, meint jedoch, daß die neuen Empfehlungen der DGG für die Entscheidung ihres Falles nicht verbindlich sein könnten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 1. März 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. März 1990 zu verurteilen, ihr aus Anlaß der BK nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO (kumulativ toxisches und allergisches Kontaktekzem bei Sensibilisierung gegen Nickel, Ammoniumthioglycolat, Ammoniumpersulfat, Koloquintenextrakt und Glycerylmonothioglycolat) ab 26. April 1989 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen,
hilfsweise,
Prof. Dr. M. bzw. Priv.-Doz. Dr. O. zu befragen, warum er in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1996 von seinem Gutachten vom 28. September 1995 in bezug auf die Höhe der MdE abweicht. Auf den Schriftsatz vom 24. September 1996 wird Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch Prof. Dr. M. habe bestätigt, daß nach den derzeit gültigen und auch im Falle der Klägerin anwendbaren aktuellen MdE-Empfehlungen der DDG eine rentenberechtigende MdE in keinem Fall bestehe, selbst wenn die Nickelsensibilisierung als beruflich verursacht angesehen werde. Das gelte um so mehr, als nach Auskunft eines Mitgliedes der Deutschen Kontaktallergiegruppe entgegen Prof. Dr. M. nicht von einer weiten, sondern lediglich von einer mittelgradigen Verbreitung dieses Allergens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen werden könne. Außerdem könne der Beurteilung des Prof. Dr. M. daß die Nickelsensibilisierung beruflich erworben sei, keineswegs gefolgt werden, da die Einwirkung von Nickelsulfat am Arbeitsplatz der Klägerin nicht erwiesen sei, Nickel nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht als typisch berufsspezifisches Allergen im Friseurberuf anzusehen sei und die Sensibilisierung gegen Nickelsulfat bei Frauen im übrigen in erster Linie durch das Tragen von Modeschmuck, insbesondere in Verbindung mit Ohrlöchern, erfolge. Nickelallergien bei Friseusen würden von ihr deshalb grundsätzlich nicht mehr als BK-Folge anerkannt. Außerdem bestünden angesichts der unterschiedlichen Testergebnisse und der Unzulänglichkeiten bei den jeweiligen Testungen erhebliche Zweifel, daß die Nickelsulfatsensibilisierung bereits zur Zeit der Ausübung des Friseurberufs vorgelegen habe und für die Hauterscheinungen an den Händen relevant gewesen sei. Es sei denkbar, daß diese allein durch die Friseurstoffe verursacht worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Feststellungsbegehrens begründet, im übrigen unbegründet.
Als Folge der von der Beklagten anerkannten BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO ist nicht nur, wie im angefochtenen Bescheid geschehen, ein kumulativ toxisches Kontaktekzem, sondern antragsgemäß auch ein allergisches Kontaktekzem mit Sensibilisierung gegen Nickelsulfat sowie gegen die standardisierten Friseurstoffe Ammoniumthioglycolat, Ammoniumpersulfat, Koloquintenextrakt und Glycerylmonothioglycolat festzustellen. Zwar ist in der Mehrzahl der Fälle bei einer Nickelsensibilisierung von einer außerberuflichen Sensibilisierung auszugehen. Das wird auch von Prof. Dr. M. ausdrücklich nicht bestritten. Das heißt nach den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen jedoch nicht, daß dies immer so sein muß und eine individuelle Prüfung des Einzelfalls entbehrlich ist, wie die Beklagte in offensichtlicher Fehlinterpretation der von ihr vorgelegten Literatur und auch der Gutachten des Prof. Dr. K. und der Dr. B. meint. Insoweit ist zur Kenntnis zu nehmen, daß die Klägerin kurze Zeit vor Beginn der Friseurlehre am 3. August 1982 von Prof. Dr. P. am 21. April 1982 auf Standardsubstanzen und Friseurstoffe getestet wurde und es dabei zu keinen positiven Reaktionen kam. Ebensowenig wurden vor Beginn der Lehre Hauterscheinungen festgestellt, u.a. nicht anläßlich der am 29. Juli 1982 von Dr. H. durchgeführten Untersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz. Dazu kam es erst während der Lehre ab 1983, und zwar zunächst im Bereich beider Hände und Unterarme und insbesondere im Bereich der Finger und nicht an typischen Kontaktstellen für eine außerberufliche Sensibilisierung u.a. insbesondere durch Modeschmuck, wie z.B. Ohrlöcher, Jeansknopf, BH-Schnalle. Hauterscheinungen derart wurden von den seinerzeit behandelnden Ärzten Dr. H. und Dr. L. und im übrigen auch später von keinem Arzt festgestellt. Insoweit sind die Angaben der Klägerin gegenüber Prof. Dr. M., daß sie nie Modeschmuck (nur goldene Ohrringe) getragen habe und sie erst nach Beginn der Friseurlehre und nach Bestehen von Hauterscheinungen einen ihr von einem Freund geschenkten Schmuckanhänger nicht vertragen habe, ohne weiteres glaubhaft. Des weiteren ist davon auszugehen, daß die Ausbildung zur Friseuse in den Jahren 1982 bis 1985 geeignet war, eine Nickelsensibilisierung zu verursachen, weil die Klägerin Kontakt mit nickelhaltigen Metallgegenständen hatte, aus denen bei Druck, Reibung, unter Schweiß, Wasser, Friseurchemikalien Nickelionen freigesetzt wurden. Zwar liegen Untersuchungsergebnisse über die Gegenstände, mit denen die Klägerin während ihrer Ausbildung zur Friseuse konkret Kontakt hatte, nicht vor, da die Beklagte eine Überprüfung seinerzeit noch nicht für notwendig hielt und nicht veranlaßt hat und diese heute nicht mehr möglich ist. Aus dem Fehlen derartiger Beweise kann die Beklagte sich unabhängig davon, daß dies in ihren Verantwortungsbereich fällt, im nachhinein jedoch nicht mit Erfolg berufen, weil nach den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. M. nicht ersichtlich und auch wissenschaftlichen Untersuchungen z.B. von Aberer und Holub ("Berufsdermatologische Relevanz der Nickelsensibilisierung”, Allergologie 1992, S. 429 ff.), Lindemayr ("Friseurekzem und Nickelallergie”, Der Hautarzt 1984, S. 292 ff.) und Bäuerle (Handekzeme, 1986, S. 65 ff., 85 ff.) nicht zu entnehmen ist, daß zu Beginn der 80er Jahre die im Friseurgewerbe verwendeten Scheren und sonstigen metallhaltigen Geräte oder Hilfsmittel weitgehend oder gar ausschließlich aus nicht vernickelten Teilen bestanden und der Friseurberuf der Art nach die Vorbedingungen für die Freisetzung von Nickel aus metallischen Arbeitsmaterialien nicht erfüllte. Vielmehr ist Nickel durchaus und zumindest für den hier maßgeblichen Zeitpunkt als typischer Berufsstoff und relevantes Allergen des Friseurberufs anzusehen (s. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 5. Auflage, S. 742, und die von der Beklagten zuletzt vorgelegte Veröffentlichung "Epicutantest-Ergebnisse in Frauenberufen”, Dermatosen 45, 1997, S. 160 und 162), woran auch Prof. Dr. P. und Dr. K. ersichtlich keinen Zweifel hatten. Soweit Dr. B. und Prof. Dr. K. sich gegen eine berufliche Verursachung der Nickelallergie der Klägerin ausgesprochen haben, wurde dies ebenfalls nicht mit einer fehlenden beruflichen Exposition der Klägerin gegen Nickel, sondern mit außerberuflichen Kontaktmöglichkeiten mit vernickelten Gegenständen, insbesondere mit Modeschmuck begründet, für die es im Falle der Klägerin indes gerade keine überzeugenden Hinweise gibt.
Mit Prof. Dr. M. ist deshalb im Einzelfall der Klägerin bei Würdigung aller Umstände, einschließlich des von Dr. B. und Prof. Dr. K. nicht berücksichtigten negativen Epicutantests und der negativen Anamnese vor Beginn der Lehre, eine Sensibilisierung gegen Nickel durch die berufliche Tätigkeit bei genetischer Disposition bzw. atopischer Diathese als wesentlich wahrscheinlicher anzusehen als eine außerberufliche Sensibilisierung u.a. insbesondere durch Modeschmuck. Denn überwiegende medizinische Gründe sprechen hier anders als in dem von der Beklagten angeführten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. August 1994 – L-7/U-1832/93 für einen beruflichen Zusammenhang. Soweit die Beklagte es für fraglich hält, daß die Nickelsensibilisierung überhaupt schon zur Zeit der Ausbildung zur Friseuse bestand, weil die einschlägigen Testergebnisse der erstbehandelnden Hautärztin Dr. L. falsch positiv gewesen sein könnten, Prof. Dr. P. 1986 eine Sensibilisierung nicht festgestellt habe und die Testungen des Dr. K. im Jahre 1988 wegen einmaliger Ablesung nur nach 48 Stunden zum Nachweis von Sensibilisierungen ungeeignet seien, ist festzustellen, daß die Zuverlässigkeit der Testungen der Dr. L. bezüglich Nickel von keinem Arzt in Frage gestellt wurden, die Negativtestung durch Prof. Dr. P. schon von diesem mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine weitgehende Allergenkarenz zurückgeführt und lediglich ein Absinken in den Latenzbereich angenommen worden war und angesichts der positiven Nachweise einer Sensibilisierung gegen Nickel durch Dr. L. 1984 und Prof. Dr. M. 1995 aus der nicht lege artis durchgeführten Testung des Dr. K. im Jahre 1988 nicht geschlossen werden kann, daß es sich hierbei gar nicht um eine echte Sensibilisierung, sondern nur um eine irritative Reaktion handelte. Daß es entsprechend der Beurteilung des Prof. Dr. M. durch die berufliche Tätigkeit bei der Klägerin darüber hinaus auch zu einer Sensibilisierung gegen die Friseurstoffe Ammoniumthioglycolat, Ammoniumpersulfat, Koloquintenextrakt und Glycerylmpnothioglycolat gekommen ist, wird auch von der Beklagten offensichtlich nicht in Abrede gestellt. Die erst im Berufungsverfahren bekannt gewordenen positiven Ergebnisse und Testungen mit diesen standardisierten Substanzen durch Dr. L. und die Dres. Sch. und K. aus den Jahren 1985 und 1987 lagen Dr. B. und Prof. Dr. K. noch nicht vor. Im übrigen wurde auch ohne Kenntnis dieser Testergebnisse und ungeachtet der Mängel der Testungen mit nicht standardisierten eigenen Friseurstoffen durch Dr. L., Prof. Dr. P. und Dr. K. auch von Dr. B. und P. Dr. K. allgemein nicht in Abrede gestellt, daß es bei der Klägerin durch die berufliche Tätigkeit nicht nur zu einem toxisch-degenerativen bzw. kumulativ-toxischen Kontaktekzem, sondern "auch zu einigen Sensibilisierungen gegen Berufsstoffe” gekommen ist. Daß Sensibilisierungen gegen die standardisierten Friseurstoffsubstanzen durch Prof. Dr. M. nicht mehr nachgewiesen wurden, beweist nicht die Unrichtigkeit der früheren Testergebnisse, sondern ist durch das konsequente Meiden der Allergene zu erklären.
Demgegenüber kann entgegen Dr. K. von einer beruflichen Sensibilisierung gegen p.-tert-Butylphenol/Formaldehydharz und P-Phenylendiamin nicht ausgegangen werden, da insoweit nur einmal, nämlich durch Dr. K. überhaupt positive Reaktionen festgestellt wurden und diese bei einmaliger Ablesung nur nach 48 Stunden eine Sensibilisierung auch nicht beweisen. Auch die bei der Klägerin wiederholt und zuletzt von Prof. Dr. M. nachgewiesene Sensibilisierung gegen Neomycin mit daraus resultierenden Kreuzreaktionen gegen Arzneistoffe wie Bacitracin, Framycetinsülfat und Kanamycinsulfat ist mit Wahrscheinlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar auf die berufliche Tätigkeit bzw. auf die Behandlung des beruflich verursachten Kontaktekzems, sondern auf die Behandlung der Folgen eines Mofaunfalls im Jahre 1984 zurückzuführen, wie Prof. Dr. M. aufgrund der eigenen anamnestischen Angaben der Klägerin überzeugend ausgeführt hat. Das ist unter den Beteiligten auch nicht streitig.
Wegen der festzustellenden BK-Folgen steht der Klägerin ein Anspruch auf Verletztenrente ab dem 26. April 1989 jedoch nicht zu, so daß die Berufung in diesem Umfang keinen Erfolg haben konnte. Zwar war die Rente von diesem Zeitpunkt an festzustellen, nachdem die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 25. April 1989 mitgeteilt hatte, daß sie auf eine Umschulung vorerst verzichten wolle, weil Umschulungsmöglichkeiten kaum vorhanden seien und sie hoffe, bei der Post irgendwann einen Dauerarbeitsvertrag zu erhalten. Denn damit war sowohl die durch die BK bedingte Arbeitsunfähigkeit in dem erlernten Beruf der Friseuse beendet (s. dazu auch Lauterbach-Watermann, Unfallversicherung, 3. Auflage, Anm. 5 zu § 580) als auch die Berufshilfe als abgeschlossen anzusehen (§ 580 Abs. 2 und 3 Nr. 1 RVO; §§ 72 Abs. 1 Nr. 1, 46 Abs. 3, 214 Abs. 3 Sozialgesetzbuch –SGB– 7). Die BK-Folgen verursachen indes keine MdE in rentenberechtigendem Grade von mindestens 20 v.H. (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 56 Abs. 1 SGB 7). Der für den Rentenanspruch maßgebende Grad der MdE hängt einerseits von der Schwere des durch die BK und ihre Folgen verursachten, noch vorhandenen Krankheitszustandes und andererseits von dem Umfang der dem Erkrankten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens ab (Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung – Bundessozialgericht –BSG– SozR 2200 § 551 Nr. 21; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 28; § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB 7). Zur Feststellung, in welchem Ausmaß die Klägerin durch die BK-Folgen in ihrer Fähigkeit gehindert ist, Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die ihr vor Eintritt des Versicherungsfalls offen standen, können die "Empfehlungen für die Einschätzung der MdE bei BKen der Haut nach der Nr. 5101 der BKVO” herangezogen werden. Diese sollen dazu beitragen, daß bei der Einschätzung und Bewertung der Folgen beruflich verursachter Hauterkrankungen nach der Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO einheitliche Maßstäbe angelegt werden, soweit es sich um regelmäßig vorkommende Krankheitsbilder mit typischem Verlauf handelt, und sind als geeignetes Hilfsmittel zur Bewertung der MdE in typischen Hauterkrankungsfällen anerkannt (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 28; BSG, Urteil vom 29. September 1992 – 2 RU 35/91; HLSG in Breithaupt 1982, 573 und Urteil vom 27. September 1989 – L-3/U-125/86). Dabei ist in noch nicht abgeschlossenen Verfahren wie dem der Klägerin die Neufassung vom 18. Mai 1995 (Rdschr. Nr. 86/1995 des Bundesverbandes der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand) zugrunde zu legen, wie es Prof. Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Juli 1996 getan hat. Beurteilungskriterien sind danach das Ausmaß der Hauterscheinungen (Ziffer 3.1.1) und die Auswirkungen der Allergie unter Berücksichtigung ihres Umfangs, ihrer Intensität und der Verbreitung der Allergene auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in krankheitsauslösender Form (Ziffer 3.1.2). Nach den Feststellungen des Prof. Dr. M. ist bei der Klägerin allenfalls von leichten Hauterscheinungen (Hauterscheinungen bis zu dreimal im Jahr, schnelle Abheilung unter adäquater Therapie, Unverträglichkeit intensiver irritativ-toxischer Hautbelastung) und bei Zustand nach Allergie gegen mehrere, gering verbreitete Berufsstoffe und Sensibilisierung gegen eine einzelne weit verbreitete Substanz (Nickel) von mittelgradigen Auswirkungen der Allergie auszugehen, so daß sich nach der Tabelle gemäß Ziffer 3.2 eine MdE von 15 v.H. ergibt. Eine MdE von 20 v.H. ist bei nur leichten Hauterscheinungen nach dieser Tabelle im allgemeinen hingegen nur anzunehmen, wenn die Auswirkungen der Allergie schwerwiegend sind (= mehrere Berufsstoffe weit verbreitet, einzelner Berufsstoff sehr weit verbreitet auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch mit Berücksichtigung möglicher Kreuzallergien und/oder bei klinisch besonders intensiver Sensibilisierung). Das ist bei der Klägerin eindeutig nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob bezüglich Nickel entsprechend der Annahme des Prof. Dr. M. tatsächlich von einer weiten Verbreitung oder – wie die Beklagte meint – nur von einer mittelgradigen Verbreitung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen werden kann, weil es insoweit nicht auf die Verbreitung von Nickel als solche, sondern auf die Verbreitung in "krankheitsauslösender Form” und demnach nur auf Tätigkeiten ankommt, bei denen Metallauflage plus Reibung plus Schweißbildung etc. zusammenwirken bzw. Nickel überhaupt freigesetzt werden kann (u.a. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 764; Aberer und Holub, a.a.O.). Eine Sensibilisierung der Klägerin gegen einen einzelnen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sehr weit verbreiteten Berufsstoff oder mehrere weit verbreitete Berufsstoffe kann in keinem Fall festgestellt werden. Auch ist für eine klinisch besonders intensive Sensibilisierung bei zwischenzeitlich negativen Testreaktionen auf die standardisierten Friseurstoffe Ammoniumthioglycolat, Koloquintenextrakt, Ammoniumpersulfat und Glycerylmonothioglycolat und einer Reaktion auf Nickel nichts ersichtlich, da die Klägerin seit Aufgabe ihrer Friseurtätigkeit wesentliche Hautprobleme nur noch einmal im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Teigfrau bei der Firma B. 1988 hatte und u.a. gegenüber Prof. Dr. M. nicht über Ekzeme am Jeansknopf oder BH-Schnelle oder an den Händen bei Kontakt mit einer Schere, sondern nur noch über gelegentliche Hauterscheinungen bei hauswirtschaftlichen Arbeiten in feuchtem Milieu klagte. Von daher stellte sich im Falle der Klägerin eher die Frage, ob der Nickelsensibilisierung überhaupt eine klinische Relevanz zukam und zukommt. Das kann mit Prof. Dr. M. in Verbindung mit der atopischen Diathese für den Fall entsprechender Kontakte zwar angenommen werden, für eine klinisch besonders intensive Sensibilisierung gibt es jedoch keinen Beweis.
Die Bewertung der MdE mit 15 v.H. durch Prof. Dr. M. auf der Grundlage der Empfehlungen in der anzuwendenden neuen Fassung ist danach insgesamt nicht zu beanstanden, sondern schlüssig und überzeugend. Der Sachverständige mußte auch nicht dazu befragt werden, warum er in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1996 bezüglich der MdE-Bewertung von seinem Gutachten vom 28. September 1995 abgewichen ist, da er die Gründe dafür in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 1996 bereits genannt hat. Außerdem ist die Einschätzung der MdE nicht die eigentliche Aufgabe des medizinischen Sachverständigen, sondern im Rahmen des Rechts der freien Beweiswürdigung (§ 128 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) allein Sache des Gerichts, das auch darüber zu befinden hat, ob die Empfehlungen für die Einschätzung der MdE bei BKen der Haut als Grundlage für die MdE-Bewertung heranzuziehen sind und ggf. in welcher Fassung. Soweit die Klägerin sich letztlich hiergegen wendet, ist festzustellen, daß keine Gründe dafür ersichtlich sind, warum die Empfehlungen in der Fassung vom 18. Mai 1995 im Falle ihrer Hauterkrankung zur Ermittlung der MdE ungeeignet oder zeitlich noch nicht anwendbar sein sollen und die danach ermittelte MdE von 15 v.H. die Folgen der BK nicht angemessen berücksichtigt.
Schließlich kommt auch eine Erhöhung der nach § 581 Abs. 1 Nr. 1 RVO (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB 7) festzustellenden MdE von 15 v.H. nach § 581 Abs. 2 RVO (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB 7) nicht in Betracht, da die Klägerin bei Eintritt der erst BK 20 Jahre alt war und lediglich den Ausbildungsabschluß als Friseuse erreicht hatte. Daß sie diesen Beruf nach erfolgreichem Abschluß aufgeben mußte, reicht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aus, um eine unbillige Härte im Sinne von § 581 Abs. 2 RVO anzuerkennen (u.a. BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 1 m.w.N.).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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