L 3 U 90/81

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 3b U 41/80
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 90/81
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Selbständige Berufsausbildungsabschnitte können jedenfalls dann nicht zu einer einheitlichen Berufsausbildung i.S. des § 573 Abs. 1 RVO zusammengefaßt werden, wenn sie weder Teile einer geregelten Stufenausbildung noch Teile einer in ähnlicher Weise planmäßig konzipierten Gesamtausbildung darstellen.
2. Erleidet ein Versicherter während seiner Lehre zum Elektroinstallateur einen Arbeitsunfall, so ist die für die Zeit nach Beendigung der Lehre und berufspraktischen Tätigkeit beabsichtigte und ggf. tatsächlich durchgeführte Aus-(Weiter)bildung zum Elektrotechniker nicht i.S. von § 573 Abs. 1 RVO im Zeitpunkt des Unfalls „begonnen”; eine Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes an diesen beruflichen Abschluß findet nicht statt.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 7. November 1980 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, welcher Jahresarbeitsverdienst (JAV) der Rentengewährung ab 1. August 1976 zugrunde zu legen ist.

Der 1950 geborene Kläger begann nach dem Besuch der Volks- und Mittelschule ohne Erlangung eines Abschlusses am 14. August 1967 eine Lehre zum Elektroinstallateur, die nach dem Ausbildungsvertrag am 14. Februar 1971 enden sollte. Am 18. Oktober 1968 erlitt er einen Wegeunfall, bei dem er sich eine Schädelfraktur mit Hirnquetschung zuzog. Da er wegen dadurch bedingter Schwindelanfälle die Lehne nicht fortsetzen konnte, wurde er auf Kosten der Beklagten in der Zeit vom 4. Mai 1970 bis 30. Oktober 1971 am Berufsförderungswerk H. zum Elektromechaniker/Elektroniker ausgebildet. Die abschließende Facharbeiterprüfung vor der Industrie- und Handelskammer bestand er mit Erfolg. Die im Juli 1971 vom Kläger beantragte weitere Förderung zum Elektrotechniker lehnte die Beklagte ab (formloser Bescheid vom 20. Juli 1971). Am 29. Juni 1976 legte der Kläger die Prüfung zum staatlich geprüften Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik/Elektronik ab. Am 1. August 1976 nahm er bei der Firma D. eine Beschäftigung mit einem Anfangsgehalt von 2.200,– DM auf.

Die Beklagte zahlte dem Kläger wegen der Unfallfolgen Verletztenrente ab 1. April 1969 bis 30. Mai 1972 und nach festgestellter Verschlimmerung der Unfallfolgen erneut ab 1. Juli 1973 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H ... Der Rentengewährung legte sie dabei zunächst als JAV das 300-fache des für den Beschäftigungsort gültigen Ortslohns von 13,80 DM täglich, d.h. 4.140,– DM zugrunde (Bescheid vom 26. August 1969; Dauerrentenbescheid vom 18. September 1970). Mit Bescheid vom 11. Februar 1971 stellte sie mit Rücksicht auf das im Ausbildungsvertrag vorgesehene Ende der Lehre zum Elektroinstallateur den JAV gemäß § 573 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ab 15. Februar 1971, ausgehend von dem tariflichen Lohn eines Facharbeiters im 1. Gehilfenjahr von 4,78 DM pro Stunde und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden mit 9.942,40 DM, neu fest. Nach Wiedergewährung der Verletztenrente ab 1. Juli 1973 auf der Basis dieses JAV beantragte der Kläger im April 1976 die jährliche Anpassung des JAV ab 15. Februar 1971 an tarifliche Veränderungen nach Gehilfenjahren. Durch Bescheid vom 8. März 1977 erhöhte die Beklagte gemäß § 627 RVO den JAV ab 15. Februar 1971 rückwirkend von 9.942,40 DM auf 10.753,60 DM, indem sie statt des Tariflohns den –günstigeren– ortsüblichen Stundenlohn von 5,17 DM zugrunde legte. Die vom Kläger gewünschte jährliche Anpassung lehnte sie hingegen ab, weil nach dem maßgeblichen Lohntarifvertrag eine nach § 573 Abs. 2 RVO allein berücksichtigungsfähige Steigerung nach Lebensjahren nicht vorgesehen sei (Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1979). Nach Abweisung der vom Kläger dagegen erhobenen Klage durch das Sozialgericht (SG) Fulda schlossen die Beteiligten im Berufungsverfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht am 4. Juli 1979 einen Vergleich, in dem die Beklagte sich verpflichtete, den JAV vom 1. August 1976 an nach § 627 RVO neu zu überprüfen und den Kläger zu bescheiden. Hierbei sollte die Behauptung des Klägers berücksichtigt werden, er habe bereits vor dem Unfall den Beruf eines Elektrotechnikers angestrebt (Az.: S-1b/U-34/74/L-3/U-931/78).

Der Kläger reichte der Beklagten in der Folgezeit Kopien von Bewilligungsbescheiden des Kreissozialamtes H. –Fürsorgestelle für Kriegsopfer– vom 9. November 1967, 4. Juni 1968 und 30. Juli 1968 ein, mit denen Erziehungsbeihilfe gemäß § 27 Bundesversorgungsgesetz (BVG) zur "Sicherung der angestrebten Ausbildung zum Elektro-Techniker” gewährt wurde. Durch Bescheid vom 26. Oktober 1979 lehnte die Beklagte die Neufeststellung des JAV gemäß §§ 1583, 1569a, 573 Abs. 1 RVO in Verbindung mit § 627 RVO ab, weil der Kläger sich im Zeitpunkt des Arbeitsunfalles nicht in einer Ausbildung zum Techniker befunden habe. Die Qualifizierung dazu stelle nach § 1 der Verordnung des Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an den zweijährigen Fachschulen für Technik (Techniker-VO) vom 10. Juni 1977 eine auf einem abgeschlossenen Ausbildungsberuf und einer mehrjährigen Berufserfahrung aufbauende Weiterbildung dar, die im Rahmen des § 573 Abs. 1 RVO nicht berücksichtigt werden könne. Den Widerspruch des Klägers wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 1980 als unbegründet zurück.

Auf die am 23. April 1980 erhobene Klage hat das SG Fulda durch Urteil vom 7. November 1980 die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verurteilt, die Verletztenrente ab 1. August 1976 unter Berücksichtigung des Berufs eines Elektrotechnikers zu berechnen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Sowohl aus den vorgelegten Bewilligungsbescheiden der Fürsorgestelle für Kriegsopfer wie auch aus einem Schreiben des ehemaligen Prozeßbevollmächtigten des Klägers an die Beklagte vom 28. Januar 1969 ergebe sich, daß der Kläger von Anfang an den Beruf eines Elektrotechnikers angestrebt habe. Sämtliche Schriftstücke stammten aus einer Zeit, in der der JAV noch nicht streitig gewesen sei. Nach den Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung habe er eigentlich Ingenieur werden wollen, sich aber dann auf den Beruf des Elektrotechnikers beschränkt, weil er die Schule nicht geschafft habe. Zur Zeit des Unfalls habe der Kläger sich auch in Ausbildung zum Elektrotechniker befunden. Diesen Beruf habe er nur über eine Facharbeiterlehre, Berufspraxis und ein Fachschulstudium erreichen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten erlaube die Sonderbestimmung des § 573 Abs. 1 RVO nach ihrer Zwecksetzung nicht nur die Berücksichtigung einer beruflichen Erstausbildung mit einem anerkannten Berufsweg bzw. bei einer mehrstufigen Ausbildung nur die Berücksichtigung der ersten Ausbildungsstufe. Sofern es – wie beim Technikerberuf – einen unmittelbaren Zugang nicht gebe, liege bis zur abschließenden Prüfung jedenfalls dann eine Berufsausbildung im Sinne des § 573 Abs. 1 RVO vor, wenn dieses Ausbildungsziel von Anfang an erstrebt worden sei.

Gegen das ihr am 5. Januar 1981 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Januar 1981 Berufung eingelegt. Sie trägt vor: Entgegen der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils sei die Berufung zulässig. Ein Ausschließungsgrund gemäß § 145 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greife schon deshalb nicht ein, weil es hier um die Bestandskraft eines früheren Bescheides bzw. darum gehe, ob sie sich nach erneuter Überprüfung davon zu überzeugen habe, daß der JAV zu Unrecht zu niedrig festgesetzt worden sei. Die Berufung sei auch begründet, da lt. Lehrvertrag der vom Kläger zur Zeit des Unfalls angestrebte Beruf der eines Elektroinstallateurs gewesen sei und § 573 Abs. 1 RVO aus den im angefochtenen Bescheid bereits dargelegten Gründen für eine Weiterbildung zum Techniker nicht erneut zur Anwendung kommen könne.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 7. November 1980 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände) und der Gerichtsakten S-1b/U-34/77, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143 ff., 151 SGG). Ausschließungsgründe, insbesondere gemäß § 145 Nr. 4 SGG greifen nicht ein. Denn Gegenstand der Berufung ist nicht die Neufeststellung einer Dauerrente wegen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 622 Abs. 1 KVO a.F. (jetzt § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren-SGB 10 –). Im Falle der Neuberechnung bzw. Anpassung des der Dauerrentengewährung zugrunde liegenden JAV gemäß § 573 Abs. 1 und 2 RVO handelt es sich zwar grundsätzlich um einen derartigen Streit (vgl. Bundessozialgericht –BSG– SozR SGG § 145 Nrn. 9, 14). Über die vom Kläger begehrte Anpassung seines JAV an das Ende einer zur Zeit des Arbeitsunfalls begonnenen Ausbildung gemäß – § 573 Abs. 1 RVO hat die Beklagte hier jedoch bereits vor dem angefochtenen Bescheid vom 26. Oktober 1979 und auch vor dem im früheren Verfahren S-1b/U-34/77/L-3/U-931/78 angefochtenen und zu § 573 Abs. 1 RVO keine ausdrückliche Regelung treffenden Bescheid vom 8. März 1977 mit bindend (§ 77 SGG) gewordenem Verwaltungsakt vom 11. Februar 1971 entschieden, indem sie als vorgesehenes Ende der Berufs-Ausbildung den Abschluß eines Elektroinstallateurs festlegte und den JAV entsprechend erhöhte. Auf dieser Basis erfolgte auch die Wiedergewährung der Verletztenrente ab 1. Juli 1973 in dem ebenfalls bindend gewordenen Bescheid vom 7. Februar 1974. Wenn der Kläger nunmehr eine Anpassung des JAV gemäß § 573 Abs. 1 RVO mit Rücksicht auf den am 29. Juni 1976 erlangten Technikerabschluß und die dementsprechende Berufsausübung ab 1. August 1976 verlangt, so knüpft er für sein Begehren zwar vordergründig an einen erst später eingetretenen Lebenssachverhalt an. Er beruft sich im Kern indes – wie es für § 573 Abs. 1 RVO erforderlich ist – jedoch darauf, daß der Technikerabschluß von Anfang an das Ziel der im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls vom 18. Oktober 1968 noch nicht abgeschlossenen Berufsausbildung gewesen sei und die Beklagte das Berufsausbildungsende im Sinne des § 573 Abs. 1 RVO, das ebenso wie das Ende der Schulausbildung im Sinne dieser Bestimmung nur einmal berücksichtigt werden kann (vgl. zu letzterem Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl., Bd. II, S. 575 h), seinerzeit unrichtig bestimmt habe. Dem Zeitpunkt der tatsächlichen Qualifizierung des Klägers zum staatlich geprüften Elektrotechniker und der Erwerbstätigkeit als Elektrotechniker kommt insoweit als äußeren bzw. "neuen” Merkmalen im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung gemäß § 145 Nr. 4 SGG (vgl. dazu auch BSG SozR SGG § 145 Nr. 9, SozR 1500 § 145 Nr. 2) keine entscheidende Bedeutung zu, zumal die Anwendung des § 573 Abs. 1 RVO weder dem Grunde nach noch hinsichtlich des Zeitpunkts der Anpassung von dem konkreten, sondern von dem ohne Unfallfolgen voraussichtlichen Ende einer zur Zeit des Arbeitsunfalls erst begonnenen Berufsausbildung abhängt (vgl. Brackmann, a.a.O., S. 575 h; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 5 zu § 573).

Die Berufung ist auch begründet. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 26. Oktober 1979 entsprechend seiner Bezeichnung und unter Berücksichtigung der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung um einen solchen gemäß § 627 RVO (jetzt § 44 SGB 10) oder um einen auch in der gesetzlichen Unfallversicherung als zulässig anzusehenden sogen. Zweitbescheid handelt, weil die Beklagte sich nach dem Inhalt des Bescheides nicht auf die Bindungswirkung früherer Entscheidungen gemäß § 573 Abs. 1 RVO berufen hat und erkennbar in eine umfassende Sachprüfung eingetreten ist (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 627 Nr. 4; SozR 2200 § 1251 Nr. 41; SozR VerwVG § 40 Nr. 12). Denn auch eine uneingeschränkte Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, daß der Kläger entgegen der Auffassung des SG keine Berechnung des JAV ab 1. August 1976 unter Berücksichtigung des Berufs eines Elektrotechnikers verlangen kann.

Nach § 573 Abs. 1 RVO wird, sofern sich der Verletzte zur Zeit des Arbeitsunfalls noch in Schul- oder Berufsausbildung befand, der JAV für die Zeit nach der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung unter Zugrundelegung des in diesem Zeitpunkt zu Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzten oder sonst ortsüblichen Entgelts neu berechnet, wenn dies für den Berechtigten günstiger ist. § 573 Abs. 1 RVO stellt eine Ausnahme von dem die gesetzliche Unfallversicherung beherrschenden Grundsatz dar, daß die Verdienst Verhältnisse vor dem Arbeitsunfall für alle Zukunft maßgebende Grundlage der Geldleistungen bleiben und spätere, zukünftige Erwerbsaussichten bei der Feststellung des JAV rechtlich unerheblich sind (vgl. u.a. BSG SozR RVO a.F. § 565 Nr. 7; SozR RVO § 573 Nr. 1; SozR 2200 § 573 Nrn. 2, 5, 9). Dadurch sollen Personen, die schon während der Zeit der Ausbildung für einen Beruf einen Arbeitsunfall erleiden und deshalb im Jahre vor dem Unfall regelmäßig noch nicht das volle Arbeitsentgelt erzielt haben, zur Vermeidung von Härten geschützt und so gestellt werden, als hätten sie den Unfall nach Beendigung der Berufsausbildung erlitten (BSG, a.a.O.). Der Begriff der Berufsausbildung ist dabei eigenständig und kann nur aus § 573 Abs. 1 RVO selbst ausgelegt werden (BSG, SozR RVO a.F. § 565 Nr. 5). Nach dem dargelegten Sinn und Zweck der Bestimmung ist dem SG zwar darin zu folgen, daß Berufsausbildung im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO nicht nur eine herkömmliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (vgl. BSG SozR RVO a.F. § 565 Nr. 6) und auch nicht notwendig nur eine berufliche Erstausbildung umfaßt. Ähnlich wie bei den den Anspruch auf Waisenrente regelnden Vorschriften der §§ 583, 1267 RVO, § 45 Bundesversorgungsgesetz (BVG) kann unter Berufsausbildung u.U. auch eine Umschulung für einen neuen mit der bisherigen Berufstätigkeit nicht zusammenhängenden Beruf (vgl. hierzu BSG SozR 3100 § 45 Nrn. 4, 5; SozR BVG § 45 Nr. 13; SozR RVO § 1267 Nrn. 14, 17; SozR 2200 § 1267 Nr. 12) und möglicherweise auch eine Weiterbildung zu verstehen sein, sofern diese nicht im Rahmen der Erwerbstätigkeit in einem erlernten Beruf bei entsprechend vollwertiger Vergütung erfolgt (für diesen Fall verneinend BSG SozR RVO a.F. § 565 Nrn. 2, 3, 5; vgl. auch SozR RVO § 1267 Nr. 25; SozR 2200 § 1267 Nr. 22), sondern im Rahmen von Lehrgängen, Kursen etc. und mit dem Ziel stattfindet, eine Qualifizierung für eine hinreichend abgrenzbare eigenständige andere Berufstätigkeit zu erlangen (vgl. dazu Lauterbach, a.a.O., Anm. 3 b zu § 573 i.V.m. Anm. 17 zu § 583; BSG, SozR BVG § 45 Nr. 11, SozR RVO § 1267 Nrn. 14, 27, 28). Die Frage, welcher Art die Ausbildung sein muß, um einen Anspruch nach § 573 Abs. 1 RVO auszulösen, ist im vorliegenden Fall indes nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Zwar handelt es sich bei der Ausbildung zum Elektrotechniker nach der Techniker-VO vom 10. Juni 1977 um eine Ausbildung zu einem eigenständigen Beruf, die im Falle des Klägers auf dem Abschluß in einem einschlägigen Ausbildungsberuf der gewählten Fachrichtung und einer entsprechenden Berufserfahrung aufbaut (§§ 1, 5 Abs. 1 der VO) und folglich für ihn eine berufliche Weiterbildung bzw. Fortbildung bedeutet (vgl. hierzu auch BSG SozR 4100 § 41 Nrn. 11, 12). Zu entscheiden ist jedoch nicht, ob der Kläger sich, sofern er während des Besuchs der Technikerschule verunglückt wäre, auf § 573 Abs. 1 RVO berufen könnte, sondern ob die Qualifizierung zum Techniker das Ende der Berufsausbildung darstellt, in der er sich zur Zeit des Unfalls befand. Zumindest daran scheitert der Anspruch des Klägers. Denn berücksichtigt werden kann unabhängig von der Ausbildungsart nach § 573 Abs. 1 RVO ebenso wie im Rahmen der Vorläuferbestimmung des § 565 RVO a.F. jedenfalls nur eine zur Zeit des Unfalls bereits begonnene Ausbildung und der voraussichtliche Abschluß dieser begonnenen Ausbildung (BSG SozR RVO a.F. § 565 Nr. 7; Lauterbach, a.a.O., Anm. 5 zu § 573). Begonnen hat der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls jedoch nicht eine Ausbildung zum Elektrotechniker, sondern eine Ausbildung zum Elektroinstallateur. Das ordnungsgemäße Ende dieser Ausbildung bildete die Gesellenprüfung (vgl. § 31 Abs. 1 Handwerks Ordnung –HandWO– in der Fassung des Berufsbildungsgesetzes –BBiG– vom 14. August 1969 – BGBl. I, S. 1112), durch den ein auf dem Arbeitsmarkt verwertbarer berufsqualifizierender Abschluß vermittelt wird (BSG SozR 2200 § 573 Nr. 1; 2200 § 1267 Nr. 19). Die spätere Maßnahme zum Elektrotechniker stellt demgegenüber organisatorisch sowie nach Inhalt und Zielsetzung einen völlig selbständigen Ausbildungsgang dar. Ob auch selbständige Berufsausbildungsabschnitte – ähnlich wie verschiedene Schulausbildungsabschnitte (vgl. dazu Brackmann, a.a.O., S. 575 h und i) – im Rahmen des § 573 Abs. 1 RVO dann zu einer einheitlichen Berufsausbildung zusammengefaßt werden können, wenn die im Unfallzeitpunkt begonnene Ausbildung planmäßig in eine darauf aufbauende weitere Ausbildung einzumünden pflegt (nicht abschließend BSG SozR RVO a.F. § 565 Nr. 7), kann hier dahinstehen, weil eine solche Fallgestaltung nicht gegeben ist. Denn der Berufsweg Elektroinstallateurmechaniker/Elektrotechniker war zur Zeit des Arbeitsunfalls am 28. Oktober 1968 weder als Stufenausbildung geregelt noch ist eine solche Regelung später gemäß § 26 BBiG erfolgt (vgl. z.B. Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe, Stand: 1. Februar 1971, 1. Juni 1976, 1. Juli 1978; vgl. auch VO über die Berufsausbildung in der Elektrotechnik vom 12. Dezember 1972, BGBl. I, S. 2385; Blätter zur Berufskunde, Bd. 2 – I U 20 – Elektrotechniker und Bd. 1 – II B 101 – Elektroinstallateur). Die Ausbildungsabschnitte sind durch die Techniker-VO auch nicht in vergleichbarer Weise derart eng miteinander verknüpft, daß hier von einer plan- und regelmäßig vorgegebenen Gesamtausbildung zum Techniker die Rede sein könnte. Der Berufsabschluß als Elektroinstallateur stellt danach z.B. nicht eine Zwischenprüfung im Rahmen der Ausbildung zum Techniker, sondern gemeinsam mit der weiterhin verlangten Berufspraxis lediglich eine Zugangsvoraussetzung dar, die zudem auch durch andere einschlägige Ausbildungsberufe mit nachfolgender Berufspraxis und in Ausnahmefällen sogar nur durch eine gleichwertige mehrjährige berufliche Tätigkeit nachgewiesen werden kann (§ 5 Techniker-VO). Zumindest eine derart lose, im wesentlichen nur über die subjektiven Zielvorstellungen des Einzelnen herstellbare Verbindung zwischen Handwerks- und Technikerausbildung kann für die Anerkennung einer einheitlichen Ausbildung im Rahmen des § 573 Abs. 1 RVO aber nicht ausreichen. Hinzu kommt, daß die berufspraktische Tätigkeit im Ausbildungsberuf vor Besuch der Technikerschule nicht nur nicht Teil einer Gesamtausbildung, sondern überhaupt keine Berufsausbildung im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO ist. Denn weder die subjektiven Vorstellungen des Klägers über sein berufliches Fortkommen noch die objektive Eignung dieser Tätigkeit, den Zugang zur Technikerschule (mit) zu eröffnen, änderten etwas an dem Charakter als Beschäftigungsverhältnis und an der Tatsache, daß das dabei erzielte Entgelt ebenso wie bei anderen vergleichbaren Beschäftigten eine volle Arbeitsvergütung darstellt. Hätte der Kläger während seiner Berufstätigkeit nach Ablegung der Gesellenprüfung einen Arbeitsunfall erlitten, so hätte folglich ein Anspruch auf Berücksichtigung des Berufs eines Technikers gemäß § 573 Abs. 1 RVO beim JAV nicht bestanden (vgl. BSG SozR RVO a.F. § 565 Nrn. 2, 3, 5, 6; vgl. auch SozR RVO § 1267 Nr. 44; SozR 2200 § 1267 Nr. 11). Auch dies macht deutlich, daß bei einem sogar noch früher während der Lehrzeit erlittenen Arbeitsunfall dem Ausgleichsgedanken des § 573 Abs. 1 RVO mit der Anpassung an den Gesellenlohn hinreichend Rechnung getragen wird und eine Berücksichtigung der Erwerbsmöglichkeiten als Techniker nicht in Betracht kommen kann. Vielmehr mußte auch im Falle des Klägers der Grundsatz zum Tragen kommen, daß nicht sämtliche zukünftige Berufs-Chancen in die Bemessung des JAV Eingang finden können. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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