L 3 U 599/90

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 317/88
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 599/90
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 1990 und der Bescheid der Beklagten vom 15. November 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1987 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, welche Berufsgenossenschaft der zuständige Versicherungsträger ist für einen Ausbildungsbetrieb des Gartenbaus, den der Kläger in T. betreibt.

Der Kläger, eingetragener Verein und als solcher als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt, ist ein freier Träger der Jugendhilfe und Sozialarbeit. Er ist angeschlossener Verband des Deutschen-Roten-Kreuzes. Der Sitz des Verbandes ist F ... Zweck des Verbandes ist es, Menschen in den Stand zu setzen, sich in die Gesellschaft einzugliedern, persönliche Verantwortung zu übernehmen und die gesellschaftliche Entwicklung tätig mitzugestalten; Bereitschaft zu wecken zu sozialem Dienst am einzelnen und für die Gesellschaft; internationale Verständigung und Zusammenarbeit zu fördern und zu verwirklichen. Zur Erfüllung dieses Zwecks unterhält der Kläger eigene und übertragene Einrichtungen für Deutsche und Ausländer, insbesondere in den Bereichen des Schul- und Ausbildungswesens-, berufsbegleitenden, der beruflichen und der politischen Bildung sowie in den Arbeitsfeldern sozialer Dienste, der Freizeithilfe und internationalen Begegnung, der Sprach- und Berufsförderung, der gesundheitlichen Fürsorge und der sozialen Beratung und Betreuung.

In S. betreibt der Kläger ein Berufsbildungszentrum. In diesem Berufsbildungszentrum werden berufliche Umschulungen, Ausbildungen im arbeits- und sozialmedizinischen Bereich, Informationsseminare, Bewerbungstraining, Bildungserprobungen, Lehrgänge zur Rückgliederung ins Heimatland, Grundausbildungslehrgänge für ausländische Jugendliche, Förderungslehrgänge zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten bzw. zur Erlangung der Berufsreife und ausbildungsbegleitende Hilfen durchgeführt. Die berufliche Umschulung ist in mehrere Fachbereiche aufgegliedert, u.a. in den Fachbereich Gartenbau. Zu diesem Zweck pachtete der Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 1985 einen Gärtnereibetrieb in T ... Dieser besteht aus einer Fläche von 1 ha mit 4.676 qm Hochglas und 450 qm Niederglas.

Neben geringfügigen Freilandflächen bei dem eigentlichen Betriebsgelände liegt die Restfläche abseits und wird nicht genutzt. Die vorhandenen Glas- sowie die geringfügigen Freilandflächen werden dagegen in vollem Umfang für die Anzucht von Topf- und Schnittblumen genutzt. Gemüseanbau findet nicht statt. Alle Erzeugnisse werden über den Großhandel vermarktet. Ein Einzelverkauf an Verbraucher findet nicht statt. Hauptberuflich werden zwei Gärtnermeister beschäftigt, die im Regelfall 15 Personen für den Lehrberuf des Blumen- und Zierpflanzengärtners ausbilden bzw. umschulen.

Am 15. November 1985 erteilte die Beklagte dem Kläger einen Mitgliedschein über die Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis der Gartenbau-Berufsgenossenschaft mit Wirkung ab 1. Januar 1985. Zur Begründung führte sie aus, der Gartenbaubetrieb, der als Ausbildungsgärtnerei diene, begründe Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Eine Mitversicherung dieses gärtnerischen Unternehmens bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Beigeladene) sei aufgrund der Betriebsgröße unter Beachtung des § 644 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht möglich.

Hiergegen legte der Kläger am 6. Dezember 1985 Widerspruch ein. Er sei Mitglied bei der Beigeladenen, weshalb eine Mitgliedschaft bei der Beklagten hinfällig sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1987 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Mitversicherung von landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betriebsteilen bei einem Träger der allgemeinen Unfallversicherung sei generell dann ausgeschlossen, wenn eine Landwirtschaft von mehr als 5 ha oder ein Unternehmen des Gartenbaus von mehr als 0,25 ha bewirtschaftet werde. Dieser Bestandsschutz für die landwirtschaftliche Unfallversicherung werde darüber hinaus auch in § 647 RVO für die einheitliche Versicherung eines Unternehmens mit verschiedenartigen Bestandteilen statuiert. Die Gärtnerei in T. verfolge neben Ausbildungszielen selbständige gärtnerische Produktionszwecke, die nicht unmittelbar zur Durchführung der technischen und wirtschaftlichen Ziele des Hauptunternehmens notwendig seien. Sie bilde vielmehr einen in wirtschaftlicher Verbindung und Abhängigkeit zum Hauptbetrieb stehenden landwirtschaftlichen, gärtnerischen Nebenbetrieb, der durchaus selbstständig existieren könnte. Unabhängig davon wäre bei Zugehörigkeit zu einem Träger der allgemeinen Unfallversicherung die fachbezogene Unfallverhütung nicht sichergestellt.

Am 15. Januar 1988 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben, die am 27. Januar 1988 an das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) verwiesen worden ist.

Das SG hat durch Beschluss vom 25. Februar 1988 die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, H., zum Verfahren nach §§ 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.

Mit Urteil vom 24. April 1990 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im wesentlichen ausgeführt, bei dem Gartenbaubetrieb handele es sich gemäß § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO um einen landwirtschaftlichen Betrieb, der auch unter die landwirtschaftliche Unfallversicherung falle. Die vom Kläger vorgetragene Auffassung, es handele sich bei dem Verein und der Ausbildungsgärtnerei um eine untrennbare Einheit, bei welcher der unbestrittene Hauptzweck des Vereins überwiege, sei nicht ausreichend substantiiert. Tatsachen, welche die Funktion der Gärtnerei als Hilfsbetrieb des Berufsbildungszentrums S. belegten, seien nicht in ausreichendem Maße vorgetragen. Vielmehr sei davon auszugehen, daß der gärtnerische Ausbildungsbetrieb Gartenbauprodukte vertreiben Nach außen hin manifestierten sich die satzungsmäßigen Ziele nicht. Der Betrieb sei objektiv mit einem mittleren Gartenbaubetrieb, wie er typischerweise Mitglied bei der Beklagten sei, vergleichbar. Das Argument der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht könne nicht durchgreifen, da es sich bei dem Kläger ohnehin um einen gemeinnützigen Verein handele. Der Kläger könne ohne entsprechende unfallversicherungsrechtliche Folgen große landwirtschaftliche Flächen pachten, was als Durchbrechung des Prinzips des § 644 Abs. 2 RVO, der vornehmlich dem Bestandsschutz diene, nicht hingenommen werden könne.

Gegen dieses durch Empfangsbekenntnis am 18. Mai 1990 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 16. Juni 1990, bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingegangen am 18. Juni 1990, eingelegte Berufung.

Der Senat hat bei dem Kläger den "BBZ-Report” beigezogen, der Ausführungen über die Aufgaben des Berufsbildungszentrums S. mit Außenstellen enthält.

Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor:

Er sei ein gemeinnütziger Verein, dessen Arbeitsschwerpunkte sich ausschließlich auf die Bereiche der Sozialarbeit erstreckten. Einer der Schwerpunkte sei die Durchführung von Bildungsangeboten im Bereich der beruflichen Bildung. Um die der Außenstelle T. des Berufsbildungszentrums S. organisatorisch zugeordnete Ausbildungsgärtnerei in die Gesamtaufgaben einzuordnen, sei darauf hingewiesen, daß der Kläger insgesamt einen Jahresumsatz von etwa 440 Mio. DM habe. 40 Mio. DM hiervon würden in S. erwirtschaftet. Die Ausbildungsgärtnerei selbst erwirtschafte einen Jahresumsatz zwischen 200.000 und 250.000 DM. Nach der Größe der landwirtschaftlichen Fläche, der eingesetzten Fachkräfte und der betreuten Auszubildenden müsse die Gärtnerei, wenn sie Erwerbszwecken diente, etwa 120.000 DM Umsatz pro Beschäftigten und Jahr erwirtschaften. Die tatsächlichen wirtschaftlichen Umsätze lägen demnach zwischen 5 bis 8 % der notwendigen Umsätze einer existenzfähigen Erwerbsgärtnerei. Schwerpunkt der Arbeit in der Gärtnerei sei die Berufsvorbereitung für deutsche und ausländische Jugendliche, die außerbetriebliche Ausbildung für besonders Förderungsbedürftige sowie die Umschulung Erwachsener. Der Gärtnereibetrieb sei ausschließlich dadurch zu halten, daß die durchgeführten Ausbildungsprogamme von öffentlichen Trägern finanziert würden und auch Finanzierungsanteile die Personal- und Sachkosten mit abdeckten, die in der Gärtnerei entstünden.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 1990 und den Bescheid der Beklagten vom 15. November 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1987 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist unter Darlegung der Rechtsentwicklung der Auffassung, § 647 RVO sei teleologisch auszulegen mit dem Ergebnis, daß landwirtschaftliche Betriebe oberhalb der in § 644 Abs. 2 RVO genannten Flächengrößen stets im Zuständigkeitsbereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung verblieben. Alleine aus der Beschäftigung von Auszubildenden in größerem Umfang folge im übrigen nicht, daß dieser nicht mehr landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Betrieb sein könne. Entscheidend sei die Art der anfallenden Arbeiten. Wenn diese Arbeiten sich nicht wesentlich von den Tätigkeiten in anderen landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Unternehmen unterschieden, sei für eine abweichende Beurteilung kein Raum. Die Gärtnerei des Klägers habe aber dieselben Produktions- und Arbeitsmethoden wie andere gärtnerische Betriebe.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Klägers an.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und des weiteren Akteninhalts wird auf die Streitakte und die Betriebs- und Beitragsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§§ 143, 145, 151 Abs. 1 und 2 SGG) ist begründet.

Das auf die zulässige Anfechtungsklage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufrechterhalten werden. Der Bescheid der Beklagten vom 15. November 1985 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1987 sind nicht rechtmäßig. Die Beklagte hat den Gartenbaubetrieb des Berufsbildungszentrums S. in T. zu Unrecht in ihr Unternehmerverzeichnis aufgenommen. Zuständiger Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene, die den Kläger bereits insgesamt in ihr Unternehmerverzeichnis aufgenommen hat.

Da die Klägerin ihre erstmalige Eintragung, den Gartenbaubetrieb in T. betreffend, in das Unternehmerverzeichnis der Beklagten angefochten hat, gelten die Rechtsgrundsätze und Beschränkungen für die Berichtigung des Unternehmerverzeichnisses nach § 664 Abs. 3 RVO wegen eines irrtümlich, aber aufgrund eines bindenden Bescheides eingetragenen Unternehmens im vorliegenden Falle nicht (BSG, Urteil vom 30. April 1991 – 2 RU 36/90).

Zwar werden Unternehmen des Gartenbaues gemäß § 776 Abs. 1 Nr. T RVO grundsätzlich von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung mit der Beklagten als dem zuständigen Leistungsträger erfaßt (vgl. auch § 790 Abs. 1 RVO i.V.m. Nr. 19 der Anlage 2 zu § 790 Abs. 1 RVO i.d.F. des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes, UVNG, vom 30. April 1963 – BGBl. I S. 241, 285). Der Kläger betreibt jedoch als gemeinnütziger Verein, dessen Arbeitsschwerpunkte sich ausschließlich auf den Bereich der Sozialarbeit erstrecken, ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSGE 36, 111, 115), das aus verschiedenen Bestandteilen besteht. In einzelnen Regionen wurden Berufsbildungszentren errichtet, in denen eine Vielzahl von Angeboten der beruflichen Bildung organisatorisch zusammengefaßt sind. Ein derartiges Zentrum befindet sich u.a. in S., wo im Stadtgebiet sowie in Außenstellen 12 verschiedene Einrichtungen liegen, in denen in mehr als 20 Fachbereichen mit 15 verschiedenen beruflichen Programmen Menschen beruflich geschult werden. Hierbei handelt es sich um die Fachbereiche Bau, Heilhilfsberufe, ZNZ-Technik, Datenverarbeitung, Elektro/Elektronik, Gartenbau, Gas- und Wasserinstallation, Gastronomie, Haar- und Körperpflege, Hauswirtschaft, Holz, kaufmännischer Bereich/EDV, Karosseriebau, Kfz-Mechanik und Elektrik, Malerei, Farbe, Metall, Schweißtechnik, technisches Zeichnen/ZAD und Textil. Der Außenstelle T. des Berufsbildungszentrums S. ist eine Ausbildungsgärtnerei organisatorisch zugeordnet. In dieser Ausbildungsgärtnerei stehen in der Fachsparte Zierpflanzenbau 18 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Schwerpunkt der Arbeit in diesem Bereich ist die Berufsvorbereitung für deutsche und ausländische Jugendliche, die außerbetriebliche Ausbildung für besonders Förderungsbedürftige sowie die Umschulung Erwachsener. Ziel der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen ist es, Jugendliche ohne Schulabschluß oder mit anderen Defiziten durch gezielte Maßnahmen so zu qualifizieren, daß sie eine berufliche Ausbildung beginnen können. In der außerbetrieblichen Ausbildung ist die Problemgruppe bei den Jugendlichen angesiedelt, die aufgrund vielseitiger individueller psychischer und sozialer Probleme nicht in der Lage sind, eine Berufsausbildung unter den üblichen Bedingungen durchzustehen. Im Rahmen der Umschulung wird älteren Erwachsenen die Möglichkeit geboten, einen qualifizierten, anerkannten Berufsabschluß zu erwerben. Ausbildung und Umschulung werden nach den Richtlinien des Regierungspräsidiums in T. durchgeführt und enden in der Regel mit der Gärtnergehilfenprüfung. Die Lernziele sind vorgegeben vom zuständigen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt in WB. in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen für die Berufsausbildung in der Landwirtschaft. Die Ausbildungspläne entsprechen denen einer Ausbildung im Erwerbsgartenbau.

Der Senat stützt sich insoweit auf die Ergebnisse der Betriebsbesichtigung durch die Beklagte, den BBZ-Report und die Ausführungen der Berufungsbegründung vom 31. August 1990. Diese decken sich mit den Angaben in dem BBZ-Report und bringen die Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen auf den neuesten Stand. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben hat der Senat nicht; diese werden auch von der Beklagten nicht erhoben.

Die berufsgenossenschaftliche Zuordnung des Klägers richtet sich nach der Zuständigkeitsregel des § 647 Abs. 1 RVO, einer Vorschrift, die auf dem Gedanken beruht, daß auch ungleichartig gestaltete Unternehmen, die zu einem Gesamtunternehmen verbunden sind, möglichst nur einem einzigen Versicherungsträger gegenüberstehen sollten (BSG, Urteil vom 19. März 1991 – 2 RU 33/90). Die Vorschrift regelt die Zuständigkeit für Bestandteile eines Unternehmens. Dies sind Teile eines Unternehmens, von denen jeder eine gewisse Selbstständigkeit hat. Dient ein Bestandteil allein oder überwiegend unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens, so ist er dessen wesentlicher Bestandteil (BSG, Urteil vom 30. April 1991, a.a.O.). Hat er dagegen den Umfang eines Unternehmens, so ist er ein Hilfsunternehmen des anderen (BSGE 39, 112, 116). Dient der eine Teil nicht den Zwecken des anderen, sondern verfolgt er vom Hauptunternehmen unabhängig wirtschaftliche Zwecke, so ist er als unwesentlicher Bestandteil ein Nebenunternehmen (BSGE 39, 112, 116/117). Nebenunternehmen könnten wegen der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke alleine ohne das Hauptunternehmen existieren. Hilfs- und Nebenunternehmen stellen rechtlich unterschiedliche Begriffe dar. Oberbegriff ist der des Gesamtunternehmens. Das Hauptunternehmen ist dabei das Unternehmen, das im Gesamtunternehmen hervortritt. Das Hauptunternehmen gibt ihm sein besonderes Gepräge und ist maßgeblich für seine sozialversicherungsrechtliche Stellung (BSGE 49, 238, 285).

Die Zuständigkeitsabgrenzung, die aus § 647 Abs. 1 RVO folgt, gilt gemäß § 791 RVO, der auf § 647 Abs. 1 RVO verweist, auch im Verhältnis zwischen landwirtschaftlicher und allgemeiner Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 30. April 1991, a.a.O.).

Der Gartenbaubetrieb in T. des Berufsbildungszentrums S. dient als Bestandteil jedenfalls überwiegend und unmittelbar den Zwecken des Hauptunternehmens und stellt deshalb dessen wesentlichen Bestandteil dar. Die Gärtnerei ist integraler Bestandteil des Berufsbildungszentrums S. im Raum Süddeutschland. Sie bildet mit den übrigen Bereichen eine wirtschaftliche und betriebstechnische Einheit. Hiervon wird auch die Unfallverhütung in dem Teilbereich Gärtnerei erfaßt. Diese dient ausschließlich der Durchführung von Bildungsmaßnahmen für verschiedene Personengruppen, die bereits im einzelnen dargestellt worden sind. Die Ausbildung und das verfolgte pädagogische Konzept sowie darüber hinaus angebotene Hilfen sind identisch mit den anderen beruflichen Programmen, die der Kläger in S. anbietet. Das Berufsbildungszentrum mit seinen Außenstellen in B., F., G., H., L./A. und T. steht unter einheitlicher Leitung, was ebenfalls aus dem BBZ-Report folgt. Die beiden Meister, fachlich und pädagogisch besonders geschult, sind lediglich damit befaßt, den Schülern bei der Ausbildung zur Seite zu stehen. Die in der Ausbildungsgärtnerei angebotene Ausbildung und das dort verfolgte pädagogische Konzept sowie die angebotenen zusätzlichen Hilfen unterscheiden sich nicht von den Angeboten, die auch die übrigen beruflichen Programme des Klägers im Berufsbildungszentrum S. bestimmen. Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers und die Vertreterin der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung noch einmal herausgestellt haben, handelt es sich bei dem Teilnehmerkreis der Förderung überwiegend um ausländische Jugendliche mit Sprachproblemen ohne Hauptschulabschluß oder um Sonderschüler, die von den Meistern mit einer sozialpädagogischen Zusatzqualifikation betreut werden. Am Anfang findet eine Probeeinweisung in mehreren Bereichen statt. Die Jugendlichen werden sodann in dem Bereich besonders gefördert, für den sie am geeignetsten erscheinen. Zusätzlich werden Rechnen, Schreiben, Sprachausbildung gefördert. Der besondere pädagogische Einsatz und die begleitenden Hilfen, die den Schülern gewährt werden, machen deutlich, daß der Gartenbaubetrieb nicht selbstständig existieren könnte. Es finden sich ganz unterschiedliche Ausbildungs- bzw. Bildungsgänge für unterschiedlich zu qualifizierende Personen, die den erforderlichen reinen Arbeitseinsatz nicht gestatten. Zwar erwirtschaftet die Ausbildungsgärtnerei nach Angaben des Klägers Jahresumsätze zwischen 200.000 und 250.000 DM. Nach der Größe der landwirtschaftlichen Fläche, der eingesetzten Fachkräfte und der betreuten Auszubildenden müßte die Gärtnerei aber, diente sie Erwerbszwecken, etwa 120.000 DM Umsatz pro Beschäftigten und Jahr erwirtschaften. Der Senat hat keine Zweifel, daß diese Angaben zutreffend sind, da sie sich in das Gesamtbild der in der Gärtnerei geleisteten beruflichen, sozialen und pädagogischen Arbeiten schlüssig einfügen.

Zwar werden die Pflanzen durch Verkauf verwertet. Hierbei handelt es sich jedoch um eine selbstverständliche Verfahrensweise, da es nicht einzusehen und auch nicht pädagogisch sinnvoll wäre, die Erzeugnisse zu vernichten. Die Vermarktung dient ferner dazu, die Kosten für die Unterhaltung der Gärtnerei nicht zusätzlich zu belasten. Mit den Umsätzen werden allenfalls die Sachkosten für Pflanzgut und andere Materialien kompensiert. Die durchgeführten Ausbildungsprogramme werden im übrigen von öffentlichen Trägern, insbesondere der Arbeitsverwaltung, aber auch durch andere Rehabilitationsträger finanziert.

Als wesentlicher Bestandteil eines der allgemeinen Unfallversicherung unterliegenden Hauptunternehmens ist der Gartenbaubetrieb, ein an sich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zugehöriges Hilfsunternehmen, bei dem Unfallversicherungsträger der allgemeinen Unfallversicherung des Hauptunternehmens versichert. Die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist nur dann gegeben, wenn der Betriebsteil ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen (§ 644 Abs. 1 RVO) eines gewerblichen Hauptunternehmens ist und die in § 644 Abs. 2 RVO bestimmte Mindestgröße (5 ha für landwirtschaftliche Unternehmen oder 0,25 ha für Unternehmen des Gartenbaues, Weinbaues, Tabakbaues und anderer Spezialkulturen) überschreitet (BSG, Urteil vom 30. April 1991, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Entscheidend ist im übrigen alleine, inwieweit nach den Gegebenheiten des Einzelfalles der landwirtschaftliche Betrieb dem Unternehmen dient und Bestandteil des Gesamtunternehmens ist. Unerheblich ist dagegen, mit welcher Motivation der landwirtschaftliche Betrieb ausgeübt wird (BSG, a.a.O.). Nicht von Bedeutung ist auch, wie groß der landwirtschaftliche Unternehmensteil ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved