Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 1343/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Unterkunft kommt es nicht auf die Angemessenheit der tatsächlich gezahlten Kosten für die tatsächlich bewohnten Räumlichkeiten im Sinne einer Proportionalitätsprüfung an, sondern darauf, welcher Mietzins abstrakt unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten für den Hilfebedürftigen angemessen ist. 2. Hilfebedürftigen sind Wohnungen mit einfacher Ausstattung in einer Lage mit Nachteilen unabhängig vom Baujahr zuzumuten. 3. Auf die Frage, ob die auf abstrakter Ebene ermittelten angemessenen Unterkunftskosten sich in konkreten Wohnungsangeboten niederschlagen, bzw. auf das Aufzeigen konkreter Wohnungsalternativen kommt es nicht an, wenn der Hilfebedürftige keine Nachweise über seine Suche nach kostengünstigerem Wohnraum in ausreichender Zahl vorlegt. 4. Den Anforderungen an die behördliche Kostensenkungsaufforderung ist jedenfalls dann Genüge getan, wenn darin die Höhe des vom Leistungsträger für angemessen erachteten Mietzinses benannt und auf die Folgen mangelnder Suchbemühungen hingewiesen wird.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.
Die Klägerin wohnt in Rottenburg am Neckar alleine in einer Wohnung mit einer Fläche von – nach ihren Angaben – 63 m². Im Mietvertrag vom 11. Dezember 1995 war für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 ein Kaltmietzins von 1.075 DM (549,64 EUR), eine Gebühr für Garage/Stellplatz von 40 DM (20,45 EUR) und Nebenkosten (ohne Strom) von 180 DM (92 EUR) vereinbart. Die Klägerin zahlte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Warmmiete in Höhe von 630 EUR monatlich. Dies ergibt abzüglich des vertraglich vereinbarten Kaltmietzinses und der Garagengebühr einen Betrag für (sonstige) Nebenkosten in Höhe von 59,91 EUR.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin erstmals mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, und zwar für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von monatlich 923,38 EUR. Darin waren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 578,38 EUR monatlich enthalten. Mit Bescheid vom 1. Juli 2005 änderte die Beklagte ihre Bewilligung und setzte die Höhe der monatlichen Leistungen auf 947 EUR fest, hiervon 602 EUR (630 EUR abzüglich Warmwasserpauschale und Strom) als anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung.
Mit Schreiben vom gleichen Tag, dem 1. Juli 2005, wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Die von der Klägerin angemietete Wohnung sei unangemessen groß. Als angemessene Wohnungsgröße ergebe sich im Falle der Klägerin in Anlehnung an das Wohnungsbindungsgesetz eine Quadratmeterfläche von maximal 45 m². Die Kosten für die Wohnung seien ebenfalls nicht mehr angemessen. Zur Prüfung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft habe sie, die Beklagte, die aktuelle Mietpreissituation in Rottenburg herangezogen. Nach eingehender Prüfung halte sie daher einen Betrag in Höhe von 335 EUR für die Wohnung der Klägerin als hilferechtlich angemessen. Die von der Klägerin tatsächlich zu zahlenden Mietkosten würden zunächst bis zum 31. Dezember 2005 im Rahmen der Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt. Die Beklagte forderte die Klägerin auf, bis zu diesem Datum nach Möglichkeiten zur Verringerung der monatlichen Mietkosten zu suchen. Dabei komme insbesondere ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung in Frage. Die Klägerin habe ihre Bemühungen durch geeignete Unterlagen (z.B. Zeitungsannoncen, Anzeigenrechnungen, Durchschriften von Schreiben an mögliche Vermieter, Eintragung in die Liste der Wohnungssuchenden) nachzuweisen. Sofern die Klägerin die geforderten Nachweise über ihre Bemühungen zur Verringerung der Unterkunftskosten nicht bis zum 31. Dezember 2005 vorlege, weise sie - die Beklagte - schon jetzt darauf hin, dass ab dem 1. Januar 2006 bei den Leistungen nach dem SGB II nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 335 EUR berücksichtigt werden könnten.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von 957 EUR monatlich, davon anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 602 EUR (630 EUR abzüglich Warmwasserpauschale und Strom).
Mit Bescheid vom 3. Januar 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 722,36 EUR, davon anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 377,36 EUR.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13. Januar 2006 Widerspruch ein und trug vor, dass sie schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einer billigeren Mietwohnung sei und auch schon mehrere besichtigt habe. Auf die Frage der Vermieter nach ihrer Arbeitsstelle bzw. was sie arbeite, müsse sie mitteilen, dass sie arbeitslos sei. Dann bekomme sie zur Antwort, dass an Arbeitslose nicht vermietet werde. Nachweise über Bemühungen zur Kostensenkung legte die Klägerin nicht vor.
Mit Bescheid vom 8. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Leistungen für Unterkunft und Heizung würden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Als angemessener Unterkunftsbedarf in diesem Sinne würden im Landkreis Tübingen die Höchstbeträge für Mieten nach § 8 des Wohngeldgesetzes gelten. Diese Mietobergrenzen stellten allgemeine und abstrakte Angemessenheitskriterien dar. Wenn konkrete und bedarfsgerechte Angebote bestünden, in denen die tatsächlichen Kosten unterhalb der Mietobergrenze lägen, seien diese konkreten Angebote wahrzunehmen. Im Falle der Klägerin läge unter Berücksichtigung, dass die Unterkunft von einer Person bewohnt wird, die angemessene Wohnungsgröße für eine Person bei der Mietstufe IV im Bereich der Stadt Rottenburg maximal 45 m² betrage, und – da hinsichtlich der Bezugsfertigkeit der Wohnung bzw. dem Datum der Grundsanierung kein Datum bekannt sei –, zugunsten der Widerspruchsführerin das Baujahr 1992 angenommen worden sei, die ermittelte Mietobergrenze nach § 8 Wohnungsgeldgesetz bei 325 EUR Grundmiete.
Mit der am 10. April 2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass sie bisher im Kreis Rottenburg und Umgebung mehrere Wohnungen besichtigt und auch auf verschiedene Zeitungsannoncen telefonisch reagiert habe. Sie habe aber stets eine Absage erhalten, nachdem sie ihre berufliche Situation offen gelegt habe. Die Klägerin listet sieben Wohnungen mit Quadratmeterzahl und Mietpreis sowie dem Namen des Vermieters auf, die sie besichtigt habe, ohne die Adresse der Mietobjekte anzugeben und ohne anzugeben, wann die Besichtigung durchgeführt worden sei, obwohl gerichtlicherseits darum gebeten wurde. Der Kaltmietzins ist nur bei einer von den sieben Wohnungen niedriger als 335 EUR. Auch habe sie bei Bekannten nachgefragt, ob diese Wohnungen zu vermieten hätten. Desweiteren habe sie über die aufgeführten Wohnungen hinaus noch mehrere Wohnungen besichtigt, jedoch nicht notiert, da sie mit den Vermietern so verblieben sei, dass diese sich wieder melden würden, was jedoch nicht geschehen sei. Ihr könne nicht vorgeworfen werden, sich nicht nach einer geeigneten billigeren Wohnung umgeschaut zu haben. Sie sei bereit, jederzeit in eine billigere, angemessenere Wohnung umzuziehen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Mietobergrenze nicht berücksichtigt werden könnte, soweit keine verfügbaren Mietobjektive zur Verfügung stünden.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr 630 EUR monatlich als Kosten der Unterkunft vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und trägt weiter vor, dass erst in der Klagebegründung behauptet worden sei, dass die Klägerin Bemühungen unternommen habe, kostengünstigeren Wohnraum zu finden. Jedoch sei nicht nachgewiesen, wann die aufgeführten Wohnungen besichtigt worden seien. Außerdem handele es sich bei den in der Klagebegründung aufgeführten und von der Klägerin besichtigten Wohnungen um keine adäquaten Nachweise, da nur eine einzige Wohnung aufgeführt sei, die den Mietobergrenzen für Wohnungen im Gebiet des Landkreises Tübingen für eine Person entspreche.
Das Gericht ermittelte sodann an verschiedenen Tagen die beim Internetdienstleister Immobilienscout24.de angebotenen Wohnungen in Rottenburg am Neckar zu dem von der Beklagten als angemessen erachteten Kaltmietzins. Bei der Recherche wurden am 30. Januar 2007 eine 43 m² große Wohnung zu einem Kaltmietzins von 335 EUR, eine 49 m² große Wohnung zu einem Kaltmietzins von 320 EUR, am 26. Februar 2007 wiederum die 43 m² große Wohnung zu 335 EUR, eine 45,28 m² große Wohnung zu 325 EUR und eine 50 m² große Wohnung zu 220 EUR sowie am 1. April 2007 eine 45 m² große Wohnung zu 310 EUR, eine 44 m² große Wohnung zu 305 EUR, eine 52 m² große Wohnung zu 320 EUR und eine 56 m² große Wohnung zu 315 EUR angeboten.
Hierzu trug die Klägerin vor, dass sie nach Vorlage der entsprechenden Wohnungsangebote durch das Gericht die entsprechenden Wohnungen aufgesucht und größtenteils besichtigt habe. Zum einen handele es sich aber um Wohnungsangebote für die Zeitpunkte 30. Januar 2007 und 26. Februar 2007. Dies könne mithin nicht als Argument dafür herangezogen werden, welche Wohnungsmarktsituation zum Beginn des Rechtsstreites bestanden habe. Zudem seien sämtliche dargebotene Wohnungen nicht ohne Grund unvermietbar. Bei einem Mietobjekt sei bereits die Eingangstür nicht abschließbar, was offensichtlich auf eine mutwillige Beschädigung anderer Mitbewohner beruhe. Zwei der genannten Wohnungen befänden sich in Stadteilen von Rottenburg, welche seitens alleinstehender Damen zumindest in den Abendstunden nur ungern besucht würden. Welche konkreten Wohnungen die behaupteten Mängel aufzeigten, legte die Klägerin nicht dar.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2006 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von mehr als 377,36 EUR.
a) Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder durch andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Frist ist jedenfalls am 1. Januar 2006 abgelaufen, nachdem die Klägerin bereits seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II bezieht.
b) Im Ergebnis bestehen keine Bedenken zu Gunsten der Klägerin gegen die von der Beklagten zur Grundlage ihrer Bescheide gemachten Annahme, dass im Falle der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von 377,36 EUR angemessen sind.
(1) Für die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Unterkunft kommt es nicht auf die Angemessenheit der tatsächlich gezahlten Kosten für die tatsächlich bewohnten Räumlichkeiten im Sinne einer Prüfung der konkreten Proportionalität an, sondern darauf, welcher Mietzins abstrakt unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten für den Hilfebedürftigen angemessen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B). Die gebotene Betrachtungsweise hat sich deswegen – entgegen der Praxis der Beklagten – von einer bestimmten, von dem Hilfebedürftigen genutzten Unterkunft und damit einer objektbezogenen Angemessenheit zu lösen und darauf abzustellen, welche Aufwendungen nach den maßgeblichen Verhältnissen für eine zur Bedarfsdeckung geeignete Unterkunft entstehen würden (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.09.2006, Az.: L 6 AS 6/06; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B; zumindest missverständlich aber BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R). Eine andere Betrachtungsweise würde zu einer Sicherung des Status quo der Wohnverhältnisse von Hilfebedürftigen führen, wenn nur die tatsächlichen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich bewohnten Räumlichkeiten stehen müssen, unabhängig davon, ob die Räumlichkeiten nach ihrer Größe, Lage und Ausstattung für den Hilfebedürftigen angemessen sind.
(2) Für die Angemessenheit einer Unterkunft ist daher zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für die Förderungen des sozialen Mietwohnungsbaus (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; ähnlich LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.12.2006, Az.: L 10 B 1091/06 AS ER). Insoweit kommt es letztlich darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (sog. Produkttheorie; vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R).
In Baden-Württemberg ist in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht für Alleinstehende eine Wohnfläche von 45 m² als angemessen anzusehen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.11.2006, Az.: L 8 AS 4787/06 ER-B, unter Hinweis auf Nr. 5.7.1 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo vom 12.02.2002, GABl. S. 240, i.d.F. der Verwaltungsvorschrift vom 22.01.2004, GABl. S. 248; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B).
Hinsichtlich des Wohnstandards sind Hilfebedürftigen jedenfalls Wohnungen mit einfacher Ausstattung in einer Lage mit Nachteilen unabhängig vom Baujahr zuzumuten. Allerdings gibt es weder für die Stadt Rottenburg am Neckar noch für die benachbarte Kreisstadt Tübingen einen Mietspiegel, der für die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten herangezogen werden könnte. Das Gericht greift daher zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten auf abstrakter Ebene in einem ersten Schritt auf den Mietspiegel der Kreisstadt des benachbarten Landkreises, der Stadt Reutlingen, zurück. Für die Kategorie "Wohnungen mit einfacher Ausstattung in einer Lage mit Nachteilen" sieht der Mietspiegel der Stadt Reutlingen mit Stand vom 1. April 2007 bei Wohnflächen zwischen 40 m² bis unter 50 m² einen Quadratmeterpreis von 4,65 bis 5,90 EUR vor. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist auf den unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.2006, Az.: L 7 AS 4739/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B). Multipliziert man also den unteren Wert von 4,65 EUR mit der angemessenen Wohnfläche von 45 m² ergibt sich ein angemessener Kaltmietzins in Höhe von 209,25 EUR.
Allerdings ist dieser Wert auf abstrakter Ebene nicht ohne weiteres – auf konkreter Ebene (dazu unter (3)) gar nicht – anwendbar, da er eben auf dem Mietspiegel einer anderen Kommune beruht. Andererseits ist – wiederum: auf abstrakter Ebene – das Mietzinsniveau in Reutlingen nicht gänzlich mit dem von Rottenburg am Neckar unvergleichbar. Dies ergibt sich etwa aus dem "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2006" des Immobilienverbandes Deutschland. Danach betragen die Wohnungsmieten ohne Nebenkosten je m² bei 60 bis 100 m² Wohnfläche bei einfachen bis normalen Verhältnissen in Reutlingen 4,40 EUR bis 5,60 EUR und in Rottenburg 4,40 EUR bis 5,80 EUR. Damit ist belegt, dass zumindest im hier relevanten unteren Bereich ein etwa gleich hohes Mietzinsniveau besteht. Gleichwohl geht das Gericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass das Mietniveau in Rottenburg am Neckar höher ist als in Reutlingen. Diese Annahme beruht auf der unterschiedlichen Einstufung beider Kommunen im Kontext des § 8 Wohngeldgesetz (WoGG). Dort ist Reutlingen der Mietstufe III und Rottenburg am Neckar der Mietstufe IV zugeordnet. Dies rechtfertigt es, unter Berücksichtigung der zwischen den beiden Stufen bestehenden prozentualen Unterschiede der jeweils in der Tabelle zu § 8 WoGG enthaltenen Beträge, einen zugunsten der Klägerin aufgerundeten zehnprozentigen Aufschlag sowie als "Sicherheitszuschlag" zur Vermeidung eventueller Unbilligkeiten aufgrund der pauschalierenden Betrachtungsweise einen weiteren zehnprozentigen Aufschlag (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R; LSG Niedersachen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05) auf den anhand des Mietspiegels der Stadt Reutlingen ermittelten Kaltmietzins vorzunehmen. Damit ist in Rottenburg am Neckar ein Kaltmietzins in Höhe von 251,10 EUR angemessen. Dies entspricht im übrigen – ohne dass es darauf ankommt – im Ergebnis der Tabelle zu § 8 WoGG, die für Wohnungen bis zu 45 m² in Orten der Mietstufe IV bei Bezugsfertigkeit bzw. letzter Grundsanierung bis zum 31.12.1965 – Wohnungen solchen Alters sind für Hilfebedürftige im Sinne des SGB II ohne weiteres angemessen – eine Mietobergrenze von 245 EUR festsetzt.
Damit begegnen die von der Beklagten bewilligten 377,36 EUR für Kosten für Unterkunft und Heizung keinen Bedenken und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte über die 251,10 EUR hinaus auch die sonstigen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erstatten hat, da die Annahme, dass Heizungs- und sonstige Nebenkosten in Höhe von 126,26 EUR zu Lasten des Klägerin unangemessen wären, keine Grundlage hat.
(3) Das Ergebnis der abstrakten Berechnung der angemessenen Wohnungskosten kann allerdings dann keine ausschlaggebende Bedeutung haben, wenn es zu diesem Preis nicht auch tatsächlich konkrete Wohnangebote gibt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B). Besteht eine solche (in zeitlicher und örtlicher Hinsicht) konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az: B 7b AS 18/06 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Hessen, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 9 AS 124/05 ER).
Ob es insoweit ausreicht, die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt anhand eines Mietspiegels zu ermitteln (so wohl BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R), kann und muss schon deshalb dahinstehen, da hierfür – anders als für die abstrakte Berechnung – nicht auf den Mietspiegel einer anderen Stadt zurückgegriffen werden kann. Gleichwohl war weder die Beklagte noch das Gericht verpflichtet, der Klägerin eine konkrete Wohnungsalternative aufzuzeigen. Denn der klägerische Vortrag, dass die auf abstrakter Ebene als angemessen ermittelten Unterkunftskosten keinen Niederschlag im konkreten zumutbaren Wohnungsangebot fänden, vermag nicht die abstrakte Angemessenheitsberechnung in Frage zu stellen. Vielmehr muss der Hilfebedürftige substantiiert darlegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft nicht zugänglich war (Bayerisches LSG, Urteil vom 26.10.2006, Az.: L 7 AS 72/06). An dieser Stelle wird nämlich die in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II enthaltene Obliegenheit des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2007, Az.: L 8 AS 5755/06 ER-B; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.09.2006, Az.: L 3 ER 161/06 AS; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; Urteil der Kammer vom 24.04.2007, Az.: S 2 AS 4309/06) aktualisiert. Wenn der Hilfebedürftige es nicht nachgewiesener Weise unternommen hat, eine kostengünstigere Wohnung zu finden, braucht die Beklagte kein konkretes Wohnungsangebot nachzuweisen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Hessen, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 9 AS 124/05 ER; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05).
Offen bleiben kann auch, welchen Umfang die Bemühungen des Hilfebedürftigen um eine Kostensenkung haben müssen. Jedenfalls die von der Klägerin behaupteten Bemühungen reichen nicht aus. Dies gilt zunächst für die erstmals in der Klagebegründung aufgestellte Behauptung, sieben aufgelistete Wohnungen besichtigt zu haben. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht in zeitlicher Hinsicht präzisiert und damit kaum verwendbar ist, genügt nur eine dieser Wohnungen in preislicher Hinsicht dem von der Beklagten ermittelten angemessenen Mietzins. Auch der klägerische Vortrag zu den Mängeln der beim Internetdienstleister Immobilienscout24.de angebotenen Wohnungen ist unsubstantiiert. Die Mängel werden keiner bestimmten Wohnung zugeordnet. Wenn man zurückhaltend davon ausgeht, dass einem Hilfebedürftigen zugemutet werden kann, Nachweise für wenigstens zehn einzelne Bemühungen um kostengünstigeren Wohnraum pro Monat vorzulegen, genügen die klägerischen Angaben in quantitativer Hinsicht selbst dann nicht, wenn man über ihre mangelnde Substantiierung hinwegsehen würde.
(4) Allerdings dürfen für die Hilfebedürftigen nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung ihrer Obliegenheit, sich um kostengünstigen Wohnraum zu bemühen, nur gezogen werden, wenn sie zuvor vom Leistungsträger auf diese Obliegenheit hingewiesen worden sind (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2007, Az.: L 8 AS 5755/06 ER-B; Bayerisches LSG, Urteil vom 26.10.2006, Az.: L 7 AS 72/06; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; sehr zurückhaltend aber BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Dabei reicht es jedenfalls aus, wenn dieser Hinweis zum einen die Höhe des von der Beklagten für angemessen erachteten Mietzinses benennt (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R) und zum anderen die Folgen aufzeigt, wenn eine Suche nach kostengünstigerem Wohnraum nicht vorgenommen bzw. entsprechende Nachweise über diese Suche nicht vorgelegt werden.
Weitere Parameter für die Berechnung des angemessenen Kaltmieszinses müssen in dem Hinweis nicht enthalten sein, weil diese für die vom Hilfebedürftigen geforderten Bemühungen um Kostensenkung letztlich nicht von Bedeutung sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Deswegen muss die Kostensenkungshinweis insbesondere keine Vorgaben hinsichtlich der Wohnungsgröße und des Kaltmietpreises pro Quadratmeter enthalten (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2007, Az.: L 8 AS 5755/06 ER-B; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; wie hier BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Beide Faktoren sind nämlich nur für die Berechnung des angemessenen Kaltmietzinspreises insgesamt von Bedeutung, binden aber nicht den Hilfebedürftigen bei der Wohnungssuche. Es ist dem Hilfebedürftigen unbenommen, eine größere oder kleinere Wohnung anzumieten, solange nur der Gesamtmietzinspreis dem als angemessen ermittelten Mietzinspreis entspricht (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; Lauterbach, Neue Justiz 2006, 488 [489]). Im Ergebnis kommt es nämlich allein auf die Kostenbelastung des Grundleistungsträgers an, so dass dahinstehen kann, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung oder Lage isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; Lauterbach, Neue Justiz 2006, 488 [489]).
Schließlich bedarf es auch keines Hinweises zur Möglichkeit der Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten nach § 22 Abs. 2 bzw. Abs. 3 SGB II (a.A. SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05). Da der Leistungsempfänger sich ohnehin gemäß § 22 Abs. 2 SGB II an den Leistungsträger zwecks Zusicherung hinsichtlich der Aufwendungen für die neue Unterkunft wenden soll, können dabei Einzelfragen genauer abgeklärt werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R).
Den vorgenannten Anforderungen genügten die Hinweise, die im Schreiben der Beklagten vom 1. Juli 2005 enthalten waren. Es wurde die ortsüblich angemessene Miete, die von der Beklagten anerkannt werden könne, mit 335 EUR beziffert. Ferner wurde die Klägerin gebeten, sich eine günstigere Wohnung zu suchen, und darauf hingewiesen, dass sie, falls sie keine günstigere Wohnung finde, monatliche Nachweise über seine Wohnungssuche vorzulegen habe. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass ab dem 1. Januar 2006 nur noch die angemessene Höchstmiete berücksichtigt werden könne, sollte die Beklagte bis zum 31. Dezember 2005 keine Nachweise von der Klägerin erhalten.
c) Weitere Gesichtspunkte, die die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide in Frage stellen könnten, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.
Die Klägerin wohnt in Rottenburg am Neckar alleine in einer Wohnung mit einer Fläche von – nach ihren Angaben – 63 m². Im Mietvertrag vom 11. Dezember 1995 war für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 ein Kaltmietzins von 1.075 DM (549,64 EUR), eine Gebühr für Garage/Stellplatz von 40 DM (20,45 EUR) und Nebenkosten (ohne Strom) von 180 DM (92 EUR) vereinbart. Die Klägerin zahlte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Warmmiete in Höhe von 630 EUR monatlich. Dies ergibt abzüglich des vertraglich vereinbarten Kaltmietzinses und der Garagengebühr einen Betrag für (sonstige) Nebenkosten in Höhe von 59,91 EUR.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin erstmals mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, und zwar für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von monatlich 923,38 EUR. Darin waren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 578,38 EUR monatlich enthalten. Mit Bescheid vom 1. Juli 2005 änderte die Beklagte ihre Bewilligung und setzte die Höhe der monatlichen Leistungen auf 947 EUR fest, hiervon 602 EUR (630 EUR abzüglich Warmwasserpauschale und Strom) als anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung.
Mit Schreiben vom gleichen Tag, dem 1. Juli 2005, wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Die von der Klägerin angemietete Wohnung sei unangemessen groß. Als angemessene Wohnungsgröße ergebe sich im Falle der Klägerin in Anlehnung an das Wohnungsbindungsgesetz eine Quadratmeterfläche von maximal 45 m². Die Kosten für die Wohnung seien ebenfalls nicht mehr angemessen. Zur Prüfung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft habe sie, die Beklagte, die aktuelle Mietpreissituation in Rottenburg herangezogen. Nach eingehender Prüfung halte sie daher einen Betrag in Höhe von 335 EUR für die Wohnung der Klägerin als hilferechtlich angemessen. Die von der Klägerin tatsächlich zu zahlenden Mietkosten würden zunächst bis zum 31. Dezember 2005 im Rahmen der Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt. Die Beklagte forderte die Klägerin auf, bis zu diesem Datum nach Möglichkeiten zur Verringerung der monatlichen Mietkosten zu suchen. Dabei komme insbesondere ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung in Frage. Die Klägerin habe ihre Bemühungen durch geeignete Unterlagen (z.B. Zeitungsannoncen, Anzeigenrechnungen, Durchschriften von Schreiben an mögliche Vermieter, Eintragung in die Liste der Wohnungssuchenden) nachzuweisen. Sofern die Klägerin die geforderten Nachweise über ihre Bemühungen zur Verringerung der Unterkunftskosten nicht bis zum 31. Dezember 2005 vorlege, weise sie - die Beklagte - schon jetzt darauf hin, dass ab dem 1. Januar 2006 bei den Leistungen nach dem SGB II nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 335 EUR berücksichtigt werden könnten.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von 957 EUR monatlich, davon anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 602 EUR (630 EUR abzüglich Warmwasserpauschale und Strom).
Mit Bescheid vom 3. Januar 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 722,36 EUR, davon anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 377,36 EUR.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13. Januar 2006 Widerspruch ein und trug vor, dass sie schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einer billigeren Mietwohnung sei und auch schon mehrere besichtigt habe. Auf die Frage der Vermieter nach ihrer Arbeitsstelle bzw. was sie arbeite, müsse sie mitteilen, dass sie arbeitslos sei. Dann bekomme sie zur Antwort, dass an Arbeitslose nicht vermietet werde. Nachweise über Bemühungen zur Kostensenkung legte die Klägerin nicht vor.
Mit Bescheid vom 8. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Leistungen für Unterkunft und Heizung würden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Als angemessener Unterkunftsbedarf in diesem Sinne würden im Landkreis Tübingen die Höchstbeträge für Mieten nach § 8 des Wohngeldgesetzes gelten. Diese Mietobergrenzen stellten allgemeine und abstrakte Angemessenheitskriterien dar. Wenn konkrete und bedarfsgerechte Angebote bestünden, in denen die tatsächlichen Kosten unterhalb der Mietobergrenze lägen, seien diese konkreten Angebote wahrzunehmen. Im Falle der Klägerin läge unter Berücksichtigung, dass die Unterkunft von einer Person bewohnt wird, die angemessene Wohnungsgröße für eine Person bei der Mietstufe IV im Bereich der Stadt Rottenburg maximal 45 m² betrage, und – da hinsichtlich der Bezugsfertigkeit der Wohnung bzw. dem Datum der Grundsanierung kein Datum bekannt sei –, zugunsten der Widerspruchsführerin das Baujahr 1992 angenommen worden sei, die ermittelte Mietobergrenze nach § 8 Wohnungsgeldgesetz bei 325 EUR Grundmiete.
Mit der am 10. April 2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass sie bisher im Kreis Rottenburg und Umgebung mehrere Wohnungen besichtigt und auch auf verschiedene Zeitungsannoncen telefonisch reagiert habe. Sie habe aber stets eine Absage erhalten, nachdem sie ihre berufliche Situation offen gelegt habe. Die Klägerin listet sieben Wohnungen mit Quadratmeterzahl und Mietpreis sowie dem Namen des Vermieters auf, die sie besichtigt habe, ohne die Adresse der Mietobjekte anzugeben und ohne anzugeben, wann die Besichtigung durchgeführt worden sei, obwohl gerichtlicherseits darum gebeten wurde. Der Kaltmietzins ist nur bei einer von den sieben Wohnungen niedriger als 335 EUR. Auch habe sie bei Bekannten nachgefragt, ob diese Wohnungen zu vermieten hätten. Desweiteren habe sie über die aufgeführten Wohnungen hinaus noch mehrere Wohnungen besichtigt, jedoch nicht notiert, da sie mit den Vermietern so verblieben sei, dass diese sich wieder melden würden, was jedoch nicht geschehen sei. Ihr könne nicht vorgeworfen werden, sich nicht nach einer geeigneten billigeren Wohnung umgeschaut zu haben. Sie sei bereit, jederzeit in eine billigere, angemessenere Wohnung umzuziehen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Mietobergrenze nicht berücksichtigt werden könnte, soweit keine verfügbaren Mietobjektive zur Verfügung stünden.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr 630 EUR monatlich als Kosten der Unterkunft vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und trägt weiter vor, dass erst in der Klagebegründung behauptet worden sei, dass die Klägerin Bemühungen unternommen habe, kostengünstigeren Wohnraum zu finden. Jedoch sei nicht nachgewiesen, wann die aufgeführten Wohnungen besichtigt worden seien. Außerdem handele es sich bei den in der Klagebegründung aufgeführten und von der Klägerin besichtigten Wohnungen um keine adäquaten Nachweise, da nur eine einzige Wohnung aufgeführt sei, die den Mietobergrenzen für Wohnungen im Gebiet des Landkreises Tübingen für eine Person entspreche.
Das Gericht ermittelte sodann an verschiedenen Tagen die beim Internetdienstleister Immobilienscout24.de angebotenen Wohnungen in Rottenburg am Neckar zu dem von der Beklagten als angemessen erachteten Kaltmietzins. Bei der Recherche wurden am 30. Januar 2007 eine 43 m² große Wohnung zu einem Kaltmietzins von 335 EUR, eine 49 m² große Wohnung zu einem Kaltmietzins von 320 EUR, am 26. Februar 2007 wiederum die 43 m² große Wohnung zu 335 EUR, eine 45,28 m² große Wohnung zu 325 EUR und eine 50 m² große Wohnung zu 220 EUR sowie am 1. April 2007 eine 45 m² große Wohnung zu 310 EUR, eine 44 m² große Wohnung zu 305 EUR, eine 52 m² große Wohnung zu 320 EUR und eine 56 m² große Wohnung zu 315 EUR angeboten.
Hierzu trug die Klägerin vor, dass sie nach Vorlage der entsprechenden Wohnungsangebote durch das Gericht die entsprechenden Wohnungen aufgesucht und größtenteils besichtigt habe. Zum einen handele es sich aber um Wohnungsangebote für die Zeitpunkte 30. Januar 2007 und 26. Februar 2007. Dies könne mithin nicht als Argument dafür herangezogen werden, welche Wohnungsmarktsituation zum Beginn des Rechtsstreites bestanden habe. Zudem seien sämtliche dargebotene Wohnungen nicht ohne Grund unvermietbar. Bei einem Mietobjekt sei bereits die Eingangstür nicht abschließbar, was offensichtlich auf eine mutwillige Beschädigung anderer Mitbewohner beruhe. Zwei der genannten Wohnungen befänden sich in Stadteilen von Rottenburg, welche seitens alleinstehender Damen zumindest in den Abendstunden nur ungern besucht würden. Welche konkreten Wohnungen die behaupteten Mängel aufzeigten, legte die Klägerin nicht dar.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2006 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von mehr als 377,36 EUR.
a) Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder durch andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Frist ist jedenfalls am 1. Januar 2006 abgelaufen, nachdem die Klägerin bereits seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II bezieht.
b) Im Ergebnis bestehen keine Bedenken zu Gunsten der Klägerin gegen die von der Beklagten zur Grundlage ihrer Bescheide gemachten Annahme, dass im Falle der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von 377,36 EUR angemessen sind.
(1) Für die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Unterkunft kommt es nicht auf die Angemessenheit der tatsächlich gezahlten Kosten für die tatsächlich bewohnten Räumlichkeiten im Sinne einer Prüfung der konkreten Proportionalität an, sondern darauf, welcher Mietzins abstrakt unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten für den Hilfebedürftigen angemessen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B). Die gebotene Betrachtungsweise hat sich deswegen – entgegen der Praxis der Beklagten – von einer bestimmten, von dem Hilfebedürftigen genutzten Unterkunft und damit einer objektbezogenen Angemessenheit zu lösen und darauf abzustellen, welche Aufwendungen nach den maßgeblichen Verhältnissen für eine zur Bedarfsdeckung geeignete Unterkunft entstehen würden (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.09.2006, Az.: L 6 AS 6/06; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B; zumindest missverständlich aber BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R). Eine andere Betrachtungsweise würde zu einer Sicherung des Status quo der Wohnverhältnisse von Hilfebedürftigen führen, wenn nur die tatsächlichen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich bewohnten Räumlichkeiten stehen müssen, unabhängig davon, ob die Räumlichkeiten nach ihrer Größe, Lage und Ausstattung für den Hilfebedürftigen angemessen sind.
(2) Für die Angemessenheit einer Unterkunft ist daher zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für die Förderungen des sozialen Mietwohnungsbaus (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; ähnlich LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.12.2006, Az.: L 10 B 1091/06 AS ER). Insoweit kommt es letztlich darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (sog. Produkttheorie; vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R).
In Baden-Württemberg ist in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht für Alleinstehende eine Wohnfläche von 45 m² als angemessen anzusehen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.11.2006, Az.: L 8 AS 4787/06 ER-B, unter Hinweis auf Nr. 5.7.1 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo vom 12.02.2002, GABl. S. 240, i.d.F. der Verwaltungsvorschrift vom 22.01.2004, GABl. S. 248; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, Az.: L 7 SO 2938/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B).
Hinsichtlich des Wohnstandards sind Hilfebedürftigen jedenfalls Wohnungen mit einfacher Ausstattung in einer Lage mit Nachteilen unabhängig vom Baujahr zuzumuten. Allerdings gibt es weder für die Stadt Rottenburg am Neckar noch für die benachbarte Kreisstadt Tübingen einen Mietspiegel, der für die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten herangezogen werden könnte. Das Gericht greift daher zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten auf abstrakter Ebene in einem ersten Schritt auf den Mietspiegel der Kreisstadt des benachbarten Landkreises, der Stadt Reutlingen, zurück. Für die Kategorie "Wohnungen mit einfacher Ausstattung in einer Lage mit Nachteilen" sieht der Mietspiegel der Stadt Reutlingen mit Stand vom 1. April 2007 bei Wohnflächen zwischen 40 m² bis unter 50 m² einen Quadratmeterpreis von 4,65 bis 5,90 EUR vor. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist auf den unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.2006, Az.: L 7 AS 4739/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B). Multipliziert man also den unteren Wert von 4,65 EUR mit der angemessenen Wohnfläche von 45 m² ergibt sich ein angemessener Kaltmietzins in Höhe von 209,25 EUR.
Allerdings ist dieser Wert auf abstrakter Ebene nicht ohne weiteres – auf konkreter Ebene (dazu unter (3)) gar nicht – anwendbar, da er eben auf dem Mietspiegel einer anderen Kommune beruht. Andererseits ist – wiederum: auf abstrakter Ebene – das Mietzinsniveau in Reutlingen nicht gänzlich mit dem von Rottenburg am Neckar unvergleichbar. Dies ergibt sich etwa aus dem "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2006" des Immobilienverbandes Deutschland. Danach betragen die Wohnungsmieten ohne Nebenkosten je m² bei 60 bis 100 m² Wohnfläche bei einfachen bis normalen Verhältnissen in Reutlingen 4,40 EUR bis 5,60 EUR und in Rottenburg 4,40 EUR bis 5,80 EUR. Damit ist belegt, dass zumindest im hier relevanten unteren Bereich ein etwa gleich hohes Mietzinsniveau besteht. Gleichwohl geht das Gericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass das Mietniveau in Rottenburg am Neckar höher ist als in Reutlingen. Diese Annahme beruht auf der unterschiedlichen Einstufung beider Kommunen im Kontext des § 8 Wohngeldgesetz (WoGG). Dort ist Reutlingen der Mietstufe III und Rottenburg am Neckar der Mietstufe IV zugeordnet. Dies rechtfertigt es, unter Berücksichtigung der zwischen den beiden Stufen bestehenden prozentualen Unterschiede der jeweils in der Tabelle zu § 8 WoGG enthaltenen Beträge, einen zugunsten der Klägerin aufgerundeten zehnprozentigen Aufschlag sowie als "Sicherheitszuschlag" zur Vermeidung eventueller Unbilligkeiten aufgrund der pauschalierenden Betrachtungsweise einen weiteren zehnprozentigen Aufschlag (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R; LSG Niedersachen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05) auf den anhand des Mietspiegels der Stadt Reutlingen ermittelten Kaltmietzins vorzunehmen. Damit ist in Rottenburg am Neckar ein Kaltmietzins in Höhe von 251,10 EUR angemessen. Dies entspricht im übrigen – ohne dass es darauf ankommt – im Ergebnis der Tabelle zu § 8 WoGG, die für Wohnungen bis zu 45 m² in Orten der Mietstufe IV bei Bezugsfertigkeit bzw. letzter Grundsanierung bis zum 31.12.1965 – Wohnungen solchen Alters sind für Hilfebedürftige im Sinne des SGB II ohne weiteres angemessen – eine Mietobergrenze von 245 EUR festsetzt.
Damit begegnen die von der Beklagten bewilligten 377,36 EUR für Kosten für Unterkunft und Heizung keinen Bedenken und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte über die 251,10 EUR hinaus auch die sonstigen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erstatten hat, da die Annahme, dass Heizungs- und sonstige Nebenkosten in Höhe von 126,26 EUR zu Lasten des Klägerin unangemessen wären, keine Grundlage hat.
(3) Das Ergebnis der abstrakten Berechnung der angemessenen Wohnungskosten kann allerdings dann keine ausschlaggebende Bedeutung haben, wenn es zu diesem Preis nicht auch tatsächlich konkrete Wohnangebote gibt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B). Besteht eine solche (in zeitlicher und örtlicher Hinsicht) konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az: B 7b AS 18/06 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Hessen, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 9 AS 124/05 ER).
Ob es insoweit ausreicht, die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt anhand eines Mietspiegels zu ermitteln (so wohl BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R), kann und muss schon deshalb dahinstehen, da hierfür – anders als für die abstrakte Berechnung – nicht auf den Mietspiegel einer anderen Stadt zurückgegriffen werden kann. Gleichwohl war weder die Beklagte noch das Gericht verpflichtet, der Klägerin eine konkrete Wohnungsalternative aufzuzeigen. Denn der klägerische Vortrag, dass die auf abstrakter Ebene als angemessen ermittelten Unterkunftskosten keinen Niederschlag im konkreten zumutbaren Wohnungsangebot fänden, vermag nicht die abstrakte Angemessenheitsberechnung in Frage zu stellen. Vielmehr muss der Hilfebedürftige substantiiert darlegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft nicht zugänglich war (Bayerisches LSG, Urteil vom 26.10.2006, Az.: L 7 AS 72/06). An dieser Stelle wird nämlich die in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II enthaltene Obliegenheit des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2007, Az.: L 8 AS 5755/06 ER-B; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.09.2006, Az.: L 3 ER 161/06 AS; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; Urteil der Kammer vom 24.04.2007, Az.: S 2 AS 4309/06) aktualisiert. Wenn der Hilfebedürftige es nicht nachgewiesener Weise unternommen hat, eine kostengünstigere Wohnung zu finden, braucht die Beklagte kein konkretes Wohnungsangebot nachzuweisen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006, Az.: L 8 AS 4296/05 ER-B; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007, Az.: L 8 AS 6425/06 ER-B; LSG Hessen, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 9 AS 124/05 ER; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05).
Offen bleiben kann auch, welchen Umfang die Bemühungen des Hilfebedürftigen um eine Kostensenkung haben müssen. Jedenfalls die von der Klägerin behaupteten Bemühungen reichen nicht aus. Dies gilt zunächst für die erstmals in der Klagebegründung aufgestellte Behauptung, sieben aufgelistete Wohnungen besichtigt zu haben. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht in zeitlicher Hinsicht präzisiert und damit kaum verwendbar ist, genügt nur eine dieser Wohnungen in preislicher Hinsicht dem von der Beklagten ermittelten angemessenen Mietzins. Auch der klägerische Vortrag zu den Mängeln der beim Internetdienstleister Immobilienscout24.de angebotenen Wohnungen ist unsubstantiiert. Die Mängel werden keiner bestimmten Wohnung zugeordnet. Wenn man zurückhaltend davon ausgeht, dass einem Hilfebedürftigen zugemutet werden kann, Nachweise für wenigstens zehn einzelne Bemühungen um kostengünstigeren Wohnraum pro Monat vorzulegen, genügen die klägerischen Angaben in quantitativer Hinsicht selbst dann nicht, wenn man über ihre mangelnde Substantiierung hinwegsehen würde.
(4) Allerdings dürfen für die Hilfebedürftigen nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung ihrer Obliegenheit, sich um kostengünstigen Wohnraum zu bemühen, nur gezogen werden, wenn sie zuvor vom Leistungsträger auf diese Obliegenheit hingewiesen worden sind (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2007, Az.: L 8 AS 5755/06 ER-B; Bayerisches LSG, Urteil vom 26.10.2006, Az.: L 7 AS 72/06; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; sehr zurückhaltend aber BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Dabei reicht es jedenfalls aus, wenn dieser Hinweis zum einen die Höhe des von der Beklagten für angemessen erachteten Mietzinses benennt (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R) und zum anderen die Folgen aufzeigt, wenn eine Suche nach kostengünstigerem Wohnraum nicht vorgenommen bzw. entsprechende Nachweise über diese Suche nicht vorgelegt werden.
Weitere Parameter für die Berechnung des angemessenen Kaltmieszinses müssen in dem Hinweis nicht enthalten sein, weil diese für die vom Hilfebedürftigen geforderten Bemühungen um Kostensenkung letztlich nicht von Bedeutung sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Deswegen muss die Kostensenkungshinweis insbesondere keine Vorgaben hinsichtlich der Wohnungsgröße und des Kaltmietpreises pro Quadratmeter enthalten (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2007, Az.: L 8 AS 5755/06 ER-B; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; wie hier BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R). Beide Faktoren sind nämlich nur für die Berechnung des angemessenen Kaltmietzinspreises insgesamt von Bedeutung, binden aber nicht den Hilfebedürftigen bei der Wohnungssuche. Es ist dem Hilfebedürftigen unbenommen, eine größere oder kleinere Wohnung anzumieten, solange nur der Gesamtmietzinspreis dem als angemessen ermittelten Mietzinspreis entspricht (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05; Lauterbach, Neue Justiz 2006, 488 [489]). Im Ergebnis kommt es nämlich allein auf die Kostenbelastung des Grundleistungsträgers an, so dass dahinstehen kann, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung oder Lage isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.04.2007, Az.: L 7 AS 494/05; Lauterbach, Neue Justiz 2006, 488 [489]).
Schließlich bedarf es auch keines Hinweises zur Möglichkeit der Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten nach § 22 Abs. 2 bzw. Abs. 3 SGB II (a.A. SG Osnabrück, Gerichtsbescheid vom 01.11.2006, Az.: S 22 AS 494/05). Da der Leistungsempfänger sich ohnehin gemäß § 22 Abs. 2 SGB II an den Leistungsträger zwecks Zusicherung hinsichtlich der Aufwendungen für die neue Unterkunft wenden soll, können dabei Einzelfragen genauer abgeklärt werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 10/06 R).
Den vorgenannten Anforderungen genügten die Hinweise, die im Schreiben der Beklagten vom 1. Juli 2005 enthalten waren. Es wurde die ortsüblich angemessene Miete, die von der Beklagten anerkannt werden könne, mit 335 EUR beziffert. Ferner wurde die Klägerin gebeten, sich eine günstigere Wohnung zu suchen, und darauf hingewiesen, dass sie, falls sie keine günstigere Wohnung finde, monatliche Nachweise über seine Wohnungssuche vorzulegen habe. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass ab dem 1. Januar 2006 nur noch die angemessene Höchstmiete berücksichtigt werden könne, sollte die Beklagte bis zum 31. Dezember 2005 keine Nachweise von der Klägerin erhalten.
c) Weitere Gesichtspunkte, die die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide in Frage stellen könnten, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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