Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 2311/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1679/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin zu 2 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Februar 2006 wird als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Klägers zu 1 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger begehren nur noch die Gewährung höherer Regelleistungen für ihre Bedarfsgemeinschaft im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld II (Alg II) in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005.
Dem 1964 geborenen Kläger zu 1 und seiner 1963 geborenen Ehefrau, der Klägerin zu 2 wurden ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewährt. Auf ihren Antrag vom 17. November 2004 war ihnen zunächst mit Bescheid der Agentur für Arbeit H. vom 26. November 2004 Alg II für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 in Höhe von 1.309,00 EUR monatlich bewilligt worden. Auf den Fortzahlungsantrag vom 1. Juli 2005 wurden ihnen, nachdem für die Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung der R.-N.-Kreis zuständig geworden war, mit Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2005 als Regelleistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 622,00 EUR monatlich bewilligt. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein und machten geltend, dass bei Ehegatten maximal bei einem Partner eine Kürzung der Regelleistung auf 311,00 EUR erfolgen dürfe. Durch das Bundesverfassungsgericht müsse geprüft werden, ob es verfassungsgemäß sei, bei einer Bedarfsgemeinschaft von zwei Menschen diesen jeweils nur 311,00 EUR als Regelleistung zu gewähren. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005 wies die Beklagte den Widersprach zurück und führte im wesentlichen aus, dass die Kürzung auf 90 vom Hundert der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II für zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, durch § 20 Abs. 3 SGB II angeordnet werde.
Die Kläger haben am 11. August 2005 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, nach familienrechtlichen Grundsätzen betrage der Selbstbehalt eines Leistungsempfängers 770,00 EUR. Wenn man davon ausgehe, dass ein Hartz IV-Empfänger 345,00 EUR und 360,00 EUR für die Unterkunft erhalte, ergebe sich ein Fehlbetrag von 65,00 EUR.
Die Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2006 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, nach § 19 Satz 1 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie unter den Voraussetzungen des § 24 SGB II einen befristeten Zuschlag. Dabei betrage die monatliche Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend seien oder deren Partner minderjährig sei, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin-Ost 345,00 EUR, in den neuen Bundesländern 331,00 EUR (§ 20 Abs. 2 SGB II). Hätten zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, betrage die Regelleistung jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehöre unter anderem der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II). Auf der Basis dieser maßgeblichen rechtlichen Vorgaben habe die Beklagte zu Recht eine monatliche Leistung von 622,00 EUR bewilligt. Hierbei sei sie zutreffend nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II von einer Regelleistung von jeweils 311,00 EUR für den Kläger und dessen Ehefrau ausgegangen. Eine Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelsätze vermöge das Gericht in Übereinstimmung mit der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht zu erkennen. Die Regelsätze des § 20 SGB II verletzten weder das Grundrecht auf Eigentum nach Artikel 14 Grundgesetz (GG) noch verletzten sie das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 GG. Der Schutzbereich des Artikel 14 GG werde bereits deshalb nicht tangiert, weil die Leistungen nach dem SGB II keine beitrags-, sondern eine steuerfinanzierte Leistungen darstellten. Solche Leistungen unterlägen nicht dem Eigentumsschutz nach Artikel 14 GG (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -, vgl. u. a. SozR 3 - 4100 § 136 Nr. 11). Durch die Regelung des § 24 SGB II, wonach ein schrittweiser Übergang von Arbeitslosengeld I in Arbeitslosengeld II für die Dauer von 2 Jahren stattfinde, werde auch verhindert, dass der durch Artikel 14 GG geschützte Anspruch auf Arbeitslosengeld I in unverhältnismäßig kurzer Zeit abgebaut werde. Bezüglich der Höhe der Regelleistungen stehe dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, deren Grenze lediglich darin bestehe, dass ein menschenwürdiges Dasein gewährleistet sein müsse. Mit den festgesetzten Beträgen werde aber noch der Versorgungsgrad und die Versorgungsdichte der Personen im unteren Einkommensbereich erreicht. In diesem Zusammenhang sei auch die Regelung des § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Artikel 3 GG werde dadurch nicht verletzt, denn zwei erwachsene Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft könnten kostengünstiger wirtschaften als zwei Einzelpersonen mit jeweils eigenem Haushalt. Die ungleiche Behandelung von alleinstehenden Hilfeempfängern und Hilfeempfänger einer Bedarfsgemeinschaft habe daher einen sachlichen Grund. Für das Gericht bestehe deshalb keine Veranlassung, das Verfahren gemäß Artikel 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der beanstandeten Normen vorzulegen. Der Kläger zu 1 könne, was ausgeführt wurde, von der Beklagten auch keine Leistungen zur Eingliederung verlangen.
Gegen diesen dem Bevollmächtigten der Kläger am 24. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 17. März 2006 beim SG Berufung eingelegt und im Wesentlichen folgendes geltend gemacht: dass die gekürzten Regelsätze noch den Versorgungsgrad und die Versorgungsdichte der Personen im unteren Einkommensbereich erreichten, treffe nicht zu. Man müsse sich insoweit überlegen, dass ein Außenspiegel mit Montage für einen Mercedes 320,- EUR koste. Auch gegen die Ablehnung von Eingliederungsleistungen werde Berufung eingelegt. Das SG hätte den Rentenversicherungsträger beiladen müssen. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 ist das die Gewährung von Eingliederungsleistungen betreffende Begehren für erledigt erklärt worden.
Die Kläger beantragen sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2005 zu verurteilen, ihnen vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 höhere Regeleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Während des Berufungsverfahrens sind die Kläger nach S.-H. verzogen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Berufungsakten sowie der Akten des SG und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin zu 2, die ausschließlich höhere Regeleistungen für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 begehrt, ist unstatthaft, da der Wert des § 144 Abs. Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erreicht ist. Mit der Berufung wird nämlich von ihr eine um monatlich höchstens 34 EUR (Differenz zwischen den Regelleistungen von 345 EUR und 311 EUR) höhere Regelleistung erstrebt, so dass sich für den streitigen Zeitraum ein Beschwerdewert von nur 204 EUR ergibt. Die Berufung des Klägers zu 1 war im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt statthaft. Denn der Kläger zu 1 begehrte im insoweit maßgebenden Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht nur höhere monatliche Regeleistungen in Höhe von insgesamt 204 EUR, sondern auch einer wertmäßigen Bezifferung nicht zugängliche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die die Berufungsfähigkeit der vom Kläger zu 1 verfolgten Ansprüche insgesamt begründet haben. Die spätere Beschränkung der Berufung durch den Kläger zu 1 hat nicht zur Unzulässigkeit seiner Berufung geführt.
Die Berufung des Klägers zu 1 ist auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Beim Kläger zu 1, der mit seiner Ehefrau eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hat, waren die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg II (vgl. § 19 Satz 1 SGB II) im streitbefangenen Zeitraum erfüllt (vgl. §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 SGB II und § 9 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II), ohne dass wegen zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen (§§ 11, 12 SGB II) die Hilfebedürftigkeit ganz oder teilweise zu verneinen war oder Leistungsausschlusstatbestände eingegriffen haben. In diesem Fall beträgt nach § 20 Abs. 3 SGB II die Regeleistung für - wie hier - zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft mit vollendetem 18. Lebensjahr 90 v.H. der Regelleistung nach Abs. 2; da diese sich in streitbefangenen Zeitraum auf 345 EUR belief, beträgt die Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II 310,50 EUR, nach dem Aufrundungsgebot des § 41 Abs. 2 SGB II also 311 EUR. Diesen Betrag hat die Beklagte bewilligt. Der Kläger zu 1, der weder Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt nach § 21 SGB II noch Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld nach § 24 SGB II hat, kann für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 keine ungekürzte Regelleistung in Höhe von 345 EUR beanspruchen.
Auch der Senat hält die den Regelsatz betreffenden Bestimmungen Regelungen des § 20 Abs. 2 und 3 SGB II für verfassungsgemäß und verweist auf die folgenden Ausführungen des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R -, vgl. auch Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/06 R -, - B 11b AS 9/06 R - jeweils veröffentlicht in Juris), die er sich zu eigen macht: "Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen ferner nicht gegen die in § 20 Abs 2 und 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen. Der Senat folgt insbesondere nicht dem Vorbringen der Revision, die genannten Vorschriften gewährleisteten nicht das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum und verstießen gegen die Menschenwürde sowie gegen fürsorgerechtliche Strukturprinzipien.
Eine genaue Bestimmung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins begegnet angesichts sich ständig ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse und Entwicklungen erheblichen Schwierigkeiten, wie ua zahlreiche Entscheidungen des BVerfG zum steuerrechtlichen Existenzminimum belegen (vgl etwa BVerfGE 87, 153, 169 ff = NJW 1992, 3153; BVerfGE 99, 246, 259 ff = NJW 1999, 561). Demgemäß hat der Gesetzgeber in den jeweiligen Gesetzen, die sich mit der Bestimmung des Existenzminimums befassen (zB Wohngeldgesetz, Einkommensteuergesetz), keineswegs eine einheitliche Definition gewählt (vgl Wunder/Diehm, SozSich 2006, 195, 197). Soweit dem Begriff der Sicherung der "Mindestvoraussetzungen" die Forderung nach einem Schutz vor Existenznot im Sinne einer Sicherung der physiologischen Existenz des Bürgers zu entnehmen ist (vgl Martinez Soria JZ 2005, 644, 648 mwN), bestehen keine Bedenken, dass der Gesetzgeber des SGB II diese Forderung erfüllt, indem er die in den §§ 14 ff SGB II vorgesehenen Leistungen zur Verfügung stellt und darüber hinaus Regelungen zur Einbeziehung der Hilfebedürftigen in den Schutz der Sozialversicherung trifft (zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - s §§ 5 Abs 1 Nr 2a, 251, 252 SGB V; §§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2a, 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI; vgl hierzu auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 -, juris, RdNr 29; Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 102 ff).
Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe anerkannt, dass die staatliche Gewährleistungspflicht nicht nur auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz beschränkt ist, sondern auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sowie einen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung umfasst (vgl BVerwGE 87, 212 = NJW 1991, 2304; BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214). Auch diesen Anforderungen wird der Gesetzgeber bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich gerecht. Denn er hat die in der Rechtsprechung zur Sozialhilfe entwickelten Erwägungen mit der Regelung in § 20 Abs 1 SGB II aufgegriffen und präzisiert. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst schon nach dem Gesetzeswortlaut ua (neben zB Ernährung und Kleidung) "in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben".
Die Revision vermag auch nicht mit ihren Einwendungen gegen die Höhe der in § 20 Abs 2 SGB II festgelegten Regelleistung von 345 EUR pro Monat für ua allein stehende und allein erziehende Personen durchzudringen. Die vom Gesetzgeber gewählte Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist grundsätzlich zulässig, Bedarfe gruppenbezogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen.
Durchgreifende Bedenken lassen sich entgegen verschiedenen Äußerungen im Schrifttum (etwa Rothkegel in Gagel, aaO, § 20 RdNr 31 f; Ockenga ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff) nicht aus dem Gesetzgebungsverfahren und nicht aus dem nachfolgenden Verfahren zur Vorbereitung der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII - Regelsatzverordnung (RSV) - herleiten. Der Senat hat insoweit berücksichtigt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56) für die Leistungshöhe eine vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 1. Juli 2003 maßgebend sein und dass sich die Regelleistung hinsichtlich Höhe und Neubemessung auch an der RSV orientieren sollte (vgl auch § 20 Abs 4 Satz 2 SGB II iVm § 28 Abs 3 Satz 5 SGB XII). Der Senat hat auch berücksichtigt, dass die RSV bis zur Verabschiedung des SGB II durch den Bundestag im Dezember 2003 noch nicht erlassen war und dass erst mit Schreiben der Bundesregierung vom 10. März 2004 der RSV-Entwurf und dessen Begründung dem Bundesrat übermittelt wurde (BR-Drucks 206/04; vgl Ockenga, aaO, S 144), ferner, dass vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II der Vorentwurf einer RSV (Stand 21. Juli 2003, vgl im Internet unter www.sozialpolitik.de, Themenfelder "Sozialstaat, Soziale Sicherung") vorlag, der im Detail von der späteren RSV vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) abweicht. Grundsätzliche Einwände gegen die Festsetzung der Regelleistungen lassen sich aus diesem zeitlichen Ablauf jedoch nicht ableiten, da der Gesetzgeber bei der Ermittlung der - typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen hat (vgl Martens SozSich 2006, 182, 184) und erkennbarer Bezugspunkt für die Bemessung der Regelleistung mit 345 EUR die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca 297 EUR) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca 16 vH war (vgl hierzu ua LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 39/06 R; Brünner in LPK-SGB II § 20 Nr 4; Berlit info also 2003, 195, 202; Bieback NZS 2005, 337, 338).
Auch im Übrigen kann der Senat nicht feststellen, dass die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II höherrangigem Recht widerspricht. Bereits die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Sozialhilfe hat die Kontrolle für die Regelsatzfestsetzung durch Rechtsverordnung unter der Geltung des § 22 Abs 2 Satz 1 BSHG auf die Prüfung beschränkt, ob die den Bedarf bestimmenden Faktoren auf ausreichenden Erfahrungswerten beruhen und ob die der Festsetzung zu Grunde liegenden Wertungen vertretbar sind (vgl BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214; BVerwGE 102, 366 = NVwZ 1998, 285). Diese Prüfungsmaßstäbe zur Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit dem ermächtigenden Gesetz können denknotwendigerweise nicht gleichermaßen für die Überprüfung des § 20 Abs 2 SGB II gelten. Denn hierin hat der parlamentarische Gesetzgeber, der allein an das GG gebunden ist, die Höhe der Regelleistung unmittelbar bestimmt. Der Senat kann jedoch offen lassen, inwieweit sich die oben genannten Maßstäbe nicht nur aus dem BSHG, sondern auch aus dem GG herleiten lassen (vgl BVerfGE 82, 60, 80; Rothkegel, SGb 2006, 74, 76; gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerwG: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. November 2005 - L 3 AS 3/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 5/06 R). Denn selbst auf der Grundlage dieser Maßstäbe bestehen keine Bedenken. Die Prüfung des Senats ergibt unter Berücksichtigung der im Gesetzgebungsverfahren und im Zusammenhang mit dem Erlass der RSV dokumentierten Erwägungen, dass der Bestimmung der Regelleistung ausreichende Erfahrungswerte zu Grunde liegen und dass der dem Gesetzgeber zuzubilligende Einschätzungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten ist.
Eine Unvertretbarkeit der Festsetzung der Regelleistung durch den Gesetzgeber ergibt sich nicht etwa daraus, dass im Schrifttum mangelnde Transparenz gerügt oder auf die angebliche Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen hingewiesen wird (vgl ua: Berlit info also 2003, 195, 202; derselbe info also 2005, 181-182; Frommann NDV 2004, 248, 252; Rothkegel ZfSH/SGB 2004, 396, 403 ff; Däubler, NZS 2005, 225, 228; Ockenga, ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff). Denn angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch unter Einbeziehung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sachgerecht zu bestimmen, können Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Angemessenheit und der Gewichtung einzelner Größen keine entscheidende Rolle spielen (vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 83 f; vgl zusammenfassend Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 21 ff, 25, Stand 1. März 2006).
Bei der Vertretbarkeitsprüfung ist auch zu bedenken, dass die gegenwärtige Situation durch die Zunahme niedrig entlohnter Tätigkeiten und durch Einkommenseinbußen in breiten Bevölkerungskreisen geprägt ist, weshalb dem Gesichtspunkt des Lohnabstandsgebotes maßgebliche Bedeutung zukommen muss (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 - juris, RdNr 31). Diesem Gebot entspricht, dass in der Konsequenz der Festlegung der Regelleistung in § 20 Abs 2 SGB II der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die untersten 20 v. H. der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der EVS ohne Einbeziehung der Hilfeempfänger (vgl § 2 Abs 3 RSV; Däubler NZS 2005, 225, 228). Vor allem ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beachten, dass der Gesetzgeber des SGB II den Hilfebedürftigen nicht nur die Regelleistung, sondern in nicht unwesentlichem Umfang weitere Leistungen zur Verfügung stellt (vgl ua §§ 16, 21, 22, 23 SGB II; zur Möglichkeit, in Ausnahmefällen auch Leistungen nach Maßgabe des SGB XII zu beanspruchen, vgl Urteil des 7b. Senats des BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R). Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte vermag der Senat deshalb eine Unvertretbarkeit der Höhe der Regelleistung nicht zu erkennen. Ob und inwieweit den Gesetzgeber über die Anpassungsregelungen in § 20 Abs 4 SGB II hinaus eine besondere Beobachtungspflicht (vgl BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 13; BVerfGE 87, 348, 358; 88, 203, 309 ff) bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes trifft, kann der Senat schon im Hinblick auf den hier streitigen Zeitraum dahingestellt sein lassen.
Die gemäß § 20 Abs 3 SGB II im konkreten Fall nur zu 90 v. H. berücksichtigte Regelleistung (311 EUR) begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da bei zwei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft ein Wirtschaften "aus einem Topf" zu Kostenersparnissen führt, ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dies typisierend berücksichtigt (vgl hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 - zu § 22b Abs 3 Fremdrentengesetz). Die Kostenersparnis bei gemeinsamer Haushaltsführung war schon der Grund für die gestaffelten Regelleistungen nach dem BSHG."
Ergänzend ist auszuführen, dass der Gesetzgeber des SGB II im Gegensatz zur früheren RegelsatzV bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet hat (BT-Drucks 15/1516, S 56 rechte Spalte zu § 20). Durch § 20 Abs 3 SGB II wird stattdessen bestimmt, dass immer dann, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, ihre Regelleistung jeweils 90 v. H. beträgt. In der Summe erhalten also zwei erwachsene Partner denselben Betrag wie bei der sozialhilferechtlichen Aufteilung in 100 v. H. für Haushaltsvorstand und 80 v. H. für Haushaltsangehörige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, entsprechend der RegelsatzV. Die Neuregelung des § 20 Abs 3 SGB II wird ausdrücklich damit begründet, dass Frauen in Paarbeziehungen in der Regel nicht als Haushaltsvorstand gelten und daher ohne Durchschnittsermittlung nur die geringere Regelleistung von 80 v. H. erhalten würden. Dieser aus Gleichstellungserwägungen begründete Verzicht auf den Begriff des Haushaltsvorstands führt zu der Kürzung nach § 20 Abs. 3 SGB II (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R - veröffentlicht in Juris).
Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt auch, dass das Begehren auf Gewährung von Eingliederungsleistungen aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt hätte.
Die Berufung des Klägers zu 1 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger begehren nur noch die Gewährung höherer Regelleistungen für ihre Bedarfsgemeinschaft im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld II (Alg II) in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005.
Dem 1964 geborenen Kläger zu 1 und seiner 1963 geborenen Ehefrau, der Klägerin zu 2 wurden ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewährt. Auf ihren Antrag vom 17. November 2004 war ihnen zunächst mit Bescheid der Agentur für Arbeit H. vom 26. November 2004 Alg II für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 in Höhe von 1.309,00 EUR monatlich bewilligt worden. Auf den Fortzahlungsantrag vom 1. Juli 2005 wurden ihnen, nachdem für die Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung der R.-N.-Kreis zuständig geworden war, mit Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2005 als Regelleistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 622,00 EUR monatlich bewilligt. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein und machten geltend, dass bei Ehegatten maximal bei einem Partner eine Kürzung der Regelleistung auf 311,00 EUR erfolgen dürfe. Durch das Bundesverfassungsgericht müsse geprüft werden, ob es verfassungsgemäß sei, bei einer Bedarfsgemeinschaft von zwei Menschen diesen jeweils nur 311,00 EUR als Regelleistung zu gewähren. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005 wies die Beklagte den Widersprach zurück und führte im wesentlichen aus, dass die Kürzung auf 90 vom Hundert der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II für zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, durch § 20 Abs. 3 SGB II angeordnet werde.
Die Kläger haben am 11. August 2005 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, nach familienrechtlichen Grundsätzen betrage der Selbstbehalt eines Leistungsempfängers 770,00 EUR. Wenn man davon ausgehe, dass ein Hartz IV-Empfänger 345,00 EUR und 360,00 EUR für die Unterkunft erhalte, ergebe sich ein Fehlbetrag von 65,00 EUR.
Die Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2006 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, nach § 19 Satz 1 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie unter den Voraussetzungen des § 24 SGB II einen befristeten Zuschlag. Dabei betrage die monatliche Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend seien oder deren Partner minderjährig sei, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin-Ost 345,00 EUR, in den neuen Bundesländern 331,00 EUR (§ 20 Abs. 2 SGB II). Hätten zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, betrage die Regelleistung jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehöre unter anderem der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II). Auf der Basis dieser maßgeblichen rechtlichen Vorgaben habe die Beklagte zu Recht eine monatliche Leistung von 622,00 EUR bewilligt. Hierbei sei sie zutreffend nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II von einer Regelleistung von jeweils 311,00 EUR für den Kläger und dessen Ehefrau ausgegangen. Eine Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelsätze vermöge das Gericht in Übereinstimmung mit der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht zu erkennen. Die Regelsätze des § 20 SGB II verletzten weder das Grundrecht auf Eigentum nach Artikel 14 Grundgesetz (GG) noch verletzten sie das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 GG. Der Schutzbereich des Artikel 14 GG werde bereits deshalb nicht tangiert, weil die Leistungen nach dem SGB II keine beitrags-, sondern eine steuerfinanzierte Leistungen darstellten. Solche Leistungen unterlägen nicht dem Eigentumsschutz nach Artikel 14 GG (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -, vgl. u. a. SozR 3 - 4100 § 136 Nr. 11). Durch die Regelung des § 24 SGB II, wonach ein schrittweiser Übergang von Arbeitslosengeld I in Arbeitslosengeld II für die Dauer von 2 Jahren stattfinde, werde auch verhindert, dass der durch Artikel 14 GG geschützte Anspruch auf Arbeitslosengeld I in unverhältnismäßig kurzer Zeit abgebaut werde. Bezüglich der Höhe der Regelleistungen stehe dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, deren Grenze lediglich darin bestehe, dass ein menschenwürdiges Dasein gewährleistet sein müsse. Mit den festgesetzten Beträgen werde aber noch der Versorgungsgrad und die Versorgungsdichte der Personen im unteren Einkommensbereich erreicht. In diesem Zusammenhang sei auch die Regelung des § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Artikel 3 GG werde dadurch nicht verletzt, denn zwei erwachsene Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft könnten kostengünstiger wirtschaften als zwei Einzelpersonen mit jeweils eigenem Haushalt. Die ungleiche Behandelung von alleinstehenden Hilfeempfängern und Hilfeempfänger einer Bedarfsgemeinschaft habe daher einen sachlichen Grund. Für das Gericht bestehe deshalb keine Veranlassung, das Verfahren gemäß Artikel 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der beanstandeten Normen vorzulegen. Der Kläger zu 1 könne, was ausgeführt wurde, von der Beklagten auch keine Leistungen zur Eingliederung verlangen.
Gegen diesen dem Bevollmächtigten der Kläger am 24. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 17. März 2006 beim SG Berufung eingelegt und im Wesentlichen folgendes geltend gemacht: dass die gekürzten Regelsätze noch den Versorgungsgrad und die Versorgungsdichte der Personen im unteren Einkommensbereich erreichten, treffe nicht zu. Man müsse sich insoweit überlegen, dass ein Außenspiegel mit Montage für einen Mercedes 320,- EUR koste. Auch gegen die Ablehnung von Eingliederungsleistungen werde Berufung eingelegt. Das SG hätte den Rentenversicherungsträger beiladen müssen. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 ist das die Gewährung von Eingliederungsleistungen betreffende Begehren für erledigt erklärt worden.
Die Kläger beantragen sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2005 zu verurteilen, ihnen vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 höhere Regeleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Während des Berufungsverfahrens sind die Kläger nach S.-H. verzogen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Berufungsakten sowie der Akten des SG und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin zu 2, die ausschließlich höhere Regeleistungen für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 begehrt, ist unstatthaft, da der Wert des § 144 Abs. Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erreicht ist. Mit der Berufung wird nämlich von ihr eine um monatlich höchstens 34 EUR (Differenz zwischen den Regelleistungen von 345 EUR und 311 EUR) höhere Regelleistung erstrebt, so dass sich für den streitigen Zeitraum ein Beschwerdewert von nur 204 EUR ergibt. Die Berufung des Klägers zu 1 war im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt statthaft. Denn der Kläger zu 1 begehrte im insoweit maßgebenden Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht nur höhere monatliche Regeleistungen in Höhe von insgesamt 204 EUR, sondern auch einer wertmäßigen Bezifferung nicht zugängliche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die die Berufungsfähigkeit der vom Kläger zu 1 verfolgten Ansprüche insgesamt begründet haben. Die spätere Beschränkung der Berufung durch den Kläger zu 1 hat nicht zur Unzulässigkeit seiner Berufung geführt.
Die Berufung des Klägers zu 1 ist auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Beim Kläger zu 1, der mit seiner Ehefrau eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hat, waren die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg II (vgl. § 19 Satz 1 SGB II) im streitbefangenen Zeitraum erfüllt (vgl. §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 SGB II und § 9 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II), ohne dass wegen zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen (§§ 11, 12 SGB II) die Hilfebedürftigkeit ganz oder teilweise zu verneinen war oder Leistungsausschlusstatbestände eingegriffen haben. In diesem Fall beträgt nach § 20 Abs. 3 SGB II die Regeleistung für - wie hier - zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft mit vollendetem 18. Lebensjahr 90 v.H. der Regelleistung nach Abs. 2; da diese sich in streitbefangenen Zeitraum auf 345 EUR belief, beträgt die Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II 310,50 EUR, nach dem Aufrundungsgebot des § 41 Abs. 2 SGB II also 311 EUR. Diesen Betrag hat die Beklagte bewilligt. Der Kläger zu 1, der weder Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt nach § 21 SGB II noch Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld nach § 24 SGB II hat, kann für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 keine ungekürzte Regelleistung in Höhe von 345 EUR beanspruchen.
Auch der Senat hält die den Regelsatz betreffenden Bestimmungen Regelungen des § 20 Abs. 2 und 3 SGB II für verfassungsgemäß und verweist auf die folgenden Ausführungen des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R -, vgl. auch Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/06 R -, - B 11b AS 9/06 R - jeweils veröffentlicht in Juris), die er sich zu eigen macht: "Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen ferner nicht gegen die in § 20 Abs 2 und 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen. Der Senat folgt insbesondere nicht dem Vorbringen der Revision, die genannten Vorschriften gewährleisteten nicht das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum und verstießen gegen die Menschenwürde sowie gegen fürsorgerechtliche Strukturprinzipien.
Eine genaue Bestimmung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins begegnet angesichts sich ständig ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse und Entwicklungen erheblichen Schwierigkeiten, wie ua zahlreiche Entscheidungen des BVerfG zum steuerrechtlichen Existenzminimum belegen (vgl etwa BVerfGE 87, 153, 169 ff = NJW 1992, 3153; BVerfGE 99, 246, 259 ff = NJW 1999, 561). Demgemäß hat der Gesetzgeber in den jeweiligen Gesetzen, die sich mit der Bestimmung des Existenzminimums befassen (zB Wohngeldgesetz, Einkommensteuergesetz), keineswegs eine einheitliche Definition gewählt (vgl Wunder/Diehm, SozSich 2006, 195, 197). Soweit dem Begriff der Sicherung der "Mindestvoraussetzungen" die Forderung nach einem Schutz vor Existenznot im Sinne einer Sicherung der physiologischen Existenz des Bürgers zu entnehmen ist (vgl Martinez Soria JZ 2005, 644, 648 mwN), bestehen keine Bedenken, dass der Gesetzgeber des SGB II diese Forderung erfüllt, indem er die in den §§ 14 ff SGB II vorgesehenen Leistungen zur Verfügung stellt und darüber hinaus Regelungen zur Einbeziehung der Hilfebedürftigen in den Schutz der Sozialversicherung trifft (zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - s §§ 5 Abs 1 Nr 2a, 251, 252 SGB V; §§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2a, 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI; vgl hierzu auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 -, juris, RdNr 29; Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 102 ff).
Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe anerkannt, dass die staatliche Gewährleistungspflicht nicht nur auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz beschränkt ist, sondern auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sowie einen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung umfasst (vgl BVerwGE 87, 212 = NJW 1991, 2304; BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214). Auch diesen Anforderungen wird der Gesetzgeber bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich gerecht. Denn er hat die in der Rechtsprechung zur Sozialhilfe entwickelten Erwägungen mit der Regelung in § 20 Abs 1 SGB II aufgegriffen und präzisiert. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst schon nach dem Gesetzeswortlaut ua (neben zB Ernährung und Kleidung) "in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben".
Die Revision vermag auch nicht mit ihren Einwendungen gegen die Höhe der in § 20 Abs 2 SGB II festgelegten Regelleistung von 345 EUR pro Monat für ua allein stehende und allein erziehende Personen durchzudringen. Die vom Gesetzgeber gewählte Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist grundsätzlich zulässig, Bedarfe gruppenbezogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen.
Durchgreifende Bedenken lassen sich entgegen verschiedenen Äußerungen im Schrifttum (etwa Rothkegel in Gagel, aaO, § 20 RdNr 31 f; Ockenga ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff) nicht aus dem Gesetzgebungsverfahren und nicht aus dem nachfolgenden Verfahren zur Vorbereitung der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII - Regelsatzverordnung (RSV) - herleiten. Der Senat hat insoweit berücksichtigt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56) für die Leistungshöhe eine vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 1. Juli 2003 maßgebend sein und dass sich die Regelleistung hinsichtlich Höhe und Neubemessung auch an der RSV orientieren sollte (vgl auch § 20 Abs 4 Satz 2 SGB II iVm § 28 Abs 3 Satz 5 SGB XII). Der Senat hat auch berücksichtigt, dass die RSV bis zur Verabschiedung des SGB II durch den Bundestag im Dezember 2003 noch nicht erlassen war und dass erst mit Schreiben der Bundesregierung vom 10. März 2004 der RSV-Entwurf und dessen Begründung dem Bundesrat übermittelt wurde (BR-Drucks 206/04; vgl Ockenga, aaO, S 144), ferner, dass vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II der Vorentwurf einer RSV (Stand 21. Juli 2003, vgl im Internet unter www.sozialpolitik.de, Themenfelder "Sozialstaat, Soziale Sicherung") vorlag, der im Detail von der späteren RSV vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) abweicht. Grundsätzliche Einwände gegen die Festsetzung der Regelleistungen lassen sich aus diesem zeitlichen Ablauf jedoch nicht ableiten, da der Gesetzgeber bei der Ermittlung der - typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen hat (vgl Martens SozSich 2006, 182, 184) und erkennbarer Bezugspunkt für die Bemessung der Regelleistung mit 345 EUR die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca 297 EUR) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca 16 vH war (vgl hierzu ua LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 39/06 R; Brünner in LPK-SGB II § 20 Nr 4; Berlit info also 2003, 195, 202; Bieback NZS 2005, 337, 338).
Auch im Übrigen kann der Senat nicht feststellen, dass die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II höherrangigem Recht widerspricht. Bereits die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Sozialhilfe hat die Kontrolle für die Regelsatzfestsetzung durch Rechtsverordnung unter der Geltung des § 22 Abs 2 Satz 1 BSHG auf die Prüfung beschränkt, ob die den Bedarf bestimmenden Faktoren auf ausreichenden Erfahrungswerten beruhen und ob die der Festsetzung zu Grunde liegenden Wertungen vertretbar sind (vgl BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214; BVerwGE 102, 366 = NVwZ 1998, 285). Diese Prüfungsmaßstäbe zur Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit dem ermächtigenden Gesetz können denknotwendigerweise nicht gleichermaßen für die Überprüfung des § 20 Abs 2 SGB II gelten. Denn hierin hat der parlamentarische Gesetzgeber, der allein an das GG gebunden ist, die Höhe der Regelleistung unmittelbar bestimmt. Der Senat kann jedoch offen lassen, inwieweit sich die oben genannten Maßstäbe nicht nur aus dem BSHG, sondern auch aus dem GG herleiten lassen (vgl BVerfGE 82, 60, 80; Rothkegel, SGb 2006, 74, 76; gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerwG: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. November 2005 - L 3 AS 3/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 5/06 R). Denn selbst auf der Grundlage dieser Maßstäbe bestehen keine Bedenken. Die Prüfung des Senats ergibt unter Berücksichtigung der im Gesetzgebungsverfahren und im Zusammenhang mit dem Erlass der RSV dokumentierten Erwägungen, dass der Bestimmung der Regelleistung ausreichende Erfahrungswerte zu Grunde liegen und dass der dem Gesetzgeber zuzubilligende Einschätzungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten ist.
Eine Unvertretbarkeit der Festsetzung der Regelleistung durch den Gesetzgeber ergibt sich nicht etwa daraus, dass im Schrifttum mangelnde Transparenz gerügt oder auf die angebliche Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen hingewiesen wird (vgl ua: Berlit info also 2003, 195, 202; derselbe info also 2005, 181-182; Frommann NDV 2004, 248, 252; Rothkegel ZfSH/SGB 2004, 396, 403 ff; Däubler, NZS 2005, 225, 228; Ockenga, ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff). Denn angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch unter Einbeziehung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sachgerecht zu bestimmen, können Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Angemessenheit und der Gewichtung einzelner Größen keine entscheidende Rolle spielen (vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 83 f; vgl zusammenfassend Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 21 ff, 25, Stand 1. März 2006).
Bei der Vertretbarkeitsprüfung ist auch zu bedenken, dass die gegenwärtige Situation durch die Zunahme niedrig entlohnter Tätigkeiten und durch Einkommenseinbußen in breiten Bevölkerungskreisen geprägt ist, weshalb dem Gesichtspunkt des Lohnabstandsgebotes maßgebliche Bedeutung zukommen muss (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 - juris, RdNr 31). Diesem Gebot entspricht, dass in der Konsequenz der Festlegung der Regelleistung in § 20 Abs 2 SGB II der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die untersten 20 v. H. der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der EVS ohne Einbeziehung der Hilfeempfänger (vgl § 2 Abs 3 RSV; Däubler NZS 2005, 225, 228). Vor allem ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beachten, dass der Gesetzgeber des SGB II den Hilfebedürftigen nicht nur die Regelleistung, sondern in nicht unwesentlichem Umfang weitere Leistungen zur Verfügung stellt (vgl ua §§ 16, 21, 22, 23 SGB II; zur Möglichkeit, in Ausnahmefällen auch Leistungen nach Maßgabe des SGB XII zu beanspruchen, vgl Urteil des 7b. Senats des BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R). Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte vermag der Senat deshalb eine Unvertretbarkeit der Höhe der Regelleistung nicht zu erkennen. Ob und inwieweit den Gesetzgeber über die Anpassungsregelungen in § 20 Abs 4 SGB II hinaus eine besondere Beobachtungspflicht (vgl BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 13; BVerfGE 87, 348, 358; 88, 203, 309 ff) bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes trifft, kann der Senat schon im Hinblick auf den hier streitigen Zeitraum dahingestellt sein lassen.
Die gemäß § 20 Abs 3 SGB II im konkreten Fall nur zu 90 v. H. berücksichtigte Regelleistung (311 EUR) begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da bei zwei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft ein Wirtschaften "aus einem Topf" zu Kostenersparnissen führt, ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dies typisierend berücksichtigt (vgl hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 - zu § 22b Abs 3 Fremdrentengesetz). Die Kostenersparnis bei gemeinsamer Haushaltsführung war schon der Grund für die gestaffelten Regelleistungen nach dem BSHG."
Ergänzend ist auszuführen, dass der Gesetzgeber des SGB II im Gegensatz zur früheren RegelsatzV bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstandes" verzichtet hat (BT-Drucks 15/1516, S 56 rechte Spalte zu § 20). Durch § 20 Abs 3 SGB II wird stattdessen bestimmt, dass immer dann, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, ihre Regelleistung jeweils 90 v. H. beträgt. In der Summe erhalten also zwei erwachsene Partner denselben Betrag wie bei der sozialhilferechtlichen Aufteilung in 100 v. H. für Haushaltsvorstand und 80 v. H. für Haushaltsangehörige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, entsprechend der RegelsatzV. Die Neuregelung des § 20 Abs 3 SGB II wird ausdrücklich damit begründet, dass Frauen in Paarbeziehungen in der Regel nicht als Haushaltsvorstand gelten und daher ohne Durchschnittsermittlung nur die geringere Regelleistung von 80 v. H. erhalten würden. Dieser aus Gleichstellungserwägungen begründete Verzicht auf den Begriff des Haushaltsvorstands führt zu der Kürzung nach § 20 Abs. 3 SGB II (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R - veröffentlicht in Juris).
Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt auch, dass das Begehren auf Gewährung von Eingliederungsleistungen aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt hätte.
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