L 6 R 2775/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1176/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 2775/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 26.04.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 21.02.2003 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) der 1957 geborenen Antragstellerin (Ast) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.02.2002 in Höhe von monatlich 389,19 EUR.

Am 01.11.2006 beantragte die Ast, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Hierüber hat die Ag noch nicht entschieden.

Seit 29.01.2007 hat die Ast Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 25,75 EUR. Die laufende Auszahlung erfolgt seit 01.03.2007. Mit Bescheid vom 15.02.2007 stellte die Ag die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.04.2007 in Höhe von 192,99 EUR fest. Unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen stehe der Ast die Rente für die Zeit ab 01.04.2007 nur in Höhe der Hälfte zu. Hiergegen erhob die Ast am 28.02.2007 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Am 29.03.2007 erhob die Ast ferner Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) und beantragte gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, auch in der Zeit ab 01.04.2007 weiterhin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von 389,19 EUR zu erhalten. Sie trug vor, dass die bisher gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.04.2007 unter Berücksichtigung des veränderten Hinzuverdienstes neu berechnet werde, könne nicht dazu führen, dass diese Rente halbiert werde. Weil sich das Rentenverfahren mit Widerspruch und Klage in die Länge ziehen werde und sie dringend auf die Rentenzahlungen angewiesen sei, müsse eine einstweilige Anordnung erlassen werden.

Die Ag trat der Klage und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegen. Wegen der in § 96a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) eindeutig geregelten Anrechnung des Hinzuverdienstes sei die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neu festzustellen gewesen. Über den Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sei noch nicht entschieden worden.

Mit Schreiben vom 17.04.2007 forderte das SG die Ast zu detaillierten Darlegungen auf, warum die nach § 96a SGB VI vorgenommene Anrechnung unzutreffend sei und ob sie in eine unzumutbare Notlage geraten würde, wenn sie den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten würde. Nachdem die Ast innerhalb der ihr gesetzten Frist hierauf nicht geantwortet hatte, lehnte das SG mit Beschluss vom 26.04.2007 - dem Prozessbevollmächtigten der Ast zugestellt am 03.05.2007 - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.

Hiergegen hat die Ast am 25.05.2007 Beschwerde bei dem SG eingelegt, das ihr nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.

Die Ag hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

II.

Die gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

Nach § 86b Abs. 2 Sätze 1 und 2 des SGG kann, soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt, das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegen¬stand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung verneint. Entgegen der vom SG stillschweigend vorausgesetzten Auffassung beruht dies jedoch schon darauf, dass hier ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache nämlich auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG entfällt hier die aufschiebende Wirkung, da die Ast eine Anfechtungsklage in einer Angelegenheit der Sozialversicherung gegen einen Verwaltungsakt erhoben hat, der eine laufende Leistung herabgesetzt hat. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.02.2007 wurde nämlich die mit Bescheid vom 21.02.2003 festgesetzte Rentenhöhe von 389,19 EUR für die Zeit ab 01.04.2007 auf 192,99 EUR herabgesetzt. Der Senat legt den Antrag der Ast deshalb dahingehend aus, dass sie zumindest hilfsweise beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs und ihrer Klage gegen den Bescheid vom 15.02.2007 anzuordnen. Auch mit diesem Antrag kann der Ast vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden.

Das Gesetz nennt ebenso wenig wie § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einen Maßstab für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die Gerichte. Soweit zumindest eine Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits getroffen werden kann, bildet sie ein erstes maßgebendes Kriterium der Entscheidung. Hinzu tritt eine Interessenabwägung zwischen Vollziehungsinteresse des Antragstellers und Verhinderungsinteresse des Antragsgegners. Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht eindeutig prognostizieren, so müssen die Interessen der Beteiligten bewertet werden. Der Systematik des Gesetzes kann entnommen werden, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG das Vollziehungsinteresse im Zweifel den Vorrang hat; in allen anderen Fällen, in denen ein Rechtsbehelf kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat und die Verwaltung diese nur über § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG durch Anordnung des Sofortvollzugs beseitigt, überwiegt im Zweifel das Verhinderungsinteresse des Betroffenen. Auf der Grundlage dieses gesetzlichen Vorverständnisses kommt es entscheidend auf den prognostizierbaren Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren an. In den Fällen, in denen das Vollziehungsinteresse überwiegt, müssen schon gewichtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, um zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu kommen (Krasney-Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4.Aufl. 2005, S. 176 f.).

Im vorliegenden Fall hat die Ast selbst nicht vorgetragen, die Ag habe die in § 96a SGB VI vorgeschriebene Berechnung, ob die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, nicht richtig durchgeführt. Auch der Senat vermag bei der gebotenen summarischen Betrachtungsweise keinen Anhalt dafür zu erkennen, dass der Beklagten ein Berechnungsfehler unterlaufen ist. Die von der Klägerin geltend gemachte Bedürftigkeit kann bei der Berechnung der Rente nicht berücksichtigt werden.

Nach alledem war die Beschwerde der Ast zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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