L 3 U 497/79

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 227/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 497/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. März 1979 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Veranlagung zu den Gefahrklassen und von Zuschlagen bei der Beitragsfestsetzung.

Die Beklagte veranlagte die Klägerin in ihren Mitgliedsbetrieben Werk H., Werk W., und der – Werk H. – durch Bescheide vom 30. Oktober 1974 zu den Gefahrklassen gemäß § 734 Absatz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit § 25 der Satzung der Beklagten, nämlich die ersten beiden Werke zu der Gefahrklasse 3,0 und das letzte zu der Gefahrklasse 2,5. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist keinen Rechtsbehelf eingelegt.

Aufgrund dessen und unter Anwendung des zum 1. Januar 1974 eingeführten Nachlaß-Zuschlag-Verfahrens der Beklagten (NZV) setzte diese jeweils den Beitrag zuzüglich eines Zuschlags nach dem NZV durch folgende in den vorliegenden Rechtsstreiten angefochtene Bescheide fest:

1) Werk H.
- Beitragsbescheide für das Jahr 1976 vom 15. April 1977, abgeändert durch Bescheid vom 3. März 1978,

2) Beitragsbescheid für das Jahr 1977 vom 17. April 1978,
- Werk W.
a) Beitragsbescheid für das Jahr 1976 vom 15. April 1977,

b) Beitragsbescheid für das Jahr 1977 vom 17. April 1978,
- ,
Beitragsbescheid für das Jahr 1977 Vom 17. April 1978.

Die am 2. Mai 1977 (gegen die Bescheide vom 15. April 1977) und am 2. Mai 1978, (gegen die Bescheide vom 17. April 1978) eingelegten Widersprüche der Klägerin, mit denen geltend gemacht wurde, das NZV und der Gefahrtarif seien nicht durch die gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen gedeckt, wies die Beklagte bis auf eine Ausnahme mit Widerspruchsbescheiden vom 28. Juni 1978 zurück; den gegen den Bescheid vom 15. April 1977 – Werk W. – gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 1978 zurück.

Am 21. Juli 1978 hat die Klägerin gegen jeden der fünf Beitragsbescheide jeweils Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben. Das SG hat zunächst die fünf Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Sodann hat es mit Urteil vom 7. März 1979 die Klagen abgewiesen; auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 27. März 1979 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. April 1979 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Sie führt aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil sie Beiträge forderten, die nach einer rechtswidrigen Veranlagung zum Gefahrtarif berechnet worden seien. Rechtswidrig seien sie auch deswegen, weil sie Zuschläge zum Beitrag forderten, die nach einem vom Gesetz nicht gedeckten NZV ermittelt worden seien. Nach § 725 RVO solle das NZV in erster Linie den Unternehmer zu einer aktiven Unfallverhütung anhalten. Das NZV der Beklagten verfehle diesen Gesetzeszweck durch eine unsachgemäße Gewichtung der Kriterien "Anzahl” und "Schwere”. Auf der Grundlage des – rechtswidrigen – Gefahrtarifs wirke sich das NZV dahin aus, daß auch nicht durch höhere Anstrengungen bei der Unfallverhütung drohende Zuschläge vermieden oder verringert werden könnten. Sachgerechter wäre es, bei der Ermittlung der dem einzelnen Mitglied anzulastenden "Zahl” und der "Schwere” der Unfälle als Vergleichsgröße nicht die für sämtliche Mitglieder der Beklagten berechneten Durchschnittswerte heranzuziehen, sondern jeweils nur die Durchschnittswerte für eine Gefahrtarifstelle oder für einige wenige vergleichbare. Das NZV leide aber auch an weiteren Mängeln. Die unter Nummer 4. des Anhangs zu § 28 der Satzung der Beklagten festgelegten Prozentsatzwerte seien willkürlich gegriffen. Es sei nicht sachgerecht, die Aufwendungen durch Berufskrankheiten mit zu berücksichtigen. Die Konstruktion des NZV ermögliche es der Beklagten, anteilig auch ihre Kosten für Verwaltungs- und Betriebsmittel mitzuerfassen, ebenso die Aufwendungen für Wegeunfälle. Schließlich seien der Beitragsrechnung 15 Arbeitsunfähigkeitsfälle zugrunde gelegt worden, die nicht meldepflichtig gewesen seien. Die betreffenden Versicherten seien sämtlich nicht länger als drei Tage arbeitsunfähig gewesen, wenn man die Dreitagesfrist nach § 127 RVO a.F. berechne, was allein rechtens sei. Diese Vorschrift habe zu den gemeinsamen Vorschriften für die gesamte RVO gehört, die das 1. Buch der RVO bildeten. Mangels einer entgegengesetzten Regelung gelte diese Norm also auch für § 1552 RVO.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. März 1979 sowie die Bescheide der Beklagten
1) (Werk H.)
- vom 15. April 1977 und 3. März 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1978,
2) vom 17. April 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1978,
- (Werk W.)
a) vom 15. April 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1978,
b) vom 17. April 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1978,
-
vom 17. April 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1978, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Gemäß § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei die Klägerin durch die Bindungswirkung der jeweiligen Bescheide vom 30. Oktober 1974 an die Veranlagung zu den Gefahrklassen gebunden. Da § 725 Absatz 2 RVO den Berufsgenossenschaften eine weite Gestaltungsfreiheit durch die Satzung einräume, sei ihr MZV vollkommen gesetzeskonform. Schließlich seien auch die streitbefangenen 15 Arbeitsunfähigkeitsfälle zu Recht mitberücksichtigt worden, weil dem SG auch darin beizupflichten sei, daß es sich bei der zeitlichen Abgrenzung eines meldepflichtigen Arbeitsunfalls um keine echte Frist im Sinne von § 127 RVO a.F. handele.

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Aktenzeichen des SG: S 4/U – 227 bis 230/78 und S 4/U – 232/78) und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und somit zulässig (§§ 143, 151 Absatz 1 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Streitgegenstand sind die mit den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten geltend gemachten Ansprache auf Beiträge nebst Zuschlägen.

Die dagegen von der Klägerin erhobenen zulässigen Klagen (die Zulässigkeit hat sich in einem Falle nach der Nachholung des Vorverfahrens mit dem Widerspruchsbescheid vom 28. September 1978 ergeben) hat das SG zutreffend abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Beklagten steht das Recht zu, der Klägerin in den fünf streitbefangenen Fällen den jeweils ausgewiesenen Zuschlag zum Beitrag aufzuerlegen. Das angewandte NZV ist in der Satzung der Beklagten (in der Fassung des 3. Nachtrages vom 20. Juni 1974, § 28 nebst Anhang) geregelt. Die Regelung ist, was auch die Klägerin nicht bestreitet, ordnungsgemäß von der Vertreterversammlung beschlossen und durch die Aufsichtsbehörde genehmigt worden. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird dieses NZV in vollem Umfang von der Ermächtigungsnorm des § 725 Absatz 2 RVO gedeckt. Bei seiner Einführung mit Wirkung vom 1. Januar 1974 galt § 725 in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) und des Gesetzes von 12. Dezember 1973 (BGBl. I, Seite 1885), wonach den einzelnen Unternehmen von den Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der Zahl und Schwere der vorgekommenen Arbeitsunfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen waren. Dazu hatte das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 30. November 1972, 2 RU 43/71 in BSGE 35, 74, entschieden, daß eine Satzungsbestimmung, die Zuschläge zum Beitrag des Unternehmers allein nach der Unfallbelastung dieses Unternehmens im Verhältnis zur Durchschnittsbelastung aller der Berufsgenossenschaft angehörenden Unternehmen auferlegt, nicht ausreichend "Zahl und Schwere” der Unfälle im Sinne von § 725 Absatz 2 Satz 1 RVO in der Fassung des UVNG vom 30. April 1963 (BGBl. I, S. 241) berücksichtigt. Entsprechendes hätte für die Berechnung von Beitragsnachlässen zu gelten.

Das BSG hatte seine Entscheidung nicht nur auf den damals geltenden Wortlaut des § 725 Absatz 2 RVO, sondern auch auf Sinn und Zweck eines Zuschlags-, Nachlaß- oder kombinierten Verfahrens gestützt (BSG, a.a.O., Seite 77). Der Gesetzgeber aber hatte die so umrissenen Grenzen berufsgenossenschaftlicher Selbstverwaltung für zu eng gehalten. Durch § 15 Nr. 5 des Gesetzes vom 3. Juni 1976, (BGBl. I, Seite 1373) hat er auf Vorschlag der Berufsgenossenschaften § 725 Absatz 2 RVO im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG neu gefaßt, um der "Selbstverwaltung den Spielraum zu verschaffen, den sie braucht, um das jeweils geeignetste Verfahren zu entwickeln, was im Einzelfall auch ein Festhalten an den bislang bewährten Verfahren bedeuten kann” (BT-Drucks. 7/4951 Seite 8, Buchst. d). Nunmehr hat sich die Höhe der Zuschläge und Nachlässe nach der Zahl, der Schwere oder den Kosten der Arbeitsunfälle oder nach mehreren dieser Merkmale zu richten. Auf Grund dieses neuen, seit dem 1. Januar 1976 geltenden und im vorliegenden Rechtsstreit anzuwendenden Gesetzes ist also nach dem Gesetzeswortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers davon auszugehen, daß auch eine allein auf die Unfallbelastung oder allein auf die Unfallzahl abgestellte Berechnung von Beitragszuschlägen mit § 725 Absatz 2 RVO n.F. vereinbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 2.5.1979, 2 RU 95/78 in SozR 2200 § 725 Nr. 5).

Abgesehen davon ist diese Vorschrift über Zuschläge und Nachlässe bei Beiträgen so weitgehend in ihrer alten Fassung beibehalten worden, daß die zwei grundsätzlichen Zielrichtungen fortgelten: Auf der einen Seite eine verstärkte Unfallverhütung, andererseits die praktische Berücksichtigung des Versicherungsgedankens (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1972, 2 RU 43/71, a.a.O.). Besonders letzteres gilt auch für § 725 Absatz 2 RVO n.F. Mit dieser Neufassung war nicht nur beabsichtigt, einen finanziellen Anreiz zur Unfallverhütung zu bieten, sondern auch, die genossenschaftlich haftenden Mitglieder gerechter an dem finanziellen Ergebnis eines Geschäftsjahres teilhaben zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom Juni 1979, 8a RU 4/79 in BSGE 48, 231). Das verkennt die Klägerin in entscheidendem Maße. Der Gesetzeszweck erschöpft sich gerade nicht einseitig in der Zielrichtung, die Unfallverhütung zu verstärken. Gemessen daran und an dem weiten Gestaltungsraum der berufsgenossenschaftlichen Selbstverwaltung, der nach dem Willen des Gesetzgebers betont über die von der Natur der Sache her zu erblickenden Abgrenzungen hinausgeht, ist der gesamte Vortrag der Klägerin insoweit nicht schlüssig, wie er darauf abzielt, daß das NZV den Gesetzeszweck verfehlt oder daß es die Grenzen der Ermächtigungsnorm überschritten hat.

Im einzelnen ist das Landessozialgericht Miedersachsen in seinem Urteil vom 4. März 1980, L 6/U – 274/79, (Bl. 134 ff. GA) zu gleichen Ergebnissen gekommen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die ebenfalls der Gummiwarenindustrie angehörende Klägerin jenes Verfahrens die bereits eingelegte zugelassene Revision beim ESG (Az.: 8a RU 24/80) auf eine gerichtliche Verfügung vom 14.5.1981 zurückgenommen hatte. Auf dieses Urteil wird zusätzlich zu den folgenden Ausführungen Bezug genommen.

Der Senat kann nicht feststellen, daß die Beklagte die. Kriterien "Anzahl” und "Schwere” unsachgemäß gewichtet hat. Die Beklagte hatte eigens eine Kommission "Änderung des Prämienverfahrens” eingesetzt, deren Arbeitsergebnisse schriftlich niedergelegt wurden; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Aus ihnen ergibt sich im Zusammenhang mit dem später geschaffenen NZV, daß in der überwiegenden Zahl der Beitragsfälle die von der Kommission gesteckten Ziele erreicht wurden. Angesichts dessen ist es unerheblich, wenn auch nicht ausgeschlossen, ob sich die vom NZV beabsichtigten Wirkungen auf einzelne wenige Mitgliedsunternehmen bei gleicher Anwendung ungleich stark auswirken. Das liegt in der Natur der Sache einer genossenschaftlichen Satzungsregelung und wird von der Ermächtigungsnorm gedeckt. Danach ist es nicht rechtswidrig, daß sich die Klägerin aufgrund der konkreten Verhältnisse in ihren Mitgliedsunternehmen zur Vermeidung von Zuschlägen möglicherweise stärker anstrengen muß als andere Mitgliedsunternehmen mit anderen tatsächlichen Verhältnissen. Aus dem NZV und seiner Entstehungsgeschichte kann entgegen der Meinung der Klägerin nicht entnommen werden, daß eine unsachliche, d.h. nicht an sachlichen Gesichtspunkten orientierte Gewichtung der maßgebenden Kriterien vorgenommen wurde. Ebenso ergibt sich daraus in positiver Hinsicht, daß die unter Nummer 4 des Anhangs zu § 28 der Satzung der Beklagten aufgeführten Prozentwerte nicht willkürlich gegriffen worden sind. Die Beklagte hat sachliche Gründe dazu u.a. in ihrer Broschüre "Ziel und Auswirkungen des NZV” dargelegt.

Im übrigen folgt aus § 725 Absatz 2 RVO a.F. und n.F., daß es seit dem UVNG schon immer im Ermessen der Berufsgenossenschaften stand, die Aufwendungen für Berufskrankheiten zu berücksichtigen. Ein Ermessensfehlgebrauch kann der Beklagten insoweit nicht vorgeworfen werden. Kosten für Verwaltungs- und Betriebsmittel, die u.a. die Höhe des Beitragssatzes bestimmen, spielen bei dem NZV keine Rolle. Das hat die Beklagte im einzelnen überzeugend und unwiderlegt ausgeführt (vgl. z.B. den Schriftsatz vom 8.6.1979, Bl. 111 GA). Ebenso wie das Landessozialgericht Niedersachsen (a.a.O.) hält es der Senat für rechtmäßig, daß Aufwendungen für Wegeunfälle jedenfalls nicht unmittelbar, aber doch mittelbar über die Größe "Normalbeitrag” berücksichtigt werden. Durch den beitragsbezogenen Grenzwert von 20 v.H. wird hier ein Ausgleich geschaffen, der bei einer Beitragserhebung im Umlageverfahren ausreichend und angemessen erscheint. Dabei ist die Bezugsgröße "Normalbeitrag” ein für das NZV wesensnotwendiger Anknüpfungspunkt an die grundlegende Beitragserhebung. Seine Einflechtung ist, wie die Erläuterungen der Beklagten gezeigt haben, trotz der von der Klägerin inkriminierten Auswirkungen im Einzelfall überwiegend sinnvoll und damit rechtmäßig.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landessozialgerichts Niedersachsen auch dahin an, daß er den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht für beweiserheblich hält, wie sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen ergibt.

Wegen der Bindungswirkung der Bescheide vom 30. Oktober 1974 über die Veranlagung zu den Gefahrklassen ist eine Überprüfung des Gefahrtarifs auf dem von der Klägerin eingeschlagenen Wege über die Anfechtung der Beitragsbescheide nicht möglich. Die Beteiligten sind an die Veranlagung in der Sache gebunden. Die Auswirkungen des Gefahrtarifs über das MZV sind aber nicht derart, daß das UZV den Rahmen der Ermächtigungsnorm sprengt. Wie oben ausgeführt, halten sich die von der Beklagten bezeichneten sachlichen Gründe für die Konstruktion des NZV im Rahmen der weiten Gestaltungsmöglichkeit aufgrund des § 725 Absatz 2 RVO n.F. Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht die streitbefangenen 15 Arbeitsunfähigkeitsfälle bei der Beitragsberechnung mitberücksichtigt. Es kann, was bereits sehr zweifelhaft ist, dahingestellt bleiben, ob die Bestimmung eines meldepflichtigen Unfalls im Betrieb: "Wenn ein Beschäftigter so verletzt ist, daß er für mehr als drei Tage völlig oder teilweise arbeitsunfähig wird” eine Frist im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch ist. Fristen sind bestimmt bezeichnete oder zumindest bestimmbare Zeiträume (vgl. RGZ 120, 362). Sie sind in der Regel Ausschluß- oder Verjährungsfristen (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 39. Auflage 1980, Anm. 1 zu § 186 BGB). Für die positive Regelung meldepflichtiger Arbeitsunfälle ist nur eine zeitlich bestimmte Untergrenze genannt, die weder Präklusions- noch Verjährungswirkung hat. Deshalb ist der so bestimmte Zeitraum jedenfalls kein Anwendungsfall des § 127 Absatz 1 RVO in der bis zum 31. Dezember 1980 gültig gewesenen Fassung. Sinn dieser im wesentlichen mit § 193 BGB übereinstimmenden Vorschrift ist es, die Wochenendruhe der arbeitenden Bevölkerung sicherzustellen. Die Vorschrift findet danach nicht Anwendung, wenn der Eintritt eines Ereignisses innerhalb einer Frist als Bedingung vorgesehen ist (vgl. Danckelmann in Palandt, BGB, 33. Auflage 1974, Anm. 2 zu § 193 BGB). Dem entspricht § 1552 Absatz 1 RVO, der bei Eintritt der Arbeitsfälligkeit vor Ablauf von drei Tagen die Meldepflicht des Unternehmers entfallen laßt. Es würde dem Sinn und Zweck sowohl des § 1552 Absatz 1 RVO als auch des § 127 Absatz 1 RVO a.F. widersprechen, wollte man die Qualitätsbestimmung meldepflichtiger Arbeitsunfälle variabel ausfallen lassen, je nachdem, an welchem Wochentage die Arbeitsunfähigkeit begonnen hat (vgl. für die Anwendungsbeschränkung nach dem Gesetzeszweck: Heinrichs in Palandt, a.a.O., Anm. 2 zu § 193; BGHZ 59, 265; vgl. im übrigen die vom BMA herausgegebene Anleitung für die Unfallversicherungsträger zur Ausfüllung der Geschäftsergebnisse, Stand: 1.6.1969; Pickel, Das Verwaltungsverfahren, Kommentar zur RVO, 2. Auflage, Stand: April 1981, Anm. 6 c zu § 1552; Schroeter in RVO-Gesamtkommentar, Stand: November 1980, Anm. 4 zu § 1552 RVO).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 Absatz 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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