Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1650/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2252/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die die Erstattung von Beiträgen (Arbeitgeberanteilen) an die (damals) Bundesanstalt für Arbeit (BA) begehrende Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. November 1999.
Die 1957 geborene M. S. (S.) war seit dem 1. Januar 1996 Gesellschafterin und Geschäftsführerin (Geschäftsführervertrag zwischen der Klägerin und S. vom 28. Dezember 1995) bei der Klägerin. S. hielt einen Gesellschaftsanteil von 25 v. H. des Stammkapitals; die restlichen Gesellschaftsanteile entfielen auf den anderen Geschäftsführer (Ehemann von S., vergleiche § 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin). Für S. wurden von Anfang an Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich derjenigen zur BA (Beklagte) entrichtet. Am 8. November 1999 und am 16./17. April 2003 wurden bei der Klägerin durch den Rentenversicherungsträger (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, BfA) jeweils Betriebsprüfungen gemäß § 28 p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durchgeführt. Eine ausdrückliche Feststellung zum sozialversicherungsrechtlichen Status von S. erfolgte damals nicht.
Im Rahmen eines Ende 2003 bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse RMK (AOK) eingeleiteten Feststellungsverfahren zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von S. (Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH vom 19. November 2003, bearbeitet von der Klägerin am 28. November 2003) stellte die AOK mit Bescheid vom 12. Januar 2004 fest, S. sei seit 1. Januar 1996 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Bescheid erhielt den Zusatz, dass für diesen Bescheid die Zustimmung beantragt werde. S. legte gegen diesen Bescheid am 23. Januar 2004 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 10. Februar 2004 lehnte das (damals) Arbeitsamt W. (AA) die Zustimmungserklärung der BA nach § 336 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) zum Bescheid der AOK vom 12. Januar 2004 ab; die Geschäftsführertätigkeit sei überwiegend durch familiäre Rücksichtnahme geprägt und S. unterliege keinem Direktionsrecht bezüglich Zeit, Dauer und Ort ihrer Beschäftigung. Mit Schreiben vom 22. April 2004 teilte die BfA der AOK mit, sie sei der Auffassung, dass es sich bei S. um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt habe. Mit Bescheid vom 4. Mai 2004 half die AOK dem Widerspruch von S. in vollem Umfange ab; S. sei seit 1. Januar 1996 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Sozialversicherung gewesen. Mit übersandt wurden ein Erstattungsantrag für die zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge.
Am 9. Juli 2004 beantragte die Klägerin und S. die Erstattung der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge der Jahre 1996 bis einschließlich Januar 2004. Da S. freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert bleiben wolle, sollten die zu zahlenden "Mindestrentenbeiträge" mit den zu erstattenden "Arbeitsnehmerrentenbeiträgen" verrechnet werden. Nach Weiterleitung des Erstattungsantrages an die Agentur für Arbeit W. (AA) teilte diese mit Schreiben vom 27. Juli 2004 mit, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch zum Teil gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt sei; es werde Gelegenheit gegeben sich binnen 14 Tagen zur Frage der Verjährung zu äußern und entsprechende Nachweise zu führen. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 16. August 2004 wies S. darauf hin, dass nicht berücksichtigt sei, dass bereits Ende 2003 die Klärung des versicherungsrechtlichen Status beantragt worden sei; hierdurch sei die Verjährung gehemmt worden. Bei zwei Betriebsprüfungen durch die BfA 1999 und 2003 (Bescheide vom 9. November 1999 und 20. Juni 2003) sei nicht darauf hingewiesen worden, dass S. nicht sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Gegenüber der Klägerin erließ das AA den Bescheid vom 7. September 2004, durch welchen die Erstattung der Arbeitgeberanteile von Dezember 1999 bis 31. Januar 2004 (7.501,92 EUR) und die Erstattung der Arbeitnehmeranteile für den gleichen Zeitraum (7.501,92 EUR) bewilligt, diejenige für 1. Januar 1996 bis November 1999 (jeweils 6.459,02 EUR) jedoch abgelehnt wurde. Versehentlich wurde im Bescheid trotz Aussparung der Beiträge Verjährung auch für Dezember 1999 geltend gemacht. Mit ihrem gemeinsamen Widerspruch vom 7. Oktober 2004 bezogen sich die Klägerin und S. zur Begründung auf das Schreiben vom 16. August 2004. Die Widerspruchsstelle der AA erlies gegenüber der Klägerin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2005. Die Einrede der Verjährung werde von der BA nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte sei im Allgemeinen nur anzunehmen, wenn die Beitragszahlung deshalb zu unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der BA, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung beruhe; die fehlerhafte Beitragszahlung müsse von einer dieser Stellen nachweislich verursacht sein. Die in den Betriebsprüfungen erhobenen Beiträge seien nicht nacherhoben worden, weil Versicherungspflicht im nachhinein festgestellt worden sei; die Richtigkeit der Beitragszahlungen sei nicht ausdrücklich im Prüfbericht vermerkt. Die Beitragszahlung beruhe somit nicht auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Einzugsstelle.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. März 2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, mit der sie vorgetragen hat, der Ende 2003 gestellte Antrag auf Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status von S., durch den die Verjährung gehemmt worden sei, sei unbeachtet geblieben. Die Außerachtlassung dieser Vorkorrespondenz durch die Beklagte sei treuwidrig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Durch Urteil vom 26. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe über die Erhebung der Einrede der Verjährung ermessensfehlerfrei entschieden. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten sei nicht feststellbar.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten gemäß Empfangsbekenntnis am 3. April 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Mai 2007 beim Landessozialgericht schriftlich eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt sie weiter vor, sie habe erst rechtssicher mit dem Abhilfebescheid vom 4. Mai 2004 Kenntnis davon erlangt, dass ihr rechtsverbindlich ein Anspruch auf Erstattung der fehlerhaft bezahlten Beiträge zustehe, weshalb die Berufung auf die bereits eingetretene Verjährung nicht sein könne.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 7. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 zu verurteilen, die zur Bundesanstalt für Arbeit geleisteten Beiträge (Arbeitgeberanteile) auch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. November 1999 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Am 26. Juni 2007 hat der Berichterstatter mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakte des Senats, der Klageakte des SG (S 3 AL 1650/05) und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Beschränkung nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greifen nicht ein. Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte die Erstattung für S. vor dem 1. Dezember 1999 zu Unrecht entrichteten Beiträge (Arbeitgeberanteile) abgelehnt. Der Beklagten war es nicht wegen unzulässiger Rechtsausübung (Verstoß gegen Treu und Glauben) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Die Erhebung dieser Einrede war auch sonst nicht ermessensfehlerhaft.
Auf den vorliegenden Rechtsstreit finden die Vorschriften des SGB III und des SGB IV jeweils in der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Fassung Anwendung. Die Beklagte hat erstmals nach diesem Zeitpunkt über den Erstattungsantrag der Klägerin eine Entscheidung getroffen. Eine übergangsrechtliche Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Beitragsentrichtung bzw. dem Zeitraum, für den Beiträge jeweils entrichtet wurden, findet dagegen nicht statt (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR4-2400 § 27 Nr. 1 ). Nach dem damit (in gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nunmehr ummittelbarer Anwendung) maßgeblichen § 26 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB IV kann derjenige, der die Beiträge getragen hat, grundsätzlich die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge verlangen.
Für S. sind vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2004 Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit abgeführt worden. Aufgrund des insoweit unanfechtbar gewordenen Bescheids vom 4. Mai 2004, in welchem als selbstständigen Verfügungssatz die Feststellung getroffen worden ist, dass die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2004 zu Unrecht entrichtet worden sind, steht zwischen den Beteiligten fest, dass die hier noch streitigen Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind.
Die Beklagte macht jedoch zu Recht die Einrede der Verjährung geltend und ist zur Leistungsverweigerung berechtigt, soweit die Klägerin die Erstattung der vor 1. Dezember 1999 entrichteten Beiträge begehrt. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, wonach die Verjährung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres einer Beitragsbeanstandung beginnt, findet in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung (vgl. § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Erstattungsanspruch der bis 30. November 1999 entrichteten Beiträge war demgemäß Ende 2003 verjährt.
Die Verjährungsvorschriften bedürfen für den besonderen Zusammenhang des Beitragsrechts im SGB III keiner Modifikation. Ihr Zweck ist es im Allgemeinen, dem Schuldner die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, zumal die Aufklärung der tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß immer schwieriger wird. Die Verjährung konkretisiert Maximen von Treu und Glauben in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten und erspart zugleich Beweiserhebungen. Darüber hinaus dient sie der Sicherheit und dem Rechtsfrieden: Der Rechtsverkehr benötigt klare Verhältnisse und soll deshalb vor einer Verdunkelung der Rechtslage bewahrt bleiben, wie sie bei späterer Geltendmachung von Rechtsansprüchen aufgrund längst vergangener Tatsachen zu befürchten wäre (vgl. BSG a. a. O.). Diese Erwägungen treffen auch auf die Beitragserstattungsansprüche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu. Aber auch dort, wo wie vorliegend, über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestehen und die Verjährung (offensichtlich) begründete Ansprüche betrifft, ist das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutz und des Rechtsfriedens, hier der Freiheit der Versichertengemeinschaft von unvorhergesehenen Belastungen, gerechtfertigt. Tatsächliche Umstände, die lange Zeit unangefochten bestanden haben, sollen im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als bestehend anerkannt werden (vgl. BSG a. a. O.). Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit, diesen rechtzeitig geltend zu machen, ist auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung (vgl. BSG a. a. O.; auch bereits Großer Senat des BSG in BSGE 34, 1, 13 = SozR Nr. 24 zu § 29 RVO S Aa 21). Es ist ein fundamentaler Grundsatz des Verjährungsrechts, dass eine solche Unkenntnis, die auch in vielen anderen Bereichen unseres Rechtsleben zu beobachten ist, bei der Verjährung grundsätzlich unbeachtet bleiben muss. Zwar hat das Verjährungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches insoweit mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (Bundesgesetzblatt I 3138) für nach dem 31. Dezember 2001 begründete Schuldverhältnisse eine grundsätzliche Rechtsänderung vollzogen, indem § 199 Abs. 1 BGB nunmehr neben der Entstehung des Anspruchs im Grundsatz (Ausnahmen vgl. insbesondere Abs. 3) verlangt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Auf die gerade hinsichtlich des Beginns spezialgesetzlich geregelte Verjährung von Beitragserstattungsansprüchen (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV) sind diese Grundsätze indessen nicht übertragbar (vgl. BSG a. a. O.).
Nach § 27 Abs. 3 SGB IV gelten für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß (Satz 1); die Verjährung wird durch schriftlichen Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs unterbrochen (Satz 2). Diese Unterbrechung dauert bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch (Satz 3). Die Klägerin hat die Erstattung im Juli 2004 beantragt. Da die Beiträge für Dezember 1999 erst am 15. Januar 2000 fällig waren (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 2 SGB IV), unterfielen diese und die darauf folgenden Beiträge nicht der Verjährung.
Dagegen hat die Beklagte rechtmäßig die Einrede zur Verjährung gegenüber einer Erstattung der davorliegenden Beiträge erhoben. Dies war in das Ermessen der Beklagten gestellt. Nach § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB IV i. V. m. § 222 Abs. 1 BGB ist der Schuldner nicht verpflichtet sondern nur "berechtigt", Verjährung geltend zu machen (vgl. BSG a. a. O.). Die Beklagte hat dies beachtet und in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2005 die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 des 10. Buches Sozialgesetzbuches, SGB X). Die Verjährungseinrede ist hier nicht im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung (Verstoß gegen Treu und Glauben) ausgeschlossen; ihre Erhebung ist auch nicht sonst ermessensfehlerhaft. Im Widerspruchsbescheid hat sich die Beklagte an die von ihr erlassene Ermessenrichtlinie vom 11. Mai 1971 (ANBA 1971, 487) gehalten; danach soll auf die Verjährungseinrede nur dann verzichtet werden, wenn die unrechtmäßige Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesagentur oder der Einzugsstelle beruht (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2000 - 13 AL 4046/98; BSG a. a. O.). Diese Ermessensrichtline, an die die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung gebunden ist, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BSGE 58, 154, 159).
Ein solches fehlerhaftes Verwaltungshandeln, welches die Einrede der Verjährung ausschließt, liegt nach gefestigter Rechtsauffassung nicht in bloßen die fehlende Beitragspflicht nicht auf-deckenden Betriebsprüfungen, wie diese hier 8. November 1999 und 16./17. April 2003 von der BfA durchgeführt wurden. Das BSG hat sich bereits mehrfach mit den Rechtsfolgen von Betriebsprüfungen beschäftigt, bei denen es zunächst keine Beanstandungen gab, sich jedoch später herausstellte, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht von Beschäftigten von geprüften Arbeitgeber bereits im Prüfzeitraum untertreffend beurteilt wurden, dies im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war. Arbeitnehmer können ebenso wie Arbeitgeber aus solchen Betriebsprüfungen keine weitergehenden Rechte herleiten (vgl. BSG a. a. O.). Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits die Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträge von nichtversicherungspflichtigen Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu; sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa "Entlastung" zu erteilen (vgl. BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr. 11). Diese Schlussfolgerung verbietet sich schon deshalb, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend und erschöpfend sein kann und sich auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken darf (vgl. BSG SozR 3 - 2400 § 26 Nr. 7; BSG a. a. O.). Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu. Ihr Adressat ist nicht der Arbeitgeber. Sie halten das Ergebnis der Prüfung vielmehr nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger fest und haben nicht etwa die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung (vgl. BSGE 47, 194, 198; BSG a. a. O.). Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben jedoch das Recht, in Zweifelsfällen gem. § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und Beitragspflicht des Arbeitnehmers in Form eines Verwaltungsaktes herbeizuführen (vgl. BSG SozR 3 - 2400 § 26 Nr. 7). Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die die Erstattung von Beiträgen (Arbeitgeberanteilen) an die (damals) Bundesanstalt für Arbeit (BA) begehrende Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. November 1999.
Die 1957 geborene M. S. (S.) war seit dem 1. Januar 1996 Gesellschafterin und Geschäftsführerin (Geschäftsführervertrag zwischen der Klägerin und S. vom 28. Dezember 1995) bei der Klägerin. S. hielt einen Gesellschaftsanteil von 25 v. H. des Stammkapitals; die restlichen Gesellschaftsanteile entfielen auf den anderen Geschäftsführer (Ehemann von S., vergleiche § 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin). Für S. wurden von Anfang an Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich derjenigen zur BA (Beklagte) entrichtet. Am 8. November 1999 und am 16./17. April 2003 wurden bei der Klägerin durch den Rentenversicherungsträger (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, BfA) jeweils Betriebsprüfungen gemäß § 28 p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durchgeführt. Eine ausdrückliche Feststellung zum sozialversicherungsrechtlichen Status von S. erfolgte damals nicht.
Im Rahmen eines Ende 2003 bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse RMK (AOK) eingeleiteten Feststellungsverfahren zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von S. (Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH vom 19. November 2003, bearbeitet von der Klägerin am 28. November 2003) stellte die AOK mit Bescheid vom 12. Januar 2004 fest, S. sei seit 1. Januar 1996 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Bescheid erhielt den Zusatz, dass für diesen Bescheid die Zustimmung beantragt werde. S. legte gegen diesen Bescheid am 23. Januar 2004 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 10. Februar 2004 lehnte das (damals) Arbeitsamt W. (AA) die Zustimmungserklärung der BA nach § 336 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) zum Bescheid der AOK vom 12. Januar 2004 ab; die Geschäftsführertätigkeit sei überwiegend durch familiäre Rücksichtnahme geprägt und S. unterliege keinem Direktionsrecht bezüglich Zeit, Dauer und Ort ihrer Beschäftigung. Mit Schreiben vom 22. April 2004 teilte die BfA der AOK mit, sie sei der Auffassung, dass es sich bei S. um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt habe. Mit Bescheid vom 4. Mai 2004 half die AOK dem Widerspruch von S. in vollem Umfange ab; S. sei seit 1. Januar 1996 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Sozialversicherung gewesen. Mit übersandt wurden ein Erstattungsantrag für die zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge.
Am 9. Juli 2004 beantragte die Klägerin und S. die Erstattung der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge der Jahre 1996 bis einschließlich Januar 2004. Da S. freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert bleiben wolle, sollten die zu zahlenden "Mindestrentenbeiträge" mit den zu erstattenden "Arbeitsnehmerrentenbeiträgen" verrechnet werden. Nach Weiterleitung des Erstattungsantrages an die Agentur für Arbeit W. (AA) teilte diese mit Schreiben vom 27. Juli 2004 mit, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch zum Teil gemäß § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt sei; es werde Gelegenheit gegeben sich binnen 14 Tagen zur Frage der Verjährung zu äußern und entsprechende Nachweise zu führen. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 16. August 2004 wies S. darauf hin, dass nicht berücksichtigt sei, dass bereits Ende 2003 die Klärung des versicherungsrechtlichen Status beantragt worden sei; hierdurch sei die Verjährung gehemmt worden. Bei zwei Betriebsprüfungen durch die BfA 1999 und 2003 (Bescheide vom 9. November 1999 und 20. Juni 2003) sei nicht darauf hingewiesen worden, dass S. nicht sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Gegenüber der Klägerin erließ das AA den Bescheid vom 7. September 2004, durch welchen die Erstattung der Arbeitgeberanteile von Dezember 1999 bis 31. Januar 2004 (7.501,92 EUR) und die Erstattung der Arbeitnehmeranteile für den gleichen Zeitraum (7.501,92 EUR) bewilligt, diejenige für 1. Januar 1996 bis November 1999 (jeweils 6.459,02 EUR) jedoch abgelehnt wurde. Versehentlich wurde im Bescheid trotz Aussparung der Beiträge Verjährung auch für Dezember 1999 geltend gemacht. Mit ihrem gemeinsamen Widerspruch vom 7. Oktober 2004 bezogen sich die Klägerin und S. zur Begründung auf das Schreiben vom 16. August 2004. Die Widerspruchsstelle der AA erlies gegenüber der Klägerin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2005. Die Einrede der Verjährung werde von der BA nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte sei im Allgemeinen nur anzunehmen, wenn die Beitragszahlung deshalb zu unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der BA, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung beruhe; die fehlerhafte Beitragszahlung müsse von einer dieser Stellen nachweislich verursacht sein. Die in den Betriebsprüfungen erhobenen Beiträge seien nicht nacherhoben worden, weil Versicherungspflicht im nachhinein festgestellt worden sei; die Richtigkeit der Beitragszahlungen sei nicht ausdrücklich im Prüfbericht vermerkt. Die Beitragszahlung beruhe somit nicht auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Einzugsstelle.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. März 2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, mit der sie vorgetragen hat, der Ende 2003 gestellte Antrag auf Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status von S., durch den die Verjährung gehemmt worden sei, sei unbeachtet geblieben. Die Außerachtlassung dieser Vorkorrespondenz durch die Beklagte sei treuwidrig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Durch Urteil vom 26. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe über die Erhebung der Einrede der Verjährung ermessensfehlerfrei entschieden. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten sei nicht feststellbar.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten gemäß Empfangsbekenntnis am 3. April 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Mai 2007 beim Landessozialgericht schriftlich eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt sie weiter vor, sie habe erst rechtssicher mit dem Abhilfebescheid vom 4. Mai 2004 Kenntnis davon erlangt, dass ihr rechtsverbindlich ein Anspruch auf Erstattung der fehlerhaft bezahlten Beiträge zustehe, weshalb die Berufung auf die bereits eingetretene Verjährung nicht sein könne.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 7. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 zu verurteilen, die zur Bundesanstalt für Arbeit geleisteten Beiträge (Arbeitgeberanteile) auch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. November 1999 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Am 26. Juni 2007 hat der Berichterstatter mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakte des Senats, der Klageakte des SG (S 3 AL 1650/05) und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Beschränkung nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greifen nicht ein. Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte die Erstattung für S. vor dem 1. Dezember 1999 zu Unrecht entrichteten Beiträge (Arbeitgeberanteile) abgelehnt. Der Beklagten war es nicht wegen unzulässiger Rechtsausübung (Verstoß gegen Treu und Glauben) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Die Erhebung dieser Einrede war auch sonst nicht ermessensfehlerhaft.
Auf den vorliegenden Rechtsstreit finden die Vorschriften des SGB III und des SGB IV jeweils in der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Fassung Anwendung. Die Beklagte hat erstmals nach diesem Zeitpunkt über den Erstattungsantrag der Klägerin eine Entscheidung getroffen. Eine übergangsrechtliche Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Beitragsentrichtung bzw. dem Zeitraum, für den Beiträge jeweils entrichtet wurden, findet dagegen nicht statt (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR4-2400 § 27 Nr. 1 ). Nach dem damit (in gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nunmehr ummittelbarer Anwendung) maßgeblichen § 26 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB IV kann derjenige, der die Beiträge getragen hat, grundsätzlich die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge verlangen.
Für S. sind vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2004 Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit abgeführt worden. Aufgrund des insoweit unanfechtbar gewordenen Bescheids vom 4. Mai 2004, in welchem als selbstständigen Verfügungssatz die Feststellung getroffen worden ist, dass die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2004 zu Unrecht entrichtet worden sind, steht zwischen den Beteiligten fest, dass die hier noch streitigen Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind.
Die Beklagte macht jedoch zu Recht die Einrede der Verjährung geltend und ist zur Leistungsverweigerung berechtigt, soweit die Klägerin die Erstattung der vor 1. Dezember 1999 entrichteten Beiträge begehrt. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, wonach die Verjährung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres einer Beitragsbeanstandung beginnt, findet in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung (vgl. § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Erstattungsanspruch der bis 30. November 1999 entrichteten Beiträge war demgemäß Ende 2003 verjährt.
Die Verjährungsvorschriften bedürfen für den besonderen Zusammenhang des Beitragsrechts im SGB III keiner Modifikation. Ihr Zweck ist es im Allgemeinen, dem Schuldner die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, zumal die Aufklärung der tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß immer schwieriger wird. Die Verjährung konkretisiert Maximen von Treu und Glauben in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten und erspart zugleich Beweiserhebungen. Darüber hinaus dient sie der Sicherheit und dem Rechtsfrieden: Der Rechtsverkehr benötigt klare Verhältnisse und soll deshalb vor einer Verdunkelung der Rechtslage bewahrt bleiben, wie sie bei späterer Geltendmachung von Rechtsansprüchen aufgrund längst vergangener Tatsachen zu befürchten wäre (vgl. BSG a. a. O.). Diese Erwägungen treffen auch auf die Beitragserstattungsansprüche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu. Aber auch dort, wo wie vorliegend, über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestehen und die Verjährung (offensichtlich) begründete Ansprüche betrifft, ist das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutz und des Rechtsfriedens, hier der Freiheit der Versichertengemeinschaft von unvorhergesehenen Belastungen, gerechtfertigt. Tatsächliche Umstände, die lange Zeit unangefochten bestanden haben, sollen im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als bestehend anerkannt werden (vgl. BSG a. a. O.). Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit, diesen rechtzeitig geltend zu machen, ist auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung (vgl. BSG a. a. O.; auch bereits Großer Senat des BSG in BSGE 34, 1, 13 = SozR Nr. 24 zu § 29 RVO S Aa 21). Es ist ein fundamentaler Grundsatz des Verjährungsrechts, dass eine solche Unkenntnis, die auch in vielen anderen Bereichen unseres Rechtsleben zu beobachten ist, bei der Verjährung grundsätzlich unbeachtet bleiben muss. Zwar hat das Verjährungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches insoweit mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (Bundesgesetzblatt I 3138) für nach dem 31. Dezember 2001 begründete Schuldverhältnisse eine grundsätzliche Rechtsänderung vollzogen, indem § 199 Abs. 1 BGB nunmehr neben der Entstehung des Anspruchs im Grundsatz (Ausnahmen vgl. insbesondere Abs. 3) verlangt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Auf die gerade hinsichtlich des Beginns spezialgesetzlich geregelte Verjährung von Beitragserstattungsansprüchen (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV) sind diese Grundsätze indessen nicht übertragbar (vgl. BSG a. a. O.).
Nach § 27 Abs. 3 SGB IV gelten für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß (Satz 1); die Verjährung wird durch schriftlichen Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs unterbrochen (Satz 2). Diese Unterbrechung dauert bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch (Satz 3). Die Klägerin hat die Erstattung im Juli 2004 beantragt. Da die Beiträge für Dezember 1999 erst am 15. Januar 2000 fällig waren (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 2 SGB IV), unterfielen diese und die darauf folgenden Beiträge nicht der Verjährung.
Dagegen hat die Beklagte rechtmäßig die Einrede zur Verjährung gegenüber einer Erstattung der davorliegenden Beiträge erhoben. Dies war in das Ermessen der Beklagten gestellt. Nach § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB IV i. V. m. § 222 Abs. 1 BGB ist der Schuldner nicht verpflichtet sondern nur "berechtigt", Verjährung geltend zu machen (vgl. BSG a. a. O.). Die Beklagte hat dies beachtet und in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2005 die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 des 10. Buches Sozialgesetzbuches, SGB X). Die Verjährungseinrede ist hier nicht im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung (Verstoß gegen Treu und Glauben) ausgeschlossen; ihre Erhebung ist auch nicht sonst ermessensfehlerhaft. Im Widerspruchsbescheid hat sich die Beklagte an die von ihr erlassene Ermessenrichtlinie vom 11. Mai 1971 (ANBA 1971, 487) gehalten; danach soll auf die Verjährungseinrede nur dann verzichtet werden, wenn die unrechtmäßige Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesagentur oder der Einzugsstelle beruht (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2000 - 13 AL 4046/98; BSG a. a. O.). Diese Ermessensrichtline, an die die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung gebunden ist, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BSGE 58, 154, 159).
Ein solches fehlerhaftes Verwaltungshandeln, welches die Einrede der Verjährung ausschließt, liegt nach gefestigter Rechtsauffassung nicht in bloßen die fehlende Beitragspflicht nicht auf-deckenden Betriebsprüfungen, wie diese hier 8. November 1999 und 16./17. April 2003 von der BfA durchgeführt wurden. Das BSG hat sich bereits mehrfach mit den Rechtsfolgen von Betriebsprüfungen beschäftigt, bei denen es zunächst keine Beanstandungen gab, sich jedoch später herausstellte, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht von Beschäftigten von geprüften Arbeitgeber bereits im Prüfzeitraum untertreffend beurteilt wurden, dies im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war. Arbeitnehmer können ebenso wie Arbeitgeber aus solchen Betriebsprüfungen keine weitergehenden Rechte herleiten (vgl. BSG a. a. O.). Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits die Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträge von nichtversicherungspflichtigen Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu; sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa "Entlastung" zu erteilen (vgl. BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr. 11). Diese Schlussfolgerung verbietet sich schon deshalb, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend und erschöpfend sein kann und sich auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken darf (vgl. BSG SozR 3 - 2400 § 26 Nr. 7; BSG a. a. O.). Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu. Ihr Adressat ist nicht der Arbeitgeber. Sie halten das Ergebnis der Prüfung vielmehr nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger fest und haben nicht etwa die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung (vgl. BSGE 47, 194, 198; BSG a. a. O.). Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben jedoch das Recht, in Zweifelsfällen gem. § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und Beitragspflicht des Arbeitnehmers in Form eines Verwaltungsaktes herbeizuführen (vgl. BSG SozR 3 - 2400 § 26 Nr. 7). Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
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