Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 16 Ar 25/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 513/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Gewährung von Alg sind Bemessungszeitraum gemäß § 112 Abs. 3 AFG die letzten, am Tage der Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruches. Kurzzeitige Zwischenbeschäftigungen, die mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit keinem neuen Anspruch auf Alg begründen, bleiben hiernach außer Betracht, da sie nicht vor, sondern nach der Entstehung des Alg-Anspruches liegen.
Für die Uhg-Berechnung gilt nichts anderes, da ihr das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist wie es bei einer Alg-Gewährung maßgeblich gewesen wäre. Dies bedeutet, daß dann, wenn – wie im vorliegenden Falle – ein Arbeitsloser aus dem Alg-Bezug in eine Bildungsmaßnahme eintritt, das seitherige Bemessungsentgelt des Alg maßgebend ist bzw. maßgebend bleibt.
Zwischenbeschäftigungen führen erst dann zu einer Neubemessung, wenn sie einen solchen Umfang haben, daß sie für eine Neubemessung im Falle eines Alg-Antrages herangezogen werden könnten, also nur dann, wenn sie einen neuen Alg-Anspruch begründen. Die Verweisung auf § 112 AFG, und damit auch auf dessen Abs. 3, ist so zu verstehen, daß erst eine unselbständige Beschäftigung von mindestens 26 Wochen oder sechs Monaten nach der Arbeitslosigkeit (so § 106 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung) die Heubemessung auslöst. Nur diese Interpretation des Gesetzes entspricht der Unterhaltssicherungsfunktion des Uhg. Es soll der Unterhalt gesichert werden, der dem Betreffenden vor Beginn der Bildungsmaßnahme zur Verfügung gestanden hat.
Für die Uhg-Berechnung gilt nichts anderes, da ihr das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist wie es bei einer Alg-Gewährung maßgeblich gewesen wäre. Dies bedeutet, daß dann, wenn – wie im vorliegenden Falle – ein Arbeitsloser aus dem Alg-Bezug in eine Bildungsmaßnahme eintritt, das seitherige Bemessungsentgelt des Alg maßgebend ist bzw. maßgebend bleibt.
Zwischenbeschäftigungen führen erst dann zu einer Neubemessung, wenn sie einen solchen Umfang haben, daß sie für eine Neubemessung im Falle eines Alg-Antrages herangezogen werden könnten, also nur dann, wenn sie einen neuen Alg-Anspruch begründen. Die Verweisung auf § 112 AFG, und damit auch auf dessen Abs. 3, ist so zu verstehen, daß erst eine unselbständige Beschäftigung von mindestens 26 Wochen oder sechs Monaten nach der Arbeitslosigkeit (so § 106 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung) die Heubemessung auslöst. Nur diese Interpretation des Gesetzes entspricht der Unterhaltssicherungsfunktion des Uhg. Es soll der Unterhalt gesichert werden, der dem Betreffenden vor Beginn der Bildungsmaßnahme zur Verfügung gestanden hat.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 1979 unter gleichzeitiger Abweisung der Klage im übrigen dahingehend abgeändert, daß die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 19. Oktober 1977 und des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1977 verurteilt wird, ein unter Zugrundelegung eines gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 370,00 DM berechnetes Unterhaltsgeld zum 1. Oktober 1977 nach § 112 a Arbeitsförderungsgesetz neu festzusetzen.
II. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die im Jahre 1956 geborene Klägerin hat eine Ausbildung als Apothekenhelferin erfahren; sie war in der Zeit vom 15. August 1974 bis 30. September 1976 als Angestellte in einem Reformhaus beschäftigt. Für die Zeit ab 1. Oktober 1976 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld (Alg). In der Zeit vom 1. bis 6. April 1977 war sie als kaufmännische Angestellte bei der Firma H. AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde auf Veranlassung des Arbeitgebers mit der Begründung aufgelöst, die Klägerin sei den Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht gewachsen gewesen. Am 7. April 1977 meldete sie sich erneut arbeitslos und beantragte Alg, das die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 1977 bewilligte. Ab 5. September 1977 besuchte sie eine berufliche Bildungsmaßnahme, für die die Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 1977 Unterhaltsgeld –Uhg– nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 375,00 DM bewilligte. Mit ihrem Widerspruch begehrte die Klägerin die Dynamisierung des gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgeltes zum 1. Oktober 1977. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1977 zurück; zur Begründung führte sie an, der letzte abgerechnete Lohnabrechnungszeitraum vor Beginn der Maßnahme sei die Zeit vom 1. April bis 6. April 1977, die zusammen mit dem abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum vom 1. September bis 30. September 1977 für die Berechnung des Uhg heranzuziehen sei. Der Bemessungszeitraum ende damit jedoch am 6. April, so daß eine Dynamisierung erst ab 7. April 1978 zu erfolgen habe (§ 112 a Arbeitsförderungsgesetz –AFG–).
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 17. Januar 1978 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 29. Januar 1979 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Uhg mit Wirkung vom 1. Oktober 1977 gemäß § 112 a AFG neu festzusetzen; die Berufung hat es zugelassen. Zur Begründung hat es angeführt, maßgeblicher Dynamisierungsstichtag sei der 1. Oktober 1977. Der Begriff des Bemessungszeitraumes gemäß § 112 Abs. 3 AFG sei in erster Reihe auf die Bewilligung von Alg zugeschnitten; Beschäftigungen von weniger als sechs Monaten blieben bei der Alg-Bewilligung außer Betracht (§§ 104, 106 AFG). Die analoge Anwendung des § 112 Abs. 3 AFG gemäß § 144 Abs. 7 AFG dürfe aber nicht dazu führen, daß ein Bezieher von Uhg schlechter als ein Empfänger von Alg gestellt werde, da es den Begriff "Entstehung des Anspruchs” im Falle des Uhg nicht gebe. Andernfalls würde selbst eine entlohnte Beschäftigung von nur einem Tag die Dynamisierung hinausschieben können; der Gedanke, Arbeitslose wegen einer kurzfristigen Beschäftigung nicht schlechter als zuvor einzustufen, werde auch durch die ab 1. Januar 1978 in Kraft befindliche Regelung des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG bekräftigt.
Gegen dieses der Beklagten am 26. März 1979 zugestellte Urteil richtet sich ihre mit Schriftsatz vom 24. April 1979, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 26. April 1979, eingelegte Berufung.
Nach Auffassung der Beklagten hat das SG außer Betracht gelassen, daß nach seiner Rechtsauffassung das Uhg auf der Grundlage des Arbeitsentgeltes von 370,00 DM zu berechnen und auf dieser Grundlage die Dynamisierung ab 1. Oktober 1977 vorzunehmen gewesen wäre. Denn auf den Betrag von 375,00 DM sei das Uhg lediglich unter Einbeziehung der Beschäftigung vom 1. bis 6. April 1977 festgesetzt worden. Nach der zwingenden Vorschrift des § 112 a i.V.m. § 44 Abs. 7 AFG sei die Dynamisierung des Arbeitsentgeltes nach Ablauf eines Jahres nach dem Ende der für die Uhg-Bewilligung entscheidenden Bemessungszeitraumes vorzunehmen gewesen. Die Vorschrift des § 44 Abs. 7 AFG über eine entsprechende Anwendung der Arbeitslosengeld-Vorschriften führe zu einer unmodifizierten Anwendbarkeit des § 112 a AFG. Wie es sich auch im Arbeitslosengeld-Bereich für die Dynamisierung allein auf den nach den Vorschriften des § 112 AFG ermittelten Bemessungszeitraum ankomme, gelte dies auch für die Gewährung von Uhg. Da die Dynamisierungsvorschrift lediglich auf den Bemessungszeitraum abstelle, sei die nach § 44 Abs. 7 AFG vorausgesetzte Entsprechung der Funktion der Dynamisierung gegeben. Damit richte sich die Klage maßgeblich nicht gegen die Anwendung der Dynamisierungsvorschriften, sondern letztlich gegen die herangezogenen Bemessungszeiträume. Selbst wenn die Vorschrift des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG herangezogen würden, so gestatte dies nicht die Übernahme eines Dynamisierungszeitraumes aus dem vorangegangenen Anspruch. Die Vergleichsberechnung im Rahmen des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG beziehe sich nicht auf einen Dynamisierungszeitraum nach erneutem Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen. Dadurch entstehende Härten habe der Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich inhaltlich dem Urteil des Sozialgerichts an.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Stamm-Nr. XXXXX, Arbeitsamt F., der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–) sowie durch Zulassung statthaft (§ 150 Nr. 1 SGG).
Sie ist jedoch nur teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 1979 ist insoweit rechtlich zu beanstanden, als die Beklagte verpflichtet wird, unter Beibehaltung des dem Bescheid vom 19. Oktober 1977 zugrunde gelegten gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 375,00 DM eine Dynamisierung ab dem 1. Oktober 1977 vorzunehmen. Die Beklagte ist zwar verpflichtet, diese Dynamisierung ab dem 1. Oktober 1977 vorzunehmen, sie braucht der Uhg-Bemessung jedoch lediglich das bereits der Alg-Bemessung zugrunde gelegte gerundete wöchentliche Arbeitsentgelt in Höhe von 370,00 DM zugrunde zu legen.
Gemäß § 44 Abs. 2 und 2 a AFG beträgt das Uhg 80 bzw. 58 v.H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts im Sinne des § 112 AFG. Hieraus folgt, daß bei Gewährung von Uhg das Arbeitsentgelt so zu bemessen ist wie bei der Gewährung von Alg. Bei den Leistungsberechnungen soll die gleiche Höhe des Arbeitsentgelts zugrunde gelegt werden.
Bei der Gewährung von Alg sind Bemessungszeitraum gemäß § 112 Abs. 3 AFG die letzten, am Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruches. Kurzzeitige Zwischenbeschäftigungen, die mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit keinen neuen Anspruch auf Alg begründen, bleiben hiernach außer Betracht, da sie nicht vor, sondern nach der Entstehung des Alg-Anspruches liegen. Dies bedeutet, daß, wie auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, im Falle einer Weitergewährung von Alg eine Dynamisierung vom 1. Oktober 1977 vorzunehmen gewesen wäre, da die Beschäftigung der Klägerin in der Zeit vom 1. April 1977 bis 6. April 1977 keinen neuen Alg-Anspruch auszulösen vermochte (siehe § 106 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung vom 25. Juni 1969, BGBl. I S. 582).
Für die Uhg-Berechnung gilt nichts anderes, da ihr das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, wie es bei einer Alg-Gewährung maßgeblich gewesen wäre. Dies bedeutet, daß dann, wenn – wie im vorliegenden Falle – ein Arbeitsloser aus dem Alg-Bezug in eine Bildungsmaßnahme eintritt, das seitherige Bemessungsentgelt des Alg maßgebend ist bzw. maßgebend bleibt. Zwischenbeschäftigungen führen erst dann zu einer Neubemessung, wenn sie einen solchen Umfang haben, daß sie für eine Neubemessung im Falle eines Alg-Antrages herangezogen werden könnten, also nur dann, wenn sie einen neuen Alg-Anspruch begründen. Die Verweisung auf § 112 AFG, und damit auch auf dessen Abs. 3, ist so zu verstehen, daß erst eine unselbständige Beschäftigung von mindestens 26 Wochen oder sechs Monaten nach der Arbeitslosigkeit (so § 106 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung) die Neubemessung auslöst (so Hennig/Kühl/Heuer, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar, § 44 AFG, Anm. 4; Gagel/Jülicher, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar § 44 AFG, Randnote 8). Nur diese Interpretation des Gesetzes entspricht der Unterhaltssicherungsfunktion des Uhg. Es soll der Unterhalt gesichert werden, der dem Betreffenden vor Beginn der Bildungsmaßnahme zur Verfügung gestanden hat. Dies war bei vorangegangenem Alg-Bezug aber das Alg in der Höhe, wie sie es ohne die Durchführung der Bildungsmaßnahme weitergewährt worden wäre.
Die Beklagte hätte demgemäß der Uhg-Bemessung – weiterhin – ein gerundetes wöchentlichem Arbeitsentgelt in Höhe von 370,00 DM zugrunde legen und zum 1. Oktober 1977 eine Dynamisierung vornehmen müssen (§ 44 Abs. 7 AFG i.V.m. § 112 a AFG). Soweit die Klägerin eine Dynamisierung des dem Bescheid vom 19. Oktober 1977 tatsächlich zugrunde gelegten Arbeitsentgelts in Höhe von 375,00 DM verlangt, ist ihre Klage unbegründet und hat insoweit abgewiesen werden müssen. Da eine Dynamisierung zum 1. Oktober 1977 unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von (nur) 370,00 DM die Klägerin günstiger stellt als eine Dynamisierung erst vom 7. April 1978 unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von 375,00 DM, ist nicht davon auszugehen gewesen, daß die Klägerin eine Dynamisierung des Uhg nur für den Fall begehrt, daß die von der Beklagten vorgenommene Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von 375,00 DM aufrechterhalten bleibt, denn diese Klage wäre – in vollem Umfange – unbegründet und abzuweisen gewesen. Die Klägerin hätte nicht ab dem 1. Oktober 1977 das ihr zustehende höhere Uhg erhalten, die vorgenommene Auslegung ihres Begehrens sichert ihr eine Uhg-Gewährung in dem größtmöglichen Umfang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
II. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die im Jahre 1956 geborene Klägerin hat eine Ausbildung als Apothekenhelferin erfahren; sie war in der Zeit vom 15. August 1974 bis 30. September 1976 als Angestellte in einem Reformhaus beschäftigt. Für die Zeit ab 1. Oktober 1976 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld (Alg). In der Zeit vom 1. bis 6. April 1977 war sie als kaufmännische Angestellte bei der Firma H. AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde auf Veranlassung des Arbeitgebers mit der Begründung aufgelöst, die Klägerin sei den Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht gewachsen gewesen. Am 7. April 1977 meldete sie sich erneut arbeitslos und beantragte Alg, das die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 1977 bewilligte. Ab 5. September 1977 besuchte sie eine berufliche Bildungsmaßnahme, für die die Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 1977 Unterhaltsgeld –Uhg– nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 375,00 DM bewilligte. Mit ihrem Widerspruch begehrte die Klägerin die Dynamisierung des gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgeltes zum 1. Oktober 1977. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1977 zurück; zur Begründung führte sie an, der letzte abgerechnete Lohnabrechnungszeitraum vor Beginn der Maßnahme sei die Zeit vom 1. April bis 6. April 1977, die zusammen mit dem abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum vom 1. September bis 30. September 1977 für die Berechnung des Uhg heranzuziehen sei. Der Bemessungszeitraum ende damit jedoch am 6. April, so daß eine Dynamisierung erst ab 7. April 1978 zu erfolgen habe (§ 112 a Arbeitsförderungsgesetz –AFG–).
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 17. Januar 1978 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 29. Januar 1979 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Uhg mit Wirkung vom 1. Oktober 1977 gemäß § 112 a AFG neu festzusetzen; die Berufung hat es zugelassen. Zur Begründung hat es angeführt, maßgeblicher Dynamisierungsstichtag sei der 1. Oktober 1977. Der Begriff des Bemessungszeitraumes gemäß § 112 Abs. 3 AFG sei in erster Reihe auf die Bewilligung von Alg zugeschnitten; Beschäftigungen von weniger als sechs Monaten blieben bei der Alg-Bewilligung außer Betracht (§§ 104, 106 AFG). Die analoge Anwendung des § 112 Abs. 3 AFG gemäß § 144 Abs. 7 AFG dürfe aber nicht dazu führen, daß ein Bezieher von Uhg schlechter als ein Empfänger von Alg gestellt werde, da es den Begriff "Entstehung des Anspruchs” im Falle des Uhg nicht gebe. Andernfalls würde selbst eine entlohnte Beschäftigung von nur einem Tag die Dynamisierung hinausschieben können; der Gedanke, Arbeitslose wegen einer kurzfristigen Beschäftigung nicht schlechter als zuvor einzustufen, werde auch durch die ab 1. Januar 1978 in Kraft befindliche Regelung des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG bekräftigt.
Gegen dieses der Beklagten am 26. März 1979 zugestellte Urteil richtet sich ihre mit Schriftsatz vom 24. April 1979, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 26. April 1979, eingelegte Berufung.
Nach Auffassung der Beklagten hat das SG außer Betracht gelassen, daß nach seiner Rechtsauffassung das Uhg auf der Grundlage des Arbeitsentgeltes von 370,00 DM zu berechnen und auf dieser Grundlage die Dynamisierung ab 1. Oktober 1977 vorzunehmen gewesen wäre. Denn auf den Betrag von 375,00 DM sei das Uhg lediglich unter Einbeziehung der Beschäftigung vom 1. bis 6. April 1977 festgesetzt worden. Nach der zwingenden Vorschrift des § 112 a i.V.m. § 44 Abs. 7 AFG sei die Dynamisierung des Arbeitsentgeltes nach Ablauf eines Jahres nach dem Ende der für die Uhg-Bewilligung entscheidenden Bemessungszeitraumes vorzunehmen gewesen. Die Vorschrift des § 44 Abs. 7 AFG über eine entsprechende Anwendung der Arbeitslosengeld-Vorschriften führe zu einer unmodifizierten Anwendbarkeit des § 112 a AFG. Wie es sich auch im Arbeitslosengeld-Bereich für die Dynamisierung allein auf den nach den Vorschriften des § 112 AFG ermittelten Bemessungszeitraum ankomme, gelte dies auch für die Gewährung von Uhg. Da die Dynamisierungsvorschrift lediglich auf den Bemessungszeitraum abstelle, sei die nach § 44 Abs. 7 AFG vorausgesetzte Entsprechung der Funktion der Dynamisierung gegeben. Damit richte sich die Klage maßgeblich nicht gegen die Anwendung der Dynamisierungsvorschriften, sondern letztlich gegen die herangezogenen Bemessungszeiträume. Selbst wenn die Vorschrift des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG herangezogen würden, so gestatte dies nicht die Übernahme eines Dynamisierungszeitraumes aus dem vorangegangenen Anspruch. Die Vergleichsberechnung im Rahmen des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG beziehe sich nicht auf einen Dynamisierungszeitraum nach erneutem Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen. Dadurch entstehende Härten habe der Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich inhaltlich dem Urteil des Sozialgerichts an.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Stamm-Nr. XXXXX, Arbeitsamt F., der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–) sowie durch Zulassung statthaft (§ 150 Nr. 1 SGG).
Sie ist jedoch nur teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 1979 ist insoweit rechtlich zu beanstanden, als die Beklagte verpflichtet wird, unter Beibehaltung des dem Bescheid vom 19. Oktober 1977 zugrunde gelegten gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 375,00 DM eine Dynamisierung ab dem 1. Oktober 1977 vorzunehmen. Die Beklagte ist zwar verpflichtet, diese Dynamisierung ab dem 1. Oktober 1977 vorzunehmen, sie braucht der Uhg-Bemessung jedoch lediglich das bereits der Alg-Bemessung zugrunde gelegte gerundete wöchentliche Arbeitsentgelt in Höhe von 370,00 DM zugrunde zu legen.
Gemäß § 44 Abs. 2 und 2 a AFG beträgt das Uhg 80 bzw. 58 v.H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts im Sinne des § 112 AFG. Hieraus folgt, daß bei Gewährung von Uhg das Arbeitsentgelt so zu bemessen ist wie bei der Gewährung von Alg. Bei den Leistungsberechnungen soll die gleiche Höhe des Arbeitsentgelts zugrunde gelegt werden.
Bei der Gewährung von Alg sind Bemessungszeitraum gemäß § 112 Abs. 3 AFG die letzten, am Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruches. Kurzzeitige Zwischenbeschäftigungen, die mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit keinen neuen Anspruch auf Alg begründen, bleiben hiernach außer Betracht, da sie nicht vor, sondern nach der Entstehung des Alg-Anspruches liegen. Dies bedeutet, daß, wie auch zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, im Falle einer Weitergewährung von Alg eine Dynamisierung vom 1. Oktober 1977 vorzunehmen gewesen wäre, da die Beschäftigung der Klägerin in der Zeit vom 1. April 1977 bis 6. April 1977 keinen neuen Alg-Anspruch auszulösen vermochte (siehe § 106 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung vom 25. Juni 1969, BGBl. I S. 582).
Für die Uhg-Berechnung gilt nichts anderes, da ihr das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, wie es bei einer Alg-Gewährung maßgeblich gewesen wäre. Dies bedeutet, daß dann, wenn – wie im vorliegenden Falle – ein Arbeitsloser aus dem Alg-Bezug in eine Bildungsmaßnahme eintritt, das seitherige Bemessungsentgelt des Alg maßgebend ist bzw. maßgebend bleibt. Zwischenbeschäftigungen führen erst dann zu einer Neubemessung, wenn sie einen solchen Umfang haben, daß sie für eine Neubemessung im Falle eines Alg-Antrages herangezogen werden könnten, also nur dann, wenn sie einen neuen Alg-Anspruch begründen. Die Verweisung auf § 112 AFG, und damit auch auf dessen Abs. 3, ist so zu verstehen, daß erst eine unselbständige Beschäftigung von mindestens 26 Wochen oder sechs Monaten nach der Arbeitslosigkeit (so § 106 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung) die Neubemessung auslöst (so Hennig/Kühl/Heuer, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar, § 44 AFG, Anm. 4; Gagel/Jülicher, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar § 44 AFG, Randnote 8). Nur diese Interpretation des Gesetzes entspricht der Unterhaltssicherungsfunktion des Uhg. Es soll der Unterhalt gesichert werden, der dem Betreffenden vor Beginn der Bildungsmaßnahme zur Verfügung gestanden hat. Dies war bei vorangegangenem Alg-Bezug aber das Alg in der Höhe, wie sie es ohne die Durchführung der Bildungsmaßnahme weitergewährt worden wäre.
Die Beklagte hätte demgemäß der Uhg-Bemessung – weiterhin – ein gerundetes wöchentlichem Arbeitsentgelt in Höhe von 370,00 DM zugrunde legen und zum 1. Oktober 1977 eine Dynamisierung vornehmen müssen (§ 44 Abs. 7 AFG i.V.m. § 112 a AFG). Soweit die Klägerin eine Dynamisierung des dem Bescheid vom 19. Oktober 1977 tatsächlich zugrunde gelegten Arbeitsentgelts in Höhe von 375,00 DM verlangt, ist ihre Klage unbegründet und hat insoweit abgewiesen werden müssen. Da eine Dynamisierung zum 1. Oktober 1977 unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von (nur) 370,00 DM die Klägerin günstiger stellt als eine Dynamisierung erst vom 7. April 1978 unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von 375,00 DM, ist nicht davon auszugehen gewesen, daß die Klägerin eine Dynamisierung des Uhg nur für den Fall begehrt, daß die von der Beklagten vorgenommene Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von 375,00 DM aufrechterhalten bleibt, denn diese Klage wäre – in vollem Umfange – unbegründet und abzuweisen gewesen. Die Klägerin hätte nicht ab dem 1. Oktober 1977 das ihr zustehende höhere Uhg erhalten, die vorgenommene Auslegung ihres Begehrens sichert ihr eine Uhg-Gewährung in dem größtmöglichen Umfang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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