Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 35 (2) AS 7/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Strittig ist die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft.
Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) sind eine eheähnliche Gemeinschaft. Sie leben zusammen mit ihrer im Jahr 1996 geborene Tochter in einem gemeinsamen Haushalt. Seit dem 1.1.2005 beziehen sie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Sie bewohnten zunächst eine Zweizimmerwohnung mit einer Größe von 59,74 m², für die sie eine Grundmiete von 239 EUR, Nebenkosten in Höhe von 81 EUR und Heizkosten in Höhe von 56 EUR zahlen mussten. Mit Bescheid vom 12.5.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2005 Leistungen in Höhe von 1037,81 EUR monatlich. Dabei übernahm sie die tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Am 6.7.2005 teilten Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) der Beklagten mit, sie hätten zum 1.8.2005 eine neue Wohnung angemietet. Diese sei 77,98 m² groß. Die Kaltmiete betrage 425 EUR, die Nebenkosten beliefen sich auf 111 EUR und die Heizkosten auf 60 EUR. Die Beklagte wies die Kläger darauf hin, dass die Kaltmiete die angemessene Kaltmiete um 77,32 EUR übersteige.
Mit Bescheid vom 6.7.2005 änderte die Beklagte den Bescheid vom 12.5.2005 ab. Für den Zeitraum vom 1.8. bis 30.11.2005 bewilligte sie nunmehr Leistungen in Höhe von 1193,68 EUR monatlich. Dabei berücksichtigte sie als Kosten der Unterkunft einen Betrag von 518,68 EUR, der sich aus der als angemessen angesehenen Kaltmiete von 347,68 EUR und den tatsächlichen Neben- und Heizkosten zusammensetzte.
In ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machten die Kläger geltend, sie hätten einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, weil sie bereits bei der ersten Antragstellung Ende des Jahres 2004 auf den Umzug hingewiesen hätten. Dabei sei ihnen eine volle Mietübernahme in Aussicht gestellt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4.8.2005, welcher am 5.8.2005 abgesandt wurde, zurück: Leistungen würden in tatsächliche Höhe erbracht werden, soweit diese Höhe angemessen sei. Vor Abschluss eines neuen Mietvertrages solle eine Zusicherung eingeholt werden. Diese habe den Zweck, bereits vor Vertragsschluss eine verbindliche Entscheidung über die Höhe der zu übernehmen Kosten herbeizuführen. Die Beklagte sei erst nach Vertragsschluss informiert worden. Eine vorherige Zusicherung sei nicht erfolgt. Somit bestehe nur ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kaltmiete in Höhe von 347,68 EUR. Die Bestandsschutzregelung, nach der für sechs Monate höhere Kosten übernommen würden, sei vorliegend nicht anwendbar, da diese Regelung nicht bei einem Umzug in eine teurere Wohnung gelte.
Die Kläger haben am 8.9.2005 Klage erhoben. Sie machen geltend, schon bei der Antragstellung im Jahr 2004 hätten sie auf den Umzug hingewiesen. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass dies kein Problem sei und sie den neuen Mietvertrag vorlegen sollten, da die Leistungen dann entsprechend geändert würden. Sie hätten keinen Hinweis darauf erhalten, dass es eine Höchstgrenze gebe und dass sie bereits vor Vertragsschluss kommen müssten. Sie hätten erst nach Vertragsschluss erfahren, dass die Miete zu hoch sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die alte Wohnung bereits weitervermietet gewesen. Wegen der Auskunft Ende des Jahres 2004 seien sie gutgläubig gewesen. Sie seien zwar davon ausgegangen, dass nicht jede Miete übernommen würde. Da sie für die angemietete Wohnung aber einen Wohnberechtigungsschein benötigt hätten, seien sie davon ausgegangen, dass es sich um eine angemessene Wohnung handele. Die alte Wohnung sei mit 60 m² zu klein gewesen; die neue Wohnung sei mit einer Größe von 78 m² angemessen. Die Berechnung des Höchstbetrages durch die Beklagte sei nicht nachvollziehbar. Ein erneuter Umzug sei wegen der Notwendigkeit eines Schulwechsels der Tochter unzumutbar. In den ersten drei bis vier Monaten nach der Mitteilung der Beklagten, dass die angemietete Wohnung zu teuer sei, hätten sie sich mal in einer Tageszeitung und in einer zweimal wöchentlich erscheinenden Zeitung Wohnungsangebote angesehen. Die dort inserierten Wohnungen seien aber nicht preiswerter als die angemietete Wohnung gewesen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.5.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6.7.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2005 zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum vom 1.8 bis 30.11.2005 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, nach Aktenlage sei die Ende des Jahres 2004 erfolgte Mitteilung bezüglich des Vorgehens bei einem Umzug nicht nachvollziehbar. Die vorgetragene Auskunft entspreche nicht der üblichen Praxis. Die Kläger hätten sich vor Abschluss des Mietvertrages absichern müssen. Der Höchstbetrag von 347,68 EUR errechne sich aus einer Größe von 72 m² und einem angemessenen Quadratmeterpreis von 4,83 EUR. Dieser Betrag sei unter Berücksichtigung des Mietspiegels und der Beobachtung der Wohnungssituation ermittelt worden. Zu diesem Preis sei auch tatsächlich Wohnraum vorhanden. Am 4.1.2006 hätten im Stadtgebiet insgesamt 54 Wohnungen zur Verfügung gestanden, die die Angemessenheitskriterien erfüllt hätten. Davon hätten fünf Wohnungen in dem von den Klägern bewohnten Stadtteil Freisenbruch gelegen.
Die Beklagte hat eine Liste der Wohnungsangebote vom 13.3.2006, den Mietspiegel für die Stadt Essen aus dem Jahr 2005 sowie ein Schreiben der Stadt Essen, Amt für Soziales und Wohnen, zur Berechnung der Angemessenheitsgrenze nebst Anlagen übersandt. Das Gericht hat eine Sonderauswertung aus der Wohnungsmarktbeobachtung der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen (Wfa) beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger sind durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 12.05.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6.7.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Bescheide sind rechtmäßig.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme höherer Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 1.8. bis 30.11.2005.
Nach § 22 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Unterkunft sind die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln ist. Die Prüfung muss die Frage einschließen, ob dem Leistungsempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist bzw. war. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist die tatsächliche Miete zu übernehmen. Sonach ist die angemessene Höhe der Unterkunftskosten als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter zu ermitteln (vgl. Bundessozialgericht, Urteil v. 07.11.2005, Az.: B 7b AS 18/06 R; Urteil v. 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 01.08.2005, Az.: L 19 B 21/05 ER).
Nach diesen Maßstäben sind die von der Beklagten in ihrer Bewilligung zugrunde gelegten Werte nicht zu beanstanden. Der Kaltmietzins von 347,68 Euro entspricht dem Produkt aus der - in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht - für drei Personen (noch) als angemessen anzusehenden Wohnfläche von 75 qm (5.71 a der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz, Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport vom 08.03.2004, Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen vom 10.05.2002 Nr. 23) und dem nach den örtlichen Verhältnissen am Wohnort des Antragstellers als (noch) angemessen anzusehenden Kaltmietzins von 4,63 EUR je qm.
Der als noch angemessen anzusehende Mietzins von 4,63 EUR ergibt sich unter Auswertung des für den Wohnort der Kläger geltenden Mietspiegels. In diesem Mietspiegel mit Indizwirkung aus § 558 d BGB hinsichtlich der maßgeblichen ortsüblichen Vergleichsmiete finden sich abhängig vom Baujahr des Gebäudes Mietrichtwerte zwischen 5,25 EUR je qm für bis 1912 erbaute Gebäude und 6,80 EUR je qm für ab 2004 erbaute Gebäude. Der Mietzins pro Quadratmeter (Mietwert) ergibt sich aus einer Multiplikation des Mietrichtwertes mit einem Wert, der von der Wohnlage abhängig ist, und einem Wert, der sich aus der Ausstattung und sonstigen Gegebenheiten ergibt. Der sich aus der Wohnlage ergebende Faktor liegt zwischen 0,91 und 1,16. Bezüglich der Ausstattung sind Heizung, Fassade, Treppenhaus, Fenster, Elektroanschlüsse, Warmwasserversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wandfliesen und Fußboden zu bewerten. Bei überwiegend einfacher Ausstattung sämtlicher Merkmale ergibt sich eine Punktsumme von 68, bei überwiegend gehobener Ausstattung eine Punktsumme von 130. Für sonstige Einflüsse (Geschosslage, Aufzug, Anzahl der Wohneinheiten, Balkon/Loggia/Terrasse, Gartennutzung und sonstige Besonderheiten) ist dazu ein Wert zwischen –15 und + 10 zu addieren. Insgesamt ergibt sich somit eine Punktsumme zwischen 53 und 140, was einem Faktor zwischen 0,53 und 1,4 entspricht. Der sich aus dem Mietspiegel ergebende niedrigste Mietwert beträgt somit 2,53 EUR bei einer Wohnung mit Baujahr bis 1912, einfacher Wohnlage, überwiegend einfacher Ausstattung und allen in Betracht kommenden Abzügen bei sonstigen Einflüssen (5,25 EUR x 0,91 x 0,53). Der höchste Mietwert liegt hingegen bei 11,04 EUR bei sehr guter Wohnlage, durchgehend überwiegend gehobener Ausstattung und aller in Betracht kommenden Aufschläge bei sonstigen Einflüssen (6,80 EUR x 1,16 x 1,4). Der von der Beklagten zu Grunde gelegte Quadratmeterpreis von 4,63 EUR steht somit in Einklang mit dem Mietspiegel für die Stadt Essen und liegt dabei im unteren, jedoch nicht untersten Bereich.
Zur Überzeugung der Kammer stand für die Kläger im strittigen Zeitraum auch tatsächlich bedarfsgerechter Wohnraum zur Verfügung. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Mietspiegel nicht alle Wohnungen insbesondere des unteren Wohnungsmarktbereiches berücksichtigt. So sind diejenigen Wohnungen nicht zu berücksichtigen, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder geändert worden ist, bei denen die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist oder die leer stehen. Zu den nicht berücksichtigten Wohnungen, deren Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, gehören unter anderem die Mietwohnungen im ersten Förderweg, von denen es Ende 2005 33.732 gab (vgl. Stellungnahme der Stadt Essen, Amt für Soziales und Wohnen).
Das tatsächliche Vorhandensein angemessenen Wohnraums ergibt sich aus der Sonderauswertung aus der Wohnungsmarktbeobachtung der Wfa. Für diese Sonderauswertung wurden Daten aus dem hier strittigen Zeitraum September/Oktober 2005 sowie März/April 2006 verwendet, wobei ein Vergleich der Angebotsstruktur eine große Ähnlichkeit zwischen beiden Auswertungen zeigte.
Nach der Auswertung betrug bei Drei-Zimmer-Wohnungen die mittlere Wohnfläche 74 m² und die mittlere Nettokaltmiete 5,36 EUR. Die von den Klägern angemietete Wohnung lag somit sowohl hinsichtlich der Größe (78 m²) als auch hinsichtlich des Quadratmeterpreises von 5,49 EUR über dem Durchschnitt aller bei der Auswertung berücksichtigten Drei-Zimmer-Wohnungen. 29% der angebotenen Drei-Zimmer-Wohnungen und 5% der angebotenen Vier-Zimmer-Wohnungen erfüllten die von der Beklagten aufgestellten Angemessenheitskriterien. Insgesamt waren dies 275 Wohnungen, und zwar 265 Drei-Zimmer-Wohnungen und 10 Vier-Zimmer-Wohnungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von der Zeitungsauswertung nicht alle Wohnungen mit besonders guten Preis-Leistungs-Verhältnis umfasst sind, da diese erfahrungsgemäß oft unter der Hand, das heißt nicht über Medien, sondern über private Kontakte weitervermittelt werden. Unterrepräsentiert sind des weiteren auch Sozialwohnungen, da sie in der Regel über das Wohnungsamt oder vom Unternehmen direkt vermittelt werden. So handelte es sich nur bei 3% der inserierten Wohnungen um solche, für die ein Wohnberechtigungsschein erforderlich war, während der Anteil der Sozialmietwohnungen am Gesamtbestand aller Essener Wohnungen bei knapp 14% liegt. Die Autoren der Sonderauswertung kommen deshalb zu dem Ergebnis, dass der Anteil der angemessenen Wohnungen in Wirklichkeit höher ist als das Ergebnis der Analyse.
Aufgrund dessen besteht für die Kammer kein Zweifel, dass im strittigen Zeitraum tatsächlich angemessener Wohnraum zur Verfügung stand. Obwohl ein Teil des besonders günstigen Wohnraumes nicht von der Analyse erfasst gewesen sein dürfte, erfüllten 29% der erfassten Wohnungen die Angemessenheitskriterien, was insgesamt 275 Wohnungen entsprach.
Ob es bei einer Stadt mit der Größe der Stadt Essen ausreichend ist, dass angemessener Wohnraum innerhalb des Stadtgebietes vorhanden ist, oder ob das Stadtgebiet in Segmente unterteilt werden muss und sich eine angemessene Wohnung in dem entsprechenden Segment befindet (vgl. Bundessozialgericht, Urteil v. 07.11.2006, Az.: B 7b 10/06 R), kann offen bleiben. Nach den Daten der Stadt Essen befanden sich nämlich am 2.1.2006, also kurz nach Ablauf des hier strittigen Zeitraums, fünf der 54 als frei gemeldeten Wohnungen in dem von den Klägern bewohnten Stadtteil. Die Kammer hat aufgrund dessen keinen Zweifel, dass der in großem Umfang vorhandene freie Wohnraum, der sich im Rahmen der Angemessenheit hält, zum Teil auch in zumutbarer Nähe zu dem bisherigen Wohnort befindet.
Die Kläger haben nicht substantiiert dargelegt bzw. belegt, dass es ihm unmöglich gewesen ist, eine angemessene Unterkunft zu finden. Eine intensive und kontinuierliche Suche nach Wohnraum lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen.
Ein Anspruch der Kläger auf Übernahme der tatsächlichen Kosten für die Zeit von August bis November 2005 ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II der damals gültigen Fassung. Danach sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, diese als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Vorschrift greift zu Gunsten der Kläger nicht ein. Es handelt sich um eine befristete Bestandsschutzregelung, die grundsätzlich für Hilfeempfänger gilt, die bei Leistungsbeginn in einer unangemessen teuren Unterkunft leben, sowie in Fällen, in denen während des Leistungsbezuges eine zunächst kostenangemessene Unterkunft ohne Wohnungswechsel unangemessen teuer wird, etwa durch eine Mieterhöhung, ein Absinken des örtlichen Mietniveaus oder den Auszug beziehungsweise den Tod eines Haushaltsangehörigen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn. 58). In dem Fall eines Umzuges von einer günstigen in eine teurere Wohnung während des Leistungsbezuges sieht das Gesetz in § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II hingegen vor, dass vor Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt werden soll. Es soll also vorab geklärt werden, in welcher Höhe Kosten übernommen werden. Sofern eine entsprechende Absprache nicht erfolgt, führt dies nicht zu einem Anspruch auf Übernahme der unangemessenen Kosten für sechs Monate.
Schließlich ergibt sich der Anspruch der Kläger auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten auch nicht aufgrund einer Ende des Jahres 2004 erfolgten Zusicherung durch die Beklagte. Bei der in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angesprochenen Zusicherung handelt es sich um eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), die zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedarf. Eine schriftliche Zusage ist unstrittig nicht erteilt worden.
Ob aufgrund einer fehlerhaften Auskunft im Jahr 2004 die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch erfüllt sind, ist nicht zu prüfen, da insofern die Landgerichte zuständig sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Die Berufung bedurfte der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes unter 500 EUR liegt. Die Berufung wurde zugelassen, weil die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten in Essen grundsätzliche Bedeutung hat.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Strittig ist die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft.
Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) sind eine eheähnliche Gemeinschaft. Sie leben zusammen mit ihrer im Jahr 1996 geborene Tochter in einem gemeinsamen Haushalt. Seit dem 1.1.2005 beziehen sie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Sie bewohnten zunächst eine Zweizimmerwohnung mit einer Größe von 59,74 m², für die sie eine Grundmiete von 239 EUR, Nebenkosten in Höhe von 81 EUR und Heizkosten in Höhe von 56 EUR zahlen mussten. Mit Bescheid vom 12.5.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2005 Leistungen in Höhe von 1037,81 EUR monatlich. Dabei übernahm sie die tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Am 6.7.2005 teilten Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) der Beklagten mit, sie hätten zum 1.8.2005 eine neue Wohnung angemietet. Diese sei 77,98 m² groß. Die Kaltmiete betrage 425 EUR, die Nebenkosten beliefen sich auf 111 EUR und die Heizkosten auf 60 EUR. Die Beklagte wies die Kläger darauf hin, dass die Kaltmiete die angemessene Kaltmiete um 77,32 EUR übersteige.
Mit Bescheid vom 6.7.2005 änderte die Beklagte den Bescheid vom 12.5.2005 ab. Für den Zeitraum vom 1.8. bis 30.11.2005 bewilligte sie nunmehr Leistungen in Höhe von 1193,68 EUR monatlich. Dabei berücksichtigte sie als Kosten der Unterkunft einen Betrag von 518,68 EUR, der sich aus der als angemessen angesehenen Kaltmiete von 347,68 EUR und den tatsächlichen Neben- und Heizkosten zusammensetzte.
In ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machten die Kläger geltend, sie hätten einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, weil sie bereits bei der ersten Antragstellung Ende des Jahres 2004 auf den Umzug hingewiesen hätten. Dabei sei ihnen eine volle Mietübernahme in Aussicht gestellt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4.8.2005, welcher am 5.8.2005 abgesandt wurde, zurück: Leistungen würden in tatsächliche Höhe erbracht werden, soweit diese Höhe angemessen sei. Vor Abschluss eines neuen Mietvertrages solle eine Zusicherung eingeholt werden. Diese habe den Zweck, bereits vor Vertragsschluss eine verbindliche Entscheidung über die Höhe der zu übernehmen Kosten herbeizuführen. Die Beklagte sei erst nach Vertragsschluss informiert worden. Eine vorherige Zusicherung sei nicht erfolgt. Somit bestehe nur ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kaltmiete in Höhe von 347,68 EUR. Die Bestandsschutzregelung, nach der für sechs Monate höhere Kosten übernommen würden, sei vorliegend nicht anwendbar, da diese Regelung nicht bei einem Umzug in eine teurere Wohnung gelte.
Die Kläger haben am 8.9.2005 Klage erhoben. Sie machen geltend, schon bei der Antragstellung im Jahr 2004 hätten sie auf den Umzug hingewiesen. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass dies kein Problem sei und sie den neuen Mietvertrag vorlegen sollten, da die Leistungen dann entsprechend geändert würden. Sie hätten keinen Hinweis darauf erhalten, dass es eine Höchstgrenze gebe und dass sie bereits vor Vertragsschluss kommen müssten. Sie hätten erst nach Vertragsschluss erfahren, dass die Miete zu hoch sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die alte Wohnung bereits weitervermietet gewesen. Wegen der Auskunft Ende des Jahres 2004 seien sie gutgläubig gewesen. Sie seien zwar davon ausgegangen, dass nicht jede Miete übernommen würde. Da sie für die angemietete Wohnung aber einen Wohnberechtigungsschein benötigt hätten, seien sie davon ausgegangen, dass es sich um eine angemessene Wohnung handele. Die alte Wohnung sei mit 60 m² zu klein gewesen; die neue Wohnung sei mit einer Größe von 78 m² angemessen. Die Berechnung des Höchstbetrages durch die Beklagte sei nicht nachvollziehbar. Ein erneuter Umzug sei wegen der Notwendigkeit eines Schulwechsels der Tochter unzumutbar. In den ersten drei bis vier Monaten nach der Mitteilung der Beklagten, dass die angemietete Wohnung zu teuer sei, hätten sie sich mal in einer Tageszeitung und in einer zweimal wöchentlich erscheinenden Zeitung Wohnungsangebote angesehen. Die dort inserierten Wohnungen seien aber nicht preiswerter als die angemietete Wohnung gewesen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.5.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6.7.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2005 zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum vom 1.8 bis 30.11.2005 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, nach Aktenlage sei die Ende des Jahres 2004 erfolgte Mitteilung bezüglich des Vorgehens bei einem Umzug nicht nachvollziehbar. Die vorgetragene Auskunft entspreche nicht der üblichen Praxis. Die Kläger hätten sich vor Abschluss des Mietvertrages absichern müssen. Der Höchstbetrag von 347,68 EUR errechne sich aus einer Größe von 72 m² und einem angemessenen Quadratmeterpreis von 4,83 EUR. Dieser Betrag sei unter Berücksichtigung des Mietspiegels und der Beobachtung der Wohnungssituation ermittelt worden. Zu diesem Preis sei auch tatsächlich Wohnraum vorhanden. Am 4.1.2006 hätten im Stadtgebiet insgesamt 54 Wohnungen zur Verfügung gestanden, die die Angemessenheitskriterien erfüllt hätten. Davon hätten fünf Wohnungen in dem von den Klägern bewohnten Stadtteil Freisenbruch gelegen.
Die Beklagte hat eine Liste der Wohnungsangebote vom 13.3.2006, den Mietspiegel für die Stadt Essen aus dem Jahr 2005 sowie ein Schreiben der Stadt Essen, Amt für Soziales und Wohnen, zur Berechnung der Angemessenheitsgrenze nebst Anlagen übersandt. Das Gericht hat eine Sonderauswertung aus der Wohnungsmarktbeobachtung der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen (Wfa) beigezogen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger sind durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 12.05.2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6.7.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Bescheide sind rechtmäßig.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme höherer Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 1.8. bis 30.11.2005.
Nach § 22 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Unterkunft sind die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln ist. Die Prüfung muss die Frage einschließen, ob dem Leistungsempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist bzw. war. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist die tatsächliche Miete zu übernehmen. Sonach ist die angemessene Höhe der Unterkunftskosten als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter zu ermitteln (vgl. Bundessozialgericht, Urteil v. 07.11.2005, Az.: B 7b AS 18/06 R; Urteil v. 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 01.08.2005, Az.: L 19 B 21/05 ER).
Nach diesen Maßstäben sind die von der Beklagten in ihrer Bewilligung zugrunde gelegten Werte nicht zu beanstanden. Der Kaltmietzins von 347,68 Euro entspricht dem Produkt aus der - in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht - für drei Personen (noch) als angemessen anzusehenden Wohnfläche von 75 qm (5.71 a der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz, Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport vom 08.03.2004, Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen vom 10.05.2002 Nr. 23) und dem nach den örtlichen Verhältnissen am Wohnort des Antragstellers als (noch) angemessen anzusehenden Kaltmietzins von 4,63 EUR je qm.
Der als noch angemessen anzusehende Mietzins von 4,63 EUR ergibt sich unter Auswertung des für den Wohnort der Kläger geltenden Mietspiegels. In diesem Mietspiegel mit Indizwirkung aus § 558 d BGB hinsichtlich der maßgeblichen ortsüblichen Vergleichsmiete finden sich abhängig vom Baujahr des Gebäudes Mietrichtwerte zwischen 5,25 EUR je qm für bis 1912 erbaute Gebäude und 6,80 EUR je qm für ab 2004 erbaute Gebäude. Der Mietzins pro Quadratmeter (Mietwert) ergibt sich aus einer Multiplikation des Mietrichtwertes mit einem Wert, der von der Wohnlage abhängig ist, und einem Wert, der sich aus der Ausstattung und sonstigen Gegebenheiten ergibt. Der sich aus der Wohnlage ergebende Faktor liegt zwischen 0,91 und 1,16. Bezüglich der Ausstattung sind Heizung, Fassade, Treppenhaus, Fenster, Elektroanschlüsse, Warmwasserversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wandfliesen und Fußboden zu bewerten. Bei überwiegend einfacher Ausstattung sämtlicher Merkmale ergibt sich eine Punktsumme von 68, bei überwiegend gehobener Ausstattung eine Punktsumme von 130. Für sonstige Einflüsse (Geschosslage, Aufzug, Anzahl der Wohneinheiten, Balkon/Loggia/Terrasse, Gartennutzung und sonstige Besonderheiten) ist dazu ein Wert zwischen –15 und + 10 zu addieren. Insgesamt ergibt sich somit eine Punktsumme zwischen 53 und 140, was einem Faktor zwischen 0,53 und 1,4 entspricht. Der sich aus dem Mietspiegel ergebende niedrigste Mietwert beträgt somit 2,53 EUR bei einer Wohnung mit Baujahr bis 1912, einfacher Wohnlage, überwiegend einfacher Ausstattung und allen in Betracht kommenden Abzügen bei sonstigen Einflüssen (5,25 EUR x 0,91 x 0,53). Der höchste Mietwert liegt hingegen bei 11,04 EUR bei sehr guter Wohnlage, durchgehend überwiegend gehobener Ausstattung und aller in Betracht kommenden Aufschläge bei sonstigen Einflüssen (6,80 EUR x 1,16 x 1,4). Der von der Beklagten zu Grunde gelegte Quadratmeterpreis von 4,63 EUR steht somit in Einklang mit dem Mietspiegel für die Stadt Essen und liegt dabei im unteren, jedoch nicht untersten Bereich.
Zur Überzeugung der Kammer stand für die Kläger im strittigen Zeitraum auch tatsächlich bedarfsgerechter Wohnraum zur Verfügung. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Mietspiegel nicht alle Wohnungen insbesondere des unteren Wohnungsmarktbereiches berücksichtigt. So sind diejenigen Wohnungen nicht zu berücksichtigen, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder geändert worden ist, bei denen die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist oder die leer stehen. Zu den nicht berücksichtigten Wohnungen, deren Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, gehören unter anderem die Mietwohnungen im ersten Förderweg, von denen es Ende 2005 33.732 gab (vgl. Stellungnahme der Stadt Essen, Amt für Soziales und Wohnen).
Das tatsächliche Vorhandensein angemessenen Wohnraums ergibt sich aus der Sonderauswertung aus der Wohnungsmarktbeobachtung der Wfa. Für diese Sonderauswertung wurden Daten aus dem hier strittigen Zeitraum September/Oktober 2005 sowie März/April 2006 verwendet, wobei ein Vergleich der Angebotsstruktur eine große Ähnlichkeit zwischen beiden Auswertungen zeigte.
Nach der Auswertung betrug bei Drei-Zimmer-Wohnungen die mittlere Wohnfläche 74 m² und die mittlere Nettokaltmiete 5,36 EUR. Die von den Klägern angemietete Wohnung lag somit sowohl hinsichtlich der Größe (78 m²) als auch hinsichtlich des Quadratmeterpreises von 5,49 EUR über dem Durchschnitt aller bei der Auswertung berücksichtigten Drei-Zimmer-Wohnungen. 29% der angebotenen Drei-Zimmer-Wohnungen und 5% der angebotenen Vier-Zimmer-Wohnungen erfüllten die von der Beklagten aufgestellten Angemessenheitskriterien. Insgesamt waren dies 275 Wohnungen, und zwar 265 Drei-Zimmer-Wohnungen und 10 Vier-Zimmer-Wohnungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von der Zeitungsauswertung nicht alle Wohnungen mit besonders guten Preis-Leistungs-Verhältnis umfasst sind, da diese erfahrungsgemäß oft unter der Hand, das heißt nicht über Medien, sondern über private Kontakte weitervermittelt werden. Unterrepräsentiert sind des weiteren auch Sozialwohnungen, da sie in der Regel über das Wohnungsamt oder vom Unternehmen direkt vermittelt werden. So handelte es sich nur bei 3% der inserierten Wohnungen um solche, für die ein Wohnberechtigungsschein erforderlich war, während der Anteil der Sozialmietwohnungen am Gesamtbestand aller Essener Wohnungen bei knapp 14% liegt. Die Autoren der Sonderauswertung kommen deshalb zu dem Ergebnis, dass der Anteil der angemessenen Wohnungen in Wirklichkeit höher ist als das Ergebnis der Analyse.
Aufgrund dessen besteht für die Kammer kein Zweifel, dass im strittigen Zeitraum tatsächlich angemessener Wohnraum zur Verfügung stand. Obwohl ein Teil des besonders günstigen Wohnraumes nicht von der Analyse erfasst gewesen sein dürfte, erfüllten 29% der erfassten Wohnungen die Angemessenheitskriterien, was insgesamt 275 Wohnungen entsprach.
Ob es bei einer Stadt mit der Größe der Stadt Essen ausreichend ist, dass angemessener Wohnraum innerhalb des Stadtgebietes vorhanden ist, oder ob das Stadtgebiet in Segmente unterteilt werden muss und sich eine angemessene Wohnung in dem entsprechenden Segment befindet (vgl. Bundessozialgericht, Urteil v. 07.11.2006, Az.: B 7b 10/06 R), kann offen bleiben. Nach den Daten der Stadt Essen befanden sich nämlich am 2.1.2006, also kurz nach Ablauf des hier strittigen Zeitraums, fünf der 54 als frei gemeldeten Wohnungen in dem von den Klägern bewohnten Stadtteil. Die Kammer hat aufgrund dessen keinen Zweifel, dass der in großem Umfang vorhandene freie Wohnraum, der sich im Rahmen der Angemessenheit hält, zum Teil auch in zumutbarer Nähe zu dem bisherigen Wohnort befindet.
Die Kläger haben nicht substantiiert dargelegt bzw. belegt, dass es ihm unmöglich gewesen ist, eine angemessene Unterkunft zu finden. Eine intensive und kontinuierliche Suche nach Wohnraum lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen.
Ein Anspruch der Kläger auf Übernahme der tatsächlichen Kosten für die Zeit von August bis November 2005 ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II der damals gültigen Fassung. Danach sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, diese als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Vorschrift greift zu Gunsten der Kläger nicht ein. Es handelt sich um eine befristete Bestandsschutzregelung, die grundsätzlich für Hilfeempfänger gilt, die bei Leistungsbeginn in einer unangemessen teuren Unterkunft leben, sowie in Fällen, in denen während des Leistungsbezuges eine zunächst kostenangemessene Unterkunft ohne Wohnungswechsel unangemessen teuer wird, etwa durch eine Mieterhöhung, ein Absinken des örtlichen Mietniveaus oder den Auszug beziehungsweise den Tod eines Haushaltsangehörigen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn. 58). In dem Fall eines Umzuges von einer günstigen in eine teurere Wohnung während des Leistungsbezuges sieht das Gesetz in § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II hingegen vor, dass vor Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt werden soll. Es soll also vorab geklärt werden, in welcher Höhe Kosten übernommen werden. Sofern eine entsprechende Absprache nicht erfolgt, führt dies nicht zu einem Anspruch auf Übernahme der unangemessenen Kosten für sechs Monate.
Schließlich ergibt sich der Anspruch der Kläger auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten auch nicht aufgrund einer Ende des Jahres 2004 erfolgten Zusicherung durch die Beklagte. Bei der in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angesprochenen Zusicherung handelt es sich um eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), die zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedarf. Eine schriftliche Zusage ist unstrittig nicht erteilt worden.
Ob aufgrund einer fehlerhaften Auskunft im Jahr 2004 die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch erfüllt sind, ist nicht zu prüfen, da insofern die Landgerichte zuständig sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Die Berufung bedurfte der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes unter 500 EUR liegt. Die Berufung wurde zugelassen, weil die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten in Essen grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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