L 13 AS 4090/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 4100/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4090/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren, mit zutreffender Begründung abgelehnt.

Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung des vom alleinstehenden Antragsteller gestellten Antrags, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm als Arbeitslosengeld II (vgl. § 19 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)) neben der ihm gewährten Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 345 EUR monatlich (vgl. § 20 Abs. 2 SGB II) - höhere - Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Die Antragsgegnerin hat inzwischen in ihrem letzten den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2007 regelnden Änderungsbescheid vom 9. Juli 2007, gegen den der Antragsteller am 13. Juli 2007 Widerspruch eingelegt hat und der im Übrigen Gegenstand des Widerspruchsverfahrens aufgrund des Widerspruchs vom 29. Mai 2007 geworden sein dürfte, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 241,75 EUR gewährt.

Das Sozialgericht hat im angegriffenen Beschluss zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Prozessuale Grundlage des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verfolgten Anspruches ist § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Erlass einer hier nur in Betracht kommenden einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus (zum Folgenden vgl. Senatsbeschluss vom 31. August 2006 - L 13 AS 2759/06 ER-B m.w.N., abgedruckt in Juris). Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen, ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens. Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - abgedruckt in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - m.w.N. in Juris).

Diese Voraussetzungen für den Erlass der vom Antragsteller beantragten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Zu den zu gewährenden Leistungen gehören als Arbeitslosengeld II insbesondere die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Der Antragsteller erhält auf der Grundlage dieser Vorschriften Leistungen für seinen Lebensunterhalt in Höhe des Regelsatzes sowie Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung. Ein Anspruch auf die von ihm begehrten höheren Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung hat er nicht glaubhaft gemacht. Für die von ihm bewohnte Wohnung betrug die Kaltmiete bis zum 31. März 2006 monatlich 196,23 EUR. Hinzu kamen eine Vorauszahlung für Heizkosten und Warmwasser in Höhe von 40,98 EUR, sonstige Betriebskosten in Höhe von 5,12 EUR sowie Kosten für einen Einstellplatz in Höhe von 7,67 EUR (insgesamt: 250 EUR). Ab dem 1. April 2006 wurde die Kaltmiete um 19,95 EUR erhöht. Der Antragsteller akzeptierte die Mieterhöhung jedoch nicht und minderte zudem die Miete hinsichtlich der Stellplatzkosten. Im Erörterungstermin vor dem SG hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er die Miete auf insgesamt monatlich 247,98 EUR gemindert habe. Dieser Betrag entspricht dem Überweisungsbetrag auf dem in Kopie vorgelegten Überweisungsbeleg vom 2. März 2007. Damit ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin lediglich diesen Betrag in Höhe von 247,98 EUR abzüglich eines Warmwasseranteils als Kosten für Unterkunft und Heizung anerkannt hat. Denn diese können nur bis zur Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen übernommen werden. Anders als der Antragsteller meint, stellt die Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Miete und der von ihm geminderten Miete auch kein Schadensersatz wegen Mietmängeln dar. Unabhängig davon wäre aber auch ein Schadenersatzanspruch des Antragstellers gegen seinen Vermieter nicht von der Antragsgegnerin zu begleichen. Soweit der Antragsteller nach Abschluss des Mietstreits eine Nachzahlung leisten muss, kann er dann, soweit sie die Wohnraummiete betrifft, diese als Kosten für die Unterkunft geltend machen.

Soweit sich der Antragsteller gegen die Höhe des Abzugs von 6,23 EUR wendet, sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Ob der monatliche Abzug von 6,23 EUR hier in voller Höhe gerechtfertigt ist, bedarf im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung. Selbst wenn der Abzug nur in einer geringeren Höhe gerechtfertigt wäre, wäre der Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Vorwegnahme der Hauptsache nicht rechtfertigt, weil insoweit bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine schwerwiegenden Nachteile drohen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der monatliche Regelbedarf über das monatliche Existenzminimum hinaus einen Zuschlag umfasst, mit dem Rücklagen für einmalige Bedarfe gebildet werden sollen. Zudem ergibt sich auch aus der gesetzlichen Wertung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach Tilgungen eines Darlehens aus der Regelleistung in Höhe von bis zu 10 v. H. zulässig sind, dass die monatlichen Leistungsansprüche über dem absoluten Existenzminimum liegen. Diese Einschätzung wird schließlich auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, das in seinem Beschluss vom 12. Mai 2005 (NVwZ 2005, 927, 929) dargelegt hat, dass die Gerichte einen Verstoß gegen den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden können, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abzug zusprechen. Es hat hierzu den Beschluss des SG Düsseldorf vom 16. Februar 2005 (S 35 SO 28/05 ER) zitiert, in dem ein Abzug von 20 v. H. angenommen worden ist. Ohne diesen Abzug von den Nebenkosten hätte der Bedarf des Antragstellers für die Kosten der Unterkunft und Heizung 247,98 EUR und damit der Gesamtbedarf 592,98 EUR betragen, so dass der Abzug in Höhe von 6,23 EUR lediglich eine Kürzung um 2,5 v. H. bzw. 1 v. H. bewirkt.

Damit ist jedenfalls im vorliegenden Fall ein Anordnungsgrund zu verneinen. (so auch Landessozialgericht [LSG] Hamburg, Beschlüsse vom 11. Januar 2007 - L 5 B 531/06 ER AS - und vom 21. Mai 2007 - L 5 B 111/07 ER AS - jeweils in Juris; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2006 - L 19 B 698/06 AS ER in Juris; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 5. Februar 2007 - L 8 B 211/06 - in Juris).

Im Übrigen wird gem. § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss Bezug genommen.

Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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