Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 48/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß. § 21 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Unter dem 26.08.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Auf dem entsprechenden Vordruck der Beklagten bestätigte der behandelnde Arzt, dass die Klägerin unter Hypertonie sowie Osteoporose leide und daher einer natriumdefinierten Kost bedürfe sowie verstärkt Milchprodukte zu sich nehmen müsse.
Die Beklagte bewilligte daraufhin der Klägerin zunächst einen Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 EUR.
Mit Bescheid vom 10.03.2005 hob die Beklagte dann die Bewilligung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II mit Wirkung zum 01.04.2005 auf. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Überprüfung der von der Klägerin eingereichten ärztlichen Bescheinigung durch den Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit ergeben habe, dass die von der Klägerin einzuhaltende Ernährung im Vergleich zur üblichen Ernährung keine Mehrkosten verursache.
Hiergegen legte die Klägerin unter dem 07.04.2005 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, dass die Bewilligung zunächst auf Grundlage der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge erfolgt sei, jedoch zwischenzeitlich die Beklagte sich entschlossen habe, nur noch den Begutachtungsleitfaden des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für die Prüfung der Anerkennung eines Mehrbedarfs zugrunde zu legen. Nach diesem Leitfaden sei aber für die bei der Klägerin vorliegenden Krankheiten kein Mehrbedarf mehr vorgesehen. Zudem komme auch der um Begutachtung gebetene Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit zu dem Schluss, dass die von der Klägerin benötigte Kostform keine Mehrkosten gegenüber der Normalernährung verursache.
Am 23.05.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Für die Entscheidung, ob im konkreten Fall ein Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung bestünde, seien die Empfehlungen des Deutschen Vereins zugrunde zu legen. Dies entspräche der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie den Gesetzesmaterialien. Gegen die Verwendung des Leitfadens des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe bestünden jedenfalls erhebliche Bedenken, da dieser ausschließlich von Medizinern ohne Beteiligung von Ernährungswissenschaftlern erstellt worden sei und daher keine ebenso zuverlässige Grundlage biete wie die Empfehlungen des Deutschen Vereins. Ferner sei den Empfehlungen des Deutschen Vereins schon deshalb zu folgen, weil es sich hierbei um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handele. Auch die Stellungnahme des Amtsarztes könne die Empfehlungen des Deutschen Vereins insoweit nicht aushebeln.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 01.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2005 zu verurteilen, einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie die eingeholte Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes.
Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 14.11.2006 haben die Beteiligten übereinstimmend den Erlass eines Urteils ohne mündliche Verhandlung beantragt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens des Dr. F. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird die Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Danach ist Voraussetzung, dass die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer entsprechenden Entscheidung erklärt haben. Dies ist anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 14.11.2006 geschehen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II.
Gemäß § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.
Die Klägerin ist gemäß §§ 7 Abs. 1 Nr. 2, 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig, da sie nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Sie ist auch hilfebedürftig gemäß §§ 7 Abs. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften oder Mitteln bestreiten kann.
Die Klägerin bedarf aber nicht aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren internistischem Sachverständigengutachtens des Dr. F. Ausweislich des Sachverständigengutachtens leidet die Klägerin unter arterieller Hypertonie, Osteoporose, Morbus Basedow und einer koronaren Herzerkrankung. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass zur Behandlung des Bluthochdrucks eine natriumarme Ernährung erforderlich sei, da das Natriumion eine zentrale Rolle in der Hypertoniepathogenese spiele. Durch eine Kochsalzreduktion in der Nahrung trete auch bei älteren Hyptertonikern eine Blutdrucksenkung ein. Zur Behandlung der manifesten Osteoporose sollte die Klägerin täglich durch Ernährungsumstellung eine Kalziumzufuhr von 1000-1500 mg pro Tag erreichen. Neben der Salzreduktion und der Vermeidung besonders salzhaltiger Lebensmittel sei nach Ansicht des Sachverständigen keine besondere Ernährung notwendig; eine solche salzarme und kalziumreiche Ernährung sei mit den üblichen Lebensmitteln des Alltagsbedarfes möglich. Kosten für aufwändige Lebensmittel fielen nicht an.
Dies ist für das Gericht schlüssig und nachvollziehbar. Dem Gericht ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin zur Einhaltung einer bloßen salzarmen und kalziumreichen Ernährung besondere Lebensmittel benötigt. Weitere Diätvorgaben sind ausweislich des Sachverständigengutachtens nicht erforderlich; erhöhte Kosten dadurch, dass die Klägerin nur ganz bestimmte Lebensmittel, beispielsweise nur besonders teure Fleischsorten, zu sich nehmen muss, sind nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus den Empfehlungen des Deutschen Vereins. Diese sehen bei Hypertonie eine Krankenkostzulage von 25,56 EUR vor. Die Kammer vermag sich jedoch diesen Empfehlungen nicht anzuschließen. In der Rechtsprechung besteht über die Qualität der Empfehlungen des Deutschen Vereins weitgehende Uneinigkeit. Während die Empfehlungen des Deutschen Vereins in der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung als Entscheidungsgrundlage über einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung herangezogen wurden und dort auch teilweise als antizipiertes Sachverständigengutachten behandelt wurden (so OVG Münster vom 20.06.2000, Az.: 22 A 285/98), ist diese Frage in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum SGB II bislang ungeklärt (offen beispielsweise LSG NRW vom 23.06.2006, Az.: L 20 B 109/06 AS). In der Literatur wird die Auffassung vertreten, der "Rang" der Empfehlungen als antizipiertes Sachverständigengutachten sei dadurch bestätigt worden, dass der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1516, S. 57) auf diese Empfehlungen Bezug genommen habe (so Behrend, jurisPK-SGB II, § 21 Rn 43, Stand: 17.11.2006; Münder, SGB II, 2. Aufl., § 21 Rn 28). Jedoch kann auch von einem antizipierten Sachverständigengutachten dann abgewichen werden, wenn Anlass zu Zweifeln gegeben ist (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 86, Rn 5 b), so dass es letztlich dahin stehen kann, welche Rechtsnatur den Empfehlungen zukommt. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahre 1997 stammen und seitdem, mithin einem Zeitraum von zehn Jahren, nicht mehr aktualisiert wurden. In der Zwischenzeit haben sich aber die den Empfehlungen zugrunde liegenden ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse geändert (so auch SG Aachen vom 23.05.2007, S 5 (9) AS 34/06; SG Münster vom 26.02.2007, S 8 (12) AS 52/06; LSG NRW vom 10.11.2006, Az.: L 9 B 57/06 AS). Anhaltspunkt hierfür ist beispielsweise der Begutachtungsleitfaden des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der im Jahre 2002, fünf Jahre nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins, herausgegeben wurde. Bestätigt wird dies ferner durch die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes sowie des gerichtlichen Sachverständigen, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass kein Mehrbedarf entsteht. Daraus ergeben sich erhebliche Zweifel, ob die Empfehlungen des Deutschen Vereins noch dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Darum war es erforderlich, den aktuellen Stand der Wissenschaft im Wege einer Einzelbegutachtung festzustellen und in das Verfahren einzuführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß. § 21 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Unter dem 26.08.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Auf dem entsprechenden Vordruck der Beklagten bestätigte der behandelnde Arzt, dass die Klägerin unter Hypertonie sowie Osteoporose leide und daher einer natriumdefinierten Kost bedürfe sowie verstärkt Milchprodukte zu sich nehmen müsse.
Die Beklagte bewilligte daraufhin der Klägerin zunächst einen Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 EUR.
Mit Bescheid vom 10.03.2005 hob die Beklagte dann die Bewilligung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II mit Wirkung zum 01.04.2005 auf. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Überprüfung der von der Klägerin eingereichten ärztlichen Bescheinigung durch den Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit ergeben habe, dass die von der Klägerin einzuhaltende Ernährung im Vergleich zur üblichen Ernährung keine Mehrkosten verursache.
Hiergegen legte die Klägerin unter dem 07.04.2005 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, dass die Bewilligung zunächst auf Grundlage der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge erfolgt sei, jedoch zwischenzeitlich die Beklagte sich entschlossen habe, nur noch den Begutachtungsleitfaden des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für die Prüfung der Anerkennung eines Mehrbedarfs zugrunde zu legen. Nach diesem Leitfaden sei aber für die bei der Klägerin vorliegenden Krankheiten kein Mehrbedarf mehr vorgesehen. Zudem komme auch der um Begutachtung gebetene Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit zu dem Schluss, dass die von der Klägerin benötigte Kostform keine Mehrkosten gegenüber der Normalernährung verursache.
Am 23.05.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Für die Entscheidung, ob im konkreten Fall ein Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung bestünde, seien die Empfehlungen des Deutschen Vereins zugrunde zu legen. Dies entspräche der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie den Gesetzesmaterialien. Gegen die Verwendung des Leitfadens des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe bestünden jedenfalls erhebliche Bedenken, da dieser ausschließlich von Medizinern ohne Beteiligung von Ernährungswissenschaftlern erstellt worden sei und daher keine ebenso zuverlässige Grundlage biete wie die Empfehlungen des Deutschen Vereins. Ferner sei den Empfehlungen des Deutschen Vereins schon deshalb zu folgen, weil es sich hierbei um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handele. Auch die Stellungnahme des Amtsarztes könne die Empfehlungen des Deutschen Vereins insoweit nicht aushebeln.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 01.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2005 zu verurteilen, einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie die eingeholte Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes.
Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 14.11.2006 haben die Beteiligten übereinstimmend den Erlass eines Urteils ohne mündliche Verhandlung beantragt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens des Dr. F. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird die Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Danach ist Voraussetzung, dass die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer entsprechenden Entscheidung erklärt haben. Dies ist anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 14.11.2006 geschehen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II.
Gemäß § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.
Die Klägerin ist gemäß §§ 7 Abs. 1 Nr. 2, 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig, da sie nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Sie ist auch hilfebedürftig gemäß §§ 7 Abs. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften oder Mitteln bestreiten kann.
Die Klägerin bedarf aber nicht aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren internistischem Sachverständigengutachtens des Dr. F. Ausweislich des Sachverständigengutachtens leidet die Klägerin unter arterieller Hypertonie, Osteoporose, Morbus Basedow und einer koronaren Herzerkrankung. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass zur Behandlung des Bluthochdrucks eine natriumarme Ernährung erforderlich sei, da das Natriumion eine zentrale Rolle in der Hypertoniepathogenese spiele. Durch eine Kochsalzreduktion in der Nahrung trete auch bei älteren Hyptertonikern eine Blutdrucksenkung ein. Zur Behandlung der manifesten Osteoporose sollte die Klägerin täglich durch Ernährungsumstellung eine Kalziumzufuhr von 1000-1500 mg pro Tag erreichen. Neben der Salzreduktion und der Vermeidung besonders salzhaltiger Lebensmittel sei nach Ansicht des Sachverständigen keine besondere Ernährung notwendig; eine solche salzarme und kalziumreiche Ernährung sei mit den üblichen Lebensmitteln des Alltagsbedarfes möglich. Kosten für aufwändige Lebensmittel fielen nicht an.
Dies ist für das Gericht schlüssig und nachvollziehbar. Dem Gericht ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin zur Einhaltung einer bloßen salzarmen und kalziumreichen Ernährung besondere Lebensmittel benötigt. Weitere Diätvorgaben sind ausweislich des Sachverständigengutachtens nicht erforderlich; erhöhte Kosten dadurch, dass die Klägerin nur ganz bestimmte Lebensmittel, beispielsweise nur besonders teure Fleischsorten, zu sich nehmen muss, sind nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus den Empfehlungen des Deutschen Vereins. Diese sehen bei Hypertonie eine Krankenkostzulage von 25,56 EUR vor. Die Kammer vermag sich jedoch diesen Empfehlungen nicht anzuschließen. In der Rechtsprechung besteht über die Qualität der Empfehlungen des Deutschen Vereins weitgehende Uneinigkeit. Während die Empfehlungen des Deutschen Vereins in der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung als Entscheidungsgrundlage über einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung herangezogen wurden und dort auch teilweise als antizipiertes Sachverständigengutachten behandelt wurden (so OVG Münster vom 20.06.2000, Az.: 22 A 285/98), ist diese Frage in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum SGB II bislang ungeklärt (offen beispielsweise LSG NRW vom 23.06.2006, Az.: L 20 B 109/06 AS). In der Literatur wird die Auffassung vertreten, der "Rang" der Empfehlungen als antizipiertes Sachverständigengutachten sei dadurch bestätigt worden, dass der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1516, S. 57) auf diese Empfehlungen Bezug genommen habe (so Behrend, jurisPK-SGB II, § 21 Rn 43, Stand: 17.11.2006; Münder, SGB II, 2. Aufl., § 21 Rn 28). Jedoch kann auch von einem antizipierten Sachverständigengutachten dann abgewichen werden, wenn Anlass zu Zweifeln gegeben ist (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 86, Rn 5 b), so dass es letztlich dahin stehen kann, welche Rechtsnatur den Empfehlungen zukommt. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahre 1997 stammen und seitdem, mithin einem Zeitraum von zehn Jahren, nicht mehr aktualisiert wurden. In der Zwischenzeit haben sich aber die den Empfehlungen zugrunde liegenden ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse geändert (so auch SG Aachen vom 23.05.2007, S 5 (9) AS 34/06; SG Münster vom 26.02.2007, S 8 (12) AS 52/06; LSG NRW vom 10.11.2006, Az.: L 9 B 57/06 AS). Anhaltspunkt hierfür ist beispielsweise der Begutachtungsleitfaden des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der im Jahre 2002, fünf Jahre nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins, herausgegeben wurde. Bestätigt wird dies ferner durch die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes sowie des gerichtlichen Sachverständigen, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass kein Mehrbedarf entsteht. Daraus ergeben sich erhebliche Zweifel, ob die Empfehlungen des Deutschen Vereins noch dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Darum war es erforderlich, den aktuellen Stand der Wissenschaft im Wege einer Einzelbegutachtung festzustellen und in das Verfahren einzuführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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