Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
17
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 17 AS 297/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II).
Der Antragsteller bezog bis zum 28.02.2007 Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III).
Am 27.02.2007 beantragte er bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.03.2007.
Im Rahmen der Antragstellung wies der Antragsteller folgende Vermögenswerte nach:
Girokonto Nr. 593608 Sparkasse Geldern = 352,04 Euro Sparbuch-Nr. 3212857225 Sparkasse Geldern = 191,55 Euro Lebensversicherung (kapitalbildend) Nr. 2.6123007.86 Aachen-Münchener Vers. (Rückkaufswert) = 12.981,10 Euro
Mit Bescheid vom 16.03.2007 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, da der Antragsteller unter Berücksichtigung seines Vermögens in Höhe von 13.524,69 Euro abzüglich des Grundfreibetrages in Höhe von 6.750,- Euro und eines Freibetrages für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,- Euro über verwertbares Vermögen in Höhe von 6.024,69 Euro verfüge.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein, mit dem er unter Vorlage einer Bestätigung der Aachen-Münchener Versicherung geltend machte, die Verwertung der Lebensversicherung sei unwirtschaftlich. Der Rückkaufswert in Höhe von 12.981,10 Euro stünden nämlich eingezahlte Beiträge in Höhe von 17.733,29 Euro gegenüber.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.07 wies der Antragsgegner unter Bezugnahme auf ein Urteil des Sozialgerichts Berlin (Az.: S 63 AS 2117/05) den Widerspruch als unbegründet zurück. Die bisherige Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Arbeitslosenhilfe eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von Lebensversicherungen dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Rückkaufswert mehr als 10% unter den eingezahlten Beiträgen liege, könne nicht auf § 12 Abs. 2 Nr. 6 SGB II übertragen werden. Hier sei Unwirtschaftlichkeit nur in atypischen Sachlagen anzunehmen, welche selbst bei einer Unterschreitung des Rückkaufswerts von 30% gegenüber dem eingezahlten Beiträgen noch nicht anzunehmen sei.
Wegen der weiteren Begründung wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.07 Bezug genommen.
Am 27.07.2007 hat der Antragsteller bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt sowie Klage erhoben, welche unter dem Az.: 17 AS 299/07 geführt wird.
Zur Begründung weist der Antragsteller auf die Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit hin, nach der bei einem Wertverlust von 10% gegenüber den eingezahlten Beiträgen Unwirtschaftlichkeit indiziert sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bei Gericht (27.07.2007) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält an seiner im Widerspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest.
II.
Der gemäß § 86 b Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) zulässige Antrag ist nicht begründet. Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86 b II 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung voraus, dass der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden. Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird- in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller weiterhin glaubhaft macht, dass ihm andernfalls schwerwiegende Nachteile im Sinne einer existentiellen Notlage drohen und zudem bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass er in der Hauptsache obsiegt. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch in diesem Sinne glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 7, 9 SGB II. Er ist nämlich nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist nur derjenige hilfebedürftig, der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr. 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der Antragsteller ist unter Berücksichtigung des bei ihm vorhandenen und verwertbaren Vermögens nicht bedürftig. Als Vermögen, welches zumutbarerweise verwertet werden kann, sind neben dem Guthaben auf dem Girokonto und dem Sparkonto der Rückkaufswert der Kapitallebensversicherung in Höhe von 12.981,10 Euro zu berücksichtigen. Unter Abzug der Freibeträge aufgrund des Alters des Antragstellers in Höhe von 6.750,00 Euro (45 Jahre mal 150,00 Euro) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und des Freibetrags für notwendige Anschaffungen von 750,- Euro (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II) verfügt der Antragsteller über Vermögen in Höhe von 6.024,69 Euro, welches verwertbar und dessen Verwertung zumutbar ist. Der Verwertung steht nicht § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II entgegen, wonach Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenden eine besondere Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind. Die Verwertung ist vorliegend nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Gesetzgeber hat sich bei § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II an den Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit des inzwischen außer Kraft getretenen § 1 Abs. 3 Nr. 6 der Arbeitslosenhilfeverordnung (ALHIVO) 2002 angelehnt (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1516 S. 53). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lag eine Unwirtschaftlichkeit im Sinne der letztgenannten Vorschrift bei der Verwertung einer Lebensversicherung dann vor, wenn der Zwang zum Verkauf die eingezahlten Beiträge in einem nennenswerten Umfang entwerten würde, so dass ein normal und ökonomisch Handelnder diese Verwertung unterlassen würde (BSG Urteil vom 27.01.2005 - B 7a / 7 AL 34/04 R). Die bisherigen Verwaltungsvorschriften der Bundesagentur für Arbeit haben dem dadurch Rechnung getragen, dass eine Verwertung dann nicht als offensichtlich unwirtschaft angesehen haben, wenn der zuerwartende Nettoerlös bis zu 10% unter dem Substanzwert gelegen hat.
Es ist nicht zwingend, dass für den Bereich des SGB II an dieser Verwaltungspraxis festzuhalten ist. Denn der Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit muss im Zusammenhang mit dem in § 12 Abs. 2 Nr. 6 SGB II wahlweise und damit gleichwertig enthaltenen Begriff der besonderen Härte ausgelegt werden (SG Berlin, Urteil vom 02.08.2005 - S 63 AS 2117/05; SG Berlin, Urteil vom 29.03.2006 - S 55 AS 7521/05). Ausweislich der Gesetzesbegründung ist die besondere Härte im Gesetzgebungsverfahren nachträglich eingefügt worden, was darauf hindeutet, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der besonderen Härte atypische Fälle meint, bei denen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die soziale Stellung des Hilfebedürftigen nachhaltig beeinträchtigt ist. Daraus ist zu fordern, dass auch der Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit von einer atypischen Sachlage ausgeht. Da die vorzeitige Verwertung einer Lebensversicherung regelmäßig mit erheblichen Verlusten verbunden ist, kann ein atypischer Sachverhalt nur angenommen werden, wenn die im Regelfall eintretenden Verluste deutlich überschritten werden. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne der genannten Vorschrift liegt dementsprechend nur dann vor, wenn der durch eine Verwertung des Vermögens erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Mißverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18.08.2006 - L 7 AS 81/06). Insoweit ist lediglich die Verschleuderung von Vermögenswerten unzumutbar (Bayerisches LSG am angegebenen Ort).
Dies kann bei einem Rückkaufswerts, der vorliegend 26,8% unter dem Wert der eingezahlten Beiträge liegt, noch nicht angenommen werden.
Auch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Härte kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die vom Gesetzgeber vorausgesetzt atypische Sachlage nicht ersichtlich ist. Es stellt keine besondere Härte dar, dass die Rückkaufswerte von Lebensversicherungen hinter den auf sie erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers erheblich zurückbleiben (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.12.1997 - 5 C 7/96). Es gehört nämlich zu den allgemeinen Lebensrisiken, für andere Zwecke zurückgelegtes Kapital vorzeitig und unter Inkaufnahme eines Verlustes zur Deckung unerwarteten Bedarfs einsetzen zu müssen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.1993 - 8 A 278/92). Die vorgenannte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat eine Härte bei der Verwertung einer Lebensversicherung erst dann angenommen, wenn der Rückkaufswert um mehr als die Hälfte hinter den erbrachten Beiträgen zurückbleibt. Ob hieran vollumfänglich festzuhalten sein wird, kann dahin stehen, da jedenfalls vorliegend bei einem Verlust von ca. 1/4 der eingezahlten Beiträge eine besondere Härte noch nicht angenommen werden kann.
Darüber hinaus hat der Kläger nicht nur die Möglichkeit des Rückkaufs der Lebensversicherung, sondern auch die Möglichkeit, seine Ansprüche aus der Versicherung abzutreten oder an Dritte zu veräußern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine derartige Vorgehensweise versicherungsvertraglich ausgeschlossen wäre oder dass dadurch ein offensichtlich unwirtschaftlicher Verlust entstehen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II).
Der Antragsteller bezog bis zum 28.02.2007 Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III).
Am 27.02.2007 beantragte er bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.03.2007.
Im Rahmen der Antragstellung wies der Antragsteller folgende Vermögenswerte nach:
Girokonto Nr. 593608 Sparkasse Geldern = 352,04 Euro Sparbuch-Nr. 3212857225 Sparkasse Geldern = 191,55 Euro Lebensversicherung (kapitalbildend) Nr. 2.6123007.86 Aachen-Münchener Vers. (Rückkaufswert) = 12.981,10 Euro
Mit Bescheid vom 16.03.2007 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, da der Antragsteller unter Berücksichtigung seines Vermögens in Höhe von 13.524,69 Euro abzüglich des Grundfreibetrages in Höhe von 6.750,- Euro und eines Freibetrages für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,- Euro über verwertbares Vermögen in Höhe von 6.024,69 Euro verfüge.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein, mit dem er unter Vorlage einer Bestätigung der Aachen-Münchener Versicherung geltend machte, die Verwertung der Lebensversicherung sei unwirtschaftlich. Der Rückkaufswert in Höhe von 12.981,10 Euro stünden nämlich eingezahlte Beiträge in Höhe von 17.733,29 Euro gegenüber.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.07 wies der Antragsgegner unter Bezugnahme auf ein Urteil des Sozialgerichts Berlin (Az.: S 63 AS 2117/05) den Widerspruch als unbegründet zurück. Die bisherige Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Arbeitslosenhilfe eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von Lebensversicherungen dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Rückkaufswert mehr als 10% unter den eingezahlten Beiträgen liege, könne nicht auf § 12 Abs. 2 Nr. 6 SGB II übertragen werden. Hier sei Unwirtschaftlichkeit nur in atypischen Sachlagen anzunehmen, welche selbst bei einer Unterschreitung des Rückkaufswerts von 30% gegenüber dem eingezahlten Beiträgen noch nicht anzunehmen sei.
Wegen der weiteren Begründung wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.07 Bezug genommen.
Am 27.07.2007 hat der Antragsteller bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt sowie Klage erhoben, welche unter dem Az.: 17 AS 299/07 geführt wird.
Zur Begründung weist der Antragsteller auf die Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit hin, nach der bei einem Wertverlust von 10% gegenüber den eingezahlten Beiträgen Unwirtschaftlichkeit indiziert sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bei Gericht (27.07.2007) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält an seiner im Widerspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest.
II.
Der gemäß § 86 b Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) zulässige Antrag ist nicht begründet. Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86 b II 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung voraus, dass der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden. Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird- in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller weiterhin glaubhaft macht, dass ihm andernfalls schwerwiegende Nachteile im Sinne einer existentiellen Notlage drohen und zudem bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass er in der Hauptsache obsiegt. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch in diesem Sinne glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 7, 9 SGB II. Er ist nämlich nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist nur derjenige hilfebedürftig, der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr. 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der Antragsteller ist unter Berücksichtigung des bei ihm vorhandenen und verwertbaren Vermögens nicht bedürftig. Als Vermögen, welches zumutbarerweise verwertet werden kann, sind neben dem Guthaben auf dem Girokonto und dem Sparkonto der Rückkaufswert der Kapitallebensversicherung in Höhe von 12.981,10 Euro zu berücksichtigen. Unter Abzug der Freibeträge aufgrund des Alters des Antragstellers in Höhe von 6.750,00 Euro (45 Jahre mal 150,00 Euro) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und des Freibetrags für notwendige Anschaffungen von 750,- Euro (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II) verfügt der Antragsteller über Vermögen in Höhe von 6.024,69 Euro, welches verwertbar und dessen Verwertung zumutbar ist. Der Verwertung steht nicht § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II entgegen, wonach Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenden eine besondere Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind. Die Verwertung ist vorliegend nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Gesetzgeber hat sich bei § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II an den Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit des inzwischen außer Kraft getretenen § 1 Abs. 3 Nr. 6 der Arbeitslosenhilfeverordnung (ALHIVO) 2002 angelehnt (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1516 S. 53). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lag eine Unwirtschaftlichkeit im Sinne der letztgenannten Vorschrift bei der Verwertung einer Lebensversicherung dann vor, wenn der Zwang zum Verkauf die eingezahlten Beiträge in einem nennenswerten Umfang entwerten würde, so dass ein normal und ökonomisch Handelnder diese Verwertung unterlassen würde (BSG Urteil vom 27.01.2005 - B 7a / 7 AL 34/04 R). Die bisherigen Verwaltungsvorschriften der Bundesagentur für Arbeit haben dem dadurch Rechnung getragen, dass eine Verwertung dann nicht als offensichtlich unwirtschaft angesehen haben, wenn der zuerwartende Nettoerlös bis zu 10% unter dem Substanzwert gelegen hat.
Es ist nicht zwingend, dass für den Bereich des SGB II an dieser Verwaltungspraxis festzuhalten ist. Denn der Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit muss im Zusammenhang mit dem in § 12 Abs. 2 Nr. 6 SGB II wahlweise und damit gleichwertig enthaltenen Begriff der besonderen Härte ausgelegt werden (SG Berlin, Urteil vom 02.08.2005 - S 63 AS 2117/05; SG Berlin, Urteil vom 29.03.2006 - S 55 AS 7521/05). Ausweislich der Gesetzesbegründung ist die besondere Härte im Gesetzgebungsverfahren nachträglich eingefügt worden, was darauf hindeutet, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der besonderen Härte atypische Fälle meint, bei denen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die soziale Stellung des Hilfebedürftigen nachhaltig beeinträchtigt ist. Daraus ist zu fordern, dass auch der Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit von einer atypischen Sachlage ausgeht. Da die vorzeitige Verwertung einer Lebensversicherung regelmäßig mit erheblichen Verlusten verbunden ist, kann ein atypischer Sachverhalt nur angenommen werden, wenn die im Regelfall eintretenden Verluste deutlich überschritten werden. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne der genannten Vorschrift liegt dementsprechend nur dann vor, wenn der durch eine Verwertung des Vermögens erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Mißverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18.08.2006 - L 7 AS 81/06). Insoweit ist lediglich die Verschleuderung von Vermögenswerten unzumutbar (Bayerisches LSG am angegebenen Ort).
Dies kann bei einem Rückkaufswerts, der vorliegend 26,8% unter dem Wert der eingezahlten Beiträge liegt, noch nicht angenommen werden.
Auch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Härte kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die vom Gesetzgeber vorausgesetzt atypische Sachlage nicht ersichtlich ist. Es stellt keine besondere Härte dar, dass die Rückkaufswerte von Lebensversicherungen hinter den auf sie erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers erheblich zurückbleiben (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.12.1997 - 5 C 7/96). Es gehört nämlich zu den allgemeinen Lebensrisiken, für andere Zwecke zurückgelegtes Kapital vorzeitig und unter Inkaufnahme eines Verlustes zur Deckung unerwarteten Bedarfs einsetzen zu müssen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.1993 - 8 A 278/92). Die vorgenannte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat eine Härte bei der Verwertung einer Lebensversicherung erst dann angenommen, wenn der Rückkaufswert um mehr als die Hälfte hinter den erbrachten Beiträgen zurückbleibt. Ob hieran vollumfänglich festzuhalten sein wird, kann dahin stehen, da jedenfalls vorliegend bei einem Verlust von ca. 1/4 der eingezahlten Beiträge eine besondere Härte noch nicht angenommen werden kann.
Darüber hinaus hat der Kläger nicht nur die Möglichkeit des Rückkaufs der Lebensversicherung, sondern auch die Möglichkeit, seine Ansprüche aus der Versicherung abzutreten oder an Dritte zu veräußern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine derartige Vorgehensweise versicherungsvertraglich ausgeschlossen wäre oder dass dadurch ein offensichtlich unwirtschaftlicher Verlust entstehen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved