L 7 AL 3237/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 3309/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 3237/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht Freiburg (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher die Antragstellerin die Gewährung von Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe begehrt, zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht (Sicherungsanordnung (Abs. 2 Satz 1 a.a.O.)), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1997, 479, 480; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Erforderlich ist mithin - neben dem mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Erfolg in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) - die Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund; vgl. hierzu schon Senatsbeschluss vom 23. März 2005 - L 7 SO 675/05 ER-B - (juris)).

Die Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist in Ansehung des sich aus Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtschutz (Artikel 19 Abs. 4 GG) unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NJW 1997 a.a.O. und NVwZ 2005 a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/06 ER-B - FEVS 57, 72, vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 und vom 21. Juli 2006 - L 7 AS 2129/06 ER-B (juris)).

Hiervon ausgehend hat das SG im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung verneint, denn es besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) wird der Auszubildende bei einer beruflichen Ausbildung nur gefördert, wenn er 1. außerhalb des Haushaltes seiner Eltern oder eines Elternteils wohnt und 2. die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen kann. Die Voraussetzung nach Nr. 2 gilt u.a. nicht, wenn der Auszubildende das 18. Lebensjahr vollendet hat (Satz 2).

Ebenso wie das SG hält auch der Senat es nicht für glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin außerhalb des Haushaltes ihrer Eltern wohnt. In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, ein Wohnen außerhalb des Haushaltes der Eltern setze eine eigene, von der Wohnung der Eltern abgegrenzte Wohnung voraus (vgl. Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2007, § 64 Rdnr. 37; Lampe in GK-SGB III, Stand Februar 2007, § 64 Rdnr. 4; Wagner in Wössing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, § 64 Rdnr. 2). Dies ist vorliegend unstreitig nicht der Fall, die Antragstellerin bewohnt ein Zimmer in der Wohnung ihrer Eltern. Die Gegenansicht hält ein Wohnen außerhalb des Haushaltes der Eltern auch in der gleichen Wohnung für möglich, wenn der Auszubildende nicht in den Haushalt integriert ist und Miete zahlt (Stratmann in Niesel, SGB III, 3. Aufl., § 64 Rdnr. 3; Fuchsloch in Gagel, SGB III, Stand Dezember 2006, § 64 Rdnr. 22). Letztlich kommt es vorliegend nicht darauf an, welcher Auffassung zu folgen ist, denn die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie in den Haushalt ihrer Eltern nicht integriert ist und Miete zahlt. Soweit die Antragstellerin auch in der Beschwerdebegründung vorgetragen hat, seit Mitte 2004 (somit mit Vollendung des 18. Lebensjahres) einen eigenen Haushalt zu führen, wird dieser Vortrag schon durch die eigenen Angaben der Antragstellerin im Rahmen der Beantragung der Berufsausbildungsbeihilfe widerlegt. Dort gab sie ausdrücklich an, während ihrer Ausbildung im Haushalt der Eltern zu wohnen. Soweit sie nunmehr das Gegenteil behauptet, erscheint dieser Vortrag zweckgerichtet im Rahmen des Verfahrens und ist daher zu vernachlässigen. Obgleich nach den Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss hierzu Veranlassung bestanden hätte, hat die Antragstellerin auch nach wie vor nicht belegt, dass sie überhaupt Miete zahlt. Im Hinblick auf den Vortrag der Antragstellerin, sie sehe wegen ihrer Ausbildungszeiten als Köchin ihre Eltern und Geschwister kaum noch, ist darauf zu verweisen, dass es auf die Umstände des Zusammenlebens mit den Eltern, die insbesondere nicht dem in einem traditionellen Familienverband üblichen entsprechen müssen, nicht ankommt. Insoweit kann auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu § 12 Abs. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 24. November 1977 - V C 68.76 - BVerwGE 55, 54 und Urteil vom 16. Dezember 1980 - 5 C 48/79 - BVerwGE 61, 235; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 12 Rdnr. 8).

Für die Zeit vor dem 14. Juni 2007 (Antragstellung beim SG) konnte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Übrigen schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den oben genannten Grundsätzen Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zugesprochen werden kann und nicht rückwirkend zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - und vom 2. Mai 2007 - L 7 AL 1785/07 ER-B -; OVG Brandenburg, Beschluss vom 17. Dezember 2003, FEVS 55, 262 m.w.N. und Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Auflage, Rdnr. 1245 m.w.N.). Für einen derartigen Nachholbedarf hat die Antragstellerin nichts vorgetragen.

Schließlich besteht auch kein Anordnungsgrund, da die Antragstellerin sich ohne weiteres selbst helfen könnte, ohne dass ein gerichtliches Tätigwerden erforderlich wäre. Auf Nachfrage hat die Arge Freiburg mitgeteilt, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. April 2007 zurückgenommen worden sei und die Antragstellerin für März 2007 eine Regelleistung in Höhe von 145,75 EUR und 129,66 EUR für Kosten der Unterkunft erhalten habe, seit April 2007 jedoch keine Leistungen beziehe, da derzeit ein Antrag nicht vorliege. Die Antragstellerin könnte daher – wie zuvor auch – Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) beantragen und damit ihren Lebensunterhalt sichern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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