Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 69/76
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 32/77
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte für die Leistungsgruppe des Alg gemäß § 111 Abs. 2 AFG.
2. Zur Hinweispflicht des Arbeitsamtes auf einen für die Bemessung des Alg günstigen Steuerklassenwechsel bei Verheirateten.
2. Zur Hinweispflicht des Arbeitsamtes auf einen für die Bemessung des Alg günstigen Steuerklassenwechsel bei Verheirateten.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 21. Oktober 1976 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 3. Januar 1976 bis 31. August 1976 zusteht.
Die 1939 geborene – verheiratete – Klägerin war von 1966 bis zum 2. Januar 1976 (Freitag) bei der Firma "T. und N. GmbH” beschäftigt. Seit Dezember 1970 arbeitete sie im Werk G. dieser Firma als Justiererin. Die tarifvertragliche Arbeitszeit für die Gruppe der Beschäftigten, der die Klägerin angehörte, betrug wöchentlich 40 Stunden. Die Arbeitgeberin hatte mit der Klägerin eine Teilzeitarbeit von 35 Stunden wöchentlich vereinbart; vom 1. Dezember 1970 bis 31. Oktober 1973 hatte die Klägerin 30 Stunden wöchentlich gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde von der Arbeitgeberin am 10. Oktober 1975 zum 2. Januar 1976 wegen Stillegung des Werkes G. gekündigt.
Die Klägerin meldete sich am 29. Dezember 1975 beim Arbeitsamt G. arbeitslos und beantragte Alg. Das Arbeitsamt bewilligte ihr Alg ab 3. Januar 1976 mit einer Anspruchsdauer von 312 Wochentagen (Bescheid vom 8. Januar 1976). Entsprechend der Eintragung der Steuerklasse "fünf” auf ihrer Lohnsteuerkarte 1976 erfolgte nach § 111 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der mit Wirkung vom 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Fassung des Haushaltsstrukturgesetzes im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl. I, S. 3113) bei der Berechnung des Alg eine Zuordnung der Klägerin zur Leistungsgruppe "D”. Die Lohnsteuerkarten 1976 der Klägerin und ihres Ehemannes waren ursprünglich mit der – jeweils – eingetragenen Steuerklasse "vier” von der Gemeinde R. ausgegeben worden; am 28. Oktober 1975 war durch die Gemeinde die Eintragung der Steuerklassen geändert worden in "fünf” bei der Klägerin und "drei” beim Ehemann der Klägerin.
Der Ehemann der Klägerin war – auch schon in der Zeit seit 3. Januar 1976 – vollzeitig beschäftigt.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin höheres Alg geltend. Sie trug vor, sie habe wegen der voraussehbaren Arbeitslosigkeit die Steuerklasse "fünf” für das Jahr 1976 gewählt. Diese Wahl habe sich durch die nichtvorhersehbare Regelung durch das HStruktG-AFG hinsichtlich der Höhe des Alg nachteilig ausgewirkt. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg. Er wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 1976 zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin höheres Alg unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe "A” (ausgehend von der Steuerklasse "vier”). Sie trug vor, die Änderung der ursprünglich in ihrer und ihres Ehemannes eingetragenen Lohnsteuerklasse "vier” habe sie nur deshalb veranlaßt, weil bei einer Personalversammlung des Werkes G. der Arbeitgeberin in Anbetracht der voraussehbaren Arbeitslosigkeit von der Gewerkschaft und dem Arbeitsamt zu einer solchen Steuerklassenänderung geraten worden sei. Durch die inzwischen eingetretene Neuregelung durch das HStruktG-AFG erhalte sie wegen dieser Steuerklassenänderung etwa 70,– DM wöchentlich an Alg weniger, als wenn sie es bei der Steuerklasse "vier” belassen hätte. Eine Aufklärung durch das Arbeitsamt über die Neuregelung durch das HStruktG-AFG sei dann aber nicht erfolgt. Dahingehend sei sie auch nicht bei ihrer Arbeitslosenmeldung und Antragstellung am 29. Dezember 1975 aufgeklärt worden. Hierdurch habe die Beklagte ihre Aufklärungs- und Betreuungspflicht verletzt. Die Beklagte sei jedenfalls auch deshalb verpflichtet, ihr das begehrte höhere Alg zu gewähren. Zudem verstoße es gegen das Grundgesetz (GG), daß nach § 113 Abs. 2 AFG i.d.F. des BStruktG-AFG ein Steuerklassenwechsel nach dem 31. Dezember 1975 nur zu berücksichtigen sei, wenn der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch Teilzeitarbeit ausübe.
Das Sozialgericht (SG) Gießen wies durch Urteil vom 21. Oktober 1976 die Klage ab. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, die Klägerin sei für die Berechnung das Alg zutreffend zur Leistungsgruppe "D” zugeordnet worden. Die Regelung der §§ 112 Abs. 2 und 113 Abs. 2 AFG verstoße nicht gegen das GG. Weil der Klageanspruch nur die Höhe des Alg betreffe, sei die Berufung gegen das Urteil nur zulässig, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt werde und dieser auch tatsächlich vorliege.
Das Urteil wurde der Klägerin am 2. Dezember 1976 zugestellt. Mit dem Urteil wurde der Klägerin ein Schreiben des Kammervorsitzenden des SG vom 24. November 1976 übersandt, in dem u.a. ausgeführt wurde, er habe in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Berufungsfähigkeit des Urteils gesagt, die Berufung sei zulässig, weil der Anspruch der Klägerin über einen Zeitraum von 13 Wochen hinausgehe. Er habe hierbei übersehen, daß die Klage nur gegen die Höhe des Alg gerichtet gewesen sei. Die Kammer habe nicht geprüft, ob die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen sei.
Seit 1. September 1976 stand die Klägerin erneut in Beschäftigung. Dies teilte sie der Beklagten am 25. Oktober 1976 telefonisch mit. Mit Bescheid vom 4. November 1976 wurde die Entscheidung über die Bewilligung des Alg gemäß § 151 Abs. 1 AFG ab 1. September 1976 ganz aufgehoben. Das an die Klägerin für die Zeit vom 1. September 1976 bis 19. Oktober 1976 bereits ausgezahlte Alg in Höhe von insgesamt 1.141,60 DM wurde zurückgefordert. Im Bescheid wurde ausgeführt, die Klägerin sei insoweit rückzahlungspflichtig, weil sie die Arbeitsaufnahme verspätet mitgeteilt habe. Das Alg für diese Zeit war der Klägerin am 8., 22. September 1976 und am 6. und 20. Oktober 1976 überwiesen worden.
Mit ihrer am 28. Dezember 1976 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf höheres Alg weiter. Sie rügt, das SG habe die Frage unberücksichtigt gelassen, ob ihr der begehrte Differenzbetrag zwischen dem nach Leistungsgruppe "D” gewährten Alg und der nach der Leistungsgruppe "A” zu erbringenden Leistung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zustehe. Gegen den Bescheid vom 4. November 1976 wendet sich die Klägerin nicht.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 21. Oktober 1976 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. Januar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1976 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 3. Januar 1976 bis 31. August 1976 höheres Alg unter Zuordnung zur Leistungsgruppe "A” – unter Anrechnung der bereits ausgezahlten Beträge – zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung für nicht zulässig, weil es nur um die Höhe das Alg gehe. Sie trägt vor, die Berufung sei aber jedenfalls unbegründet, weil das Begehren der Klägerin auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten begründet sei.
Der Senat hat vom Finanzamt L. Fotokopien der Lohnsteuerkarten 1976 der Klägerin und ihres Ehemannes beigezogen. Auf eine Antrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, über die Änderung der Steuerklassen im Hinblick auf die voraussehbare Arbeitslosigkeit sei in verschiedenen Betriebsversammlungen bei dem Werk G. der Arbeitgeberin diskutiert worden. Dies sei sehr ausführlich geschehen. Die Versammlungen hätten in den Monaten September bis Mitte Dezember 1975 stattgefunden. Den Rat, die Lohnsteuerklassen (wie in ihrem Fall) zu ändern, habe der Bevollmächtigte der Industriegewerkschaft (IG) Metall in G., M. G., gegeben. Dies sei in Gegenwart und mit konkludenter Billigung der anwesenden Bediensteten des Arbeitsamtes G., S. und S. geschehen. Die Klägerin hat hierzu den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden des Werkes G. der Arbeitgeberin, L. K., und den M. G. als Zeugen benannt. Auf eine weitere Antrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, die Klägerin sei bei der Arbeitslosenmeldung und Antragstellung am 29. Dezember 1975 nicht über die ab 1. Januar 1976 in Kraft tretenden Änderungen hinsichtlich der Höhe der Leistung (Alg) belehrt worden und habe auch keine dahingehenden Merkblätter oder Tabellen erhalten. Durch die Stillegung des Werkes G. der Firma "Telefonbau und Normalzeit GmbH” seien mit der Klägerin noch ca. 330 Arbeitnehmer dieses Werkes betroffen gewesen. Anläßlich einer Betriebsversammlung, die am 13. November 1975 stattgefunden habe, seien die von der Stillegung des Werkes betroffenen Arbeitnehmer auch hinsichtlich der Grundvoraussetzungen für den Bezug von Alg informiert worden. Dabei seien die ab Januar 1976 auf Grund des HStruktG in Kraft tretenden Neuregelungen nicht angesprochen worden.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Leistungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn sie ist form- sowie fristgerecht eingelegt und statthaft. Die Berufung ist zwar an sich nach § 147 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen; denn sie betrifft die Höhe des Alg-Anspruchs der Klägerin. Der Berufungsausschließungsgrund dieser Vorschrift greift jedoch hier nicht durch, weil die Berufung gemäß § 150 Nr. 2 SGG statthaft ist. Mit ihrem Vorbringen, das SG habe die Frage unberücksichtigt gelassen, ob ihr der begehrte Differenzbetrag zwischen den nach Leistungsgruppe "D” gewährten Alg und dar nach Leistungsgruppe "A” zu erbringenden Leistung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zustehe, rügt die Klägerin einen wesentlichen Mangel des Verfahrens des SG. Ausgehend von dem insoweit maßgebenden sachlich-rechtlichen Standpunkt des SG, daß es für die Berechnung des Alg der Klägerin gemäß §§ 111 Abs. 2, 113 Abs. 2 AFG auf die zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit in die Lohnsteuerkarte 1976 eingetragene Steuerklasse "fünf” ankomme, hätte sich das SG gedrängt fühlen müssen, auch darauf einzugehen, ob und warum es das Begehren der Klägerin auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten für begründet hält, nachdem die Klägerin ihr Klagebegehren wesentlich auf dahingehende tatsächliche Umstände gestützt hatte. Hierdurch ist vom SG das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt worden, was gemäß § 128 SGG im vorliegenden Fall einen Verfahrensverstoß begründet. Somit liegt der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel auch tatsächlich vor. Damit ist die Berufung zulässig. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, daß das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1976 – 7 RAr 64/75 –).
Sachlich ist die Berufung der Klägerin jedoch unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf höheres, nach der Leistungsgruppe "A” berechnetes Alg hat.
Die Berechnung des Alg unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Arbeitsentgeltes von 455,– DM und dem Familienstand "verheiratet” sowie der Lohnsteuerklasse "fünf” und damit die Errechnung des Leistungssatzes von 148,80 DM nach der Leistungsgruppe "D” der AFG-Leistungsverordnung 1976 (vom 2. Januar 1976) ist nicht zu beanstanden. Dem steht nicht entgegen, daß das Arbeitslosengeld nach § 111 Abs. 1 AFG 68 v.H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei einem Arbeitnehmer gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgeltes (§ 112 AFG) beträgt und die Klägerin vorträgt, die ihr gewährte Leistung liege erheblich unter diesem Betrag. Bei der Berechnung werden nicht konkret die einzelnen Abzüge bei jedem Arbeitslosen ermittelt, vielmehr sieht das Gesetz eine Pauschalierung vor, wie sie sich aus § 111 Abs. 2 AFG ergibt. Diese Pauschalierung geschieht in der Form, daß einfach zu handhabende Leistungstabellen geschaffen werden, bei denen diese durchschnittlichen Abzüge berücksichtigt sind. Bei einem zugrunde gelegten Arbeitsentgelt von 455,– DM kann sich so in der Leistungsgruppe "A” ein Betrag von 204,– DM, in der Leistungsgruppe "B” von 220,20 DM, in der Leistungsgruppe "C” von 222,– DM, in der Leistungsgruppe "D” von 148,80 DM und in der Leistungsgruppe "E” von 136,20 DM ergeben, auf die den Leistungsgruppen entsprechenden Abzüge im Einzelfall wird bewußt nicht abgestellt, sondern es werden allein Durchschnittswerte zugrunde gelegt. Rechtsstaatliche Bedenken bestehen gegen die Regelung des § 111 Abs. 2 AFG i.Verb.m. der AFG-Leistungsverordnung 1976 nicht, wie auch darin kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu sehen ist. Die von der Klägerin behauptete Abweichung ist schließlich nicht derart, daß sie das gesamte System der Leistungsgruppen infrage stellt.
Durch die Leistungsgruppenregelung wird primär eine Bindung der BA an die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte hinsichtlich der Lohnsteuerklasse eines lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmers begründet. Dieser Grundsatz der Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte hat überdies den Vorteil der Verwaltungsvereinfachung für sich und vermeidet divergierende Entscheidungen. Durch die Bindung an Eintragungen durch die Finanzbehörden ist die Bundesanstalt für Arbeit (BA) insoweit eigener Feststellungen und Entscheidungen enthoben. Maßgebend dabei ist die Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 AFG). Diese Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte gilt auch für spätere Änderungen der Steuerklasse, d.h. auch eine Änderung kann überhaupt erst dann berücksichtigt werden, wenn sie in die Lohnsteuerkarte eingetragen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 2 AFG; Schönefelder-Kranz-Wanka, Komm. zum AFG, Anm. 3 zu § 113 AFG).
Die Beklagte ist somit grundsätzlich nur zu einer Neuberechnung des Alg unter Berücksichtigung einer in die Lohnsteuerkarte eingetragenen Änderung der Steuerklasse verpflichtet. Im Falle der Klägerin sind aber für die hier maßgebende Zeit des Alg-Bezuges vom 3. Januar 1976 bis 31. August 1976 keine Änderungen der Eintragung der Steuerklasse in die Lohnsteuerkarte erfolgt, nachdem am 28. Oktober 1975 die Steuerklasse "fünf” von der Klägerin gewählt worden war. Somit fehlt es hier für eine Neuberechnung des Alg gemäß § 113 AFG schon an einer Änderung der zu Beginn des Kalenderjahres 1976 eingetragenen Steuerklasse.
Es kommt deshalb hier auch nicht entscheidend darauf an, ob – wie die Klägerin meint – § 113 Abs. 2 AFG wegen der Einschränkung nicht verfassungskonform ist, weil er einen (eingetragenen) Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten nur unter der weiteren Voraussetzung berücksichtigt haben will, daß der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch Teilzeitbeschäftigung ausübt. Wegen der ohnehin schon fehlenden Änderung der zu Beginn des Kalenderjahres 1976 eingetragenen Lohnsteuerklasse kommt es im vorliegenden Fall auch nicht darauf an, daß für die Berechnung des Alg der Klägerin die hier maßgebende Fassung der Vorschriften des § 111 Abs. 2 AFG und des § 113 AFG erst weniger als zwei Wochen vor deren Inkrafttreten (1. Januar 1976), nämlich mit dem am 20. Dezember 1974 ausgegebenen Bundesgesetzblatt, verkündet worden sind und sich – mangels einer Übergangsregelung – deshalb Ehegatten auf einen Steuerklassenwechsel mit Wirkung auf den 1. Januar 1976 nur in dieser kurzen Zeit hätten einstellen können.
Ebensowenig kann die Klägerin den Differenzbetrag zwischen dem nach Leistungsgruppe "D” gewährten Alg und der nach der Leistungsgruppe "A” zu erbringenden Leistung im Wege des Schadensersatzes unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Nebenpflicht aus dem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –) von der Beklagten verlangen. Insoweit erwarten die Rechtsprechung, daß der Versicherungsträger die ihm anvertrauten Interessen des Versicherten behutsam wahrt und dem zu betreuenden Bürger zu den Rechten, insbesondere zu den Leistungen verhilft, die ihn nach den Gesetzen zustehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 – 5 RJ 18/77 – mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Der Versicherungsträger muß bei konkretem Anlaß den Versicherten jedoch nur auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, die klar zutage getreten, also für den Versicherungsträger erkennbar geworden sind und zweckmäßigerweise von jedem vernünftigen Versicherten genutzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 a.a.O.).
Bei der Steuerklasse handelt es sich aber nicht um eine Gestaltungsmöglichkeit in diesem Sinn. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil es sich hierbei um eine Wirkung einer steuerlichen Entscheidung handelt und für die BA der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte gilt. Der Arbeitslose selbst hat deshalb eine Gestaltungsmöglichkeit in dem angeführten Sinne nicht.
Dies gilt vor allem im Falle des Familienstandes der Klägerin (verheiratet). Zwar kann ein Steuerklassenwechsel innerhalb der für Verheiratete geltenden Steuerklassen "drei” bis "fünf” zwischen den Ehegatten im Lohnsteuerrecht auch ohne besonderen Anlaß vorgenommen werden (vgl. dazu Schönefelder-Kranz-Wanka, a.a.O., Anm. 7 zu § 113 AFG). Nach der durch das HStruktG geschaffenen Neuregelung des § 113 Abs. 2 AFG kann ein solcher Steuerklassenwechsel aber nur berücksichtigt werden, wenn er – auch ohne die Arbeitslosigkeit – objektiv geboten war (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 53). Damit soll verhindert werden, daß die "Beseitigung von Verzerrungen bei der Bemessung des Alg”, wie sie durch die Neufassung des § 111 AFG durch das HStruktG beabsichtigt ist, über die Manipulation der Lohnsteuerklasse vereitelt wird. Die durch das Einführungsgesetz zum Einkommenssteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3656) mit Wirkung ab 1. Januar 1975 eingeführte und bisher geltende Einteilung in die Leistungsgruppen "Nichtverheiratete” und "Verheiratete” hatte zu unrealistischen Ergebnissen geführt, weil diese grobe Schematisierung der Lohnsteuerbelastung nicht den tatsächlichen Verhältnissen in den jeweils möglichen Lohnsteuerklassen Rechnung trug. Diese Regelung ist daher abgegeben worden. Die neue Regelung durch das HStruktG sieht vor, daß künftig bei der Festsetzung der Leistungssätze für das Alg die im Einzelfall maßgebliche Lohnsteuerklasse des Arbeitslosen berücksichtigt wird. Dadurch wird gewährleistet, daß das Alg grundsätzlich in allen Steuerklassen 68 v.H. des letzten regelmäßigen Netto-Arbeitsentgeltes beträgt (so Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 52, 53). Diese Umgestaltung auf Grund gesammelter Erfahrung brachte insbesondere die Neufestsetzung der Arbeitslosengeldsätze für Arbeitslose, deren Ehegatte ebenfalls erwerbstätig ist (Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 48).
Objektiv geboten im angeführten Sinne ist der Steuerklassenwechsel insbesondere dann, wenn der Ehegatte des Arbeitslosen – etwa wegen der Geburt eines Kindes – seine bisherige Beschäftigung aufgibt oder von einer Vollzeitbeschäftigung zu einer Teilzeitbeschäftigung übergeht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 53). Diese systematische Anlage des § 113 Abs. 2 AFG innerhalb der Bemessungsregelungen über das Alg und der Sinn und Zweck der Bestimmung, Manipulationen zu Lasten der Versichertengemeinschaft über den Wechsel der Lohnsteuerklasse zu verhindern, könnte eine Hinweispflicht überhaupt nur dann begründen, wenn ein Steuerklassenwechsel zwischen den Ehegatten objektiv geboten in dem angeführten Sinne ist und dahingehende Umstände für den Versicherungsträger klar erkennbar geworden sind. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr mußte das Arbeitsamt davon ausgehen, daß die auf der Lohnsteuerkarte 1976 eingetragene Lohnsteuerklasse "fünf” der steuerlichen Belastung der ab 3. Januar 1976 arbeitslosen Klägerin vor Eintritt der Arbeitslosigkeit entsprochen hat, während der in Beschäftigung stehende Ehemann gleichzeitig den Vorteil einer Besteuerung nach Steuerklasse "drei” in Anspruch nimmt.
Der Umstand, daß nach dem Vorbringen der Klägerin die Eintragung der Steuerklasse "fünf” in die Lohnsteuerkarte 1976 am 28. Oktober 1975 erfolgt ist, nachdem bei einer Personalversammlung des Werkes Grünberg der Arbeitgeberin eine solche Steuerklassenänderung von der Gewerkschaft und dem Arbeitsamt angeraten worden sei, gibt keinen hinreichenden Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Zwar ist es richtig, daß infolge dieser Änderung der Steuerklasse von ursprünglich "vier” in "fünf” sich der wöchentliche Leistungssatz des Alg der Klägerin verringert hat. Hieraus läßt sich eine Aufklärungspflicht der BA im Falle der Klägerin aber auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Rechtspflicht aus vorausgegangenem Tun ("venire contra factum probrium”) herleiten, weil der vorgetragene Anlaß der Steuerklassenänderung dem Arbeitsamt bei der Antragstellung jedenfalls nicht deutlich gemacht worden ist. Dies hat auch die Klägerin selbst nicht behauptet. Es bestand deshalb bei der Antragstellung kein konkreter Anlaß für das Arbeitsamt, die Klägerin auf die neue Rechtslage hinzuweisen. Zudem hat die Klägerin erstmals auf die Umstände der Beratung in der Personalversammlung im Klageverfahren hingewiesen. Die Unterlassung einer Beratung erst im mit der Klage vom 22. März 1976 anhängig gemachten Klageverfahren konnte im Hinblick auf die Änderung des § 112 Abs. 2 AFG nicht mehr ursächlich werden, weil ein Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten, um den es sich hier gehandelt hätte, danach nur berücksichtigt wird, wenn der Wechsel vorgenommen wurde, weil der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur eine Teilzeitbeschäftigung ausübt. Der Ehemann der Klägerin war jedoch weiterhin voll beschäftigt. Die Auffassung der Klägerin, § 113 Abs. 2 AFG sei hinsichtlich dieser Beschränkung nicht verfassungskonform, teilt der Senat nicht. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes zum HStruktG-AFG zielt die Regelung des § 113 Abs. 2 AFG – wie angeführt – darauf ab, daß die Beseitigung von Verzerrungen bei der – bisherigen – Bemessung des Alg, wie sie durch die Neufassung des § 111 AFG beabsichtigt ist, nicht über die Manipulation der Lohnsteuerklasse vereitelt wird, weil der Steuerklassenwechsel innerhalb der Steuerklassen "drei” bis "fünf” (Ehegatten) auch ohne besonderen Anlaß vorgenommen werden kann (§ 39 Abs. 5 Einkommenssteuergesetz 1975), was für Unverheiratete nicht zutrifft. Die unterschiedliche Regelung von Sachverhalten in § 113 Abs. 1 AFG (Unverheiratete) und § 113 Abs. 2 AFG (Ehegatten) begründet sich somit aus der Eigenart der zu regelnden Verhältnisse und ist damit systemgerecht. Eine willkürliche Ungleichbehandlung ist jedenfalls nicht erkennbar.
Bei dieser Sach- und Rechtslage brauchte eine Vernehmung des von der Klägerin als Zeuge genannten L. K. nicht erfolgen. Der Senat ist von der Richtigkeit der dahingehenden Angaben der Klägerin ausgegangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil über die Rechtsfrage, ob und ggf. in welchem Umfang eine Beratungspflicht der BA im Verwaltungsverfahren über das Alg im Hinblick auf § 111 AFG i.Verb.m. § 113 Abs. 2 AFG besteht, noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 3. Januar 1976 bis 31. August 1976 zusteht.
Die 1939 geborene – verheiratete – Klägerin war von 1966 bis zum 2. Januar 1976 (Freitag) bei der Firma "T. und N. GmbH” beschäftigt. Seit Dezember 1970 arbeitete sie im Werk G. dieser Firma als Justiererin. Die tarifvertragliche Arbeitszeit für die Gruppe der Beschäftigten, der die Klägerin angehörte, betrug wöchentlich 40 Stunden. Die Arbeitgeberin hatte mit der Klägerin eine Teilzeitarbeit von 35 Stunden wöchentlich vereinbart; vom 1. Dezember 1970 bis 31. Oktober 1973 hatte die Klägerin 30 Stunden wöchentlich gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde von der Arbeitgeberin am 10. Oktober 1975 zum 2. Januar 1976 wegen Stillegung des Werkes G. gekündigt.
Die Klägerin meldete sich am 29. Dezember 1975 beim Arbeitsamt G. arbeitslos und beantragte Alg. Das Arbeitsamt bewilligte ihr Alg ab 3. Januar 1976 mit einer Anspruchsdauer von 312 Wochentagen (Bescheid vom 8. Januar 1976). Entsprechend der Eintragung der Steuerklasse "fünf” auf ihrer Lohnsteuerkarte 1976 erfolgte nach § 111 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der mit Wirkung vom 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Fassung des Haushaltsstrukturgesetzes im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl. I, S. 3113) bei der Berechnung des Alg eine Zuordnung der Klägerin zur Leistungsgruppe "D”. Die Lohnsteuerkarten 1976 der Klägerin und ihres Ehemannes waren ursprünglich mit der – jeweils – eingetragenen Steuerklasse "vier” von der Gemeinde R. ausgegeben worden; am 28. Oktober 1975 war durch die Gemeinde die Eintragung der Steuerklassen geändert worden in "fünf” bei der Klägerin und "drei” beim Ehemann der Klägerin.
Der Ehemann der Klägerin war – auch schon in der Zeit seit 3. Januar 1976 – vollzeitig beschäftigt.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin höheres Alg geltend. Sie trug vor, sie habe wegen der voraussehbaren Arbeitslosigkeit die Steuerklasse "fünf” für das Jahr 1976 gewählt. Diese Wahl habe sich durch die nichtvorhersehbare Regelung durch das HStruktG-AFG hinsichtlich der Höhe des Alg nachteilig ausgewirkt. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg. Er wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 1976 zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin höheres Alg unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe "A” (ausgehend von der Steuerklasse "vier”). Sie trug vor, die Änderung der ursprünglich in ihrer und ihres Ehemannes eingetragenen Lohnsteuerklasse "vier” habe sie nur deshalb veranlaßt, weil bei einer Personalversammlung des Werkes G. der Arbeitgeberin in Anbetracht der voraussehbaren Arbeitslosigkeit von der Gewerkschaft und dem Arbeitsamt zu einer solchen Steuerklassenänderung geraten worden sei. Durch die inzwischen eingetretene Neuregelung durch das HStruktG-AFG erhalte sie wegen dieser Steuerklassenänderung etwa 70,– DM wöchentlich an Alg weniger, als wenn sie es bei der Steuerklasse "vier” belassen hätte. Eine Aufklärung durch das Arbeitsamt über die Neuregelung durch das HStruktG-AFG sei dann aber nicht erfolgt. Dahingehend sei sie auch nicht bei ihrer Arbeitslosenmeldung und Antragstellung am 29. Dezember 1975 aufgeklärt worden. Hierdurch habe die Beklagte ihre Aufklärungs- und Betreuungspflicht verletzt. Die Beklagte sei jedenfalls auch deshalb verpflichtet, ihr das begehrte höhere Alg zu gewähren. Zudem verstoße es gegen das Grundgesetz (GG), daß nach § 113 Abs. 2 AFG i.d.F. des BStruktG-AFG ein Steuerklassenwechsel nach dem 31. Dezember 1975 nur zu berücksichtigen sei, wenn der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch Teilzeitarbeit ausübe.
Das Sozialgericht (SG) Gießen wies durch Urteil vom 21. Oktober 1976 die Klage ab. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, die Klägerin sei für die Berechnung das Alg zutreffend zur Leistungsgruppe "D” zugeordnet worden. Die Regelung der §§ 112 Abs. 2 und 113 Abs. 2 AFG verstoße nicht gegen das GG. Weil der Klageanspruch nur die Höhe des Alg betreffe, sei die Berufung gegen das Urteil nur zulässig, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt werde und dieser auch tatsächlich vorliege.
Das Urteil wurde der Klägerin am 2. Dezember 1976 zugestellt. Mit dem Urteil wurde der Klägerin ein Schreiben des Kammervorsitzenden des SG vom 24. November 1976 übersandt, in dem u.a. ausgeführt wurde, er habe in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Berufungsfähigkeit des Urteils gesagt, die Berufung sei zulässig, weil der Anspruch der Klägerin über einen Zeitraum von 13 Wochen hinausgehe. Er habe hierbei übersehen, daß die Klage nur gegen die Höhe des Alg gerichtet gewesen sei. Die Kammer habe nicht geprüft, ob die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen sei.
Seit 1. September 1976 stand die Klägerin erneut in Beschäftigung. Dies teilte sie der Beklagten am 25. Oktober 1976 telefonisch mit. Mit Bescheid vom 4. November 1976 wurde die Entscheidung über die Bewilligung des Alg gemäß § 151 Abs. 1 AFG ab 1. September 1976 ganz aufgehoben. Das an die Klägerin für die Zeit vom 1. September 1976 bis 19. Oktober 1976 bereits ausgezahlte Alg in Höhe von insgesamt 1.141,60 DM wurde zurückgefordert. Im Bescheid wurde ausgeführt, die Klägerin sei insoweit rückzahlungspflichtig, weil sie die Arbeitsaufnahme verspätet mitgeteilt habe. Das Alg für diese Zeit war der Klägerin am 8., 22. September 1976 und am 6. und 20. Oktober 1976 überwiesen worden.
Mit ihrer am 28. Dezember 1976 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf höheres Alg weiter. Sie rügt, das SG habe die Frage unberücksichtigt gelassen, ob ihr der begehrte Differenzbetrag zwischen dem nach Leistungsgruppe "D” gewährten Alg und der nach der Leistungsgruppe "A” zu erbringenden Leistung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zustehe. Gegen den Bescheid vom 4. November 1976 wendet sich die Klägerin nicht.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 21. Oktober 1976 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. Januar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1976 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 3. Januar 1976 bis 31. August 1976 höheres Alg unter Zuordnung zur Leistungsgruppe "A” – unter Anrechnung der bereits ausgezahlten Beträge – zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung für nicht zulässig, weil es nur um die Höhe das Alg gehe. Sie trägt vor, die Berufung sei aber jedenfalls unbegründet, weil das Begehren der Klägerin auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten begründet sei.
Der Senat hat vom Finanzamt L. Fotokopien der Lohnsteuerkarten 1976 der Klägerin und ihres Ehemannes beigezogen. Auf eine Antrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, über die Änderung der Steuerklassen im Hinblick auf die voraussehbare Arbeitslosigkeit sei in verschiedenen Betriebsversammlungen bei dem Werk G. der Arbeitgeberin diskutiert worden. Dies sei sehr ausführlich geschehen. Die Versammlungen hätten in den Monaten September bis Mitte Dezember 1975 stattgefunden. Den Rat, die Lohnsteuerklassen (wie in ihrem Fall) zu ändern, habe der Bevollmächtigte der Industriegewerkschaft (IG) Metall in G., M. G., gegeben. Dies sei in Gegenwart und mit konkludenter Billigung der anwesenden Bediensteten des Arbeitsamtes G., S. und S. geschehen. Die Klägerin hat hierzu den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden des Werkes G. der Arbeitgeberin, L. K., und den M. G. als Zeugen benannt. Auf eine weitere Antrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, die Klägerin sei bei der Arbeitslosenmeldung und Antragstellung am 29. Dezember 1975 nicht über die ab 1. Januar 1976 in Kraft tretenden Änderungen hinsichtlich der Höhe der Leistung (Alg) belehrt worden und habe auch keine dahingehenden Merkblätter oder Tabellen erhalten. Durch die Stillegung des Werkes G. der Firma "Telefonbau und Normalzeit GmbH” seien mit der Klägerin noch ca. 330 Arbeitnehmer dieses Werkes betroffen gewesen. Anläßlich einer Betriebsversammlung, die am 13. November 1975 stattgefunden habe, seien die von der Stillegung des Werkes betroffenen Arbeitnehmer auch hinsichtlich der Grundvoraussetzungen für den Bezug von Alg informiert worden. Dabei seien die ab Januar 1976 auf Grund des HStruktG in Kraft tretenden Neuregelungen nicht angesprochen worden.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Leistungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn sie ist form- sowie fristgerecht eingelegt und statthaft. Die Berufung ist zwar an sich nach § 147 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen; denn sie betrifft die Höhe des Alg-Anspruchs der Klägerin. Der Berufungsausschließungsgrund dieser Vorschrift greift jedoch hier nicht durch, weil die Berufung gemäß § 150 Nr. 2 SGG statthaft ist. Mit ihrem Vorbringen, das SG habe die Frage unberücksichtigt gelassen, ob ihr der begehrte Differenzbetrag zwischen den nach Leistungsgruppe "D” gewährten Alg und dar nach Leistungsgruppe "A” zu erbringenden Leistung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zustehe, rügt die Klägerin einen wesentlichen Mangel des Verfahrens des SG. Ausgehend von dem insoweit maßgebenden sachlich-rechtlichen Standpunkt des SG, daß es für die Berechnung des Alg der Klägerin gemäß §§ 111 Abs. 2, 113 Abs. 2 AFG auf die zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit in die Lohnsteuerkarte 1976 eingetragene Steuerklasse "fünf” ankomme, hätte sich das SG gedrängt fühlen müssen, auch darauf einzugehen, ob und warum es das Begehren der Klägerin auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten für begründet hält, nachdem die Klägerin ihr Klagebegehren wesentlich auf dahingehende tatsächliche Umstände gestützt hatte. Hierdurch ist vom SG das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt worden, was gemäß § 128 SGG im vorliegenden Fall einen Verfahrensverstoß begründet. Somit liegt der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel auch tatsächlich vor. Damit ist die Berufung zulässig. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, daß das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1976 – 7 RAr 64/75 –).
Sachlich ist die Berufung der Klägerin jedoch unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf höheres, nach der Leistungsgruppe "A” berechnetes Alg hat.
Die Berechnung des Alg unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Arbeitsentgeltes von 455,– DM und dem Familienstand "verheiratet” sowie der Lohnsteuerklasse "fünf” und damit die Errechnung des Leistungssatzes von 148,80 DM nach der Leistungsgruppe "D” der AFG-Leistungsverordnung 1976 (vom 2. Januar 1976) ist nicht zu beanstanden. Dem steht nicht entgegen, daß das Arbeitslosengeld nach § 111 Abs. 1 AFG 68 v.H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei einem Arbeitnehmer gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgeltes (§ 112 AFG) beträgt und die Klägerin vorträgt, die ihr gewährte Leistung liege erheblich unter diesem Betrag. Bei der Berechnung werden nicht konkret die einzelnen Abzüge bei jedem Arbeitslosen ermittelt, vielmehr sieht das Gesetz eine Pauschalierung vor, wie sie sich aus § 111 Abs. 2 AFG ergibt. Diese Pauschalierung geschieht in der Form, daß einfach zu handhabende Leistungstabellen geschaffen werden, bei denen diese durchschnittlichen Abzüge berücksichtigt sind. Bei einem zugrunde gelegten Arbeitsentgelt von 455,– DM kann sich so in der Leistungsgruppe "A” ein Betrag von 204,– DM, in der Leistungsgruppe "B” von 220,20 DM, in der Leistungsgruppe "C” von 222,– DM, in der Leistungsgruppe "D” von 148,80 DM und in der Leistungsgruppe "E” von 136,20 DM ergeben, auf die den Leistungsgruppen entsprechenden Abzüge im Einzelfall wird bewußt nicht abgestellt, sondern es werden allein Durchschnittswerte zugrunde gelegt. Rechtsstaatliche Bedenken bestehen gegen die Regelung des § 111 Abs. 2 AFG i.Verb.m. der AFG-Leistungsverordnung 1976 nicht, wie auch darin kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu sehen ist. Die von der Klägerin behauptete Abweichung ist schließlich nicht derart, daß sie das gesamte System der Leistungsgruppen infrage stellt.
Durch die Leistungsgruppenregelung wird primär eine Bindung der BA an die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte hinsichtlich der Lohnsteuerklasse eines lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmers begründet. Dieser Grundsatz der Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte hat überdies den Vorteil der Verwaltungsvereinfachung für sich und vermeidet divergierende Entscheidungen. Durch die Bindung an Eintragungen durch die Finanzbehörden ist die Bundesanstalt für Arbeit (BA) insoweit eigener Feststellungen und Entscheidungen enthoben. Maßgebend dabei ist die Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 AFG). Diese Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte gilt auch für spätere Änderungen der Steuerklasse, d.h. auch eine Änderung kann überhaupt erst dann berücksichtigt werden, wenn sie in die Lohnsteuerkarte eingetragen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 2 AFG; Schönefelder-Kranz-Wanka, Komm. zum AFG, Anm. 3 zu § 113 AFG).
Die Beklagte ist somit grundsätzlich nur zu einer Neuberechnung des Alg unter Berücksichtigung einer in die Lohnsteuerkarte eingetragenen Änderung der Steuerklasse verpflichtet. Im Falle der Klägerin sind aber für die hier maßgebende Zeit des Alg-Bezuges vom 3. Januar 1976 bis 31. August 1976 keine Änderungen der Eintragung der Steuerklasse in die Lohnsteuerkarte erfolgt, nachdem am 28. Oktober 1975 die Steuerklasse "fünf” von der Klägerin gewählt worden war. Somit fehlt es hier für eine Neuberechnung des Alg gemäß § 113 AFG schon an einer Änderung der zu Beginn des Kalenderjahres 1976 eingetragenen Steuerklasse.
Es kommt deshalb hier auch nicht entscheidend darauf an, ob – wie die Klägerin meint – § 113 Abs. 2 AFG wegen der Einschränkung nicht verfassungskonform ist, weil er einen (eingetragenen) Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten nur unter der weiteren Voraussetzung berücksichtigt haben will, daß der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch Teilzeitbeschäftigung ausübt. Wegen der ohnehin schon fehlenden Änderung der zu Beginn des Kalenderjahres 1976 eingetragenen Lohnsteuerklasse kommt es im vorliegenden Fall auch nicht darauf an, daß für die Berechnung des Alg der Klägerin die hier maßgebende Fassung der Vorschriften des § 111 Abs. 2 AFG und des § 113 AFG erst weniger als zwei Wochen vor deren Inkrafttreten (1. Januar 1976), nämlich mit dem am 20. Dezember 1974 ausgegebenen Bundesgesetzblatt, verkündet worden sind und sich – mangels einer Übergangsregelung – deshalb Ehegatten auf einen Steuerklassenwechsel mit Wirkung auf den 1. Januar 1976 nur in dieser kurzen Zeit hätten einstellen können.
Ebensowenig kann die Klägerin den Differenzbetrag zwischen dem nach Leistungsgruppe "D” gewährten Alg und der nach der Leistungsgruppe "A” zu erbringenden Leistung im Wege des Schadensersatzes unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Nebenpflicht aus dem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –) von der Beklagten verlangen. Insoweit erwarten die Rechtsprechung, daß der Versicherungsträger die ihm anvertrauten Interessen des Versicherten behutsam wahrt und dem zu betreuenden Bürger zu den Rechten, insbesondere zu den Leistungen verhilft, die ihn nach den Gesetzen zustehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 – 5 RJ 18/77 – mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Der Versicherungsträger muß bei konkretem Anlaß den Versicherten jedoch nur auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, die klar zutage getreten, also für den Versicherungsträger erkennbar geworden sind und zweckmäßigerweise von jedem vernünftigen Versicherten genutzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 a.a.O.).
Bei der Steuerklasse handelt es sich aber nicht um eine Gestaltungsmöglichkeit in diesem Sinn. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil es sich hierbei um eine Wirkung einer steuerlichen Entscheidung handelt und für die BA der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Lohnsteuerkarte gilt. Der Arbeitslose selbst hat deshalb eine Gestaltungsmöglichkeit in dem angeführten Sinne nicht.
Dies gilt vor allem im Falle des Familienstandes der Klägerin (verheiratet). Zwar kann ein Steuerklassenwechsel innerhalb der für Verheiratete geltenden Steuerklassen "drei” bis "fünf” zwischen den Ehegatten im Lohnsteuerrecht auch ohne besonderen Anlaß vorgenommen werden (vgl. dazu Schönefelder-Kranz-Wanka, a.a.O., Anm. 7 zu § 113 AFG). Nach der durch das HStruktG geschaffenen Neuregelung des § 113 Abs. 2 AFG kann ein solcher Steuerklassenwechsel aber nur berücksichtigt werden, wenn er – auch ohne die Arbeitslosigkeit – objektiv geboten war (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 53). Damit soll verhindert werden, daß die "Beseitigung von Verzerrungen bei der Bemessung des Alg”, wie sie durch die Neufassung des § 111 AFG durch das HStruktG beabsichtigt ist, über die Manipulation der Lohnsteuerklasse vereitelt wird. Die durch das Einführungsgesetz zum Einkommenssteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3656) mit Wirkung ab 1. Januar 1975 eingeführte und bisher geltende Einteilung in die Leistungsgruppen "Nichtverheiratete” und "Verheiratete” hatte zu unrealistischen Ergebnissen geführt, weil diese grobe Schematisierung der Lohnsteuerbelastung nicht den tatsächlichen Verhältnissen in den jeweils möglichen Lohnsteuerklassen Rechnung trug. Diese Regelung ist daher abgegeben worden. Die neue Regelung durch das HStruktG sieht vor, daß künftig bei der Festsetzung der Leistungssätze für das Alg die im Einzelfall maßgebliche Lohnsteuerklasse des Arbeitslosen berücksichtigt wird. Dadurch wird gewährleistet, daß das Alg grundsätzlich in allen Steuerklassen 68 v.H. des letzten regelmäßigen Netto-Arbeitsentgeltes beträgt (so Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 52, 53). Diese Umgestaltung auf Grund gesammelter Erfahrung brachte insbesondere die Neufestsetzung der Arbeitslosengeldsätze für Arbeitslose, deren Ehegatte ebenfalls erwerbstätig ist (Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 48).
Objektiv geboten im angeführten Sinne ist der Steuerklassenwechsel insbesondere dann, wenn der Ehegatte des Arbeitslosen – etwa wegen der Geburt eines Kindes – seine bisherige Beschäftigung aufgibt oder von einer Vollzeitbeschäftigung zu einer Teilzeitbeschäftigung übergeht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BRats-Drucks. 575/75, S. 53). Diese systematische Anlage des § 113 Abs. 2 AFG innerhalb der Bemessungsregelungen über das Alg und der Sinn und Zweck der Bestimmung, Manipulationen zu Lasten der Versichertengemeinschaft über den Wechsel der Lohnsteuerklasse zu verhindern, könnte eine Hinweispflicht überhaupt nur dann begründen, wenn ein Steuerklassenwechsel zwischen den Ehegatten objektiv geboten in dem angeführten Sinne ist und dahingehende Umstände für den Versicherungsträger klar erkennbar geworden sind. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr mußte das Arbeitsamt davon ausgehen, daß die auf der Lohnsteuerkarte 1976 eingetragene Lohnsteuerklasse "fünf” der steuerlichen Belastung der ab 3. Januar 1976 arbeitslosen Klägerin vor Eintritt der Arbeitslosigkeit entsprochen hat, während der in Beschäftigung stehende Ehemann gleichzeitig den Vorteil einer Besteuerung nach Steuerklasse "drei” in Anspruch nimmt.
Der Umstand, daß nach dem Vorbringen der Klägerin die Eintragung der Steuerklasse "fünf” in die Lohnsteuerkarte 1976 am 28. Oktober 1975 erfolgt ist, nachdem bei einer Personalversammlung des Werkes Grünberg der Arbeitgeberin eine solche Steuerklassenänderung von der Gewerkschaft und dem Arbeitsamt angeraten worden sei, gibt keinen hinreichenden Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Zwar ist es richtig, daß infolge dieser Änderung der Steuerklasse von ursprünglich "vier” in "fünf” sich der wöchentliche Leistungssatz des Alg der Klägerin verringert hat. Hieraus läßt sich eine Aufklärungspflicht der BA im Falle der Klägerin aber auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Rechtspflicht aus vorausgegangenem Tun ("venire contra factum probrium”) herleiten, weil der vorgetragene Anlaß der Steuerklassenänderung dem Arbeitsamt bei der Antragstellung jedenfalls nicht deutlich gemacht worden ist. Dies hat auch die Klägerin selbst nicht behauptet. Es bestand deshalb bei der Antragstellung kein konkreter Anlaß für das Arbeitsamt, die Klägerin auf die neue Rechtslage hinzuweisen. Zudem hat die Klägerin erstmals auf die Umstände der Beratung in der Personalversammlung im Klageverfahren hingewiesen. Die Unterlassung einer Beratung erst im mit der Klage vom 22. März 1976 anhängig gemachten Klageverfahren konnte im Hinblick auf die Änderung des § 112 Abs. 2 AFG nicht mehr ursächlich werden, weil ein Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten, um den es sich hier gehandelt hätte, danach nur berücksichtigt wird, wenn der Wechsel vorgenommen wurde, weil der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur eine Teilzeitbeschäftigung ausübt. Der Ehemann der Klägerin war jedoch weiterhin voll beschäftigt. Die Auffassung der Klägerin, § 113 Abs. 2 AFG sei hinsichtlich dieser Beschränkung nicht verfassungskonform, teilt der Senat nicht. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes zum HStruktG-AFG zielt die Regelung des § 113 Abs. 2 AFG – wie angeführt – darauf ab, daß die Beseitigung von Verzerrungen bei der – bisherigen – Bemessung des Alg, wie sie durch die Neufassung des § 111 AFG beabsichtigt ist, nicht über die Manipulation der Lohnsteuerklasse vereitelt wird, weil der Steuerklassenwechsel innerhalb der Steuerklassen "drei” bis "fünf” (Ehegatten) auch ohne besonderen Anlaß vorgenommen werden kann (§ 39 Abs. 5 Einkommenssteuergesetz 1975), was für Unverheiratete nicht zutrifft. Die unterschiedliche Regelung von Sachverhalten in § 113 Abs. 1 AFG (Unverheiratete) und § 113 Abs. 2 AFG (Ehegatten) begründet sich somit aus der Eigenart der zu regelnden Verhältnisse und ist damit systemgerecht. Eine willkürliche Ungleichbehandlung ist jedenfalls nicht erkennbar.
Bei dieser Sach- und Rechtslage brauchte eine Vernehmung des von der Klägerin als Zeuge genannten L. K. nicht erfolgen. Der Senat ist von der Richtigkeit der dahingehenden Angaben der Klägerin ausgegangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil über die Rechtsfrage, ob und ggf. in welchem Umfang eine Beratungspflicht der BA im Verwaltungsverfahren über das Alg im Hinblick auf § 111 AFG i.Verb.m. § 113 Abs. 2 AFG besteht, noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt.
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