L 1 Ar 33/78

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 7 Ar 398/76
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 33/78
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Auf die gem. § 42 Abs. 2 AFG i.d.F. HstruktG erforderliche Zwischenbeschäftigung kann in Sonderfällen verzichtet werden.
2) Ein solcher Sonderfall ist gegeben, wenn – ohne daß die Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 AFG i.d.F. HStruktG und der VO zur Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 3. März 1976 und 17. Dezember 1976 vorliegen – die Teilnahme an einer nur kurzzeitigen, auf einen eng begrenzten Interessenbereich des Betriebes bezogenen Maßnahme gefördert worden ist, um Kurzarbeitsgeld zu vermeiden.
I. Die Berufung der Beklagten gegen des Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 1977 wird als unzulässig verworfen, soweit die Erstattung von Lehrgangsgebühren, Prüfungsgebühren und Kosten für Material- und Werkstattbenutzung anläßlich der praktischen Meisterprüfung im Streit stehen. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 1977 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit seiner Teilnahme an dem Lehrgang zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Kraftfahrzeughandwerk vom 26. Januar 1976 bis 28. Mai 1976 Unterhaltsgeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren sowie Kosten für Lernmittel und Fahrkosten in gesetzlichem Umfang zu erstatten.

III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang der Lehrstätte und Meisterschule des Kraftfahrzeughandwerks in F. zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung vom 26. Januar 1976 bis 28. Mai 1976 durch Unterhaltsgeld (Uhg) und durch Erstattung von Kosten für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren, Lernmittel und Fahrkosten zu fördern ist.

Der 1953 geborene Kläger ist seit 1. August 1978 bei dem Autohaus G. in F. beschäftigt. Er machte eine Lehre als Kraftfahrzeugmechaniker durch, die er mit der Gesellenprüfung abschloß. Anschließend arbeitete er bei diesem Arbeitgeber als Kraftfahrzeugmechaniker. Vom 4. bis 15. Februar 1975 nahm der Kläger an einem von dem Arbeitgeber durchgeführten Lehrgang "Automatik-Getriebe-Bedford-Blitz” teil. Die Beklagte förderte die Teilnahme des Klägers an diesem Lehrgang durch Gewährung von Uhg und Fahrkosten (Bescheide des Arbeitsamtes Frankfurt am Main vom 15. Februar 1975). In der Leistungsakte wurde hinsichtlich der Teilnahme des Klägers an diesem Lehrgang von dem Förderungsberater des Arbeitsamtes zum Förderungsantrag vom 24. Januar 1975 vermerkt, bei der an sich interessengebundenen Maßnahme habe ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse im Sinne des § 43 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bestanden, um Kurzarbeit zu vermeiden.

Der Unterricht des Meisterlehrganges fand vom 26. Januar 1976 bis 28. Mai 1976 jeweils an sechs Werktagen der Woche statt, montags bis freitags zehn Stunden, samstags fünf Stunden. Die Lehrgangsgebühren betrugen 1.270,– DM und waren bis 26. Januar 1976 fällig. Für die Ablegung der Prüfung (die Meisterprüfung schloß an den Lehrgang an) waren Prüfungsgebühren von 400,– DM bei der Anmeldung zur Prüfung bei der Handwerkskammer F. und für Kosten für Material- und Werkstattbenutzung anläßlich der praktischen Meisterprüfung ein Betrag von 170,– DM an den Maßnahmeträger zu entrichten, der ebenfalls bis zum 26. Januar 1976 fällig war (Bescheinigung der Lehrstätte und Meisterschule des Kraftfahrzeughandwerks, F., vom 20. Oktober 1975). In dieser Bescheinigung wurde ferner ausgeführt (während des Lehrgangs) entstünden dem Kläger Kosten für Lernmittel in Höhe von ca. 400,– DM. Der Kläger nahm an dem Lehrgang teil und schloß ihn mit der Ablegung der Meisterprüfung ab.

Den Förderungsantrag des Klägers vom 12. Dezember 1975 lehnte das Arbeitsamt F. ab, weil der Kläger nach Abschluß der letzten geförderten Maßnahme nicht eine mindestens zweijährige praktische Berufstätigkeit nachgewiesen habe (Bescheid vom 21. Januar 1976 und Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1976).

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, die Förderung des Kurzlehrganges seines Arbeitgebers, an dem er vom 4. bis 14. Februar 1975 teilgenommen habe, stehe der Förderung seiner Teilnahme an dem Meisterlehrgang nicht entgegen.

Mit Urteil vom 18. Oktober 1977 hob das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1976 auf und verurteilte die Beklagte "dem Grunde nach” die Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang "ab dem 26. Januar 1976” zu fördern. In den Entscheidungsgründen des Urteils wurde ausgeführt, bei dem Lehrgang handele es sich für den Kläger inhaltlich um eine berufliche Fortbildung im Sinne des § 41 AFG. Sie erfülle die Zugangsbedingungen des § 41 Abs. 1 AFG. An der Eignung und Neigung des Klägers bestünden keine Zweifel.

Der Förderung stehe auch die Regelung des § 42 Abs. 2 AFG nicht entgegen, weil es sich bei der Maßnahme, an der der Kläger vom 4. bis 14. Februar 1975 teilgenommen habe, nicht um eine solche im Sinne dieser Vorschrift handele. Gegen dieses ihr am 13. Dezember 1977 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. Januar 1978 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten.

Sie ist der Auffassung, daß der Förderung die Regelung des § 42 Abs. 2 AFG in der Fassung des HStruktG-AFG vom 18. September 1975 (BGBl. I S. 3113) entgegenstehe. Durch die Einführung dieser Regelung habe der Gesetzgeber Forderungsmittel einsparen wollen. Auf den zeitlichen Umfang der vorausgegangenen Förderung nach dem AFG sei es dabei zweifellos nicht abgestellt worden. Auch eine sogenannte "Bagatellförderung” löse die Wirkung des § 42 Abs. 2 AFG aus.

Der Kläger hat sich mit dem am 28. November 1978 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 27. November 1978 der Berufung der Beklagten angeschlossen und begehrt Förderung seiner Teilnahme an dem Meisterlehrgang durch Gewährung von Uhg, sowie Erstattung von Kosten für Lernmittel und für die Fahrten zwischen Wohnung und Schulungsstätte, weil ihm diese Kosten durch die Lehrgangsteilnahme notwendig entstanden seien. Die Fahrkosten habe er aufwenden müssen, weil die Entfernung zwischen Wohnung und Schulungsstätte 10 km betragen habe.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen, soweit die Erstattung von Kosten für Lehrgangsgebühren, Prüfungsgebühren und Kosten für Material- und Werkstattbenutzung anläßlich der praktischen Meisterprüfung im Streit steht,
hilfsweise,
insoweit die Berufung zurückzuweisen, im übrigen die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte im Wege, der Anschlußberufung unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 1977 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit seiner Teilnahme an dem Lehrgang zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Kraftfahrzeughandwerk vom 26. Januar 1976 bis 28. Mai 1976 Unterhaltsgeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren,
sowie Kosten für Lernmittel und Fahrkosten in gesetzlichem Umfang zu erstatten,
ferner, falls dem hilfsweise gestellten Antrag auf Zurückweisung der Berufung entsprochen wird, die Beklagte zu verurteilen, Lehrgangsgebühren, Prüfungsgebühren und Kosten für die Material- und Werkstattbenutzung anläßlich der Prüfung in gesetzlichem Umfang zu erstatten.

Der Kläger ist der Auffassung, die Maßnahme, die hier nur zur Vermeidung einer Kurzarbeit im betrieblichen Interesse vom Arbeitgeber durchgeführt worden sei, sei nicht geeignet die Wirkung des § 42 Abs. 2 AFG auszulösen. Ferner habe der Kläger nach dem damaligen Recht nicht davon ausgehen können, daß er durch die Teilnahme an einer kurzzeitigen und betrieblichen Interessen dienenden Maßnahme die Förderung der bereits seinerzeit beabsichtigten Ausbildung zum Meister des Kraftfahrzeughandwerks gefährde.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gem. § 158 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen, soweit die Erstattung von Kosten für Lehrgangsgebühren (1.270,– DM), Prüfungsgebühren (400,– DM) und Kosten für Material- und Werkstattbenutzung anläßlich der praktischen Meisterprüfung (170,– DM) im Streit steht. Diese Erstattungsansprüche sind jeweils als einmalige Leistungen anzusehen, bei denen der Berufungsausschuß gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG eingreift. Wie sich aus der Bescheinigung des Maßnahmeträgers vom 20. Oktober 1975 eindeutig ergibt, waren diese Kosten jeweils in einem Betrag zum Lehrgangsbeginn am 26. Januar 1976 (Lehrgangsgebühren und Kosten für Material- und Werkstattbenutzung anläßlich der praktischen Meisterprüfung) bzw. bei Antragstellung auf Zulassung zur Prüfung (Prüfungsgebühr) fällig. Insoweit handelt es sich um selbständige prozessuale Ansprüche, bei denen die Zulässigkeit des Rechtsmittels jeweils gesondert zu überprüfen ist. Die Rechtsmittelbelehrung in dem urteil des SG, daß dieses mit der Berufung angefochten werden könne, ist deshalb unrichtig erteilt, weil kein Anhalt besteht, daß es sich hierbei etwa um eine Zulassungsentscheidung gem. § 150 Nr. 1 SGG handelt. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zulässigkeit der Berufung führen könnte, ist nicht gerügt (§ 150 Nr. 2 SGG) und liegt ersichtlich auch nicht vor.

Im übrigen ist die Berufung statthaft. Auch soweit es um die Erstattung von Kosten für Lernmittel geht, greifen Berufungsausschließungsgründe im Sinne der §§ 144 bis 149 SGG nicht ein, insbesondere fehlt der für den Berufungsausschuß nach § 144 Abs. 1 SGG erforderliche Charakter der Einmaligkeit oder der Beschränkung auf längstens 13 Wochen oder 3 Monate. Denn das Erstattungsbegehren betrifft die jeweiligen während der Gesamtdauer des Lehrgangs entstehenden Kosten für Lernmittel, wie sich aus der Bescheinigung des Maßnahmeträgers vom 20. Oktober 1975 entnehmen läßt. Die Leistung erschöpft sich deshalb nicht im einem einmaligen Gewähren (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 27.1.1977 – 7 RAr 17/76 – und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies gilt auch für die Fahrkosten.

Sachlich ist die Berufung der Beklagten unbegründet und die Anschlußberufung des Klägers begründet.

Die Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang ist nach dem AFG durch Gewährung von Uhg (§ 44 AFG) sowie Erstattung von Kosten für Lernmittel und Fahrkosten (§ 45 AFG) in gesetzlichem Umfange zu fördern. Die Teilnahme an dem Lehrgang war für den Kläger inhaltlich eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG. Es hat sich insbesondere nicht um eine Maßnahme der beruflichen Umschulung gehandelt. Für die Abgrenzung zwischen Fortbildung und Umschulung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entscheidend, ob die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in dem angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden, oder ob diese Fertigkeiten entweder nicht oder nur unwesentlich für die "andere geeignete berufliche Tätigkeit” im Sinne des § 47 AFG Bedeutung haben, insoweit also ein Beruf mit neuem Inhalt erlernt wird (vgl. BSG SozR 4100 § 41 AFG Nr. 11). Der Kläger sollte durch den Lehrgang in die Lage versetzt werden, als Meister des Kraftfahrzeughandwerks tätig zu sein. Durch den Lehrgang sind seine in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrzeughandwerker erworbenen Fertigkeiten deshalb erweitert worden. Auch die Voraussetzung des § 41 AFG, daß die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme nur gefördert wird, wenn die Maßnahme als solche eine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung voraussetzt, liegen vor (Bescheinigung der Handwerkskammer F. vom 24.11.1978). Im übrigen besteht hierüber zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Der Kläger erfüllt auch die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Förderung. Die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme war auf etwa vier Monate begrenzt (§ 41 Abs. 3 S. 2 AFG).

Der Kläger hatte auch, bevor er in die Maßnahme eintrat, bei der Firma G. in F. als Kraftfahrzeugmechaniker mehrere Jahre in Beschäftigung gestanden (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 3 AFG). Ferner hat der Kläger die Maßnahme mit Erreichen des Zieles, der Ablegung der Meisterprüfung, abgeschlossen. Damit steht rückschauend fest, daß er die Fähigkeiten besaß, an der Fortbildungsmaßnahme erfolgreich teilzunehmen, womit sich zugleich die Eignung des Klägers für die Maßnahme bestätigt hat (§ 36 AFG).

Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 AFG in der hier maßgebenden Fassung des HStruktG-AFG. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift wird ein Antragsteller, der bereits einmal als Teilnehmer an einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme nach dem AFG gefördert worden ist, erneut nur gefördert, wenn er danach mindestens weitere drei Jahre beruflich tätig gewesen ist. Die berufliche Tätigkeit verkürzt sich um ein Jahr, wenn der Antragsteller an einer Maßnahme mit Vollzeitunterricht und einer Dauer bis zu 6 Monaten oder an einer Maßnahme mit Teilzeitunterricht und einer Dauer bis zu 12 Monaten teilnimmt (§ 42 Abs. 3 AFG). Der Kläger hatte vom 4. bis 14. Februar 1975 an einem Lehrgang teilgenommen und war als Teilnehmer nach dem AFG gefördert worden. Er ist danach weniger als ein Jahr berufstätig gewesen. Danach liegen nach dem Wortlaut des § 42 Abs. 2 AFG weder die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor, noch diejenigen in Verbindung mit § 42 Abs. 3 AFG. Ein Förderungsanspruch ergibt sich auch nicht abweichend von dem Wortlaut des § 42 Abs. 2 AFG aus § 2 der am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Verordnung zur Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung bei ungünstiger Beschäftigungslage vom 3. März 1976 (BGBl. I S. 411). Die Verordnung begünstigt arbeitslose Antragsteller; indessen ist der Kläger bis zum Beginn der Maßnahme als Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt gewesen. Er wäre auch nicht ohne die Maßnahme arbeitslos geworden. Nach der Verordnung zur Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung bei ungünstiger Beschäftigungslage vom 17. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3606) wird außerdem gefördert, wer zuvor während der Teilnahme an einer Vollzeitmaßnahme mit einer Dauer bis zu drei Monaten oder an einer Teilzeit- oder Fernunterrichtsmaßnahme mit einer Dauer bis zu zwölf Monaten gefördert worden ist. Diese Verordnung ist jedoch erst am 1. Januar 1977 in Kraft getreten, sie erfaßt deshalb die Teilnahme des Klägers an dem Meisterlehrgang nicht.

Nach Auffassung des Senats steht aber durch die Besonderheiten des vorliegenden Falles § 42 Abs. 2 AFG einem Förderungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Zwar hat das BSG in dem Urteil vom 30. Mai 1978 (7 RAr 10/77) ausgeführt, die Vorschrift des § 42 Abs. 2 AFG sei systemgerecht und nicht verfassungswidrig; das AFG habe der Bundesanstalt für Arbeit (BA) aus freier Entschließung und nicht aufgrund einer vorher bestehenden Verpflichtung der Gemeinschaft auferlegt, Bildungsmaßnahmen zu fördern. Jedoch läßt auch das BSG in der angeführten Entscheidung erkennen, daß in Ausnahmefällen auf die gemäß § 42 Abs. 2 AFG erforderliche Zwischenbeschäftigung verzichtet werden kann. Einen solchen Ausnahmefall hielt der Senat hier für gegeben. Die nur kurzzeitige Maßnahme (vom 4. bis 15. Februar 1975), die vom Arbeitgeber des Klägers durchgeführt wurde und die als interessengebundene Maßnahme nach § 43 Abs. 2 Satz 1 AFG an sich nicht förderbar war, ist nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 der Anordnung das Verwaltungsrats der BA über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (AFuU 1971) gefördert worden, weil der Betrieb die Maßnahme bei einer besonders ungünstigen Beschäftigungslage für seine Arbeitnehmer durchführte, die andernfalls einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld gehabt hätten. Dies ergibt sich eindeutig aus dem in der Leistungsakte enthaltenen Vermerk des Förderungsberaters des Arbeitsamtes zum Förderungsantrag vom 24. Januar 1975 und ist im übrigen zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Im Vordergrund der Förderung hat deshalb weniger die Förderung einer Bildungsmaßnahme als die Vermeidung der Bezahlung von Kurzarbeitergeld in dem Förderungszeitraum gestanden. Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall, weil es sich ohnehin nur um eine kurzzeitige Maßnahme handelte, die sich zudem lediglich auf einen eng begrenzten Interessenbereich des Betriebes ("Automatik-Getriebe-Bedford-Blitz”) bezog. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum HStruktG-AFG zielt die Regelung des § 42 Abs. 2 AFG jedoch darauf ab, eine nicht vertretbare Dauerinanspruchnahme der Förderungsleistungen zu verhindern, ohne jedoch den Ausbau und die Vertiefung der Fortbildung unmöglich zu machen. In der Begründung heißt es weiter, eine stufenweise Fortbildung entspreche dem gegliederten System der beruflichen Bildung. Jede weitere Fortbildungsstufe solle jedoch auf den Berufserfahrungen, die in der jeweils vorher erreichten beruflichen Ebene gewonnen worden sind, ausbauen. Ein unmittelbarer "Durchstieg” zu einem von vornher ein ins Auge gefaßten Endziel sei mehr dem Bereich der Ausbildung zuzuordnen und deshalb aus der Förderung nach dem AFG auszuschließen (vgl. BT-Drucks. 7/4127 zu Art. 20 § 1 Nr. 5 Abs. 2). Dieses Ziel des § 42 Abs. 1 AFG läßt es in Sonderfällen der vorliegenden Art nach Auffassung des Senats zu, auf die erforderliche Zwischenbeschäftigung ausnahmsweise zu verzichten. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß § 42 Abs. 2 AFG seine hier anzuwendende Fassung durch das HStruktG-AFG erhalten hat, mit dem nach seiner allgemeinen Zielsetzung die öffentlichen Finanzen konsolidiert werden sollten (vgl. BT-Drucks. 7/4127 S. 30).

Die Förderung der Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang ist schließlich such zweckmäßig (§ 36 AFG i.V.m. § 8 der hier maßgebenden Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 9. September 1971). Denn durch die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme ist jedenfalls seine Wettbewerbslage verbessert worden; zusätzlich zu den bereits vorhandenen Kenntnissen hat er weitere hinzuerworben, die es ihm ermöglichen, den Beruf, den er bereits hat, besser auszuüben. Es liegt auf der Hand, daß er mit der besseren Ausbildung auch höhere Chancen hat, einen Arbeitsplatz zu erwerben und zu behalten. Fortbildung ist – anders als Umschulung – in der Regel auch bei eingeschränkten Aussichten in den betreffenden Beruf zweckmäßig. Von der Zweckmäßigkeit der Förderung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes kann regelmäßig ausgegangen werden (vgl. BSG, Urt. v. 21.6.1977 – 7 RAr 37/76 –). So sind auch Umstände, die gegen die Zweckmäßigkeit, der Förderung i.S.d. § 36 AFG sprechen, von der Beklagten nicht vorgetragen worden.

Dem Kläger steht nach allem für die Zeit seiner Teilnahme an dem Lehrgang die begehrte Förderung zu. Die Anspruchsvoraussetzungen für Uhg sind erfüllt. Der Lehrgang wurde in Vollzeitunterrichtsform (ganztägiger Unterricht) durchgeführt (§ 44 Abs. 1 AFG). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, daß sich durch die Anrechnung von Einkommen aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit (§ 44 Abs. 4 AFG) ein Anspruch des Klägers auf Uhg nicht ergibt, nach dem er in dem Förderungsantrag glaubhaft angegeben hat, daß er solches Einkommen während des Lehrgangsbesuches nicht erziele, und er insoweit auch später keine Änderung angezeigt hat. Die Erstattung von Kosten für Lernmittel und Fahrkosten folgt aus § 45 AFG. Daß dem Kläger während der Zeit der Teilnahme an dem Lehrgang laufend Kosten für Lernmittel in Höhe von insgesamt ca. 400,– DM entstanden sind, ergibt sich aus der Bescheinigung des Maßnahmeträgers vom 20. Oktober 1975. Daß dem Kläger durch die Teilnahe/en dem Lehrgang notwendige Fahrkosten entstanden sind, ergibt sich aus seinen glaubhaften Angaben.

Entsprechend dem Antrag des Klägers war nach allem ein Grundurteil au erlassen (§ 130 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der entschiedenen Rechtsfrage über die Auslegung des § 42 Abs. 2 AFG i.d.F. HStruktG – auch in Anbetracht des Urteils des BSG vom 30. Mai 1978 – 7 RAr 10/79 – besondere Bedeutung beigemessen hat.
Rechtskraft
Aus
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