L 3 U 789/94

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 400/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 789/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juli 1994 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Entschädigung eines Verkehrsunfalls als Wegeunfall.

Der im Jahre 1935 geborene Kläger war seit 1977 bei der Firma R. GmbH – F. – als Kontrolleur in der Qualitätssicherung beschäftigt. Am 2. Oktober 1991 verließ er gegen 15.45 Uhr seine Arbeitsstätte in R ... Er fuhr jedoch nicht sogleich mit seinem Pkw zu seiner ca. 4 km nordöstlich von R. gelegenen Wohnung in L., sondern brachte zunächst seinen Arbeitskollegen H. M. nach Hause, der in entgegengesetzter Richtung ca. 5 km von R. entfernt in H.-V., A. B. wohnte. Der Unfall ereignete sich dann gegen 15.56 Uhr, als der Kläger aus der Straße "A. B.” kommend nach links in die vorfahrtsberechtigte K.straße in Richtung R./L. einbog und im Kreuzungsbereich mit einem aus dieser Richtung kommenden Pkw kollidierte. An beiden Fahrzeugen entstand Totalschaden, wobei das Fahrzeug des Klägers links frontal beschädigt wurde. Es wurden jeweils nur Kratz- und Schleuderspuren – keine Bremsspuren – festgestellt. Laut polizeilicher Verkehrsunfallanzeige vom 3. Oktober 1991 hatte der Kläger das Verkehrsschild Bild 205 "Vorfahrt gewähren” nicht beachtet. Der Unfallgegner hatte nach polizeilicher Erkenntnis im Zeitpunkt des Zusammenstoßes die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten. Beim Kläger wurde ein Unfallschock angenommen. Die zuvor eingetroffene Notärztin diagnostizierte: Verdacht auf Commotio cerebri, Blutzuckerentgleisung bei einem Blutzucker von primär 40 mg %, Zungenbiß, Schulterprellung links. Im einzelnen vermerkte sie Alkoholgeruch, eine lallende Sprache, eine Störung der Orientierung und der Erinnerung an den Vorfall bzw. eine retrograde Amnesie, verworrene Denkabläufe bzw. verworrene verbale Antworten bei spontanem Öffnen der Augen und gezielten motorischen Antworten. Die gegen 16.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab laut späterem Gutachten vom 7. Oktober 1991 des Prof. Dr. W. Institut für Rechtsmedizin der Universität X., eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,16 ‰ für den Unfallzeitpunkt. Um 17.00 Uhr wurde der Kläger in das Kreiskrankenhaus X. in L. eingeliefert. Dort wurden eine Schulterblattfraktur links, eine ca. 1,5 cm lange Zungenrißwunde, eine Commotio cerebri mit retrograder Amnesie und Frakturen der Rippen II bis IV links sowie unfallunabhängig u.a. ein Diabetes mellitus, Pankreatitis, Fettstoffwechselstörung diagnostiziert. Zum Unfallhergang wurde laut Eintrag in der Krankengeschichte vom 5. Oktober 1991 und Durchgangsarztbericht vom 14. Oktober 1991 angegeben, daß der Kläger auf dem Nachhauseweg als angeschnallter Pkw-Fahrer verunglückt sei; er habe einem anderen Pkw die Vorfahrt genommen. Ferner wurde eine fragliche primäre Bewußtlosigkeit vermerkt. Es sei noch nicht sicher geklärt, ob evtl. Bewußtlosigkeit zum Unfall geführt habe; beim Unfall habe der Kläger einen Blutzucker von 20 mg % gehabt. Unter dem 8. Oktober 1991 wurde in der Krankengeschichte festgehalten, der Kläger habe auf erneutes Befragen angegeben, daß der Unfall beim Ausladen des Arbeitskollegen anschließend irgendwie passiert sei; er könne sich an nichts erinnern. Der Kläger wurde bis zum 22. Oktober 1991 stationär behandelt. Im Bericht des Krankenhauses vom 30. Oktober 1991 hieß es, der Kläger habe in Abänderung des ursprünglich angegebenen Unfallhergangs während des stationären Aufenthaltes erklärt, daß er vor dem eigentlichen Unfallereignis plötzlich im Auto bewußtlos geworden sei. Die wegen des Zungenbisses veranlaßte neurologische Untersuchung habe keinen pathologischen Befund ergeben. Ab dem 11. März 1993 wurde der Kläger wieder für arbeitsfähig gehalten und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im Wege der vorläufigen Schätzung mit 20 v.H. bewertet.

Mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. März 1992 des Amtsgerichts Nidda (Az.: 13 Js 186146/91) wurde der Kläger wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung unter Alkoholeinfluß in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 2.100,– DM verurteilt. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von vier Monaten entzogen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger u.a., daß er am 2. Oktober 1991 nach Absetzen des Arbeitskollegen sein Auto gewendet habe und ab diesem Zeitpunkt nichts mehr sagen könne; er sei dann im Krankenhaus wach geworden. Der Unfallgegner sagte aus, daß der Kläger nach dem Unfall benommen in seinem Fahrzeug gesessen habe; er habe nicht gewußt, was passiert sei. Ein anderer Augenzeuge meinte, der Kläger habe das andere Fahrzeug nicht gesehen.

Im Rahmen der Ermittlungen der Beklagten teilte der Arbeitskollege H. M. unter dem 21. September 1992 mit, daß ihm während der Fahrt im Pkw des Klägers keine Besonderheiten in dessen Verhalten aufgefallen seien; der Kläger habe auch nicht über Unwohlsein geklagt. Die Beklagte holte ferner das rechtsmedizinische Gutachten vom 30. Juli 1992 des Prof. Dr. R., Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz, mit ergänzender Stellungnahme vom 19. Oktober 1992 ein. Darin wurde ausgeführt, daß dem aktenkundigen Unterzuckerungswert von 20 mg % bzw. 40 mg % keinerlei Bedeutung für die Höhe der BAK zukomme und umgekehrt die festgestellte BAK von 1,16 ‰ lediglich einen indirekten, untergeordneten Einfluß auf das Absinken des normalen Blutzuckerspiegels gehabt habe. Sowohl eine Blutunterzuckerug (Hypoglykämie) von 20 mg % als auch von 40 mg % könne für sich allein (auch ohne Alkohol) eine Bewußtlosigkeit im hypoglykämischen Schock verursachen. Sofern man davon auszugehen habe, daß beim Kläger tatsächlich kurze Zeit vor dem Unfall eine Bewußtlosigkeit eingetreten sei, sei diese durch einen hypoglykämischen Schock z.B. im Rahmen einer unausgeglichenen Stoffwechsellage bei Diabetes mellitus zu erklären.

Mit Bescheid vom 26. November 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 1993 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung mit der Begründung ab, daß als alleinige Unfallursache die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Klägers anzusehen sei. Andere Ursachen seien nicht erkennbar. Insbesondere könne die Unterzuckerung von 40 mg % nicht als wesentliche Mitursache berücksichtigt werden, da sie laut Prof. Dr. R. nur zu einer Bewußtlosigkeit führen könne, der Beweis einer Bewußtlosigkeit vor dem Unfall aber nicht erbracht sei.

Am 8. April 1994 hatte der Kläger beim Sozialgericht Gießen (SG) Klage erhoben.

Das SG hat von Amts wegen das internistische Gutachten vom 1. Oktober 1993 des Prof. Dr. B. Universitätskliniken X., eingeholt. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, daß eine Blutunterzuckerung von 40 mg % für sich allein Bewußtlosigkeit verursachen könne und die beim Kläger nach dem Unfall beschriebene Bewußtlosigkeit bzw. Verwirrtheit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die festgestellte Blutunterzuckerung von 40 mg % erklärt werde. Somit sei davon auszugehen, daß beim Kläger direkt vor dem Unfall ein sog. Blutunterzuckerungsschock eingetreten sei, der zum Unfall geführt habe. Jedoch müsse der Ansicht des Prof. Dr. R. widersprochen werden, daß die festgestellte BAK von 1,16 ‰ keine entscheidende Rolle für den festgestellten Blutzuckerwert gehabt habe. Es sei bekannt, daß Alkohol bei fastenden Menschen die Zuckerbildung hemme und somit hypoglykämisch wirke. Bei Lebervorschädigung mit Glykogen-Armut, z.B. einer Fettleber, wie sie beim Kläger bestanden habe, werde das Auftreten alkoholinduzierter Hypoglykämien besonders gefördert. Es sei deshalb davon auszugehen, daß die BAK von 1,16 ‰ als mittelbare Ursache zu dem Blutunterzuckerungsschock beigetragen habe. In seiner vom SG ergänzend noch veranlaßten Stellungnahme vom 15. März 1994 führte der Sachverständige aus, daß aus den im Gutachten angeführten Gründen für die beim Kläger nach dem Unfall eingetretene Bewußtlosigkeit bzw. Verwirrtheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein sog. Blutunterzuckerungsschock als Ursache in Betracht zu ziehen sei und der Blutunterzuckerungsschock mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbare Ursache des Unfalls gewesen sei. Zu diesem Blutunterzuckerungsschock könnten neben der festgestellten BAK andere Ursachen wie z.B. die fehlende Nahrungsaufnahme des Klägers über den Nachmittag und der Streß einer kurzfristig anberaumten Verhandlung über Kurzarbeit vor Arbeitsende zusätzlich beigetragen haben. Das Auftreten des Blutunterzuckerungsschocks ohne die erhöhte BAK könne gutachterlicherseits nicht ausgeschlossen werden, so daß diese nur als Teilursache, nicht aber als überwiegende bzw. rechtlich allein wesentliche Unfallursache anzusehen sei.

Dem hat die Beklagte u.a. unter Vorlage einer Stellungnahme des Prof. Dr. R. vom 30. Mai 1994 widersprochen, der meinte, daß ein Unterzuckerungszustand als Ursache der Erinnerungsstörung bzw. "retrograden Amnesie” des Klägers und als Ursache des Unfalls nicht beweisbar sei. Es könne keinesfalls ausgeschlossen werden, daß die Unterzuckerung eine Folge, nicht aber Ursache des eingetretenen Unfalls gewesen sei.

Durch Urteil vom 11. Juli 1994 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, das Ereignis vom 2. Oktober 1991 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei nach neuer Rechtsprechung mit einer BAK von 1,16 ‰ zwar absolut fahruntüchtig gewesen, jedoch stehe zur Überzeugung der Kammer fest, daß der Unfall mit Wahrscheinlichkeit durch einen anderen Umstand, nämlich einen Blutunterzuckerungsschock verursacht worden sei. Dafür spreche die beim Kläger festgestellte Blutunterzuckerung von 40 mg %, die direkt nach dem Unfall beschriebene Bewußtlosigkeit bzw. Verwirrtheit, das Fehlen irgendwelcher Ausfallerscheinungen während der Fahrt gemäß der Bekundung des Arbeitskollegen M. die diagnostizierte Zungenrißwunde, die der Kläger sich wahrscheinlich selbst infolge der Bewußtlosigkeit beigebracht habe, sowie der Umstand, daß der Kläger von Anfang an darauf hingewiesen habe, er sei vor dem streitigen Unfall bewußtlos geworden.

Gegen das ihr am 1. August 1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. August 1994 Berufung eingelegt und vorgetragen: Das SG weiche von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, wenn es für das Vorliegen sonstiger Unfallursachen neben der festgestellten alkoholbedingten Verkehrsuntüchtigkeit nicht den Vollbeweis verlange, sondern eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichen lasse. Es sei jedoch nicht bewiesen und im übrigen auch nicht einmal wahrscheinlich, daß der Kläger, der lt. Unfallskizze der Polizei beim Einbiegen in die Kreuzung noch eine Lenkbewegung nach links und damit entsprechend seinem Fahrziel gemacht habe, vor dem Unfall wegen eines Blutunterzuckerungsschocks bewußtlos geworden sei. Zu dieser Annahme könne man auch weder aufgrund von Zeugenaussagen oder dem Gutachten des Prof. Dr. B. und erst recht nicht aufgrund der Angaben des Klägers zum Unfallhergang im Verlaufe des Verfahrens gelangen, die angesichts der selbst angegebenen und ärztlich diagnostizierten retrograden Amnesie widersprüchlich seien.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juli 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte sowie der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Gießen (Az.: 13 Js 186146/91) und der Krankengeschichte des Kreiskrankenhauses in L., die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat entgegen der Ansicht des SG keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 547 Reichsversicherungsordnung –RVO–). Denn der Verkehrsunfall, den er am 2. Oktober 1991 erlitt, war kein Wegeunfall. Nach § 550 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall ein Unfall auf einem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Nach § 550 Abs. 2 RVO ist die Versicherung nicht ausgeschlossen, wenn der Versicherte von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und dem Ort der Tätigkeit abweicht, weil er mit anderen berufstätigen oder versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit benutzt. Der Unfall des Klägers ereignete sich zwar nicht auf seinem unmittelbaren Weg von dem Ort der nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherten Tätigkeit in R. zu seiner Wohnung in L. sondern auf der Rückfahrt von der Wohnung des Arbeitskollegen H. M. in H.-V. und noch vor Erreichen der Wegstrecke, die der Kläger ohne die Beförderung des Arbeitskollegen vom Beschäftigungsort zu dessen Wohnung zurückgelegt hätte, um nach Hause zu gelangen. Jedoch war der Kläger auch während des Abweichens von seinem unmittelbaren Heimweg bzw. auf dem Abweg in entgegengesetzter Richtung gemäß § 550 Abs. 2 RVO versichert, weil er mit einer anderen versicherten Person gemeinsam ein Fahrzeug von dem Ort der Tätigkeit benutzte. Die Vorschrift des § 550 Abs. 2 RVO gilt nicht nur für regelmäßige Fahrgemeinschaften, sondern auch bei nur gelegentlicher Mitnahme von berufstätigen und versicherten Personen. Auch sind die Motive für ihre Bildung sowie der Umstand unerheblich, in welchem Verhältnis der Abweg zum direkten Weg steht; das gilt jedenfalls, solange der Abweg nicht "unvertretbar ist” (s. dazu Bundessozialgericht – BSG – SozR 2200 § 550 Nrn. 45, 51, 56, 64). Davon kann bei der hier zu diskutierenden Vervielfachung des zurückgelegten Weges infolge der gemeinsamen Fahrzeugbenutzung um das Dreieinhalbfache (insgesamt ca. 14 km) gegenüber dem unmittelbaren Arbeitsweg des Klägers von der Arbeitsstätte zur Wohnung (ca. 4 km) keine Rede sein. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß der Unfall allein oder wesentlich durch die versicherte Tätigkeit bzw. die versicherte Wegegefahr (mit)verursacht worden ist (haftungsbegründende Kausalität). Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fest, daß der Unfall infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses des Klägers und eines daraus resultierenden Konzentrations- und Leistungsverlustes und insoweit nur "gelegentlich” des versicherten Weges eingetreten ist.

Der Kläger stand zur Zeit des Unfalls unter erheblichem, nicht betriebsbedingtem Alkoholeinfluß. Die ihm nach dem Unfall gegen 15.56 Uhr um 16.30 Uhr von der hinzugekommenen Notärztin entnommene Blutprobe ergab nach dem Untersuchungsergebnis des Prof. Dr. W. eine BAK von 1,16 ‰ für den Unfallzeitpunkt. Damit war der Kläger absolut und nicht nur relativ fahruntüchtig. Der Alkoholgrenzwert für die absolute, d.h. ohne Rücksicht auf sonstige Beweisanzeichen unwiderlegbar zu vermutende Fahruntüchtigkeit liegt für Kraftfahrer bei 1,1 ‰. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Urteil vom 28. Juni 1990 (NJW 1990, 2393) entschieden und gilt auch für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 25. Dezember 1992 – 2 RU 40/91 –; HLSG, Urteil vom 15. Juli 1992 – L-3/U – 1434/87 –). Denn nach neueren Erkenntnissen kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, daß Kraftfahrer mit einer BAK von mehr als 1,0 ‰ selbst bei besonderer Fahrbefähigung oder Alkoholtoleranz noch zu einer den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs genügenden Beherrschung ihres Fahrzeugs in der Lage sind (BGH, a.a.O.). Zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ ergibt sich damit ein Wert von 1, 1 ‰ als Maß der absoluten Fahruntüchtigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung entfällt der Unfallversicherungsschutz bei nachgewiesener (Vollbeweis) alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit entsprechend der geltenden Kausalitätsnorm jedoch dann, wenn die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit die unternehmensbedingten Umstände der Fahrt bzw. die allgemeinen oder besonderen verkehrsbedingten Wegegefahren derart in den Hintergrund drängt, daß sie als rechtlich allein wesentliche Ursache zu werten ist (u.a. BSGE 12, 242; 43, 110; 48, 228). Diese Wertung ist dann erlaubt, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens davon auszugehen ist, daß der Versicherte, wenn er nicht unter Alkoholeinfluß gestanden hätte, bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre (sog. Anscheinsbeweis). Das wiederum ist anzunehmen, wenn sonstige Unfallursachen nicht erwiesen sind (BSGE 12, 242; 38, 127; 48, 228; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 49). Der Anscheinsbeweis wird also entgegen der Ansicht des SG nur entkräftet durch den Vollbeweis einer Tatsache, aus der sich die ernsthafte Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufs ergibt. Ebenso wie bei der absoluten Fahruntüchtigkeit erfordert der Nachweis betriebsbezogener Umstände einen der Gewißheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Hypothetische Ursachen scheiden bei der Anwendung der Kausalitätsnorm von vornherein aus; sie sind an der Entstehung des Unfalls nicht beteiligt (s. auch BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 4 m.w.N.). Lediglich für den weiterhin zu führenden Nachweis der wesentlichen (Mit)Ursächlichkeit sicher festgestellter anderer Umstände für die Entstehung des Unfalls ist wiederum die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend (BSGE 45, 285). Läßt sich unter Anwendung dieser Maßstäbe nicht klären, ob betriebsbezogene Umstände vorliegen und diese ferner den Unfall zumindest rechtlich wesentlich mitverursacht haben, so geht die Ungewißheit zu Lasten des Versicherten, weil er die Beweislast für diese anspruchsbegründenden Tatsachen trägt (BSGE 35, 216; 43, 110; 48, 228).

Ausgehend hiervon kann für den durch Alkoholgenuß absolut fahruntüchtigen Kläger ein Arbeitsunfall/Wegeunfall nicht bejaht werden. Der Unfall ereignete sich, als der Kläger von der Straße "A. B.” auf die K.straße auffuhr und mit einem aus seiner Sicht von links aus Richtung R. kommenden Fahrzeug zusammenprallte. Nach der Unfallskizze der Polizei war der Kläger seinerseits nach links in Richtung R. in die K.straße eingebogen. Dementsprechend wurde sein Fahrzeug auch links frontal beschädigt. Zur Kollision mit dem anderen Fahrzeug kam es, nachdem der Kläger ca. 2 m auf die K. Straße aufgefahren war bzw. sich etwa auf der Mitte der von ihm zu überquerenden ersten Fahrbahnhälfte befand. Bei der K Straße handelte es sich um eine vorfahrtsberechtigte Hauptverkehrsstraße. Das war für die aus der Straße "A. B.” kommenden Verkehrsteilnehmer wie den Kläger durch das Verkehrszeichen Bild 205 "Vorfahrt gewähren” auch gekennzeichnet. Nach der polizeilichen Unfallskizze (Bl. 50 VA) und der der Beklagten eingereichten Straßenkarte von V. (Bl. 87 VA) verlief die K.straße in gerader Linie quer zur Straße "A. B.” und war von dort nach beiden Seiten gut einsehbar. Vor der eigentlichen Fahrbahn befand sich noch ein Gehweg von 2,80 m Breite und linker Hand zusätzlich noch eine Bushaltebucht von 2,80 m Breite. Besonderheiten der Unfallstelle, wie z.B. Unübersichtlichkeit, wurden auch in der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige nicht vermerkt. Die Lichtverhältnisse waren ebenfalls gut; es herrschte Tageslicht. Zwar muß nach der Verkehrsunfallanzeige davon ausgegangen werden, daß der Unfallgegner des Klägers nach den vorgefundenen Schleuderspuren und der Entfernung bis zum Stillstand seines Pkw’s die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h im Zeitpunkt des Zusammenstoßes überschritten hatte, wobei genauere Feststellungen zum Ausmaß der Überschreitung nicht getroffen wurden. Allein in einem verkehrswidrigen Verhalten dieser Art kann eine wesentliche Bedingung und damit Mitursache im Rechtssinne für den Unfall jedoch nicht erblickt werden (s. auch BSG, Urteil vom 30. Oktober 1979 – 2 RU 73/79). Von überragender Bedeutung für dessen Eintritt war nach den äußeren Umständen des Falles vielmehr, daß der Kläger infolge alkoholbedingter Leichtfertigkeit und/oder alkoholbedingt reduzierter Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit das Verkehrsschild bzw. die Vorfahrtsregelung für die Straßen A. B./K Straße, die ihm auch schon vor dem kurz zuvor in umgekehrter Richtung zurückgelegten Weg bekannt sein mußte, mißachtete, einfach auf die K.straße auffuhr, trotz guter Sichtverhältnisse das sich von links auf gerader Strecke nähernde Fahrzeug bis zuletzt gar nicht bemerkte und ohne Brems- oder Ausweichmanöver mit diesem zusammenstieß oder das Fahrzeug evtl. zwar bemerkte, dessen Standort bzw. Entfernung und Geschwindigkeit infolge alkoholbedingter Störungen im optischen Funktionsbereich jedoch völlig falsch einschätzte. In fahrtüchtigem – nicht alkoholisiertem – Zustand wäre der Kläger bei derselben Sachlage, d.h. trotz der Geschwindigkeitsüberschreitung des Unfallgegners, wahrscheinlich nicht verunglückt.

Demgegenüber kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, daß es infolge einer Blutunterzuckerung mit plötzlicher Bewußtlosigkeit und einer dadurch bedingten – alkoholunabhängigen – Verkehrsuntüchtigkeit zu dem Unfall gekommen sei. Allerdings kann bei sog. Unfällen aus innerer Ursache (d.h. infolge krankhafter Erscheinungen oder der Konstitution des Betroffenen) der ursächliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gegeben sein, wenn entweder die versicherte Tätigkeit die Ursache selbst mitbedingt hat oder wenn die versicherte Tätigkeit eine wesentliche Bedingung für die Schwere der Unfallfolgen war, weil ohne die versicherte Tätigkeit dem Versicherten der Unfall nicht in dieser Art oder derselben Schwere zugestoßen wäre, was bei Verkehrsunfällen in der Regel anzunehmen ist (s. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 14; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 81). Unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt kann die haftungsbegründende Kausalität nach dem Schutzzweck der Norm zwar nicht bei durch Verkehrsuntüchtigkeit verursachten Verkehrsunfällen bejaht werden, wenn die Verkehrsuntüchtigkeit auf betriebsfremdem Alkoholmißbrauch oder z.B. einer gleichgestellten betriebsfremden Einnahme berauschender Medikamente (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 77) oder einer nicht betriebsbedingten Übermüdung (BSG SozR 2200 § 550 Nr. 73; BSGE 4, 27; 14, 65) beruht. Das gilt indes nicht bei Unfällen, bei denen der Versicherte infolge des unvorhergesehenen Eintritts oder Wirksamwerdens einer körpereigenen inneren Ursache wie z.B. einer Krankheit verkehrsuntüchtig wird und dadurch verunglückt (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 14; SozR 2200 § 548 Nr. 81). Jedoch muß – wie bereits ausgeführt – die geltend gemachte körpereigene innere Ursache erwiesen bzw. sicher festgestellt sein, um bei der Abwägung der Ursachen des Unfalls überhaupt berücksichtigt werden zu können. Das ist hier nicht der Fall.

Für die Beurteilung kann letztlich offenbleiben, ob als innere Ursache, für die der Vollbeweis zu führen ist, unmittelbar die geltend gemachte Bewußtlosigkeit oder mittelbar die dafür verantwortlich gemachte Unterzuckerung (Hypoglykämie) als deren Grundvoraussetzung oder gar die von den Gutachtern für eine Unterzuckerung beim Kläger wiederum in Betracht gezogenen Ursachen anzusehen sind (s. dazu BSG, Urteil vom 24. Februar 1988 – 2 RU 30/87 –). Genannt wurden insoweit ein seit 1982 bekannter "versteckter Diabetes mellitus”, Fettleber, Fettstoffwechselstörung, der Streß der kurzfristig anberaumten Verhandlung über Kurzarbeit vor Arbeitsende, fehlende Nahrungsaufnahme über den Nachmittag hinweg und nicht zuletzt – insbesondere von Prof. Dr. B. – die akute Alkoholintoxikation mit einer BAK von 1,16 ‰, die im Falle ihrer allein wesentlichen Ursächlichkeit für eine Unterzuckerung eine weitere Prüfung überhaupt entbehrlich machte. Auf diese Überlegungen kommt es jedoch nicht an ebenso wie dahinstehen kann, inwieweit die von den Ärzten für eine Unterzuckerung in Betracht gezogenen o.a. Faktoren ihrerseits als sicher vorhanden anzusehen sind. Denn im Falle des Klägers kann weder das Auftreten einer Bewußtlosigkeit/Verwirrtheit noch eine Unterzuckerung vor dem Unfall sicher festgestellt oder auch nur wahrscheinlich gemacht werden und es ist auch nicht wahrscheinlich, daß die o.a. Umstände allein oder in ihrem Zusammenwirken über eine Unterzuckerung und einer daraus resultierenden Bewußtlosigkeit/Verwirrtheit vor dem Unfall diesen herbeigeführt haben. Das ist allenfalls möglich und genügt nicht, die ansonsten wegen der sicher festgestellten alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit nicht gegebene haftungsbegründende Kausalität zu bejahen.

Fest steht in diesem Zusammenhang lediglich, daß beim Kläger nach dem Unfall von der eintreffenden Notärztin eine Blutunterzuckerung bei einer Blutzuckerkonzentration von 40 mg % nachgewiesen wurde. Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) in diesem Ausmaß "kann” nach den Gutachten des Prof. Dr. B und Prof. Dr. R. zwar zu klinischen Symptomen wie Hungergefühl, Schweißneigung, Herzjagen bis hin zur Bewußtlosigkeit, gelegentlich verbunden mit generalisierten cerebralen Krämpfen, führen, wobei bei einem langsamen Abfallen der Blutzuckerkonzentration die Warnsymptome (feuchte Haut, Herzjagen) auch fehlen können. Diese klinischen Symptome u.a. insbesondere der Eintritt von Bewußtlosigkeit im hypoglykämischen Schock sind jedoch nicht zwangsläufig, sondern bei Blutzuckerwerten u.a. von 40 mg % nur möglich. Daß sie beim Kläger vor dem Unfall auftraten, ist von dritter Seite aufgrund von Beobachtungen oder entsprechenden phrätraumatischen Angaben des Klägers nicht bestätigt worden. Der Arbeitskollege H. M., den der Kläger kurz vor dem Unfall "A B.” abgesetzt hatte, wußte von irgendwelchen Auffälligkeiten und Beschwerden des Klägers während der gemeinsam zurückgelegten Fahrt von ca. 5 km nichts zu berichten. Auch der Kläger selbst hat gegenüber Prof. Dr. B. und im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat für diesen Zeitraum jede Art von Symptomen einer Unterzuckerung verneint. Nachdem er seinen Arbeitskollegen abgesetzt hatte, mußte er sein Fahrzeug wenden und ausweislich der Straßenkarte von V. (Bl. 87 VA) noch ein ganzes Stück fahren, um an die Unfallstelle im Kreuzungsbereich A B./K.straße zu gelangen. Seiner eigenen Schätzung nach handelte es sich um etwa 200 m. Von einem irgendwie gearteten auffälligen Fahrverhalten des Klägers, das auf eine Verwirrtheit oder gar Bewußtlosigkeit während dieser Zeit schließen lassen könnte, oder von einem Zusammensinken des Klägers am Steuer vor dem Unfall ist nichts bekannt. Der im Strafverfahren gehörte 10jährige Augenzeuge A. Sch. hatte lediglich den Eindruck, daß der Kläger das andere Fahrzeug "nicht gesehen” hatte. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, daß auch nach der polizeilichen Unfallskizze von einem durchaus zielgerichteten Einfahren des Klägers in den Kreuzungsbereich mit Lenkbewegung nach links in Richtung R. und der eigenen Wohnung ausgegangen werden muß. Selbst für die Zeit unmittelbar nach dem Unfall, bei dem der Kläger schwer verletzt wurde und sich u.a. laut ärztlicher Diagnose eine Commotio cerebri zuzog, ist eine Bewußtlosigkeit nicht gesichert, ganz abgesehen davon, daß diese sich ggf. zwanglos auch als Folge des Unfalls und der dabei erlittenen Verletzung erklären ließe. Der Unfallgegner sagte im Strafverfahren nur aus, daß der Kläger "benommen” in seinem Fahrzeug gesessen habe und nicht gewußt habe, was passiert sei. Die Notärztin vermerkte Alkoholgeruch, lallende Sprache, Störung der Orientierung und der Erinnerung an den Vorfall bzw. eine retrograde Amnesie, verworrene Denkabläufe bzw. verworrene verbale Antworten bei spontanem Öffnen der Augen und gezielten motorischen Antworten. Alle diese Auffälligkeiten lassen sich grundsätzlich ebenfalls wenn nicht durch die BAK von 1,16 ‰, so doch durch die erlittenen Verletzungen und das Schreckerlebnis des Unfalls erklären.

Soweit Prof. Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. März 1994 zusammenfassend u.a. zu der Aussage gelangt, daß beim Kläger direkt vor dem Unfall ein sog. Blutunterzuckerungsschock eingetreten sei und dieser mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit” unmittelbare Ursache des Unfalls gewesen sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Zur Begründung wird lediglich angeführt, daß beim Kläger unmittelbar nach dem Unfall eine Blutunterzuckerung von 40 mg % festgestellt worden sei, diese für sich allein auch eine Bewußtlosigkeit verursachen "könne” und beim Kläger unmittelbar nach dem Unfall auch eine "Bewußtlosigkeit bzw. Verwirrtheit” bemerkt worden sei. Die nach den gutachtlichen Stellungnahmen des Prof. Dr. R. gegebene und keinesfalls auszuschließende Möglichkeit, daß die Blutunterzuckerung von 40 mg % überhaupt erst nach dem Unfall mit Polytrauma durch Nervenschock oder einen die vegetativen Leistungen des Körpers betreffenden traumatischen Schock eingetreten ist, wird in keiner Weise diskutiert, obgleich auch Prof. Dr. B. eine weit weniger belastende Streßsituation, nämlich die in diesem Sinne qualifizierten Verhandlungen über Kurzarbeit kurz vor Arbeitsende, als wesentliche (Mit)Ursache einer Unterzuckerung erwogen hat. Ebensowenig wurde hinsichtlich der nach dem Unfall beschriebenen Verwirrtheit bzw. Bewußtseinsstörung in Betracht gezogen, daß diese grundsätzlich auch durch die erlittene Commotio cerebri und den Unfallschock erklärbar ist. Selbst wenn aber die beim Kläger nach dem Unfall beobachtete Verwirrtheit bzw. Bewußtseinsstörung ausschließlich durch die zu dieser Zeit festgestellte Unterzuckerung bedingt gewesen sein sollte, besagt dies weder, daß schon vor dem Unfall überhaupt eine Unterzuckerung und ggf. in dem später festgestellten Ausmaß vorlag noch daß eine evtl. vorbestehende Unterzuckerung bereits vor dem Unfall zu entsprechenden Symptomen insbesondere zu schwerwiegenden, die Verkehrstüchtigkeit des Klägers beeinträchtigenden Störungen des Bewußtseins oder gar Bewußtlosigkeit im hypoglykämischen Schock geführt hatte. Das ist, wie Prof. Dr. R. klargestellt hat, auch aus medizinischer Sicht letztlich reine Spekulation, die auch durch die beim Kläger nach dem Unfall festgestellte Zungenrißwunde nicht weiter erhärtet werden kann, für die neurologische Ursachen nicht gefunden wurden und die der Kläger sich durchaus beim Unfall selbst zugezogen haben kann.

Das Auftreten einer Bewußtlosigkeit vor dem Unfall wurde vom Kläger selbst entgegen den Ausführungen des SG laut Bericht der Ärzte des Kreiskrankenhauses in L vom 30. Oktober 1991 auch erst im Verlaufe des stationären Aufenthaltes vom 2. Oktober bis 22. Oktober 1991 behauptet. Dem steht entgegen, daß zunächst nur davon die Rede war, daß der Kläger einem anderen Fahrzeug die Vorfahrt genommen habe. Selbst wenn dies auf Drittaussagen beruhen sollte, bleibt festzustellen, daß auch von den Ärzten des Kreiskrankenhauses in L. eine retrograde Amnesie bei Commotio cerebri diagnostiziert wurde, die sich nach den Angaben des Klägers vom 8. Oktober 1991 praktisch auf die Zeit bis zum Ausladen des Arbeitskollegen erstreckte. Denn damals gab der Kläger laut Krankenblatt an, daß der Unfall anschließend irgendwie passiert sei und er sich an nichts erinnern könne. Auch im Strafverfahren ließ der Kläger sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. März 1992 dahin ein, er habe sein Auto gewendet und könne ab diesem Zeitpunkt nichts mehr sagen. Das schließt logischerweise aber auch eine Erinnerung an eine kurz vor dem Unfall eingetretene primäre Bewußtlosigkeit aus, die von den Ärzten des Kreiskrankenhauses in L. demgemäß auch als fraglich und nicht geklärt bezeichnet wurde. Dafür, daß die "retrograde Amnesie” ihrerseits nicht als unfallbedingter Erinnerungsverlust für die Zeit vor dem Unfall, sondern im Sinne einer schon vor dem Unfall unmittelbar nach dem Wendemanöver plötzlich einsetzenden Verwirrtheit oder gar Bewußtlosigkeit zu interpretieren sein könnte, fehlt jeder überzeugende Anhalt, zumal – wie schon ausgeführt – der Kläger dann wohl kaum noch derart zielgerichtet die Unfallstelle erreicht hätte. Schließlich sind nach den eigenen Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. B. weder vor noch nach dem Unfall jemals Symptome einer Unterzuckerung aufgetreten, u.a. insbesondere keine Bewußtseinsstörungen oder gar eine Bewußtlosigkeit im hypoglykämischen Schock. Damit spricht aber im Ergebnis alles dafür, daß ein evtl. für die Zeit nach dem Unfall anzunehmender Unterzuckerungsschock Folge dieses besonderen, physisch und psychisch erheblich belastenden Ereignisses und nicht dessen Ursache war. Letzteres ist zumindest zum Nachteil des Klägers nicht feststellbar, so daß er den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung für den geltend gemachten Unfall nicht in Anspruch nehmen kann. Auch das vom Kläger angenommene Strafurteil vom 10. März 1992 ging u.a. davon aus, daß der alkoholbedingt fahruntüchtige Kläger die Vorfahrt mißachtete und es deshalb zum Zusammenstoß kam.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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