L 9 R 3298/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 6692/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3298/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1953 geborene und verheiratete Klägerin - eine griechische Staatsangehörige -, die keine Berufsausbildung absolviert hat, war in der Zeit vom 10. Dezember 1970 bis zum 31. März 1982 und sodann wieder vom 2. April 1991 bis zum 21. Juni 1993 in der Bundesrepublik Deutschland - unterbrochen von Zeiten der Schwangerschaft und Kindererziehung - als Küchenhilfe, Fabrikarbeiterin und Raumpflegerin versicherungspflichtig beschäftigt. In Griechenland legte sie Versicherungszeiten in der griechischen Rentenversicherung in folgenden Zeiträumen zurück: vom 16. November 1983 bis zum 31. Dezember 1983, vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 und vom 1. August 1994 bis zum 12. März 1998. Seit dem 9. Juni 1998 erhielt und erhält die Klägerin vom griechischen Versicherungsträger IKA Invaliditätsrente nach einem Invaliditätsgrad von 68 v.H. Diese wird seit dem 1. Juli 2006 unbefristet gewährt.

Nachdem die Klägerin am 9. Juni 1998 erstmals Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit beantragt hatte, teilte Dr. G., Beratungsarzt der Beklagten, nach Auswertung des ausführlichen ärztlichen Berichts der griechischen Gesundheitskommission vom 10. Juli 1998 am 24. No¬vember 1999 mit, die Klägerin leide an wiederkehrenden depressiven Verstimmungszuständen sowie Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule. Leichten Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sei sie noch vollschichtig gewachsen. Vermieden werden müssten Schicht- und Nachtarbeiten, besonderer Zeitdruck, häufiges Heben und Tragen von Lasten sowie starke Temperaturschwankungen.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren teilte der Nervenarzt Dr. C. mit (Gutachten vom 30. Mai 2000), zu diagnostizieren sei eine chronisch neurotische Depression. Bei der Klägerin handele es sich um eine vom Schicksal (Tod des Vaters und Lebensgefährten, Drogenabhängigkeit des Sohnes) betroffene Frau. Festzustellen seien aber weder eine gravierende Depressivität noch eine Suizidalität. Die Klägerin sei fähig, leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, vollschichtig auszuführen. Nicht mehr verlangt werden könnten Schicht- und Nachtarbeiten, besonderer Zeitdruck, häufiges Heben und Tragen von Lasten, eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände, einseitige Körperhaltungen, häufiges Bücken, Klettern und Steigen, Absturzgefahren, Tätigkeiten im Freien sowie Belastungen durch Kälte, Hitze, Nässe und Zugluft. Der Orthopäde Dr. G. beschrieb im Gutachten vom 23. August 2000 bei der damals 149,5 cm großen und 64 kg schweren Klägerin Verschleißerscheinungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Anzeichen einer Wurzelirritation bestünden nicht. Die Klägerin müsste in der Lage sein, leichte Frauenarbeiten ohne einseitige Körperhaltungen, ohne schweres Heben und Tragen und ohne häufiges Bücken vollschichtig zu verrichten. Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2000 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin zurück.

Auf die dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG, S 18 RJ 666/01) erhobene Klage veranlasste das SG die nervenärztliche Begutachtung der Klägerin. Mit Gutachten vom 22. Februar 2002 beschrieb der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. V. bei der jetzt 65 kg schweren Klägerin degenerative HWS-Veränderungen, einen Restzustand nach Ischiassyndrom bilateral sowie eine Depressionsneurose mit Konversionsreaktion, Hypochondrie und Aggravation. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei dadurch aber nicht wesentlich eingeschränkt. Leichte, überwiegend sitzende Frauenarbeiten könne sie noch vollschichtig verrichten. Vermieden werden müssten Schicht- und Nachtarbeiten, besonderer Zeitdruck, Hebe- und Tragebelastungen über 5 kg, Tätigkeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten, Eigen- und Fremdgefährdungen, häufiges Bücken, Klettern und Steigen, Absturzgefahren, Belastungen durch starke Temperaturunterschiede, Kälte, Hitze, Zugluft, Nässe, Lärm und inhalative Reizstoffe sowie Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen bzw. solche, die volle körperliche oder psychische Belastbarkeit verlangten oder zusammen mit eigenartigen Kollegen verrichtet werden müssten.

Durch Urteil vom 8. August 2002 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das SG aus, die Klägerin sei auf der Grundlage der Ergebnisse der eingeholten Gutachten als erwerbsfähig anzusehen. Die dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 9 RJ 3536/02) durch Urteil vom 25. März 2003 als unbegründet zurück.

Am 27. November 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Die Beklagte zog die Gutachten der griechischen Gesundheitskommission vom 24. Mai 2002 und 14. Januar 2004 bei. Prüfarzt Dr. G. teilte dazu mit Stellungnahme vom 8. April 2004 mit, die aggravierende Klägerin leide nach den vorgelegten Unterlagen an einer mit einer Konversionsreaktion zusammenhängenden Depressionsneurose, Hypochondrie sowie an Verschleißerscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule. Neurologische Ausfallserscheinungen seien nicht nachzuweisen gewesen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesundheitsstörungen sei die Klägerin mindestens sechs Stunden arbeitstäglich mit körperlich leichten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes belastbar. Darauf gestützt, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15. April 2004 ab.

Auf den dagegen gerichteten und bei der Beklagten am 28. Mai 2004 eingegangen Widerspruch wurde ein weiteres, auf den 21. April 2004 datierendes Gutachten der griechischen Gesundheitskommission vorgelegt, in dem folgende Diagnosen mitgeteilt wurden: starke Depression mit psychotischen Elementen, degenerative Lumbalgie und Spondylarthopathie an der Lendenwirbelsäule. Außerdem legte die Klägerin ein von dem Psychiater I., Universität von T., Medizinische Fakultät, Psychiatrische Klinik unter dem 14. Oktober 2003 ausgestelltes "Psychiatrisches Gutachten" vor, in dem der Klägerin stationäre Aufenthalte in der Psychiatrischen Klinik in den Zeiträumen vom 27. April bis 6. Mai 1998, 19. bis 26. Januar 2000, 7. bis 14. Dezember 2001 und vom 2. bis zum 10. Oktober 2003 bescheinigt wurden. Weiter hieß es, die Klägerin leide an rezidivierenden depressiven Störungen, derzeit in Form einer mittelschweren Episode mit somatischem Syndrom. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich in den letzten zwei Jahren verschlechtert. Aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten und Funktionsstörungen sei sie nicht in der Lage, einer Tätigkeit nachzugehen. In einem weiteren von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attest vom 8. Juli 2004, hieß es, die Klägerin leide an starken depressiven Störungen mit psychotischen Elementen und einem starken Verfall der Funktionalität. Zu alledem erklärte Prüfarzt Dr. G. mit Stellungnahme vom 23. Juli 2004, objektivierbare Hinweise auf eine Verschlimmerung der gesundheitlichen Leiden der Klägerin ließen sich aus den neu vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht ablesen; es bleibe bei der unter dem 8. April 2004 getroffenen Leistungsbeurteilung. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2004 als unbegründet zurück.

Auf die dagegen am 7. Oktober 2004 zum Sozialgericht Stuttgart (SG, S 10 RJ 6692/04) erhobene Klage ließ das SG die Klägerin erneut durch Prof. Dr. V. untersuchen und begutachten. Im Gutachten vom 21. Februar 2005 teilte Prof. Dr. V. folgenden Diagnosen mit: beginnende geringgradige Ischämie des Gehirns ohne wesentliche klinische Symptome, Restzustand nach einem Ischias-Syndrom bilateral, degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule, bis heute ohne wesentliche objektive klinische Erscheinungen und Depressionsneurose, eng verbunden mit Hypochondrie und Aggravation. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die festgestellten Gesundheitsstörungen aber noch nicht wesentlich eingeschränkt. Die wegefähige Klägerin sei in der Lage überwiegend im Sitzen zu verrichtende leichte übliche Frauenarbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. Qualitativ bestünden für folgende Tätigkeiten Leistungsausschlüsse: Wechsel- und Nachtschichttätigkeit, Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, Tätigkeiten, die das Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg ohne den Einsatz mechanischer Hilfsmittel verlangten, Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten, Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen, auf Leitern und Gerüsten oder in körperlichen Zwangshaltungen, insbesondere in gebückter Haltung sowie Tätigkeiten unter Kälte-, Hitze-, Nässe- und Lärmeinfluss und solche unter inhalativen Reizstoffen.

Auf der Grundlage der Feststellungen des Gutachters Prof. Dr. V. wies das SG die Klage mit Urteil vom 6. Juli 2005 als unbegründet ab.

Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 9. August 2005 eingelegte Berufung.

Zur Berufungsbegründung bezieht sich die Klägerin auf bereits bei den Akten befindliche ärztliche Bescheinigungen und folgende von ihr vorgelegte neue Unterlagen: - Bescheinigung einer Psychiaterin der IKA-ETAM Gesundheitseinheit des IKA 25tis Martiou vom 18. Oktober 2005 über folgende Diagnosen: Major Depression mit psychotischen Komponenten und einer starken Auswirkung auf die Funktionen in allen Ebenen, - Bescheinigung eines Orthopäden der IKA-ETAM Gesundheitseinheit des IKA 25tis Martiou vom 19. Oktober 2005 über folgende Diagnosen: Spondylarthritis der HWS, Stenose des Wirbelkanals mit radikulärer Schädigung C6/C7, Osteoarthristis an den Knien und Diskopathie L4/L5 und L5/S1, - "Psychiatrisches Gutachten" des Allgemeinen Uni-Kreiskrankenhauses A., T., vom 7. Dezember 2005 mit der Diagnose "rezidivierende Depressionsstörung", - Informatorischer Kurzbericht und Entlassungsschein des Allgemeinen Kreiskrankenhauses P., T., vom 22. März 2006, über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 8. bis zum 22. März 2006 wegen rezidivierender depressiver Störung sowie - Kopien aus ihrem IKA-Gesundheitsbuch.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2004 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und höchst hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung (November 2003), zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Für die Bewertung der von der Klägerin in das Berufungsverfahren eingeführten neuen Beweismittel bezieht sie sich auf Stellungnahmen ihres Prüfarztes Dr. G. vom 24. Februar 2006 und vom 8. August 2006.

Auf Veranlassung des Senats hat sich die Klägerin der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und Begutachtung durch Prof. Dr. K., T., unterzogen. Im Gutachten vom 21. Februar 2007 teilt Prof. Dr. K. für die jetzt 82 kg schwere Klägerin folgende Diagnosen mit: Anpassungsstörungen (leichte depressive Episode mit psychosomatischen Beschwerden), degenerative Veränderungen der HWS ohne wesentliche objektive klinische Erscheinungen und Zustand nach alter Schilddrüsen-Operation. Die Beweglichkeit von Kopf und Wirbelsäule sowie der oberen und unteren Extremitäten seien ungestört, die grobe Kraft nicht gemindert, die Reflexe jeweils seitengleich auslösbar und Gangstörungen lägen nicht vor. Die gut gepflegt und ordentlich gekleidete Klägerin habe sich während der Untersuchung bewusstseinklar, allseits voll orientiert, merkfähig und von Grundantrieb und Willensfunktionen her regelgerecht präsentiert. Formale und inhaltliche Denkstörungen seien - auch mittels der durchgeführten neuropsychologischen Tests (MMSE, Rorschach, CAMCOG und MINI) - ebenso wenig nachzuweisen gewesen, wie das Vorliegen einer psychotisch produktiven Symptomatik. Über familiäre Probleme - Verhaltensstörungen des erwachsenen Sohnes - habe sie mit klagewürdiger Grundtönung und niedergedrückt berichtet. Die zur Aggravation neigende Klägerin sei medikamentös optimal eingestellt und typische Folgen oder Nebenwirkungen der Medikation seien nicht vorhanden. Aus alledem folge, dass der wegefähigen Klägerin auch weiterhin überwiegend im Sitzen zu verrichtende körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zumutbar seien. Im Laufe des Verfahrens habe sich die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht wesentlich geändert. Mit den Ergebnissen des Vorgutachters, Prof. Dr. V., bestehe Übereinstimmung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die bei der Beklagten geführten Verwaltungsakten der Klägerin sowie die Prozessakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und nach den §§ 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG auch fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 15. April 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 23. September 2004 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwerbsgemindert.

Eine volle oder teilweise Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein generelles Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs oder drei Stunden täglich, lässt sich nicht belegen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Gesamtwürdigung der im ersten Rentenverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrischen (Dr. C., 30. Mai 2000), orthopädischen (Dr. G., 23. August 2000) und neurologisch-psychiatrischen (Prof. Dr. V., 22. Februar 2002) Gutachten, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, des im erstinstanzlichen Verfahren vom Sozialgericht veranlassten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. V. (21. Februar 2005) sowie des im Berufungsverfahren vom Senat von Amts wegen eingeholten neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens von Prof. Dr. K. (17. Februar 2007). Die davon abweichenden Leistungsbeurteilungen der die Klägerin behandelnden Ärzte rechtfertigen vor dem Hintergrund der unabhängig voneinander völlig übereinstimmenden und nachvollziehbar begründeten Ausführungen und Feststellungen der vorgenannten mit dem Fall der Klägerin befassten medizinischen Sachverständigen keine andere Beurteilung.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats leidet die Klägerin an folgenden nachgewiesenen, ihre körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen: - Anpassungsstörungen im Sinne einer leichten reaktiven depressiven Episode, - Degenerativen Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule ohne wesentliche objektive klinische Erscheinungen und - Zustand nach alter Schilddrüsen Operation.

Diese Gesundheitsstörungen haben zwar qualitative Leistungsausschlüsse zur Folge. Der Klägerin nicht zugemutet werden dürfen Wechsel- und Nachtschichttätigkeit, Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, Tätigkeiten, die das Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg ohne den Einsatz mechanischer Hilfsmittel verlangen, Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen, auf Leitern und Gerüsten oder in körperlichen Zwangshaltungen, insbesondere in gebückter Haltung, Tätigkeiten unter Kälte-, Hitze-, Nässe- und Lärmeinfluss und solche unter inhalativen Reizstoffen sowie Tätigkeiten, die eine besondere Verantwortung oder geistige Beanspruchung wie Berechnen oder Kalkulieren verlangen. Jenseits dieser Tätigkeiten ist die Klägerin aber mit körperlichen leichten, vorwiegend im Sitzen zu verrichtenden Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über arbeitstäglich sechs und mehr Stunden belastbar. Eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit ihrer beiden Hände ist nicht nachgewiesen.

Auch in der gebotenen Zusammenschau von orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Diagnosen und Leistungsbeurteilungen beeinträchtigen die festgestellten Gesundheitsstörungen die Klägerin im Hinblick auf die ihr allein noch zumutbaren leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht in quantitativer Art und Weise. Dies folgt für den Senat aus den übereinstimmend von den Gutachtern Dres. C., G., V. und K. in beiden Rentenverfahren der Klägerin erhobenen Befunden, den von ihnen gestellten Diagnosen sowie den von ihnen ebenso übereinstimmend getroffenen Leistungsbeurteilungen.

Diese Einschätzung beruht auf folgenden Einzeltatsachen: Die Beweglichkeit von Kopf und Wirbelsäule sowie der oberen und unteren Extremitäten der Klägerin sind ungestört, die grobe Kraft ist nicht gemindert, die Reflexe sind jeweils seitengleich auslösbar und Gangstörungen liegen nicht vor. Die gut gepflegt und ordentlich gekleidete Klägerin hat sich während der Untersuchung bewusstseinklar, allseits voll orientiert, merkfähig und von Grundantrieb und Willensfunktionen her regelgerecht präsentiert. Formale und inhaltliche Denkstörungen sind - auch mittels der durchgeführten neuropsychologischen Tests (MMSE, Rorschach, CAMCOG und MINI) - ebenso wenig nachzuweisen gewesen, wie das Vorliegen einer psychotisch produktiven Symptomatik. Die nach Auffassung aller sie begutachtenden Nervenärzte zur Aggravation neigende Klägerin ist medikamentös optimal eingestellt und typische Folgen oder Nebenwirkungen der Medikation sind nicht vorhanden. Prof. Dr. K. hat aus alledem aktuell schlüssig hergeleitet, dass die bei der Klägerin - vor allem infolge der Probleme mit ihrem erwachsenen Sohn - ausgelösten psychischen Störungen aus eigener Willensanstrengung oder mit Hilfe zumutbarer ärztlicher Behandlung sogleich oder doch bald überwindbar sind und die Klägerin auch in der Lage ist, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden sind. Darüber hinaus ist die Klägerin den orthopädischen wie nervenärztlichen Sachverständigen zufolge in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern binnen maximal jeweils 20 Minuten fußläufig zurückzulegen und während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Damit ist die Klägerin auch im nach den Maßstäben des deutschen Rentenversicherungsrechts erforderlichen Umfang wegefähig.

Ohne Relevanz ist darüber hinaus, dass der Klägerin nach griechischem Recht eine Invalidität von 68% zuerkannt worden ist. Denn die von der griechischen Gesundheitskommission angegebene Minderung der Erwerbsfähigkeit ist für die Beurteilung des Leistungsvermögens in der deutschen Rentenversicherung ohne Bedeutung. Vielmehr ist hier entscheidend, dass die Klägerin eine körperlich leichte Tätigkeit noch vollschichtig - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - ausüben kann. Grundsätzlich ist die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 40 Abs. 4 der EWGV 1408/71 anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmungserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bisher nicht vor (vgl. Beschluss des BSG vom 9. Juli 2001 - B 13 RJ 61/01 B - und BSG SozR 3-6050 Art. 40 Nr. 3).

Zusammenfassend ist die Klägerin nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Der Klägerin ist somit keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Agentur für Arbeit einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m. w. N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i. S. v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind - wie bereits im Einzelnen ausgeführt - keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt die Klägerin keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin noch zumutbaren körperlich leichten Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen von vorn herein nicht mit Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, kniend oder hockend verrichteten Tätigkeiten, die häufiges Treppensteigen erfordern, verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend in geschlossen wohltemperierten Räumen durchgeführt werden und auch nicht regelmäßig mit besonderem Zeitdruck oder Schichtarbeiten verbunden sind.

Schließlich steht der Klägerin auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI zu. Insoweit fehlt es am Berufsschutz zugunsten der Klägerin, die nie eine berufliche Ausbildung absolviert hat und auch zeitlebens als ungelernte Arbeiterin beschäftigt gewesen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Stuttgart nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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