L 6 SB 5103/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1446/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5103/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.10.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers.

Bei dem 1949 geborenen Kläger hatte das Versorgungsamt Freiburg (VA) zuletzt mit Bescheid vom 03.04.2002 einen GdB von 30 seit 11.10.1999 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen "statische Wirbelsäulenbeschwerden bei Fehlhaltung und Teilverschmelzung des linken Kreuzdarmbeingelenkes, Hüftleiden beidseitig, Hypertonie" festgestellt. Der Bescheid erging in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 15.02.2002 - S 3 SB 3286/00.

Am 17.04.2002 beantragte der Kläger beim VA die Erhöhung des GdB mit der Begründung, das Rückenleiden habe sich verschlimmert. Zusätzlich seien Schwindel und Kreislaufstörungen zu berücksichtigen. Das VA holte die ärztlichen Auskünfte von Dr. G. vom 06.05.2002 und Dr. F. vom 27.04.2002 sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme von Dr. T.-To. vom 25.06.2002 ein. Mit Bescheid vom 08.07.2002 lehnte es die Neufeststellung des GdB ab, da eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen nicht eingetreten sei. Die Prüfung der aktuellen medizinischen Unterlagen habe ergeben, dass die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen in vollem Umfang erfasst und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, Ausgabe 2004 (AHP) mit dem bereits festgestellten GdB zutreffend bewertet seien. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor:

- Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Teilverschmelzung des linken Kreuzdarmbeingelenkes. - Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Hüftarthrose beidseits. - Bluthochdruck, Schwindel.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, allein der Schulterbefund sei mittlerweile mit einem Einzel-GdB von mindestens 40 bis 45 zu bewerten, was sich aus den neuerlichen Untersuchungen von Dr. F. ergebe. Die Wirbelsäulenbeschwerden und die Hüftbeschwerden hätten sich verschlimmert. Er sei nur "aufgrund äußerster körperlicher Einschränkungen in der Lage, seiner Tätigkeit nachzugehen". Dr. F. übersandte unter dem 25.01.2003 auf Anforderung des VA nochmals einen aktuellen Befund. Nach der vä Stellungnahme von Dr. K. vom 08.05.2003 ergebe sich auch daraus keine wesentliche dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers. Der Beklagte wies daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2003 den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 26.05.2003 Klage zum SG mit dem Begehren, einen GdB von mindestens 50 festzustellen. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen die Ausführungen im Widerspruchsverfahren. Er legte identische ärztliche Atteste von Dr. G. vom 21.10.2003 und 19.04.2004 vor. Das SG befragte Dr. G. als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete unter dem 05.08.2004, der Kläger habe sich zuletzt am 19.04.2004 vorgestellt. Es bestünden ausgeprägte Verspannungen der Schultergürtelmuskulatur und der gesamten paravertebralen Muskulatur in der Brustwirbelsäule (BWS) und lumbosakral, eine eingeschränkte, endgradig schmerzhafte Innenrotation in beiden Hüftgelenken, ein initialer Patellaverschiebe- und -druck- schmerz links, eine arterielle Hypertonie bei Adipositas, die medikamentös eingestellt sei, sowie gelegentliche Leistenschmerzen. Das Beschwerdebild habe durch die berufliche Belastung im Laufe der Zeit deutlich zugenommen. Aufgrund dieses Krankheitsbildes schätze er den GdB mit 50 ein. Beigefügt war u. a. der Arztbrief von Dr. F. vom 25.09.2003, wonach sich der Kläger dort zuletzt am 18.06.2002 vorgestellt habe, sowie der Bericht des L.-Krankenhauses F. über die stationäre Behandlung vom 02.09. bis 08.09.2003 mit Operation einer Leistenhernie links. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen.

Der Beklagte legte hierzu die vä Stellungnahme von Dr. F. vom 29.10.2004 vor, wonach sich aus der dokumentierten Leistenbruchoperation kein GdB ergebe. Dr. G. habe keine abweichenden Funktionswerte mitgeteilt, aufgrund derer die vorgeschlagene GdB-Bewertung nachvollzogen werden könne. Die übrigen vorgelegten Arztbriefe führten ebenfalls nicht zu einer anderen als der bisherigen Bewertung der Gesundheitsstörungen.

Das SG hörte den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 28.10.2005 persönlich an. Dieser erklärte, er sei Transportarbeiter und arbeite in Nachtschicht. Er müsse immer schwer heben und tragen, wobei er Rücken- und Gelenkbeschwerden habe.

Mit Urteil vom 28.10.2005 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, es sei zwar glaubhaft, dass die Beschwerden des Klägers zugenommen hätten. Dies hänge sicher auch mit seiner schweren körperlichen Arbeit zusammen. Die ärztlich festgestellten Befunde hätten sich aber nicht wesentlich geändert. Dies ergebe insbesondere ein Vergleich der orthopädischen Befunde, über die Dr. K. dem Gericht am 14.03.2001 berichtet habe, mit denen von Dr. F. vom 27.04.2002 und 25.01.2003. Auch Dr. G. habe in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 05.08.2004 konkrete wesentliche Verschlimmerungen nicht mitgeteilt. Seine Einschätzung des GdB auf 50 sei daher nicht überzeugend.

Am 24.11.2005 hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, aus der vom SG angenommenen glaubhaften Zunahme der Beschwerden ergebe sich bereits, dass dem Erhöhungsantrag stattzugeben sei. Im Übrigen ergebe der Vergleich der orthopädischen Befunde durchaus eine Verschlimmerung. So sei die Beweglichkeit der Hüftgelenke nach dem Befundbericht von Dr. K. aus dem Jahr 2001 nur geringfügig eingeschränkt gewesen, während Dr. F. im Jahr 2003 eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung angegeben habe. Im Übrigen hat der Kläger auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.10.2005 sowie den Bescheid vom 08.07.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den GdB ab 17.04.2002 mit wenigstens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, er sei nur bei Dr. G. in Behandlung. Eine orthopädische Behandlung finde nicht statt. Unter dem 18.04.2007 hat der Senat den Beteiligten mitgeteilt, dass erwogen werde, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 08.07.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Funktionsbehinderungen des Klägers haben sich im Vergleich zu dem Zustand, wie er dem Urteil des SG vom 15.02.2002 bzw. dem Ausführungsbescheid vom 03.04.2002 zugrunde gelegen hat, nicht derart verschlechtert, dass diese nunmehr mit einem höheren GdB zu bewerten sind.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für die Feststellung und Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen nach dem SGB IX im Einzelnen dargelegt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird.

Auch nach nochmaliger Überprüfung durch den Senat ergibt sich weder aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2005 noch aus den von Dr. G. und Dr. F. mitgeteilten ärztlichen Befunden eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers gegenüber den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 03.04.2002 zugrunde lagen. Die Feststellung eines höheren GdB als 30 lässt sich mit den aktenkundigen Befunden nicht begründen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit auf die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers darauf hinzuweisen, dass eine Funktionseinschränkung des Schultergelenkes nach den in diesem Verfahren eingeholten Auskünften von Dr. G. nicht im Vordergrund steht. Die von Dr. K. unter dem 08.11.2001 mitgeteilte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes führte nach der Begründung des Urteils des SG vom 15.02.2002 zu der Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 30. Diese Feststellung war bereits damals als großzügig anzusehen, da nicht ohne weiteres von einer dauernden Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen werden kann. Eine orthopädische Behandlung ist offenbar aktuell nicht erforderlich und der Kläger ist in der Lage, seine schwere Tätigkeit zu verrichten, was ihm bei einer deutlichen Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes nicht möglich wäre. Selbst unter der Annahme, dass sich die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers verstärkt haben, ist die Feststellung eines höheren GdB als 30 insgesamt nach den AHP nicht gerechtfertigt.

Die Berufung des Klägers war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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