Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 1309/92
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 300/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 13. Februar 1994 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin streitet um die Entschädigung ihres Leberleidens als Berufskrankheit (BK).
Nach ihrer Übersiedlung aus der Volksrepublik Polen in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1976 stellte sie am 21. August 1979 beim Versicherungsamt der Stadt K. den Antrag, ihr Leberleiden als BK anzuerkennen. Sie gab an, vom 10. Dezember 1964 bis zum 28. Februar 1965 im Eisenhüttenwerk in Andreashütte – Kreis Oppeln im früheren Oberschlesien beschäftigt gewesen zu sein und führte die Erkrankung auf die Tätigkeit im Magazin der Hütte zurück, in denen sie giftige Farben habe ausgeben müssen, wobei sie täglich acht Stunden deren Ausdünstungen und Dämpfen ausgesetzt gewesen sei. Bei den giftigen Stoffen soll es sich nach dem Schreiben der Klägerin vom 1. Oktober 1979 um Spezialbenzin, Farben (Öl-, Lack-, Spezialfarben), Petroleum, Klarlack, Terpentin und Einlaßfarbe gehandelt haben. Einzelheiten die zu Arbeitsplatz und zu Arbeitsumständen gab sie am 8. Mai 1981 in einer Anhörung vor dem Versicherungsamt der Stadt K. zu Protokoll. Sie reichte werksärztliche Unterlagen des damaligen Beschäftigungsbetriebes zur Verwaltungsakte sowie weitere ärztliche Unterlagen, die während ihres Aufenthaltes in Polen erstellt worden waren. Prof. W. Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses K., diagnostizierte nach längerer stationärer Behandlung der Klägerin in den Monaten Mai bis Oktober 1978 eine HBs-Antigen-positive und nach dem sonstigen morphologischen Befund toxische Leberzirrhose, die durch Laparoskopie und Leberbiopsie gesichert sei.
Die Beklagte zog einen Bericht des Prof. W. vom 20. Februar 1990 bei, der die Klägerin ab 29. Mai 1978 behandelt hatte, nachdem zuvor im DRK-Krankenhaus in K. das Leberleiden im November 1977 erstmals diagnostiziert und bis Februar 1978 stationär behandelt worden war. Er gab zu bedenken, daß das HBs-Antigen als Ausdruck einer stattgehabten Virus-B-Infektion immer positiv gewesen sei, was eine Virusgenese der Leberzirrhose in den Bereich der Möglichkeit bringe. Laparoskopie und Leberhistologie sprächen mehr für eine toxische Ursache, eine Summationsschädigung beider Möglichkeiten sei nicht von der Hand zu weisen. Der frühere Beschäftigungsbetrieb der Klägerin stellte in den Mitteilungen vom 28. Mai 1980 und 22. November 1982 zunächst eine berufliche Schadstoffbelastung der Klägerin in Abrede. Hierzu legte die Klägerin die Bestätigungen des G. P. und der A.T. vom 1. April 1981 vor, in denen es heißt, sie habe als Lageristin mit Spezialbenzin, Speziallackfarben, Ölen, Ölfarben, Eisenkonstruktionsfarben, Petroleum, Terpentinen und Einlaßfarben zu tun gehabt, habe diese abmessen und ausgeben müssen und sei aufgrund der giftigen Dämpfe erkrankt und ab 9. Januar 1965 bzw. 9. März 1965 in eine andere Abteilung versetzt worden. Der Beklagten gelang es nicht, über die Sozialversicherungsanstalt Warschau eine weitergehende ärztliche Dokumentation zu beschaffen. Sie hörte ihren Technischen Aufsichtsdienst, der mit Stellungnahme vom 20. Mai 1983 die Auffassung vertrat, die Anerkennung des Leidens nach BK-Ziffern 1302 bis 1304 komme nicht in Betracht, da wegen der zu kurzen Expositionszeit vom 10. Dezember 1964 bis 9. Januar 1965 bereits der Zusammenhang fraglich erscheine. Prof. W. erstattete sodann das Gutachten vom 20. September 1983 und ging davon aus, daß die Klägerin 13 Wochen Magazinarbeit verrichtet habe und es zu einer toxischen Leberzirrhose als Folge der Einwirkung von Lebergiften bei dieser Tätigkeit gekommen sei. Die Klägerin sei Nitroverbindungen und halogenisierten Kohlenwasserstoffen ausgesetzt gewesen. Das Leiden solle als BK nach Ziffer 1304 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v.H. ab 24. November 1977 und nach einer MdE von 50 v.H. ab 4. Oktober 1979 Anerkennung finden. Die histologischen Untersuchungsergebnisse hätten jeweils für eine toxische Leberschädigung gesprochen. Die Hepatitis-Serologie weise daraufhin, daß eine Hepatitis B-Infektion abgelaufen sei, die nicht näher datiert werden könne. Die histologischen Befunde sprächen aber gegen eine hepatitische Leberzirrhose. Bei einer denkbaren Summationsschädigung stehe die toxische Komponente eindeutig im Vordergrund. Der Landesgewerbearzt stimmte dem Gutachten mit Stellungnahme vom 9. August 1984 zu.
Die Beklagte zog die Rentenunterlagen der Klägerin von der BfA bei, die u.a. das fachinternistische Rentengutachten des Dr. R. vom 20. Juli 1983 enthielt, der eine komplette, mäßig aktive posthepatitische Leberzirrhose bei der Klägerin diagnostiziert hatte und aus dem Verlauf der Erkrankung den Schluß zog, daß es sich nicht um eine toxische sondern um eine posthepatitische Leberzirrhose nach Hepatitis B handeln dürfte. Die Beklagte ließ sodann das Aktengutachten des Prof. V. und des Dr. T. vom 21. Dezember 1984 erstellen. Diese konnten eine verbindliche Aussage zur Giftigkeit der umgefüllten Stoffe nicht treffen. Bei gebräuchlicher Zusammensetzung der Farben und Lacke müsse davon ausgegangen werden, daß die Nitrolacke keine Nitroverbindungen im Sinne der BK-Ziffer 1304 darstellten. Im übrigen sei eher wahrscheinlich, daß es sich bei dem Leberleiden der Klägerin um eine posthepatitische Leberzirrhose handele. Die Klägerin sei weder stark lebergiftigen Chemikalien ausgesetzt gewesen noch gebe es Hinweise für eine Lösemittelvergiftung. Eine nur 13wöchige Exposition gegenüber industriell gebräuchlichen Lacken und Farben sei nicht geeignet, eine derart schwere Lebererkrankung zu verursachen. Der Krankheitsverlauf einer toxischen Hepatose gestalte sich nach Beendigung der Exposition reversibel, nicht so bei der Klägerin. Der Landesgewerbearzt gab daraufhin seine frühere Stellungnahme auf und trat mit Stellungnahme vom 6. November 1995 Prof. V. und Dr. T. bei. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 13. Februar 1986 Entschädigungsleistungen ab, da die Erkrankung der Klägerin nicht als BK nach Ziffer 1304 anerkannt werden könne, wie dies Prof. V., Dr. und der Landesgewerbearzt begründet hätten.
Die dagegen vor dem Sozialgericht Kassel (SG) erhobene Klage (Az.: S-3/U-21/86) hat dieses mit Urteil vom 7. April 1987 abgewiesen. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde im Berufungsverfahren (Az.: L-3/U-619/87) nach Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Prof. W. vom 16. Februar 1988 durch Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 1988 bestätigt. Der Senat ging damals davon aus, daß eine toxische Hepatose nach der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme des Prof. W. als gesichert angesehen werden könne. In Übereinstimmung mit Prof. V. konnte der Senat jedoch nicht davon ausgehen, daß die haftungsbegründende Kausalität mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Die Klägerin habe weder Umgang mit stark hepatotoxischen Chemikalien gehabt noch eine Lösemittelvergiftung während ihrer Magazinarbeitertätigkeit erlitten. Auch Prof. W. könne letztlich nur einen möglichen Zusammenhang aufzeigen. Die Expositionszeit von 13 Wochen sei zu gering und der nicht reversible Krankheitsverlauf spreche gegen den Zusammenhang. Nitrolacke stellten keine Nitroverbindungen im Sinne der BK-Ziffer 1304 dar. Ein Gesuch der Klägerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren hatte das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 14. Oktober 1988 zurückgewiesen (Az.: 2 BH 1/88).
Am 27. Juni 1988 hat die Klägerin einen Neuprüfungsantrag gestellt und sich dabei auf ein Schreiben des Prof. W. vom 4. März 1988 bezogen sowie eine Bescheinigung des Eisenwerkes in Andreashütte vom 7. November 1988 vorgelegt. Der Beschäftigungsbetrieb bestätigt darin, daß die Klägerin bis 2. Juli 1965 in der Magazinabteilung für chemisches Material tätig gewesen sei und es sich um einen vor allem hinsichtlich der Leber gesundheitsschädlichen Arbeitsplatz gehandelt habe. Zu ihren Dienstpflichten habe die Annahme und Ausgabe von Farben, Minium, Nitrofarben, Lösungsmitteln, Schmierstoffen und Öl gehandelt. Sie habe Benzin für die Betriebsfahrzeuge manuell pumpen müssen. Die chemische Zusammensetzung der Farben habe zu 60 % aus Bleioxid aufgelöst in Firnis bestanden. Bei den Nitrolösungsmitteln habe es sich um Nitroverbindungen hergestellt aus Nitrobenzol, Naphthalin, Kohlenwasserstoffgruppen und Stickstoffmonoxid gehandelt. Das Magazin habe sich im Keller der Waggonabteilung befunden (Feuchtigkeit, keine Ventilation). Prof. W. gab in einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Juli 1988 an, die die Leberzirrhose auslösende Ursache habe lange Zeit vor Feststellung der Diagnose auf die Klägerin eingewirkt und könne durchaus in den zeitlichen Bereich ihrer Beschäftigung im Magazin hineinreichen. Die Beklagte holte eine Auskunft des Eisenwerkes in Andreashütte vom 4. Januar 1991 ein, die die zuvor gemachten Angaben bestätigte und ließ sodann das Aktengutachten des Prof. vom 6. August 1981 erstellen. Der hielt an seiner früheren Beurteilung fest, woran auch die Tatsache nichts ändere, daß die Klägerin insgesamt 27 Wochen schadstoffbelastet im Magazin tätig gewesen sei und nunmehr die auf sie einwirkenden Chemikalien konkretisiert worden seien. Die BK-Ziffer 3104 komme nicht zur Anwendung, da Nitroverdünnungen nicht mit den eigentlichen Nitroverbindungen wie Nitrobenzol oder Nitrotoluol gleichzusetzen seien. Mit Bescheid vom 26. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1992 lehnte die Beklagte die Zurücknahme ihres Bescheides vom 13. Februar 1986 im Hinblick auf § 44 Sozialgesetzbuch (SGB 10) und die Ausführungen des Prof. T. ab.
Die dagegen von der Klägerin am 3. Dezember 1992 vor dem SG erhobene Klage hat dieses durch Gerichtsbescheid vom 13. Februar 1994 abgewiesen und ist in der Begründung der Beklagten bzw. Dr. T. beigetreten. Die Einholung eines Gutachtens sei nur sinnvoll, wenn die Klägerin nachweisen könne, daß sie BK-relevanten leberschädigenden Stoffen ausgesetzt gewesen sei.
Gegen das ihr am 3. März 1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. März 1994 beim SG Berufung eingelegt und hat die Auffassung vertreten, aus den im Überprüfungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen der Beschäftigungsfirma werde deutlich, daß sie auch Kontakt mit Nitrobenzol gehabt habe. Es bestehe weiterer Aufklärungsbedarf hinsichtlich der verarbeiteten Stoffgemische durch Einschaltung eines zur Überprüfung von Arbeitsstoffen kompetenten Instituts.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 13. Februar 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1992 zu verurteilen, den Bescheid vom 13. Februar 1986 zurückzunehmen und ihre Lebererkrankung als Berufskrankheit bzw. wie eine Berufskrankheit in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Gerichtsakte des SG aus einem Schwerbehindertenrechtsstreit der Klägerin beigezogen (Az.: S-6D/Vb-594/88) sowie eine weitere Gerichtsakte des SG aus einem Rentenstreitverfahren der Klägerin gegen die BfA (Az.: S-2/An-1064/87). In letzterer Akte befinden sich das Gutachten des Prof. W. vom 13. Mai 1981 mit der Diagnose einer posthepatischen Leberzirrhose sowie das weitere Gutachten vom 7. Juli 1989 mit der Diagnose Leberzirrhose ohne Ursachenangabe. Die Klägerin wurde im Erörterungstermin vom 10. Oktober 1996 zu den Arbeitsbedingungen und der Schadstoffbelastung während ihrer Tätigkeit im Magazin des Eisenwerkes Andreashütte in Ergänzung ihrer Angaben vor dem Versicherungsamt K. vom 8. Mai 1981 gehört und sodann Prof. G., Biochemisches Institut für Umweltkarzinogene in Großhansdorf, um die Erstellung eines Gutachtens gebeten. In seinem Gutachten vom 30. Dezember 1996 weist er daraufhin, daß Nitrolacke und Nitroverdünner keine leberschädigenden Nitroverbindungen darstellen. Demgegenüber komme Nitrobenzol und Nitromethan, denen die Klägerin nach der Mitteilung der Firma in Andreashütte vom 7. November 1988 ausgesetzt gewesen sei, eine leberschädigende Wirkung zu. Eine chronische, lang andauernde Exposition gegenüber Nitrobenzol könne zu Leber- und Milzschäden fuhren und sei im Rahmen der BK-Ziffer 1304 beachtlich, während Nitromethan keinen Listenstoff darstelle, aber bei schweren Fällen auch zu Leber- und Nierenschäden fuhren könne.
Sodann hat der Senat das fachinternistische-gastroenterologische-hepatologische Fachgutachten des Prof. K., H-Krankenhaus K., vom 14. Mai 1997 eingeholt. Dort wurde eine weitere Leberblindpunktion bei der Klägerin durchgeführt und das Präparat Prof. K. zur gutachterlichen Beurteilung übersandt. Prof. K. diagnostizierte in seinem pathologischen Zusatzgutachten vom 4. April 1997 eine stationäre Leberzirrhose. Die Durchführung von HBs-Reaktionen zum Nachweis von Bestandteilen des Hepatitis-B-Virus durch Prof. K. an den noch vorliegenden kompletten Präparaten seit 1977 führte zu einer positiven immunhistologischen Reaktion bei den 1977 und 1978 gewonnenen Punktaten, während das Punktat von 1981 nur grenzwertig blieb und die von 1987 und 1997 ein negatives Ergebnis für HBs und Core Antigen aufwiesen. Daraus schloß Prof. K., daß es in den 80er Jahren zu einer Serokonversion gekommen sein könne. Er habe das Bild der Punktionszylinder 1977 und 1978 seinerzeit am ehesten als Ausdruck einer toxisch induzierten Zirrhose gedeutet – allerdings ohne Kenntnis der Anamnese und des serologischen Virusbefundes. Die Annahme einer toxischen Schädigung habe vornehmlich auf einer deutlichen körnigen Zellschwellung beruht und auf den innerhalb einzelner Zellkomplexe reichlich entwickelten Riesenmetochondrien. Denkbar sei, daß sich diese Metochondriose nicht so sehr aus einer toxischen Schädigung als aus bereits durch den Leberumbau bedingten Durchblutungsstörungen innerhalb einzelner Zirrhoseareale erkläre. Unabhängig davon, ob eine toxische Schädigung seinerzeit bestanden habe und welcher Art sie gewesen sei, lasse sich der 1977 erstmals gesicherte zirrhotische Leberumbau keineswegs auf eine über zehn Jahre zurückliegende halbjährige Exposition gegenüber verschiedenen Lösungsmitteln beziehen. Prof. K. diagnostizierte bei der Klägerin eine stationäre kompensierte Leberzirrhose bei Zustand nach sicherer Hepatitis B-Virusinfektion und nicht auszuschließender zusätzlicher berufsbedingter toxischer Lebervorschädigung durch Nitrobenzol und Nitromethan. Der bei ihr gleichfalls zu beobachtende Zustand nach Hepatitis A sei folgenlos ausgeheilt und stehe nicht im Zusammenhang mit der früheren berufsbedingten Schadstoffexposition. In den Präparaten von 1987 und 1997 seien keine Virusprodukte mehr in den Leberzellen nachweisbar gewesen und es sei somit zu einer spontanen Ausheilung der Hepatitis B gekommen, allerdings mit dem Defekt einer ruhenden Leberzirrhose. Auch bei der jetzt durchgeführten modernsten Untersuchung auf Hepatitis B-Viren habe man im Serum keine Virusäquivalente mehr nachweisen können. Aktuell bestehe keine Komplikation der Erkrankung. Die stationäre Leberzirrhose der Klägerin bei Zustand nach Hepatitis B-Virusinfektion könne danach weder als BK nach Ziffern 1302 bis 1304 noch wie eine BK anerkannt werden. Bei ihr habe vielmehr eine typische histologisch und serologisch gesicherte chronische Hepatitis B-Virusinfektion vorgelegen, deren Infektionsbeginn nicht mehr festzustellen sei. Diese Krankheit sei 1977 erstmals diagnostiziert worden und habe schließlich zu einer kompletten Zirrhose geführt, die nach Verlust des Virus aus dem Serum und aus dem Lebergewebe Mitte der 80er Jahre zur Ruhe gekommen sei. Es sei äußerst unwahrscheinlich, daß die Leberschadstoffe Nitrobenzol und Nitromethan noch 12 Jahre nach Ende der halbjährigen Expositionszeit für das Bild einer hochaktiven Leberzirrhose mit ausgeprägtem Entzündungsinfiltrat verantwortlich sein könne, wie dies 1977 und 1978 festgestellt worden sei. In diesem Punkt schließe er sich der Meinung des renommierten Pathologen Prof. K. an. In der Zusammenschau aller Befunde sei es zwar nicht völlig auszuschließen aber doch sehr unwahrscheinlich, daß die frühere Schadstoffexposition einen wesentlichen Einfluß auf den Verlauf der Hepatitis B-Virusinfektion genommen habe und diese Infektion auf eine evtl. bereits dauerhaft vorgeschädigte Leber getroffen sei.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat das internistische Aktengutachten des Prof. W. vom 19. Juni 1998 nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholt, der auch davon ausgeht, daß die Klägerin an einer zur Ruhe gekommenen Leberzirrhose leide. Er führt dieses Leiden mit überwiegenden medizinischen Gründen auf die berufliche Schadstoffbelastung der Klägerin in den Jahren 1964 und 1965 zurück und will es als BK nach Ziffern 1302 bis 1304 anerkannt wissen. 12 Jahre nach der Schadstoffbelastung sei eine Leberzirrhose bei der Klägerin laparoskopisch diagnostiziert worden. Die Leberzirrhose bedürfe je nach Ursache einer Einwirkungsdauer von ein bis zehn Jahren und länger, so daß die auslösende Ursache durchaus in die Jahre 1964/1965 hineinragen könne. Auch die Tatsache, daß der Nachweis von HBs-Antigen nur in wenigen Präparaten möglich gewesen sei, spreche dagegen, daß ein Virusbefall die Ursache des Leidens gewesen sei. Denn die Virusinvasion in der Leber sei nicht ausgeprägt genug gewesen, um eine posthepatitische Leberzirrhose zu erzeugen. Zudem habe es sich bei der Klägerin nicht um eine rein toxische sondern eine allergo-toxische Leberschädigung gehandelt. Wenn man zusätzlich berücksichtige, daß nach den ersten morphologischen Leberbefunden bei Laparoskopie und Leberpunktion von einer toxischen Schädigung auszugehen sei und die Tatsache beachte, daß das HBs-Antigen nur anfangs positiv gewesen, dann werde eine posthepatische Entstehung durch eine Virus B-Infektion der Leber doch sehr unwahrscheinlich, eine allergo-toxische Reaktion daneben sehr wahrscheinlich. Die Einwirkungsdauer reiche zur Entstehung eines chronischen Leberschadens aus. Der reine Nachweis des HBs-Antigens sei noch nicht gleichzusetzen mit der Ursache einer Lebererkrankung durch das Hepatitis B-Virus.
Prof. K. hat auf das Gutachten des Prof. W. mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 31. Juli 1998 erwidert und hat darin am Ergebnis seines Gutachtens festgehalten. Es sei äußerst unwahrscheinlich, daß die potentiell lebertoxischen Substanzen Nitrobenzol und Nitromethan noch 12 Jahre nach Ende der halbjährigen Expositionszeit für das Bild einer ausgeprägten Entzündungsinfiltration verantwortlich sein könne, wie es 1977/1978 festgestellt worden sei. Dasselbe gelte auch für die von Prof. W. diskutierte Möglichkeit einer allergisch-toxischen Reaktion. Auch hier sei keinesfalls anzunehmen, daß 12 Jahre nach Ende der Allergenexposition noch eine ausgeprägte Entzündungsinfiltration verursacht werden könne. Die Tatsache, daß bei der Klägerin niemals eine akute Lebererkrankung festgestellt worden sei, spreche keinesfalls gegen das Vorhandensein einer klinisch relevanten und letztlich zur Zirrhose führenden chronischen Hepatitis B, die ja letztlich festgestellt worden sei. Auch bei einer posthepatitischen Leberzirrhose sei eine feinknotige Oberfläche möglich. Das nur in wenigen Leberzellen nachweisbare HBs-Antigen bei den Leberbiopsien 1977 und 1978 spreche entgegen Prof. W. nicht dagegen, daß ein Virusbefall Ursache der Zirrhose gewesen sei. Denn der Krankheitsverlauf der Hepatitis B-Infektion korreliere nicht mit der Menge von nachweisbarem HBs-Antigen in der Leber. Die Krankheitsaktivität und der Verlauf der chronischen Hepatitis hänge vielmehr vor allem von der Immunantwort des infizierten Patienten ab. Es sei sicher schwierig festzulegen, wie lange die Einwirkung von Nitrobenzol und Nitromethan dauern müsse, um eine Leberzirrhose hervorzurufen. Im sehr gut dokumentierten Krankheitsverlauf der Klägerin werde der klassische Verlauf einer chronischen Hepatitis B-Virusinfektion deutlich, die letztlich zur Leberzirrhose geführt habe, so daß er aufgrund des vorliegenden zeitlichen Krankheitsverlaufes eine allergisch-toxisch relevante Leberschädigung für äußerst unwahrscheinlich halte. Das Leberleiden der Klägerin sei mit einer MdE von 40 v.H. ab August 1979 einzuschätzen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte aus dem früheren BK-Verfahren sowie die Gerichtsakten des SG aus der Schwerbehindertenstreitsache und dem Rentenverfahren Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Abs. 2 SGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Denn die Beklagte hatte mit Bescheid vom 13. Februar 1986, der durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 25. Februar 1988 (Az.: L-3/U-619/87) bestätigt worden war, zu Recht Entschädigungsleistungen der Klägerin auf der Grundlage der §§ 1583, 1569 a Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. §§ 1, 5 ff. Fremdrentengesetz und Artikel 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 (BGBl. 1976 II, S. 396) abgelehnt. Im Rahmen der Neuprüfung nach § 44 SGB 10 hat sie daher mit Bescheid vom 26. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1992 richtigerweise eine Rücknahme vorgenannter Entscheidung abgelehnt. Auch nach der ergänzenden Sachaufklärung durch Einholung eines biochemischen, eines pathologischen und zweier fachinternistischer Gutachten im Berufungsverfahren konnte der erkennende Senat nicht feststellen, daß das Leberleiden der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit auf ihre berufliche Schadstoffbelastung als Magazinarbeiterin im Eisenwerk in Andreashütte im damaligen Oberschlesien zurückzuführen ist.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da das von ihr als BK geltend gemachte Leiden vor Inkrafttreten des die gesetzliche Unfallversicherung neu regelnden Sozialgesetzbuchs – 7. Band (SGB 7) am 1. Januar 1997 aufgetreten ist und die Beklagte auch vor diesem Zeitpunkt im Rahmen des § 44 SGB 10 neu entschieden hat (Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz, § 212 SGB 7).
Die Klägerin leidet – gegenüber den Verhältnissen des letzten Berufungsverfahrens 1988 unverändert – an einer Leberzirrhose, die inzwischen zur Ruhe gekommen ist, wie von Prof. K. im Gutachten vom 14. Mai 1997 und von Prof. W. im Aktengutachten vom 19. Juni 1998 übereinstimmend festgehalten. Im Neuprüfungsverfahren sind indessen zwei gegenüber früher neue und für die Entscheidung der streitigen Zusammenhangsfrage wesentliche Erkenntnisse gewonnen worden. Die mit einer Schadstoffexposition verbundene Magazinarbeitertätigkeit der Klägerin dauerte vom 10. Dezember 1964 nicht nur bis 9. Januar bzw. 9. März 1965 – wie früher angenommen – sondern bis 2. Juli 1965, was den gleichlautenden Mitteilungen des Eisenwerkes in Andreashütte vom 7. November 1988 und 4. Januar 1991 zu entnehmen ist. Nach den gutachterlichen Feststellungen des Biochemikers Prof. G. in dessen Gutachten vom 30. Dezember 1996 ist nunmehr davon auszugehen, daß die Klägerin leberschädigenden Stoffen in Form von Nitrobenzol und Nitromethan ausgesetzt war, als sie die knapp siebenmonatige Tätigkeit im Magazin verrichtete, die mit Annahme und Ausgabe von Farben, Minium, Benzin, Nitrofarben, Lösungsmitteln, Schmierstoffen und Ölen nach Mitteilung der Beschäftigungsfirma verbunden und in einem feuchten, schlecht gelüfteten Kellerraum zu verrichten war.
Auch unter Berücksichtigung dieser neuen Erkenntnisse steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, daß das Leberleiden der Klägerin infolge der erwiesenen beruflichen Belastung mit Nitrobenzol als BK nach Ziffern 1302 oder 1304 der Anlage 1 zur BKVO entstanden ist und/oder Kontakt zu Nitromethan, das keiner Listen-BK unterfällt, die Anerkennung ihrer Lebererkrankung wie eine BK nach § 551 Abs. 2 RVO rechtfertigt.
BKen sind nach. § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung des Bundesrats bezeichnet und die eine Versicherte bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Durch die BKVO sind unter Ziffer 1302 Erkrankungen durch Hallogenkohlenwasserstoffe sowie unter Ziffer 1304 Erkrankungen durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologen oder ihrer Abkömmlinge als BK anerkannt. Nach § 551 Abs. 2 sollen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der BKVO bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt sind. Sowohl die Anerkennung des Leberleidens als Ziffern-BK sowie als Quasi-BK nach § 551 Abs. 2 RVO setzt voraus, daß zum einen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Schadstoffbelastung (die sogenannte haftungsbegründende Kausalität) und andererseits ein Zusammenhang zwischen der Einwirkung der Schadstoffe auf den Körper der Versicherten und dem Auftreten der Erkrankung (sogenannten haftungsausfüllende Kausalität) besteht. Diese ursächlichen Zusammenhänge müssen wahrscheinlich sein. Bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen die für den Zusammenhang sprechenden Umstände so stark überwiegen, daß die dagegen gerichteten billigerweise außer Betracht zu bleiben haben (BSG in SozR § 542 a.F. Nr. 20; Urteil des Senats vom 25. Februar 1988 im vorhergehenden Verfahren, Az.: L-3/U-619/87).
Die haftungsbegründende Kausalität ist durch die Feststellungen des Prof. G. im biochemischen Gutachten vom 30. Dezember 1996 erwiesen. Denn die Klägerin war bei ihrer Tätigkeit im Magazin der Andreashütte vom 10. Dezember 1964 bis 2. Juli 1965 den Einwirkungen von Nitrobenzol und Nitromethan ausgesetzt, die – so Professoren G., K. und W. übereinstimmend – als leberbelastende Schadstoffe anerkannt sind. Demgegenüber konnte der Senat im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität die Gründe nicht billigerweise außer Betracht lassen, die gegen einen Zusammenhang zwischen beruflicher Schadstoffbelastung im ersten Halbjahr 1965 und der 1977 erstmals diagnostizierten Lebererkrankung sprechen. Professoren K. und K. zufolge überwiegen die gegen den Zusammenhang die dafür sprechenden Gründen, so daß es unwahrscheinlich ist, daß die Leberschadstoffe Nitrobenzol und Nitromenthan noch 12 Jahre nach Ende der halbjährigen Expositionszeit für das Bild einer hochaktiven Leberzirrhose mit ausgeprägtem Entzündungsinfiltrat, wie dies 1977 und 1978 festgestellt worden war, verantwortlich gewesen sind.
Bei der Klägerin wurde in den Jahren 1977/78 im Rot-Kreuz-Krankenhaus K. und bei Prof. W. in den Städtischen Kliniken K. anläßlich zweier Laparoskopien eine chronische Hepatose (Lebererkrankung) festgestellt, die das Bild einer bereits kompletten, hochaktiven Leberzirrhose bot. Die 1977 im Rot-Kreuz-Krankenhaus und 1978 bei Prof. W laparoskopisch gewonnenen Leberpräparate hat Prof. K. auf Veranlassung des Sachverständigen Prof. K. – wie auch die später gewonnenen Punktate, zuletzt das des Prof. K. vom April 1997 – unter Verwendung neuester Untersuchungsverfahren erneut pathologisch begutachtet. Prof. K. konnte in seinem pathologischen Gutachten vom 4. April 1997 wieder eine positive immun-histologische Reaktion bei den 1977/78 gewonnenen Punktaten erzielen, während die Gewebsprobe 1981 grenzwertig blieb und die von 1987 und 1997 negative Resultate für HBs und Core Antigen aufwiesen. Danach geht Prof. K. und mit ihm übereinstimmend auch Prof. K. davon aus, daß bei der Klägerin eine 1977 erstmals serologisch gesicherte Hepatitis-B-Virusinfektion bestanden hat, bei der es in der 80er Jahren zu einer Serokonversion mit Ausheilung des B-Virus gekommen ist. Die als Defekt verbliebene komplette Leberzirrhose ist mittlerweile zur Ruhe gekommen.
Auch die histologischen Befunde stützen diese Diagnose einer Hepatitis-B-Virusinfektion, obwohl Prof. K. – und ihm damals folgend Prof. W. – im Vorverfahren noch angenommen hatte, daß das Bild der Punktionszylinder von 1977/78 am ehesten als Ausdruck einer toxisch induzierten Zirrhose zu deuten sei. Wie Prof. W. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 1988 im früheren Berufungsverfahren ausgeführt hatte, läßt der makroskopische Oberflächenbefund der Leber hinsichtlich der Pathogenese keine sichere Aussage zu, während der Pathologe aufgrund des von ihm erhobenen histologischen Befundes zu fundierteren Kausalbezügen gelangen kann. Insofern weist Prof. K. nunmehr allerdings daraufhin, daß die histologisch gesicherte Metochondriose aus durch den Leberumbau entstandenen Durchblutungsstörungen innerhalb einzelner Zirrhoseareale entstanden sein dürfte und keinen sicheren Schluß auf eine toxische Ursache erlaubt. In Kenntnis des serologischen Virusbefundes, der Expostionsverhältnisse 1965 und des 1977 erstmals diagnostisch gesicherten zirrhotischen Leberumbaus verneint er einen Zusammenhang der Lebererkrankung mit beruflicher Schadstoffbelastung und hält die Diagnose einer toxischen Leberzirrhose nicht mehr aufrecht. Der erkennende Senats tritt dieser serologisch wie auch histologisch abgesicherten Beurteilung bei und weicht insofern von der Senatsentscheidung vom 25. Februar 1988 ab, die noch in Übereinstimmung mit der damaligen Beurteilung der Professoren K. und W. von einer toxischen und keiner posthepatitischen Leberzirrhose ausgegangen war.
Letztlich sieht es der Senat mit Professoren K. und K. als unwahrscheinlich an, daß es infolge einer toxischen oder allergisch-toxischen Reaktion der Klägerin nach beruflicher Schadstoffeinwirkung im ersten Halbjahr 1965 zu der 1977 festgestellten ausgeprägten Leberentzündung gekommen ist. Auch wenn der Infektionsbeginn der Hepatitis-B-Erkrankung nicht mehr festgestellt werden kann, sind der Erkrankungsverlauf und das Erkrankungsbild zwanglos mit der sicher nachgewiesenen Hepatitis-B-Virusinfektion vereinbar. Mit Prof. K. ist nicht völlig auszuschließen, daß die Virus-Hepatitis-B eine bereits toxisch vorgeschädigte Leber betroffen hat. Ein abgrenzbarer oder gar entscheidender Einfluß der beruflichen Schadstoffbelastung für Entstehung und Entwicklung des Leberleidens kann Prof. K. zufolge nicht hergestellt werden, zumal sich der Krankheitsverlauf einer toxisch bedingten Hepatose nach Beendigung der beruflichen Schadstoffbelastung – anders als bei der Klägerin – im allgemeinen reversibel gestaltet, wie bereits das Urteil des Senats vom 25. Februar 1988 gestützt auf die damalige Beurteilung durch Prof. V. ausgeführt hat.
Der streitige Zusammenhang ist auch mit Prof. W. nicht wahrscheinlich zu machen. Er geht zunächst davon aus, daß die die Leberzirrhose auslösende Ursache in den Zeitraum 1964/65 zurückragen "könnte”, was aber nur mögliche Zusammenhänge aufzeigt und keinesfalls ausschließt, daß die Klägerin sich zwischen 1965 und 1977 – berufsunabhängig – eine Hepatitis-B-Infektion zugezogen hat, die gleichfalls zu der mit einer Entwicklungsdauer von ein bis zehn Jahren behafteten Leberzirrhose geführt haben könnte. Entgegen Prof. Wildhirt belegen die früheren laparoskopischen und histologischen Befunde nicht eine toxische Ursache der Leberzirrhose. Prof. W. hatte zu dieser Frage zunächst selbst geschwankt, wie beispielsweise seinem Bericht vom 20. Februar 1990 an die Beklagte zu entnehmen ist. Denn weder das laparoskopische Erscheinungsbild der Leber noch der Oberflächenbefunde lassen einen Schluß auf die toxische Entstehungsursache der Zirrhose zu. Insbesondere kann sich auch bei einer posthepatitischen Leberzirrhose eine feinknotige Oberfläche zeigen, worauf Prof. K. in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. Juli 1998 hinweist. Nach dieser Stellungnahme schließt – entgegen Prof. W. – auch der nur geringfügige HBs-Antigen-Nachweis in den 1977/78 gewonnenen Leberbiopsien einen Virusbefall als Ursache des Erkrankungsbildes nicht aus, da der Hepatitis-B-Verlauf nicht mit der Menge nachweisbarer HBs-Antigene korreliert, vielmehr von der Immunantwort des jeweils infizierten Patienten abhängt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin streitet um die Entschädigung ihres Leberleidens als Berufskrankheit (BK).
Nach ihrer Übersiedlung aus der Volksrepublik Polen in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1976 stellte sie am 21. August 1979 beim Versicherungsamt der Stadt K. den Antrag, ihr Leberleiden als BK anzuerkennen. Sie gab an, vom 10. Dezember 1964 bis zum 28. Februar 1965 im Eisenhüttenwerk in Andreashütte – Kreis Oppeln im früheren Oberschlesien beschäftigt gewesen zu sein und führte die Erkrankung auf die Tätigkeit im Magazin der Hütte zurück, in denen sie giftige Farben habe ausgeben müssen, wobei sie täglich acht Stunden deren Ausdünstungen und Dämpfen ausgesetzt gewesen sei. Bei den giftigen Stoffen soll es sich nach dem Schreiben der Klägerin vom 1. Oktober 1979 um Spezialbenzin, Farben (Öl-, Lack-, Spezialfarben), Petroleum, Klarlack, Terpentin und Einlaßfarbe gehandelt haben. Einzelheiten die zu Arbeitsplatz und zu Arbeitsumständen gab sie am 8. Mai 1981 in einer Anhörung vor dem Versicherungsamt der Stadt K. zu Protokoll. Sie reichte werksärztliche Unterlagen des damaligen Beschäftigungsbetriebes zur Verwaltungsakte sowie weitere ärztliche Unterlagen, die während ihres Aufenthaltes in Polen erstellt worden waren. Prof. W. Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses K., diagnostizierte nach längerer stationärer Behandlung der Klägerin in den Monaten Mai bis Oktober 1978 eine HBs-Antigen-positive und nach dem sonstigen morphologischen Befund toxische Leberzirrhose, die durch Laparoskopie und Leberbiopsie gesichert sei.
Die Beklagte zog einen Bericht des Prof. W. vom 20. Februar 1990 bei, der die Klägerin ab 29. Mai 1978 behandelt hatte, nachdem zuvor im DRK-Krankenhaus in K. das Leberleiden im November 1977 erstmals diagnostiziert und bis Februar 1978 stationär behandelt worden war. Er gab zu bedenken, daß das HBs-Antigen als Ausdruck einer stattgehabten Virus-B-Infektion immer positiv gewesen sei, was eine Virusgenese der Leberzirrhose in den Bereich der Möglichkeit bringe. Laparoskopie und Leberhistologie sprächen mehr für eine toxische Ursache, eine Summationsschädigung beider Möglichkeiten sei nicht von der Hand zu weisen. Der frühere Beschäftigungsbetrieb der Klägerin stellte in den Mitteilungen vom 28. Mai 1980 und 22. November 1982 zunächst eine berufliche Schadstoffbelastung der Klägerin in Abrede. Hierzu legte die Klägerin die Bestätigungen des G. P. und der A.T. vom 1. April 1981 vor, in denen es heißt, sie habe als Lageristin mit Spezialbenzin, Speziallackfarben, Ölen, Ölfarben, Eisenkonstruktionsfarben, Petroleum, Terpentinen und Einlaßfarben zu tun gehabt, habe diese abmessen und ausgeben müssen und sei aufgrund der giftigen Dämpfe erkrankt und ab 9. Januar 1965 bzw. 9. März 1965 in eine andere Abteilung versetzt worden. Der Beklagten gelang es nicht, über die Sozialversicherungsanstalt Warschau eine weitergehende ärztliche Dokumentation zu beschaffen. Sie hörte ihren Technischen Aufsichtsdienst, der mit Stellungnahme vom 20. Mai 1983 die Auffassung vertrat, die Anerkennung des Leidens nach BK-Ziffern 1302 bis 1304 komme nicht in Betracht, da wegen der zu kurzen Expositionszeit vom 10. Dezember 1964 bis 9. Januar 1965 bereits der Zusammenhang fraglich erscheine. Prof. W. erstattete sodann das Gutachten vom 20. September 1983 und ging davon aus, daß die Klägerin 13 Wochen Magazinarbeit verrichtet habe und es zu einer toxischen Leberzirrhose als Folge der Einwirkung von Lebergiften bei dieser Tätigkeit gekommen sei. Die Klägerin sei Nitroverbindungen und halogenisierten Kohlenwasserstoffen ausgesetzt gewesen. Das Leiden solle als BK nach Ziffer 1304 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v.H. ab 24. November 1977 und nach einer MdE von 50 v.H. ab 4. Oktober 1979 Anerkennung finden. Die histologischen Untersuchungsergebnisse hätten jeweils für eine toxische Leberschädigung gesprochen. Die Hepatitis-Serologie weise daraufhin, daß eine Hepatitis B-Infektion abgelaufen sei, die nicht näher datiert werden könne. Die histologischen Befunde sprächen aber gegen eine hepatitische Leberzirrhose. Bei einer denkbaren Summationsschädigung stehe die toxische Komponente eindeutig im Vordergrund. Der Landesgewerbearzt stimmte dem Gutachten mit Stellungnahme vom 9. August 1984 zu.
Die Beklagte zog die Rentenunterlagen der Klägerin von der BfA bei, die u.a. das fachinternistische Rentengutachten des Dr. R. vom 20. Juli 1983 enthielt, der eine komplette, mäßig aktive posthepatitische Leberzirrhose bei der Klägerin diagnostiziert hatte und aus dem Verlauf der Erkrankung den Schluß zog, daß es sich nicht um eine toxische sondern um eine posthepatitische Leberzirrhose nach Hepatitis B handeln dürfte. Die Beklagte ließ sodann das Aktengutachten des Prof. V. und des Dr. T. vom 21. Dezember 1984 erstellen. Diese konnten eine verbindliche Aussage zur Giftigkeit der umgefüllten Stoffe nicht treffen. Bei gebräuchlicher Zusammensetzung der Farben und Lacke müsse davon ausgegangen werden, daß die Nitrolacke keine Nitroverbindungen im Sinne der BK-Ziffer 1304 darstellten. Im übrigen sei eher wahrscheinlich, daß es sich bei dem Leberleiden der Klägerin um eine posthepatitische Leberzirrhose handele. Die Klägerin sei weder stark lebergiftigen Chemikalien ausgesetzt gewesen noch gebe es Hinweise für eine Lösemittelvergiftung. Eine nur 13wöchige Exposition gegenüber industriell gebräuchlichen Lacken und Farben sei nicht geeignet, eine derart schwere Lebererkrankung zu verursachen. Der Krankheitsverlauf einer toxischen Hepatose gestalte sich nach Beendigung der Exposition reversibel, nicht so bei der Klägerin. Der Landesgewerbearzt gab daraufhin seine frühere Stellungnahme auf und trat mit Stellungnahme vom 6. November 1995 Prof. V. und Dr. T. bei. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 13. Februar 1986 Entschädigungsleistungen ab, da die Erkrankung der Klägerin nicht als BK nach Ziffer 1304 anerkannt werden könne, wie dies Prof. V., Dr. und der Landesgewerbearzt begründet hätten.
Die dagegen vor dem Sozialgericht Kassel (SG) erhobene Klage (Az.: S-3/U-21/86) hat dieses mit Urteil vom 7. April 1987 abgewiesen. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde im Berufungsverfahren (Az.: L-3/U-619/87) nach Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Prof. W. vom 16. Februar 1988 durch Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 1988 bestätigt. Der Senat ging damals davon aus, daß eine toxische Hepatose nach der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme des Prof. W. als gesichert angesehen werden könne. In Übereinstimmung mit Prof. V. konnte der Senat jedoch nicht davon ausgehen, daß die haftungsbegründende Kausalität mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Die Klägerin habe weder Umgang mit stark hepatotoxischen Chemikalien gehabt noch eine Lösemittelvergiftung während ihrer Magazinarbeitertätigkeit erlitten. Auch Prof. W. könne letztlich nur einen möglichen Zusammenhang aufzeigen. Die Expositionszeit von 13 Wochen sei zu gering und der nicht reversible Krankheitsverlauf spreche gegen den Zusammenhang. Nitrolacke stellten keine Nitroverbindungen im Sinne der BK-Ziffer 1304 dar. Ein Gesuch der Klägerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren hatte das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 14. Oktober 1988 zurückgewiesen (Az.: 2 BH 1/88).
Am 27. Juni 1988 hat die Klägerin einen Neuprüfungsantrag gestellt und sich dabei auf ein Schreiben des Prof. W. vom 4. März 1988 bezogen sowie eine Bescheinigung des Eisenwerkes in Andreashütte vom 7. November 1988 vorgelegt. Der Beschäftigungsbetrieb bestätigt darin, daß die Klägerin bis 2. Juli 1965 in der Magazinabteilung für chemisches Material tätig gewesen sei und es sich um einen vor allem hinsichtlich der Leber gesundheitsschädlichen Arbeitsplatz gehandelt habe. Zu ihren Dienstpflichten habe die Annahme und Ausgabe von Farben, Minium, Nitrofarben, Lösungsmitteln, Schmierstoffen und Öl gehandelt. Sie habe Benzin für die Betriebsfahrzeuge manuell pumpen müssen. Die chemische Zusammensetzung der Farben habe zu 60 % aus Bleioxid aufgelöst in Firnis bestanden. Bei den Nitrolösungsmitteln habe es sich um Nitroverbindungen hergestellt aus Nitrobenzol, Naphthalin, Kohlenwasserstoffgruppen und Stickstoffmonoxid gehandelt. Das Magazin habe sich im Keller der Waggonabteilung befunden (Feuchtigkeit, keine Ventilation). Prof. W. gab in einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Juli 1988 an, die die Leberzirrhose auslösende Ursache habe lange Zeit vor Feststellung der Diagnose auf die Klägerin eingewirkt und könne durchaus in den zeitlichen Bereich ihrer Beschäftigung im Magazin hineinreichen. Die Beklagte holte eine Auskunft des Eisenwerkes in Andreashütte vom 4. Januar 1991 ein, die die zuvor gemachten Angaben bestätigte und ließ sodann das Aktengutachten des Prof. vom 6. August 1981 erstellen. Der hielt an seiner früheren Beurteilung fest, woran auch die Tatsache nichts ändere, daß die Klägerin insgesamt 27 Wochen schadstoffbelastet im Magazin tätig gewesen sei und nunmehr die auf sie einwirkenden Chemikalien konkretisiert worden seien. Die BK-Ziffer 3104 komme nicht zur Anwendung, da Nitroverdünnungen nicht mit den eigentlichen Nitroverbindungen wie Nitrobenzol oder Nitrotoluol gleichzusetzen seien. Mit Bescheid vom 26. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1992 lehnte die Beklagte die Zurücknahme ihres Bescheides vom 13. Februar 1986 im Hinblick auf § 44 Sozialgesetzbuch (SGB 10) und die Ausführungen des Prof. T. ab.
Die dagegen von der Klägerin am 3. Dezember 1992 vor dem SG erhobene Klage hat dieses durch Gerichtsbescheid vom 13. Februar 1994 abgewiesen und ist in der Begründung der Beklagten bzw. Dr. T. beigetreten. Die Einholung eines Gutachtens sei nur sinnvoll, wenn die Klägerin nachweisen könne, daß sie BK-relevanten leberschädigenden Stoffen ausgesetzt gewesen sei.
Gegen das ihr am 3. März 1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. März 1994 beim SG Berufung eingelegt und hat die Auffassung vertreten, aus den im Überprüfungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen der Beschäftigungsfirma werde deutlich, daß sie auch Kontakt mit Nitrobenzol gehabt habe. Es bestehe weiterer Aufklärungsbedarf hinsichtlich der verarbeiteten Stoffgemische durch Einschaltung eines zur Überprüfung von Arbeitsstoffen kompetenten Instituts.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 13. Februar 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1992 zu verurteilen, den Bescheid vom 13. Februar 1986 zurückzunehmen und ihre Lebererkrankung als Berufskrankheit bzw. wie eine Berufskrankheit in gesetzlichem Umfang zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Gerichtsakte des SG aus einem Schwerbehindertenrechtsstreit der Klägerin beigezogen (Az.: S-6D/Vb-594/88) sowie eine weitere Gerichtsakte des SG aus einem Rentenstreitverfahren der Klägerin gegen die BfA (Az.: S-2/An-1064/87). In letzterer Akte befinden sich das Gutachten des Prof. W. vom 13. Mai 1981 mit der Diagnose einer posthepatischen Leberzirrhose sowie das weitere Gutachten vom 7. Juli 1989 mit der Diagnose Leberzirrhose ohne Ursachenangabe. Die Klägerin wurde im Erörterungstermin vom 10. Oktober 1996 zu den Arbeitsbedingungen und der Schadstoffbelastung während ihrer Tätigkeit im Magazin des Eisenwerkes Andreashütte in Ergänzung ihrer Angaben vor dem Versicherungsamt K. vom 8. Mai 1981 gehört und sodann Prof. G., Biochemisches Institut für Umweltkarzinogene in Großhansdorf, um die Erstellung eines Gutachtens gebeten. In seinem Gutachten vom 30. Dezember 1996 weist er daraufhin, daß Nitrolacke und Nitroverdünner keine leberschädigenden Nitroverbindungen darstellen. Demgegenüber komme Nitrobenzol und Nitromethan, denen die Klägerin nach der Mitteilung der Firma in Andreashütte vom 7. November 1988 ausgesetzt gewesen sei, eine leberschädigende Wirkung zu. Eine chronische, lang andauernde Exposition gegenüber Nitrobenzol könne zu Leber- und Milzschäden fuhren und sei im Rahmen der BK-Ziffer 1304 beachtlich, während Nitromethan keinen Listenstoff darstelle, aber bei schweren Fällen auch zu Leber- und Nierenschäden fuhren könne.
Sodann hat der Senat das fachinternistische-gastroenterologische-hepatologische Fachgutachten des Prof. K., H-Krankenhaus K., vom 14. Mai 1997 eingeholt. Dort wurde eine weitere Leberblindpunktion bei der Klägerin durchgeführt und das Präparat Prof. K. zur gutachterlichen Beurteilung übersandt. Prof. K. diagnostizierte in seinem pathologischen Zusatzgutachten vom 4. April 1997 eine stationäre Leberzirrhose. Die Durchführung von HBs-Reaktionen zum Nachweis von Bestandteilen des Hepatitis-B-Virus durch Prof. K. an den noch vorliegenden kompletten Präparaten seit 1977 führte zu einer positiven immunhistologischen Reaktion bei den 1977 und 1978 gewonnenen Punktaten, während das Punktat von 1981 nur grenzwertig blieb und die von 1987 und 1997 ein negatives Ergebnis für HBs und Core Antigen aufwiesen. Daraus schloß Prof. K., daß es in den 80er Jahren zu einer Serokonversion gekommen sein könne. Er habe das Bild der Punktionszylinder 1977 und 1978 seinerzeit am ehesten als Ausdruck einer toxisch induzierten Zirrhose gedeutet – allerdings ohne Kenntnis der Anamnese und des serologischen Virusbefundes. Die Annahme einer toxischen Schädigung habe vornehmlich auf einer deutlichen körnigen Zellschwellung beruht und auf den innerhalb einzelner Zellkomplexe reichlich entwickelten Riesenmetochondrien. Denkbar sei, daß sich diese Metochondriose nicht so sehr aus einer toxischen Schädigung als aus bereits durch den Leberumbau bedingten Durchblutungsstörungen innerhalb einzelner Zirrhoseareale erkläre. Unabhängig davon, ob eine toxische Schädigung seinerzeit bestanden habe und welcher Art sie gewesen sei, lasse sich der 1977 erstmals gesicherte zirrhotische Leberumbau keineswegs auf eine über zehn Jahre zurückliegende halbjährige Exposition gegenüber verschiedenen Lösungsmitteln beziehen. Prof. K. diagnostizierte bei der Klägerin eine stationäre kompensierte Leberzirrhose bei Zustand nach sicherer Hepatitis B-Virusinfektion und nicht auszuschließender zusätzlicher berufsbedingter toxischer Lebervorschädigung durch Nitrobenzol und Nitromethan. Der bei ihr gleichfalls zu beobachtende Zustand nach Hepatitis A sei folgenlos ausgeheilt und stehe nicht im Zusammenhang mit der früheren berufsbedingten Schadstoffexposition. In den Präparaten von 1987 und 1997 seien keine Virusprodukte mehr in den Leberzellen nachweisbar gewesen und es sei somit zu einer spontanen Ausheilung der Hepatitis B gekommen, allerdings mit dem Defekt einer ruhenden Leberzirrhose. Auch bei der jetzt durchgeführten modernsten Untersuchung auf Hepatitis B-Viren habe man im Serum keine Virusäquivalente mehr nachweisen können. Aktuell bestehe keine Komplikation der Erkrankung. Die stationäre Leberzirrhose der Klägerin bei Zustand nach Hepatitis B-Virusinfektion könne danach weder als BK nach Ziffern 1302 bis 1304 noch wie eine BK anerkannt werden. Bei ihr habe vielmehr eine typische histologisch und serologisch gesicherte chronische Hepatitis B-Virusinfektion vorgelegen, deren Infektionsbeginn nicht mehr festzustellen sei. Diese Krankheit sei 1977 erstmals diagnostiziert worden und habe schließlich zu einer kompletten Zirrhose geführt, die nach Verlust des Virus aus dem Serum und aus dem Lebergewebe Mitte der 80er Jahre zur Ruhe gekommen sei. Es sei äußerst unwahrscheinlich, daß die Leberschadstoffe Nitrobenzol und Nitromethan noch 12 Jahre nach Ende der halbjährigen Expositionszeit für das Bild einer hochaktiven Leberzirrhose mit ausgeprägtem Entzündungsinfiltrat verantwortlich sein könne, wie dies 1977 und 1978 festgestellt worden sei. In diesem Punkt schließe er sich der Meinung des renommierten Pathologen Prof. K. an. In der Zusammenschau aller Befunde sei es zwar nicht völlig auszuschließen aber doch sehr unwahrscheinlich, daß die frühere Schadstoffexposition einen wesentlichen Einfluß auf den Verlauf der Hepatitis B-Virusinfektion genommen habe und diese Infektion auf eine evtl. bereits dauerhaft vorgeschädigte Leber getroffen sei.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat das internistische Aktengutachten des Prof. W. vom 19. Juni 1998 nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholt, der auch davon ausgeht, daß die Klägerin an einer zur Ruhe gekommenen Leberzirrhose leide. Er führt dieses Leiden mit überwiegenden medizinischen Gründen auf die berufliche Schadstoffbelastung der Klägerin in den Jahren 1964 und 1965 zurück und will es als BK nach Ziffern 1302 bis 1304 anerkannt wissen. 12 Jahre nach der Schadstoffbelastung sei eine Leberzirrhose bei der Klägerin laparoskopisch diagnostiziert worden. Die Leberzirrhose bedürfe je nach Ursache einer Einwirkungsdauer von ein bis zehn Jahren und länger, so daß die auslösende Ursache durchaus in die Jahre 1964/1965 hineinragen könne. Auch die Tatsache, daß der Nachweis von HBs-Antigen nur in wenigen Präparaten möglich gewesen sei, spreche dagegen, daß ein Virusbefall die Ursache des Leidens gewesen sei. Denn die Virusinvasion in der Leber sei nicht ausgeprägt genug gewesen, um eine posthepatitische Leberzirrhose zu erzeugen. Zudem habe es sich bei der Klägerin nicht um eine rein toxische sondern eine allergo-toxische Leberschädigung gehandelt. Wenn man zusätzlich berücksichtige, daß nach den ersten morphologischen Leberbefunden bei Laparoskopie und Leberpunktion von einer toxischen Schädigung auszugehen sei und die Tatsache beachte, daß das HBs-Antigen nur anfangs positiv gewesen, dann werde eine posthepatische Entstehung durch eine Virus B-Infektion der Leber doch sehr unwahrscheinlich, eine allergo-toxische Reaktion daneben sehr wahrscheinlich. Die Einwirkungsdauer reiche zur Entstehung eines chronischen Leberschadens aus. Der reine Nachweis des HBs-Antigens sei noch nicht gleichzusetzen mit der Ursache einer Lebererkrankung durch das Hepatitis B-Virus.
Prof. K. hat auf das Gutachten des Prof. W. mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 31. Juli 1998 erwidert und hat darin am Ergebnis seines Gutachtens festgehalten. Es sei äußerst unwahrscheinlich, daß die potentiell lebertoxischen Substanzen Nitrobenzol und Nitromethan noch 12 Jahre nach Ende der halbjährigen Expositionszeit für das Bild einer ausgeprägten Entzündungsinfiltration verantwortlich sein könne, wie es 1977/1978 festgestellt worden sei. Dasselbe gelte auch für die von Prof. W. diskutierte Möglichkeit einer allergisch-toxischen Reaktion. Auch hier sei keinesfalls anzunehmen, daß 12 Jahre nach Ende der Allergenexposition noch eine ausgeprägte Entzündungsinfiltration verursacht werden könne. Die Tatsache, daß bei der Klägerin niemals eine akute Lebererkrankung festgestellt worden sei, spreche keinesfalls gegen das Vorhandensein einer klinisch relevanten und letztlich zur Zirrhose führenden chronischen Hepatitis B, die ja letztlich festgestellt worden sei. Auch bei einer posthepatitischen Leberzirrhose sei eine feinknotige Oberfläche möglich. Das nur in wenigen Leberzellen nachweisbare HBs-Antigen bei den Leberbiopsien 1977 und 1978 spreche entgegen Prof. W. nicht dagegen, daß ein Virusbefall Ursache der Zirrhose gewesen sei. Denn der Krankheitsverlauf der Hepatitis B-Infektion korreliere nicht mit der Menge von nachweisbarem HBs-Antigen in der Leber. Die Krankheitsaktivität und der Verlauf der chronischen Hepatitis hänge vielmehr vor allem von der Immunantwort des infizierten Patienten ab. Es sei sicher schwierig festzulegen, wie lange die Einwirkung von Nitrobenzol und Nitromethan dauern müsse, um eine Leberzirrhose hervorzurufen. Im sehr gut dokumentierten Krankheitsverlauf der Klägerin werde der klassische Verlauf einer chronischen Hepatitis B-Virusinfektion deutlich, die letztlich zur Leberzirrhose geführt habe, so daß er aufgrund des vorliegenden zeitlichen Krankheitsverlaufes eine allergisch-toxisch relevante Leberschädigung für äußerst unwahrscheinlich halte. Das Leberleiden der Klägerin sei mit einer MdE von 40 v.H. ab August 1979 einzuschätzen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte aus dem früheren BK-Verfahren sowie die Gerichtsakten des SG aus der Schwerbehindertenstreitsache und dem Rentenverfahren Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Abs. 2 SGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Denn die Beklagte hatte mit Bescheid vom 13. Februar 1986, der durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 25. Februar 1988 (Az.: L-3/U-619/87) bestätigt worden war, zu Recht Entschädigungsleistungen der Klägerin auf der Grundlage der §§ 1583, 1569 a Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. §§ 1, 5 ff. Fremdrentengesetz und Artikel 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 (BGBl. 1976 II, S. 396) abgelehnt. Im Rahmen der Neuprüfung nach § 44 SGB 10 hat sie daher mit Bescheid vom 26. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1992 richtigerweise eine Rücknahme vorgenannter Entscheidung abgelehnt. Auch nach der ergänzenden Sachaufklärung durch Einholung eines biochemischen, eines pathologischen und zweier fachinternistischer Gutachten im Berufungsverfahren konnte der erkennende Senat nicht feststellen, daß das Leberleiden der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit auf ihre berufliche Schadstoffbelastung als Magazinarbeiterin im Eisenwerk in Andreashütte im damaligen Oberschlesien zurückzuführen ist.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da das von ihr als BK geltend gemachte Leiden vor Inkrafttreten des die gesetzliche Unfallversicherung neu regelnden Sozialgesetzbuchs – 7. Band (SGB 7) am 1. Januar 1997 aufgetreten ist und die Beklagte auch vor diesem Zeitpunkt im Rahmen des § 44 SGB 10 neu entschieden hat (Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz, § 212 SGB 7).
Die Klägerin leidet – gegenüber den Verhältnissen des letzten Berufungsverfahrens 1988 unverändert – an einer Leberzirrhose, die inzwischen zur Ruhe gekommen ist, wie von Prof. K. im Gutachten vom 14. Mai 1997 und von Prof. W. im Aktengutachten vom 19. Juni 1998 übereinstimmend festgehalten. Im Neuprüfungsverfahren sind indessen zwei gegenüber früher neue und für die Entscheidung der streitigen Zusammenhangsfrage wesentliche Erkenntnisse gewonnen worden. Die mit einer Schadstoffexposition verbundene Magazinarbeitertätigkeit der Klägerin dauerte vom 10. Dezember 1964 nicht nur bis 9. Januar bzw. 9. März 1965 – wie früher angenommen – sondern bis 2. Juli 1965, was den gleichlautenden Mitteilungen des Eisenwerkes in Andreashütte vom 7. November 1988 und 4. Januar 1991 zu entnehmen ist. Nach den gutachterlichen Feststellungen des Biochemikers Prof. G. in dessen Gutachten vom 30. Dezember 1996 ist nunmehr davon auszugehen, daß die Klägerin leberschädigenden Stoffen in Form von Nitrobenzol und Nitromethan ausgesetzt war, als sie die knapp siebenmonatige Tätigkeit im Magazin verrichtete, die mit Annahme und Ausgabe von Farben, Minium, Benzin, Nitrofarben, Lösungsmitteln, Schmierstoffen und Ölen nach Mitteilung der Beschäftigungsfirma verbunden und in einem feuchten, schlecht gelüfteten Kellerraum zu verrichten war.
Auch unter Berücksichtigung dieser neuen Erkenntnisse steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, daß das Leberleiden der Klägerin infolge der erwiesenen beruflichen Belastung mit Nitrobenzol als BK nach Ziffern 1302 oder 1304 der Anlage 1 zur BKVO entstanden ist und/oder Kontakt zu Nitromethan, das keiner Listen-BK unterfällt, die Anerkennung ihrer Lebererkrankung wie eine BK nach § 551 Abs. 2 RVO rechtfertigt.
BKen sind nach. § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung des Bundesrats bezeichnet und die eine Versicherte bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Durch die BKVO sind unter Ziffer 1302 Erkrankungen durch Hallogenkohlenwasserstoffe sowie unter Ziffer 1304 Erkrankungen durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologen oder ihrer Abkömmlinge als BK anerkannt. Nach § 551 Abs. 2 sollen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der BKVO bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt sind. Sowohl die Anerkennung des Leberleidens als Ziffern-BK sowie als Quasi-BK nach § 551 Abs. 2 RVO setzt voraus, daß zum einen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Schadstoffbelastung (die sogenannte haftungsbegründende Kausalität) und andererseits ein Zusammenhang zwischen der Einwirkung der Schadstoffe auf den Körper der Versicherten und dem Auftreten der Erkrankung (sogenannten haftungsausfüllende Kausalität) besteht. Diese ursächlichen Zusammenhänge müssen wahrscheinlich sein. Bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen die für den Zusammenhang sprechenden Umstände so stark überwiegen, daß die dagegen gerichteten billigerweise außer Betracht zu bleiben haben (BSG in SozR § 542 a.F. Nr. 20; Urteil des Senats vom 25. Februar 1988 im vorhergehenden Verfahren, Az.: L-3/U-619/87).
Die haftungsbegründende Kausalität ist durch die Feststellungen des Prof. G. im biochemischen Gutachten vom 30. Dezember 1996 erwiesen. Denn die Klägerin war bei ihrer Tätigkeit im Magazin der Andreashütte vom 10. Dezember 1964 bis 2. Juli 1965 den Einwirkungen von Nitrobenzol und Nitromethan ausgesetzt, die – so Professoren G., K. und W. übereinstimmend – als leberbelastende Schadstoffe anerkannt sind. Demgegenüber konnte der Senat im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität die Gründe nicht billigerweise außer Betracht lassen, die gegen einen Zusammenhang zwischen beruflicher Schadstoffbelastung im ersten Halbjahr 1965 und der 1977 erstmals diagnostizierten Lebererkrankung sprechen. Professoren K. und K. zufolge überwiegen die gegen den Zusammenhang die dafür sprechenden Gründen, so daß es unwahrscheinlich ist, daß die Leberschadstoffe Nitrobenzol und Nitromenthan noch 12 Jahre nach Ende der halbjährigen Expositionszeit für das Bild einer hochaktiven Leberzirrhose mit ausgeprägtem Entzündungsinfiltrat, wie dies 1977 und 1978 festgestellt worden war, verantwortlich gewesen sind.
Bei der Klägerin wurde in den Jahren 1977/78 im Rot-Kreuz-Krankenhaus K. und bei Prof. W. in den Städtischen Kliniken K. anläßlich zweier Laparoskopien eine chronische Hepatose (Lebererkrankung) festgestellt, die das Bild einer bereits kompletten, hochaktiven Leberzirrhose bot. Die 1977 im Rot-Kreuz-Krankenhaus und 1978 bei Prof. W laparoskopisch gewonnenen Leberpräparate hat Prof. K. auf Veranlassung des Sachverständigen Prof. K. – wie auch die später gewonnenen Punktate, zuletzt das des Prof. K. vom April 1997 – unter Verwendung neuester Untersuchungsverfahren erneut pathologisch begutachtet. Prof. K. konnte in seinem pathologischen Gutachten vom 4. April 1997 wieder eine positive immun-histologische Reaktion bei den 1977/78 gewonnenen Punktaten erzielen, während die Gewebsprobe 1981 grenzwertig blieb und die von 1987 und 1997 negative Resultate für HBs und Core Antigen aufwiesen. Danach geht Prof. K. und mit ihm übereinstimmend auch Prof. K. davon aus, daß bei der Klägerin eine 1977 erstmals serologisch gesicherte Hepatitis-B-Virusinfektion bestanden hat, bei der es in der 80er Jahren zu einer Serokonversion mit Ausheilung des B-Virus gekommen ist. Die als Defekt verbliebene komplette Leberzirrhose ist mittlerweile zur Ruhe gekommen.
Auch die histologischen Befunde stützen diese Diagnose einer Hepatitis-B-Virusinfektion, obwohl Prof. K. – und ihm damals folgend Prof. W. – im Vorverfahren noch angenommen hatte, daß das Bild der Punktionszylinder von 1977/78 am ehesten als Ausdruck einer toxisch induzierten Zirrhose zu deuten sei. Wie Prof. W. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 1988 im früheren Berufungsverfahren ausgeführt hatte, läßt der makroskopische Oberflächenbefund der Leber hinsichtlich der Pathogenese keine sichere Aussage zu, während der Pathologe aufgrund des von ihm erhobenen histologischen Befundes zu fundierteren Kausalbezügen gelangen kann. Insofern weist Prof. K. nunmehr allerdings daraufhin, daß die histologisch gesicherte Metochondriose aus durch den Leberumbau entstandenen Durchblutungsstörungen innerhalb einzelner Zirrhoseareale entstanden sein dürfte und keinen sicheren Schluß auf eine toxische Ursache erlaubt. In Kenntnis des serologischen Virusbefundes, der Expostionsverhältnisse 1965 und des 1977 erstmals diagnostisch gesicherten zirrhotischen Leberumbaus verneint er einen Zusammenhang der Lebererkrankung mit beruflicher Schadstoffbelastung und hält die Diagnose einer toxischen Leberzirrhose nicht mehr aufrecht. Der erkennende Senats tritt dieser serologisch wie auch histologisch abgesicherten Beurteilung bei und weicht insofern von der Senatsentscheidung vom 25. Februar 1988 ab, die noch in Übereinstimmung mit der damaligen Beurteilung der Professoren K. und W. von einer toxischen und keiner posthepatitischen Leberzirrhose ausgegangen war.
Letztlich sieht es der Senat mit Professoren K. und K. als unwahrscheinlich an, daß es infolge einer toxischen oder allergisch-toxischen Reaktion der Klägerin nach beruflicher Schadstoffeinwirkung im ersten Halbjahr 1965 zu der 1977 festgestellten ausgeprägten Leberentzündung gekommen ist. Auch wenn der Infektionsbeginn der Hepatitis-B-Erkrankung nicht mehr festgestellt werden kann, sind der Erkrankungsverlauf und das Erkrankungsbild zwanglos mit der sicher nachgewiesenen Hepatitis-B-Virusinfektion vereinbar. Mit Prof. K. ist nicht völlig auszuschließen, daß die Virus-Hepatitis-B eine bereits toxisch vorgeschädigte Leber betroffen hat. Ein abgrenzbarer oder gar entscheidender Einfluß der beruflichen Schadstoffbelastung für Entstehung und Entwicklung des Leberleidens kann Prof. K. zufolge nicht hergestellt werden, zumal sich der Krankheitsverlauf einer toxisch bedingten Hepatose nach Beendigung der beruflichen Schadstoffbelastung – anders als bei der Klägerin – im allgemeinen reversibel gestaltet, wie bereits das Urteil des Senats vom 25. Februar 1988 gestützt auf die damalige Beurteilung durch Prof. V. ausgeführt hat.
Der streitige Zusammenhang ist auch mit Prof. W. nicht wahrscheinlich zu machen. Er geht zunächst davon aus, daß die die Leberzirrhose auslösende Ursache in den Zeitraum 1964/65 zurückragen "könnte”, was aber nur mögliche Zusammenhänge aufzeigt und keinesfalls ausschließt, daß die Klägerin sich zwischen 1965 und 1977 – berufsunabhängig – eine Hepatitis-B-Infektion zugezogen hat, die gleichfalls zu der mit einer Entwicklungsdauer von ein bis zehn Jahren behafteten Leberzirrhose geführt haben könnte. Entgegen Prof. Wildhirt belegen die früheren laparoskopischen und histologischen Befunde nicht eine toxische Ursache der Leberzirrhose. Prof. W. hatte zu dieser Frage zunächst selbst geschwankt, wie beispielsweise seinem Bericht vom 20. Februar 1990 an die Beklagte zu entnehmen ist. Denn weder das laparoskopische Erscheinungsbild der Leber noch der Oberflächenbefunde lassen einen Schluß auf die toxische Entstehungsursache der Zirrhose zu. Insbesondere kann sich auch bei einer posthepatitischen Leberzirrhose eine feinknotige Oberfläche zeigen, worauf Prof. K. in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. Juli 1998 hinweist. Nach dieser Stellungnahme schließt – entgegen Prof. W. – auch der nur geringfügige HBs-Antigen-Nachweis in den 1977/78 gewonnenen Leberbiopsien einen Virusbefall als Ursache des Erkrankungsbildes nicht aus, da der Hepatitis-B-Verlauf nicht mit der Menge nachweisbarer HBs-Antigene korreliert, vielmehr von der Immunantwort des jeweils infizierten Patienten abhängt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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