L 9 R 27/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 6237/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 27/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten im anhängigen Berufungsverfahren die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit ab Antragstellung (Dezember 1996) bis Juli 2005.

Die 1948 geborene griechische Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Von Mai 1971 bis Oktober 1982 war sie in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, anschließend bezog sie bis Dezember 1983 Leistungen der Krankenkasse bzw. des Arbeitsamts. Nach ihrer Rückkehr nach Griechenland war sie von 1984 bis 1996 in der Landwirtschaft tätig und beim Versicherungsträger für die Landwirtschaft OGA versichert. Seit Dezember 1996 erhält die Klägerin von der OGA eine Invaliditätsrente.

Nachdem Rentenanträge der Klägerin vom 8.3.1984 und 3.5.1991 erfolglos waren, beantragte die Klägerin am 11.12.1996 erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Beklagte ließ die ärztlichen Unterlagen aus Griechenland von Dr. G. auswerten, der in der Stellungnahme vom 8.8.2000 zum Ergebnis gelangte, die Klägerin könne körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig und mittelschwere Tätigkeiten halb- bis untervollschichtig verrichten.

Mit Bescheid vom 24.8.2000 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 6.11.2000 Widerspruch ein. Die Beklagte ließ die Klägerin auf internistischem, psychiatrischem und orthopädischem Gebiet untersuchen.

Der Internist M. stellte im Gutachten vom 31.1.2002 unter Mitberücksichtigung einer psychiatrischen Zusatzuntersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. C. vom 23.1.2002 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Adipositas 2. Koronare Herzkrankheit 3. Hypertonie 4. Fettleber I. bis II. Grades 5. Depressives Syndrom 6. HWS-LWS-Syndrom und führte aus, die Herzuntersuchungsbefunde ergäben unter mittleren Belastungsstufen (7 METS) ein symptomloses Belastungs-EKG und eine gute systolische Funktion des linken Ventrikels. Die beeinflusste diastolische Funktionsstörung sei auf die noch nicht zufriedenstellend eingestellte Hypertonie zurückzuführen. Das gesamte Beschwerdebild sei eher Folge der Fettsucht. Das depressive Syndrom sei nach Beurteilung von Dr. C. (psychiatrische Exploration vom 23.1.2002) nur leichtgradig und stelle keinen besonderen Grund für eine Erwerbsunfähigkeit dar. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung überwiegend im Sitzen ohne häufiges Heben und Tragen, ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht sowie ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe vollschichtig zu verrichten.

Der Orthopäde Dr. G. diagnostizierte im Gutachten vom 7.2.2002 bei der Klägerin auf seinem Fachgebiet: 1. Leichte Verschleißerscheinungen der Hals- und Brustwirbelsäule 2. Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule (Osteochondrose) 3. Abnutzungserscheinungen an beiden Kniegelenken 4. Senkfüße beiderseits 5. Subluxation des linken Sternoclaviculargelenks nach vorn (ohne Funktionsminderung des linken Schultergürtels). Die Klägerin sei in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung bzw. überwiegend im Sitzen vollschichtig zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien ständig stehende oder gehende Tätigkeiten, Tätigkeiten mit langem Verharren in einer Körperhaltung, häufiges Bücken, Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Klettern und Steigen, Arbeiten mit besonderen Zeitdruck sowie mit Wechsel- und Nachtschicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.9.2002 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin zurück.

Gegen den am 30.9.2002 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 19.12.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart, mit der sie die Gewährung von Rente weiter verfolgte. Das SG holte Gutachten auf nervenärztlichem und internistischem Gebiet ein.

Professor Dr. V., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, diagnostizierte bei der Klägerin im Gutachten vom 26.3.2004 einen Restzustand nach einem Ischiassyndrom bilateral sowie eine Neurose eng verbunden mit Hypochondrie und Aggravation. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei dadurch nicht wesentlich eingeschränkt. Sie sei in der Lage, leichte übliche Arbeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.

Der Arzt für innere Krankheiten und Kardiologie M. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 8.4.2005 folgende Diagnosen: 1. Zustand nach frischer Mammakrebsamputation links (4.2.2005) 2. Chemotherapie-Behandlungsphase ab 7.3.2005 (mit vorgesehener Dauer von 4 bis 5 Monaten) 3. Koronare Herzkrankheit mit diätetisch oder medikamentös unbeeinflussten Koronarrisikofaktoren 4. Gonarthrose beidseits bei X-Beinen und Senk-Spreizfuß beidseits 5. Osteochondrose der LWS 6. Zustand nach operativer Gebärmutterentfernung 1983. Die Klägerin sei seit Februar 2005 und voraussichtlich für die nächsten fünf Jahre nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Sie sei auch nicht in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen.

Mit Schreiben vom 13.7.2005 anerkannte die Beklagte daraufhin, dass die Klägerin seit dem 27.1.2005 (Krankenhaus-Aufnahme) voll erwerbsgemindert sei und erklärte sich bereit, der Klägerin vom 1.8.2005 bis 31.7.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Dieses Anerkenntnis führte die Beklagte mit Bescheid vom 12.9.2005 aus.

Mit Urteil vom 24.11.2005 wies das SG die Klage, mit der die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit ab Antragstellung (Dezember 1996) begehrte, ab. Zur Begründung führte es aus, das SG könne sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin bereits vor dem von der Beklagten angenommenen Zeitpunkt, dem 27.1.2005, erwerbsunfähig bzw. erwerbsgemindert gewesen sei. Der Sachverständige M. nehme selbst die von ihm festgestellte Leistungseinschränkung seit Februar 2005 an. Die Beklagte habe die Erwerbsminderungsrente auch zutreffend für einen befristeten Zeitraum gewährt. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 2.12.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2.1.2006 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, der Sachverhalt sei auf psychologischem (gemeint: psychiatrischem) Gebiet nicht ausreichend aufgeklärt. Aus dem neurologisch-psychologischen Gutachten des Dr. C. sei nicht erkennbar, aus welchen Feststellungen und Untersuchungen die Schlussfolgerungen, es sei keine schwerwiegende psychopathologische Symptomatik vorhanden und ihr könnten trotz eines reaktiv bedingten depressiven Zustandbildes leichte Arbeiten vollschichtig zugemutet werden, gezogen würden. Dagegen attestierten ihre langjährig behandelnden Ärzte und die Ärzte des griechischen Sozialversicherungsträgers schwere somatische Störungen und Depressionen. Dr. C. habe offenbar nur ein Gespräch mit ihr geführt, in welchem er sie als redselig erlebt habe. Das Gutachten von Dr. V., in welchem dieser eine Neurose eng verbunden mit Hypochondrie und Aggravation diagnostiziere, stimme in weiten Teilen wörtlich mit Gutachten in anderen Rechtssachen überein. Es seien deswegen Zweifel angebracht, ob sich Dr. V. überhaupt ausreichend mit ihr beschäftigt habe. Es sei zudem fehlerhaft, nur diejenigen Ausführungen als glaubhaft zu übernehmen, die nicht wie Bausteine wirkten und diejenigen zu überlesen, die nur Bausteine darstellten. Da Dr. C. und Dr. V. von qualitativen Einschränkungen ausgingen, lege dies auch die Möglichkeit einer quantitativen Einschränkung nahe. Des weiteren habe sich das SG nicht mit der Frage ihrer Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit auseinandergesetzt. Außerdem sei sie laut Dr. M. auf Grund ihres Herzleiden - unabhängig von der Chemotherapie - nicht wegefähig. Der Arbeitsmarkt sei ihr deswegen verschlossen. Die Klägerin hat folgende ärztliche Unterlagen vorgelegt: • Gutachten des Direktors der Kardiologischen Klinik E. vom 26.7.2006 und 22.9.2004 • Herzszintigramm vom 12.12.1995 • Myokardszintigraphie vom 15.6.1999 • Herzszintigramm vom 23.1.2002 • Gutachten der Orthopädischen Klinik E. vom 23.9.2004 • Röntgen-Untersuchung vom 23.9.2004 • Gutachten des Orthopäden O. vom 19.8.2005.

Den Antrag der Klägerin vom 14.6.2006, eingegangen bei der Beklagten am 20.6.2006, auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.7.2006. hinaus, hat die Beklagte mit Bescheid vom 30.10.2006. abgelehnt. Hiergegen hat die Klägerin - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - Widerspruch eingelegt.

Die Beteiligten haben sich im Rahmen eines Verfahrensvergleichs darüber geeinigt, dass im Berufungsverfahren lediglich über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit vom 1.12.1996 bis 31.7.2005 (Beginn der befristeten Rente) entschieden wird und dass die Beklagte über die Weitergewährung von Rente über den 31.7.2006 hinaus auf den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 30.10.2006 durch rechtsmittelfähigen Bescheid entscheidet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 18. September 2002 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. Juli 2005 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert unter Vorlage von beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. vom 24.4. und 17.11.2006, das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden. Aus der Bestätigung des Neurologen und Psychiaters Dr. G. ergäben sich keine klinischen Untersuchungsbefunde und keine anamnestischen Daten. Aus dem jetzt vorgelegten OGA-Gutachten vom 28.12.2005 werde beim psychiatrischen Untersuchungsbefund lediglich eine Depression erwähnt, ohne Angaben einer Ausprägung und ohne klinischen Befund. Zum seelischen Zustand heiße es: "ohne Befund". Hinweise auf eine verminderte Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit ergäben sich aus dem nervenärztlichem Gutachten, der Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters Dr. G. und dem OGA-Gutachten vom 28.12.2005 nicht. Aus dem Gutachten von Dr. M. lasse sich auch nicht ableiten, dass die Klägerin auf Grund des Herzleidens nicht wegefähig sei. Bei der Beantwortung der Frage zur Wegefähigkeit verweise Dr. M. gerade auf die Chemotherapie.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit für die Zeit von Dezember 1996 bis Juli 2005 hat.

Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen der Internisten M. und M., den Neurologen und Psychiatern Professor Dr. V. und Dr. C. sowie dem Orthopäden Dr. G. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass sich eine Erwerbsunfähigkeit der Klägerin, d. h. ein Absinken ihrer Leistungsfähigkeit auf ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen, zur Überzeugung des Senats für die Zeit von Dezember 1996 bis Dezember 2005 nicht belegen lässt. Der Senat vermag darüber hinaus auch nicht festzustellen, dass die Leistungsminderung der Klägerin, die zu der Zeitrente ab 1. August 2005 führte, vor Januar 2005 eingetreten ist bzw. dass das Leistungsvermögen in der Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2004 auf unter sechs Stunden herabgesunken ist. Dies ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 23.1.2002, des Internisten M. vom 31.1.2002 sowie des Orthopäden Dr. G. vom 7.2.2002, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie der im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Professor Dr. V. vom 26.3.2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 13.8.2004 und vom Internisten und Kardiologen M. vom 8.4.2005.

Die Klägerin litt zur Überzeugung des Senats in der Zeit von Dezember 1996 bis Januar 2005 unter folgenden, ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen: 1. Koronare Herzkrankheit 2. Hypertonie 3. Fettleber I. bis II. Grades 4. Adipositas 5. Leichte Verschleißerscheinungen der Hals- und Brustwirbelsäule 6. Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule (Osteochondrose) 7. Abnutzungserscheinungen an beiden Kniegelenken 8. Senkfüße beiderseits 9. Reaktiv depressives Syndrom bzw. Neurose. Diese Gesundheitsstörungen schränkten die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht ein. Aus medizinischer Sicht war die Klägerin in der Zeit von Dezember 1996 bis Januar 2005 noch in der Lage, leichte Tätigkeiten vollschichtig (acht Stunden täglich) bzw. von Januar 2001 bis Januar 2005 mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Beurteilungen des Internisten M., des Neurologen und Psychiaters Dr. C., des Orthopäden Dr. G. sowie des Neurologen und Psychiaters Professor Dr. V ... Auch der Internist und Kardiologe M. hat für die Zeit vor dem Auftreten des Mammakarzinoms ebenfalls kein gemindertes Leistungsvermögen bestätigt. Nicht mehr zumutbar waren der Klägerin in der Zeit von Dezember 1996 bis Januar 2005 ständig stehende und gehende Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen, mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken, Klettern und Steigen (Absturzgefahr), mit besonderem Zeitdruck, mit Wechsel- und Nachtschicht sowie unter Einwirkung von Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe.

Der Senat hält den Sachverhalt auf Grund der bei Dr. C. und Professor Dr. V. eingeholten Gutachten auf psychiatrischem Gebiet auch für umfassend aufgeklärt. Bei der psychiatrischen Exploration durch Dr. C. am 23.1.2002 war die Klägerin zur Person, örtlich und zeitlich voll orientiert, Kommunikation und Kooperation waren mit ihr gut möglich. Paranoid halluzinatorische Gedankengänge, eine gravierende Depressivität oder gar Suizidalität konnten nicht festgestellt werden. Es lag lediglich ein etwas fahriges Verhalten und eine Logorrhoe vor. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Professor Dr. V. konnte die Klägerin die gestellten Fragen bestimmt und genau beantworten. Es fand sich kein Anhalt für formale und inhaltliche Denkstörungen. Auch bei dieser Untersuchung war der Rapport und die Kooperation gut. Die Klägerin war bewusstseinsklar und völlig orientiert. Wahrnehmungsstörungen und Sinnesstörungen lagen nicht vor. Gedächtnisstörungen oder deutliche Merkfähigkeitsschwächen waren nicht vorhanden Vielmehr war der Gedankenablauf, der Grundantrieb und die Willenskraft regelrecht. Auch die durchgeführten neuropsychiatrischen Tests ergaben keinen wesentlichen Hinweis auf eine Depression, Psychose, Phobien oder Panikstörung, sondern Hinweise auf ein von einer Neurose stark beeinflusstes Denken und Handeln. Angesichts dessen überzeugt die von Dr. C. und Professor Dr. V. getroffene Beurteilung, dass die Klägerin durch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt und nicht gehindert war, körperlich leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten vollschichtig (acht Stunden täglich) zu verrichten. Mangels gravierender Störungen auf psychiatrischem Gebiet sind auch keine Gründe ersichtlich, warum die Klägerin nicht in der Lage gewesen sein sollte, Kleinteile zu verpacken, zu sortieren oder zu montieren, zumal Professor Dr. V. die Intelligenz der Klägerin als durchschnittlich differenziert beurteilte und keine Gedächtnisstörungen, deutliche Merkfähigkeitsschwächen oder sonstigen wesentlichen psychischen Auffälligkeiten feststellbar waren.

Die Klägerin war in der Zeit von Dezember 1996 bis Januar 2005 auch in der Lage, viermal täglich mehr als 500 Meter in zumutbarer Zeit (500 Meter in maximal 20 Minuten) zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Denn bei dem vom Internisten M. durchgeführten Belastungs-EKG konnte die Klägerin am Laufband mit 7 METS (knapp 100 Watt) belastet werden, sodass Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Klägerin vor Auftreten des Mammakarzinoms auf Grund ihrer kardialen Situation gehindert gewesen wäre, die üblichen Wegstrecken zum Arbeitsplatz zurückzulegen. Professor Dr. V. hat in seinem Gutachten vom 26.3.2004 ebenfalls bestätigt, dass die Klägerin in der Lage war, viermal täglich mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen.

Die Klägerin war somit in der Zeit von Dezember 1996 bis Januar 2005 nicht erwerbsunfähig, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen begründete. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsunfähigkeit bei vollschichtig leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch die im Zweiten Gesetz zur Änderung des SGB VI vom 02. Mai 1996 (BGBl. I S. 659) vorgenommene Ergänzung des § 44 Abs. 2 SGB VI a. F. klargestellt hat, dass nicht erwerbsunfähig ist, wer eine vollschichtige Tätigkeit ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Der Klägerin war somit für die noch streitige Zeit keine Rente zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob das für sie zuständige Arbeitsamt einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten konnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Vollzeitarbeitskräfte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Ausgehend hiervon waren - wie oben dargelegt - keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigte die Klägerin keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gab es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte. Darüber hinaus lag keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den vorhandenen Einschränkungen handelte es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeiten bereits hinreichend Rechnung getragen wird. So waren die der Klägerin in der streitigen Zeit allein noch zumutbaren körperlich leichten überwiegend sitzenden Tätigkeiten nicht mit ständigem Gehen und Stehen, mit Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken sowie Klettern und Steigen verbunden. Der Ausschluss von Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe sowie mit Wechsel- und Nachtschicht führte zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend zu ebener Erde in geschlossenen normaltemperierten Räumen in Normalarbeitszeit verrichtet werden und nicht mit besonderem Zeitdruck verbunden sind. Schließlich ist eine schwere spezifische Leistungsbehinderung nicht erkennbar. Der Klägerin stand in der streitigen Zeit auch keine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, da sie als ungelernte Arbeiterin auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar war.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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