Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 731/70
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Juli 1970 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1920 geborene Kläger erhält wegen, Verlust des linken Oberschenkels” als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) Versorgung nach einen Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. (Umanerkennungsbescheid vom 14.3.1952).
Am 14. Juli 1965 beantragte er unter Überreichung von Zeugnissen beim Versorgungsamt Fulda Berufsschadensausgleich. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, nach Besuch der Volksschule eine Schuhmacherlehre abgeschlossen und bis tu seiner Einberufung zum Kriegsdienst als Schuhmachergeselle gearbeitet zu heben. Nach dem Kriege sei er von November 1947 bis Januar 1949 Schäftemacher, anschließend arbeitslos gewesen, habe in Oktober 1949 die Prüfung als Schuhmachermeister abgelegt und sich am 15. November desselben Jahres selbständig gemacht. Damit habe er sein Berufsziel erreicht. Als selbständiger Meister könne er bei der Arbeitseinteilung auf seine Schädigung Rücksicht nehmen. Durch geringere Arbeitsleistung entstehe ihm aber ein Verdienstausfall. 1963 habe sein Gewinn aus Gewerbe 7.689,– DM betragen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 1965 lehnte das Versorgungsamt seinen Antrag ab, weil er durch die Art der Schädigungsfolgen beruflich nicht besonders betroffen sei. Da er seinen Beruf auch nach der Schädigung wiederaufgenommen habe und nach einem gewissen Berufsanstieg weiter ausübe, liege ein Einkommensverlust nicht vor.
Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger unter Bezugnahme auf eine Bescheinigung des Badearztes Dr. M. vom 17. Januar 1966 aus, er könne, bei der Arbeit im Sitzen wegen der Stauchung keine Prothese tragen. Seine zu etwa 1/3 im Stehen an Maschinen zu verrichtenden Tätigkeiten übe er unter besonderem Energieaufwand aus.
Nachdem sich ORMR Dr. M. hierzu geäußert hatte, erging der den angefochtenen Bescheid bestätigende Widerspruchsbescheid.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Fulda hat der Kläger vorgetragen, er wäre bei seiner Wendigkeit und angesichts seiner guten Zeugnisse ohne die Schädigungsfolgen orthopädischer Schuhmachermeister mit einem Spezialgeschäft und höherem Verdienst geworden. Aber auch in seinem derzeitigen Beruf habe er einen Einkommensverlust, da er zu längeren Ruhepausen gezwungen sei und deshalb weniger Aufträge erledigen könne, zumal er seit Februar 1965 ohne Hilfskraft arbeite. Wegen des besonderen Kräfteaufwandes sei er beruflich besonders betroffen.
Hierzu und zu den vom Sozialgericht beigezogenen Einkommensteuerbescheiden der Jahre 1964 bis 1968 hat der Beklagte ausgeführt, für das verminderte Einkommen seien nicht die Schädigungsfolgen, sondern die Umstände anzuschuldigen, daß der Kläger keinen Gesellen mehr beschäftige und wegen eines schädigungsunabhängigen Gallenleidens auf Überstunden verzichten müsse. Ein wesentlich höherer Energieaufwand als üblich sei nicht dargetan.
Mit Urteil vom 14. Juli 1970 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Rente wegen beruflicher Betroffenheit nach einer MdE von 80 v.H. zu bemessen. Im übrigen hat es die lege abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, wegen der Besonderheit des Schuhmacherberufes, der in jeweils ungünstiger Stellung abwechselnd im Sitzen und Stehen ausgeübt werde, sei der Kläger beruflich besonders betroffen. Einen schädigungsbedingten Einkommensverlust habe er dagegen nicht. Auch ohne die Schädigungsfolgen würde er nach seinen ursprünglichen Angaben der Berufsgruppe des selbständigen Schuhmachermeisters angehören. Ob er den Spezialberuf in der Orthopädie angestrebt und weshalb er diesen Entschluß nicht verwirklicht habe, könne offenbleiben, weil er die notwendigen Fachkurse trotz seiner Amputation hätte absolvieren können. Für die Aufrechterhaltung der Schuhmacherei ohne einen Gesellen seien familiäre Gründe maßgebend gewesen. Die wirtschaftliche Rückläufigkeit von Handwerksbetrieben dieser Art sei gerichtsbekannt. Damit in Zusammenhang stehende Einkommensminderungen könnten den Schädigungsfolgen nicht angelastet werden.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 5. August 1970 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 17. August 1970 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Juli 1970 insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist und den Beklagten unter Aufhebung den Bescheides vom 14. Dezember 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1966 zu verurteilen, Berufsschadensausgleich unter Eingruppierung in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil in dem angefochtenen Umfang für zutreffend.
Die Akten des Versorgungsamtes Fulda mit der Grdl. Nr. XXXX haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1966 ist in dem vom Kläger in der Berufungsinstanz angegriffenen Umfang nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 3 und 4 BVG i.d.F. des 2. und 3. Neuordnungsgesetzes (NOG), wonach Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen um monatlich mindestens 75,– DM oder überhaupt gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich in monatlicher Höhe von vier Zehntel des Verlustes oder nach einer bezifferten Höchstgrenze erhalten (§ 30 Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeite- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte.
Von diesen Vorschriften ausgehend ist auch der Senat der Auffassung, daß dem Kläger dem Grunde nach kein Berufsschadensausgleich zusteht. Denn er hat keinen Einkommensverlust nachgewiesen oder auch nur wahrscheinlich gemacht, der in Kausalzusammenhang mit der anerkannten Schädigungsfolge steht.
Was zunächst seine in Verlauf des Klageverfahrens erster Instanz neu vorgebrachte Behauptung angeht, er wäre ohne die Schädigung orthopädischer Schuhmachermeister geworden und besäße ein Spezialgeschäft, das größeren Gewinn abwerfen würde, so konnten ihr nur unter Bedenken gefolgt werden. Denn er hat im Erhebungsbogen für Ermittlungen nach § 30 Abs. 2 bis 4 BVG, den er am 23. Juli 1965 unterschrieben hat, selbst angegeben, mit der Erreichung der allgemeinen Schuhmachermeisterqualifikation sei sein angestrebtes Berufsziel erreicht worden. Selbst wenn der Senat aber insoweit zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dieser hätte wegen seiner 2 1/2-jährigen Gesellentätigkeit bei einem orthopädischen Schuhmachermeister vor dem Kriege schon entsprechende Spezialkenntnisse besessen, die ihm veranlaßt haben würden, ebenfalls auf diesem Spezialgebiet tätig zu sein, bleibt doch der entscheidende Umstand bestehen, daß er die weiterführenden Kurse mit seiner Schädigungsfolge ohne unzumutbare Schwierigkeiten hätte durchführen können. Zutreffend hat daß Sozialgericht darauf hingewiesen, daß er nicht gehindert war, theoretische Lehrgänge zu besuchen und sich für den Weg dorthin der Verkehrsmittel zu bedienen. Sein Geschäft hätte er während einer weiteren Ausbildungszeit auch als Ungeschädigter im selben Umfang vornachlässigen müssen. Zumindest ist weder dargetan noch ersichtlich, daß und in welcher Form die Beschädigung hier von wesentlicher Bedeutung hätte sein können. Wenn er tatsächlich den Wunsch hatte, orthopädischer Schuhmachermeister zu werden, dann hätte er ihn verwirklichen können. Die Aufgabe desselben kann versorgungsrechtlichen Tatbeständen nicht angelastet werden.
Da der Kläger sein anfänglich angegebenes Ziel des selbständigen Schuhmachermeisters trotz der Schädigungsfolgen erreicht hat, war insoweit nur zu fragen, ob er durch die Schädigung am Aufstieg in diesem Beruf verhindert worden ist (siehe hierzu § 2 Abs. 2 bzw. 3 der Durchführungsverordnungen zu § 30 Abs. 3 und 4 vom 30. Juli 1964 und vom 28. Februar 1968). Das ist indessen ebenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich. Zwar schwankte sein Einkommen aus Gewerbe in den Jahren ab 1963 bin 1968 und ist insgesamt gesehen nicht hoch. Es fehlen aber konkrete Anhaltspunkte in genügender Zahl, um hieraus zwingende Schlüsse auf ein schädigungsbedingtes Mindereinkommen oder umgekehrt auf ein erhebliches Mehreinkommen als ungeschädigter Schuhmachermeister aus einem Handwerksbetrieb entsprechender Größe und in vergleichbarer Lage zu ziehen. Denn kleinere Werkstätten, welche sich mit der Reparatur von Schuhen befassen, sind nach Errichtung von mechanisierten Schuhbeschlanstalten seit Beginn der 60iger Jahre wirtschaftlich immer mehr in Bedrängnis geraten. Das wird vorliegend konkret dadurch deutlich, daß der Geselle des Klägers im Februar 1965 gekündigt hat, um eine besser bezahlte Stellung anzutreten und Letzterer seitdem keine neue Hilfskraft eingestellt hat. Hinzukommt, daß die Schuhindustrie etwa seit dem gleichen Zeitpunkt mehr und mehr billige Schuhe auf den Markt wirft, deren Reparatur nicht lohnt und Hand in Hand damit die Anfertigung von Schuhwerk nach Maß weitgehend ungebräuchlich geworden ist. Diese wirtschaftlichen Gesichtspunkte sind dem Senat bekannt und haben bereits in seiner Entscheidung vom 5. November 1971, Az.: L 5/V-727/70, Niederschlag gefunden. Wenn der Kläger mit seinem Gesellen im Jahre 1963 5.989,65 DM an Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielt hatte, im Jahre 1964 7.332,– DM, im Jahre 1965 zwar weitgehend ohne Hilfskraft, jedoch auch wegen einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer schädigunsunabhängigen Gallenblasenerkrankung nur 4.711,– DM, 1966 aber wieder 7.169,– DM, im Jahre 1967 6.303,– DM und, 1968 dann 5.588,– DM, so zeigt sich das Bild eines von der Konjunktur, nicht aber von der Schädigung seines Inhabers abhängigen Kleinbetriebes. Aus diesen Zahlen kann jedenfalls nicht ersehen werden, daß der Kläger nach Ausscheiden seines Gesellen aus schädigungsbedingten Gründen weniger Aufträge ausführen konnte und deshalb einen Einkommensverlust besitzt. Damit entfällt auch die Annahme und der Nachweis eines mangelnden Aufstieges im Beruf.
Hiernach konnte die Berufung keinen Erfolg haben, weshalb mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenfolge, wie geschehen, zu erkennen war.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1920 geborene Kläger erhält wegen, Verlust des linken Oberschenkels” als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) Versorgung nach einen Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. (Umanerkennungsbescheid vom 14.3.1952).
Am 14. Juli 1965 beantragte er unter Überreichung von Zeugnissen beim Versorgungsamt Fulda Berufsschadensausgleich. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, nach Besuch der Volksschule eine Schuhmacherlehre abgeschlossen und bis tu seiner Einberufung zum Kriegsdienst als Schuhmachergeselle gearbeitet zu heben. Nach dem Kriege sei er von November 1947 bis Januar 1949 Schäftemacher, anschließend arbeitslos gewesen, habe in Oktober 1949 die Prüfung als Schuhmachermeister abgelegt und sich am 15. November desselben Jahres selbständig gemacht. Damit habe er sein Berufsziel erreicht. Als selbständiger Meister könne er bei der Arbeitseinteilung auf seine Schädigung Rücksicht nehmen. Durch geringere Arbeitsleistung entstehe ihm aber ein Verdienstausfall. 1963 habe sein Gewinn aus Gewerbe 7.689,– DM betragen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 1965 lehnte das Versorgungsamt seinen Antrag ab, weil er durch die Art der Schädigungsfolgen beruflich nicht besonders betroffen sei. Da er seinen Beruf auch nach der Schädigung wiederaufgenommen habe und nach einem gewissen Berufsanstieg weiter ausübe, liege ein Einkommensverlust nicht vor.
Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger unter Bezugnahme auf eine Bescheinigung des Badearztes Dr. M. vom 17. Januar 1966 aus, er könne, bei der Arbeit im Sitzen wegen der Stauchung keine Prothese tragen. Seine zu etwa 1/3 im Stehen an Maschinen zu verrichtenden Tätigkeiten übe er unter besonderem Energieaufwand aus.
Nachdem sich ORMR Dr. M. hierzu geäußert hatte, erging der den angefochtenen Bescheid bestätigende Widerspruchsbescheid.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Fulda hat der Kläger vorgetragen, er wäre bei seiner Wendigkeit und angesichts seiner guten Zeugnisse ohne die Schädigungsfolgen orthopädischer Schuhmachermeister mit einem Spezialgeschäft und höherem Verdienst geworden. Aber auch in seinem derzeitigen Beruf habe er einen Einkommensverlust, da er zu längeren Ruhepausen gezwungen sei und deshalb weniger Aufträge erledigen könne, zumal er seit Februar 1965 ohne Hilfskraft arbeite. Wegen des besonderen Kräfteaufwandes sei er beruflich besonders betroffen.
Hierzu und zu den vom Sozialgericht beigezogenen Einkommensteuerbescheiden der Jahre 1964 bis 1968 hat der Beklagte ausgeführt, für das verminderte Einkommen seien nicht die Schädigungsfolgen, sondern die Umstände anzuschuldigen, daß der Kläger keinen Gesellen mehr beschäftige und wegen eines schädigungsunabhängigen Gallenleidens auf Überstunden verzichten müsse. Ein wesentlich höherer Energieaufwand als üblich sei nicht dargetan.
Mit Urteil vom 14. Juli 1970 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Rente wegen beruflicher Betroffenheit nach einer MdE von 80 v.H. zu bemessen. Im übrigen hat es die lege abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, wegen der Besonderheit des Schuhmacherberufes, der in jeweils ungünstiger Stellung abwechselnd im Sitzen und Stehen ausgeübt werde, sei der Kläger beruflich besonders betroffen. Einen schädigungsbedingten Einkommensverlust habe er dagegen nicht. Auch ohne die Schädigungsfolgen würde er nach seinen ursprünglichen Angaben der Berufsgruppe des selbständigen Schuhmachermeisters angehören. Ob er den Spezialberuf in der Orthopädie angestrebt und weshalb er diesen Entschluß nicht verwirklicht habe, könne offenbleiben, weil er die notwendigen Fachkurse trotz seiner Amputation hätte absolvieren können. Für die Aufrechterhaltung der Schuhmacherei ohne einen Gesellen seien familiäre Gründe maßgebend gewesen. Die wirtschaftliche Rückläufigkeit von Handwerksbetrieben dieser Art sei gerichtsbekannt. Damit in Zusammenhang stehende Einkommensminderungen könnten den Schädigungsfolgen nicht angelastet werden.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 5. August 1970 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 17. August 1970 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Juli 1970 insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist und den Beklagten unter Aufhebung den Bescheides vom 14. Dezember 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1966 zu verurteilen, Berufsschadensausgleich unter Eingruppierung in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil in dem angefochtenen Umfang für zutreffend.
Die Akten des Versorgungsamtes Fulda mit der Grdl. Nr. XXXX haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1966 ist in dem vom Kläger in der Berufungsinstanz angegriffenen Umfang nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 3 und 4 BVG i.d.F. des 2. und 3. Neuordnungsgesetzes (NOG), wonach Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen um monatlich mindestens 75,– DM oder überhaupt gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG einen Berufsschadensausgleich in monatlicher Höhe von vier Zehntel des Verlustes oder nach einer bezifferten Höchstgrenze erhalten (§ 30 Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist dabei der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeite- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte.
Von diesen Vorschriften ausgehend ist auch der Senat der Auffassung, daß dem Kläger dem Grunde nach kein Berufsschadensausgleich zusteht. Denn er hat keinen Einkommensverlust nachgewiesen oder auch nur wahrscheinlich gemacht, der in Kausalzusammenhang mit der anerkannten Schädigungsfolge steht.
Was zunächst seine in Verlauf des Klageverfahrens erster Instanz neu vorgebrachte Behauptung angeht, er wäre ohne die Schädigung orthopädischer Schuhmachermeister geworden und besäße ein Spezialgeschäft, das größeren Gewinn abwerfen würde, so konnten ihr nur unter Bedenken gefolgt werden. Denn er hat im Erhebungsbogen für Ermittlungen nach § 30 Abs. 2 bis 4 BVG, den er am 23. Juli 1965 unterschrieben hat, selbst angegeben, mit der Erreichung der allgemeinen Schuhmachermeisterqualifikation sei sein angestrebtes Berufsziel erreicht worden. Selbst wenn der Senat aber insoweit zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dieser hätte wegen seiner 2 1/2-jährigen Gesellentätigkeit bei einem orthopädischen Schuhmachermeister vor dem Kriege schon entsprechende Spezialkenntnisse besessen, die ihm veranlaßt haben würden, ebenfalls auf diesem Spezialgebiet tätig zu sein, bleibt doch der entscheidende Umstand bestehen, daß er die weiterführenden Kurse mit seiner Schädigungsfolge ohne unzumutbare Schwierigkeiten hätte durchführen können. Zutreffend hat daß Sozialgericht darauf hingewiesen, daß er nicht gehindert war, theoretische Lehrgänge zu besuchen und sich für den Weg dorthin der Verkehrsmittel zu bedienen. Sein Geschäft hätte er während einer weiteren Ausbildungszeit auch als Ungeschädigter im selben Umfang vornachlässigen müssen. Zumindest ist weder dargetan noch ersichtlich, daß und in welcher Form die Beschädigung hier von wesentlicher Bedeutung hätte sein können. Wenn er tatsächlich den Wunsch hatte, orthopädischer Schuhmachermeister zu werden, dann hätte er ihn verwirklichen können. Die Aufgabe desselben kann versorgungsrechtlichen Tatbeständen nicht angelastet werden.
Da der Kläger sein anfänglich angegebenes Ziel des selbständigen Schuhmachermeisters trotz der Schädigungsfolgen erreicht hat, war insoweit nur zu fragen, ob er durch die Schädigung am Aufstieg in diesem Beruf verhindert worden ist (siehe hierzu § 2 Abs. 2 bzw. 3 der Durchführungsverordnungen zu § 30 Abs. 3 und 4 vom 30. Juli 1964 und vom 28. Februar 1968). Das ist indessen ebenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich. Zwar schwankte sein Einkommen aus Gewerbe in den Jahren ab 1963 bin 1968 und ist insgesamt gesehen nicht hoch. Es fehlen aber konkrete Anhaltspunkte in genügender Zahl, um hieraus zwingende Schlüsse auf ein schädigungsbedingtes Mindereinkommen oder umgekehrt auf ein erhebliches Mehreinkommen als ungeschädigter Schuhmachermeister aus einem Handwerksbetrieb entsprechender Größe und in vergleichbarer Lage zu ziehen. Denn kleinere Werkstätten, welche sich mit der Reparatur von Schuhen befassen, sind nach Errichtung von mechanisierten Schuhbeschlanstalten seit Beginn der 60iger Jahre wirtschaftlich immer mehr in Bedrängnis geraten. Das wird vorliegend konkret dadurch deutlich, daß der Geselle des Klägers im Februar 1965 gekündigt hat, um eine besser bezahlte Stellung anzutreten und Letzterer seitdem keine neue Hilfskraft eingestellt hat. Hinzukommt, daß die Schuhindustrie etwa seit dem gleichen Zeitpunkt mehr und mehr billige Schuhe auf den Markt wirft, deren Reparatur nicht lohnt und Hand in Hand damit die Anfertigung von Schuhwerk nach Maß weitgehend ungebräuchlich geworden ist. Diese wirtschaftlichen Gesichtspunkte sind dem Senat bekannt und haben bereits in seiner Entscheidung vom 5. November 1971, Az.: L 5/V-727/70, Niederschlag gefunden. Wenn der Kläger mit seinem Gesellen im Jahre 1963 5.989,65 DM an Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielt hatte, im Jahre 1964 7.332,– DM, im Jahre 1965 zwar weitgehend ohne Hilfskraft, jedoch auch wegen einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer schädigunsunabhängigen Gallenblasenerkrankung nur 4.711,– DM, 1966 aber wieder 7.169,– DM, im Jahre 1967 6.303,– DM und, 1968 dann 5.588,– DM, so zeigt sich das Bild eines von der Konjunktur, nicht aber von der Schädigung seines Inhabers abhängigen Kleinbetriebes. Aus diesen Zahlen kann jedenfalls nicht ersehen werden, daß der Kläger nach Ausscheiden seines Gesellen aus schädigungsbedingten Gründen weniger Aufträge ausführen konnte und deshalb einen Einkommensverlust besitzt. Damit entfällt auch die Annahme und der Nachweis eines mangelnden Aufstieges im Beruf.
Hiernach konnte die Berufung keinen Erfolg haben, weshalb mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenfolge, wie geschehen, zu erkennen war.
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