L 7 SO 3581/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 4996/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3581/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller, der das Sozialgericht Stuttgart (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher die Antragsteller unter Anderem die Übernahme von Mietrückständen in Höhe von 9181,25 EUR zur Abwendung der Räumung ihrer Wohnung begehren, zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Der Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG ist schon vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragstellerin vorzunehmen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, § 123 Rdnrn. 79, 96, 100; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Auflage, Rdnrn. 15, 25). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 62 (alle m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnr. 259 (alle m.w.N.)).

Hiervon ausgehend hat das SG im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung verneint. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Richtigkeit der Entscheidung des SG in Zweifel zu ziehen. Auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Die beanspruchte Übernahme der Mietrückstände kann weder gemäß § 22 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) noch auf einer anderen Rechtsgrundlage beansprucht werden. Die Bestimmung des § 22 Abs. 5 knüpft - ebenso wie § 34 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - die Übernahme von Mietschulden daran, dass dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

Die Übernahme von Mietrückständen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist allerdings nicht gerechtfertigt, wenn die Räumung der Unterkunft auch bei Übernahme der Rückstände nicht zu vermeiden ist (ebenso Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - L 7 AS 65/05 ER -, ZFSH/SGB 2006, 30-33; Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 112). Hiervon ist vorliegend auszugehen, denn nach Auskunft des Prozessbevollmächtigten der Vermieter vom heutigen Tag sind die Antragsteller vom Amtsgericht Esslingen durch Anerkenntnisurteil vom 25. Juli 2007 zur Räumung der Wohnung und zur Zahlung von Mietrückständen in Höhe von 9181,25 EUR verurteilt worden. Eine Räumungsfrist wurde den Antragstellern im Urteil nicht eingeräumt. Der Prozessbevollmächtigte der Vermieter hat bereits eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils beim Amtsgericht angefordert. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Vermieter unter diesen Umständen bereit wären, im Falle der Übernahme der Mietrückstände das Mietverhältnis mit den Antragstellern fortzusetzen. Kann aber die Rechtsposition der Antragsteller durch eine gerichtliche Eilentscheidung nicht mehr verbessert werden, so fehlt es bereits an einem schutzwürdigen Bedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes.

Wegen der weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG entsprechend).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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