Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 2826/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SB 5944/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers.
Bei dem 1960 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 17. August 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 1995 ein GdB von 30 ab 20. August 1994 anerkannt worden. Dem lagen als Behinderungen "degenerative Wirbelsäulenveränderungen und Wirbelkörperverletzungsfolgen mit Bewegungseinschränkung, Verformung und Nervenreizerscheinungen" zugrunde.
Im März 2005 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt H. (VA) die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung, die er im Wesentlichen mit den Folgen eines Arbeitsunfalls im März 2003 (Bewegungseinschränkung im Mittel- und Endgelenk des Ring- und Kleinfingers rechts), Wirbelsäulenbeschwerden mit Ausstrahlung in die Finger sowie Bluthochdruck begründete. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. März 2003 wurde dem Kläger durch die Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. vom 21. Juli bis 20. November 2003 bewilligt. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: Bewegungseinschränkung im Mittel- und Endgelenk des Ring- und Kleinfingers rechts nach knöchern durchbautem Mittelgelenksbruch mit reizlos einliegendem Osteosynthesematerial im Kleinfinger rechts; Kraftminderung im Ring- und Kleinfinger rechts sowie beim Grobriff rechts.
Das VA holte Befundberichte und weitere ärztliche Unterlagen bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 11. April 2005 ein.
Mit Bescheid vom 19. April 2005 lehnte das VA die Neufeststellung des GdB ab, da keine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei. Insbesondere bedingten die geltend gemachten Finger-Arm Beschwerden keine Funktionsbeeinträchtigung, die mit einem Teil-GdB von wenigstens 10 v.H. zu bewerten und daher auch nicht als Behinderung anzuerkennen sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, der im Wesentlichen darauf gestützt wurde, dass die orthopädischen Einschränkungen schwerwiegender seien als der Beurteilung zugrunde gelegt und insbesondere die Behinderungen an der rechten Hand, die von der Berufsgenossenschaft mit einer MdE um 20 v.H. bemessen worden seien, nur unzureichend in die Bewertung des Gesamt-GdB eingeflossen seien. Das VA holte daraufhin vom Orthopäden L. die Auskunft vom 22. Juli 2005 (Diagnosen: Cervikalsyndrom und Cervicobrachialgie beidseits bei röntgenologisch nachgewiesener Osteochondrose C 5/6 und C 6/7 mit Einengung der Neuroforamina, PHS rechts, Teilsteife und leichte Fehlstellung der Finger 4 und 5 rechts nach Fraktur, Entfaltungsstörung der Wirbelsäule bei Zustand nach Fraktur des 1. LWK und thorakolumbale Spondylodese Th 11-L 2, Bandscheibenprotrusion L 4/5, Retropatellararthrose beidseits, initiale Coxarthrose rechts) und die vä Stellungnahme vom 19. August 2005 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 5. September 2005 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat den Orthopäden L. (Auskunft vom 19. Dezember 2005), die Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. (Auskunft vom 19. Dezember 2005) und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. (Auskunft vom 2. Januar 2006) als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen, der Beklagte die vä Stellungnahme vom 15. Mai 2006 vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Gestützt hat das SG seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Aussagen der behandelnden Ärzte, die bezüglich der Bewertung der Beschwerden an Hals- und Lendenwirbelsäule die Bewertung durch den vä Dienst des Beklagten bestätigt hätten. Soweit der Kläger unter Bluthochdruck, seit September 2005 auch an Diabetes und Akne rosacea leide, sei davon ausgehen, dass diese Erkrankungen insgesamt nur einen Teil-GdB von 10 v.H. rechtfertigten und deshalb nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB von 30 führten.
Gegen den am 2. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass die bei ihm bestehende und von Dr. J. diagnostizierte somatoforme Störung einen GdB von 30 bis 40 rechtfertige.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 50 ab 8. März 2005 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D.(Praxisnachfolger des Dr. J.) als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2007 hat er ausgeführt, es bestehe eine Lumboischialgie (leichte Behinderung), eine somatoforme Störung (schwer) sowie Folgen der Kompressionsfraktur der Wirbelkörper (mittelgradig). Beigefügt sind mehrere Arztbriefe sowie das zweite Rentengutachten vom 5. Juli 2006 für die BG für Bauwirtschaft mit dem Messblatt Wirbelsäule. Beigezogen wurden die Akten des SG Heilbronn im Verfahren S 3 U 995/07 sowie die Verwaltungsakten der BG für Bauwirtschaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Beim Kläger ist kein höherer GdB als 30 festzustellen.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01.07.2001 die Vorschriften des 9. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag stellen die Behörden einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Diese Vorschriften sind weitgehend inhaltsgleich mit den bis zum 30.06.2001 geltenden Vorschriften der §§ 3 und 4 SchwbG, weshalb die bisherigen Grundsätze zur GdB-Bewertung weiter angewandt werden können. Inwieweit in Einzelfällen Gesundheitsstörungen über die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hinaus Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben und auch diese Auswirkungen insoweit bei der GdB-Einschätzung zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R), kann dahinstehen, denn solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", Ausgabe 2004 (AP) niedergelegt sind (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4; SozR 3 - 3870 § 4 SchwbG Nr. 19 und Urteil vom 07.11.2001 a.a.O.). Die AP besitzen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, und haben deshalb normähnliche Auswirkungen. Auch sind sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 a.a.O.; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R).
Unter Berücksichtigung der in den Anhaltspunkten niedergelegten Grundsätze ist im Fall des Klägers kein GdB von mehr als 30 festzustellen.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht Teil 2 SGB IX, 2004 (AP) Seite 116 sind Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit einem Teil-GdB von 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) mit einem Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) mit einem Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 30 und erst solche Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem Teil-GdB von 30 – 40 zu bewerten.
Unter Berücksichtigung des dem zweiten Rentengutachten der Berufsgenossenschaft für Bauwirtschaft beigefügten Messblatts für die Wirbelsäule vom Juli 2006 und der aktenkundigen Befunde im Bereich der Wirbelsäule ist die Fähigkeit für das Vor- und Rückneigen im Bereich der Halswirbelsäule mit 30-0-20 nur gering eingeschränkt, die Rotationsfähigkeit mit 90-0-80 ebenfalls nur gering. Bei einem Zeichen nach Ott von 32, einem Schober-Zeichen vom 10:12 sowie einer ebenfalls nur gering eingeschränkten Funktionalität für die Seitneigung und das Drehen liegen auch im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule nur geringfügige funktionelle Einschränkungen vor. Damit ist den gesamten funktionellen Einschränkungen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule mit dem Teil-GdB von 30 ausreichend Rechnung getragen.
Für die Hypertonie (Bluthochdruck) des Klägers ist in der leichten Form, die bei ihm keine oder nur geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) bedingt, lediglich ein Teil-GdB zwischen 0 – 10 festzustellen. Für eine Hypertonie in mittelschwerer Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades, z.B. mit Augenhintergrundveränderungen – Fundus hypertonicus I-II – und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie, oder einen diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung, die einen GdB von 20 – 40 rechtfertigen könnte, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Rosacea, kosmetisch nur wenig störend, ist mit einem Teil-GdB von 0 – 10 zu bewerten.
Soweit der Kläger geltend macht, unter einer somatoformen Störung zu leiden, die mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten wäre, teilt der Senat unter Berücksichtigung der Grundsätze der AP diese Beurteilung nicht.
Nach den AP S. 48 werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Teil-GdB von 0 – 20 und erst stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem Teil-GdB von 30 – 40 bemessen. Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegen, konnten den aktenkundigen ärztlichen Befundberichten und Stellungnahmen nicht entnommen werden. Soweit Dr. D. als Praxisnachfolger von Dr. J. über eine schwere somatoforme Schmerzstörung berichtet hat, vermochte dies den Senat weder von der behaupteten Schwere der Erkrankung zu überzeugen noch hat er deshalb Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen gesehen. Dr. D. hat seine Beurteilung mit keinerlei Befunden untermauert, sondern die Schwere der Erkrankung lediglich behauptet. Dem Entlassungsbericht aus der Rehabilitationsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers vom 20. September 2004 konnte ebenfalls kein Befund entnommen werden, der das Vorliegen einer derartigen Krankheit bestätigen würde. Insbesondere konnte durch die Rehabilitationsmaßnahme eine deutliche Besserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit und eine deutliche Besserung der Beschwerden im Bereich der HWS erzielt werden, so dass schon deshalb nicht nachvollziehbar ist, weshalb sich (ohne weitere Erkrankungen oder nachgewiesene Verschlimmerung der Grunderkrankung) eine somatoforme Schmerzstörung entwickeln sollte. Auch die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. hat in ihrem Arztbrief an die Berufsgenossenschaft vom April 2006 nichts berichtet, was auf eine somatoforme Schmerzstörung schließen lassen könnte. Zwar wurde im 2. Rentengutachten für die Berufsgenossenschaft vom 5. Juli 2006 anamnestisch wiedergegeben, dass eine Angststörung vorliege und ständig Tabletten u.a. dagegen eingenommen würden und dieser Zustand im Wesentlichen seit der Entlassung durch den Beschäftigungsbetrieb im Oktober 2005 vorliege. Doch selbst wenn aufgrund dieser Angaben vom Vorliegen einer somatoformen Störung ausgegangen wird, rechtfertigt diese nach den oben beschriebenen Maßstäben keinen Teil-GdB von mehr als 20. Diese Beurteilung stützt der Senat insbesondere auch auf den Umstand, dass sowohl der Rentenversicherungsträger als auch die gesetzliche Krankenkasse des Klägers seine Aufnahme in eine stationäre Rehabilitationsbehandlung abgelehnt und auf ambulante Maßnahmen verwiesen haben.
Ist deshalb für die insoweit unterstellten Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet von einem Teil-GdB von 20 auszugehen, so bewirken weder dies noch die übrigen Behinderungen die Anhebung des Gesamt-GdB auf mehr als 30.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist nach den Grundsätzen zu verfahren, wie sie in den AP (Abschnitt 19) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind bei der Festsetzung des Gesamt-GdB die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB verursacht. Dann ist im Hinblick auf weitere Behinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung insgesamt größer wird und deshalb dem höchsten Einzel-GdB ein Behinderungsgrad von 10 oder 20 oder mehr hinzuzufügen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Mathematische Methoden, insbesondere eine Addition der einzelnen GdB-Werte, sind hierbei ausgeschlossen (BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Funktionsstörungen der Wirbelsäule, die mit einem Teil-GdB von 30 bewertet sind, als Ausgangspunkt für die Gesamt-GdB-Bildung zu nehmen. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Schmerzempfindung des Klägers, unabhängig davon, ob sie als somotoforme Schmerzstörung zu definieren ist oder nicht, ihren Ausgang in der Wirbelsäulenerkrankung nimmt, überschneidet sich der für die - insoweit unterstellte - Schmerzerkrankung zu vergebende Teil-GdB von 20 wesentlich mit den funktionellen Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, da in dem dafür vergebenen Teil-GdB von 30 bereits die mit der Erkrankung zwangsläufig verbundenen Schmerzen berücksichtigt sind. Die - unterstellte - Schmerzerkrankung erhöht damit das Ausmaß der Behinderung nicht so wesentlich, dass eine GdB-Erhöhung auf mehr als 30 zu rechtfertigen wäre. Entsprechendes gilt für die im Übrigen festgestellten Teil-GdB-Werte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers.
Bei dem 1960 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 17. August 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 1995 ein GdB von 30 ab 20. August 1994 anerkannt worden. Dem lagen als Behinderungen "degenerative Wirbelsäulenveränderungen und Wirbelkörperverletzungsfolgen mit Bewegungseinschränkung, Verformung und Nervenreizerscheinungen" zugrunde.
Im März 2005 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt H. (VA) die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung, die er im Wesentlichen mit den Folgen eines Arbeitsunfalls im März 2003 (Bewegungseinschränkung im Mittel- und Endgelenk des Ring- und Kleinfingers rechts), Wirbelsäulenbeschwerden mit Ausstrahlung in die Finger sowie Bluthochdruck begründete. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. März 2003 wurde dem Kläger durch die Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. vom 21. Juli bis 20. November 2003 bewilligt. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: Bewegungseinschränkung im Mittel- und Endgelenk des Ring- und Kleinfingers rechts nach knöchern durchbautem Mittelgelenksbruch mit reizlos einliegendem Osteosynthesematerial im Kleinfinger rechts; Kraftminderung im Ring- und Kleinfinger rechts sowie beim Grobriff rechts.
Das VA holte Befundberichte und weitere ärztliche Unterlagen bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. sowie die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 11. April 2005 ein.
Mit Bescheid vom 19. April 2005 lehnte das VA die Neufeststellung des GdB ab, da keine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei. Insbesondere bedingten die geltend gemachten Finger-Arm Beschwerden keine Funktionsbeeinträchtigung, die mit einem Teil-GdB von wenigstens 10 v.H. zu bewerten und daher auch nicht als Behinderung anzuerkennen sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, der im Wesentlichen darauf gestützt wurde, dass die orthopädischen Einschränkungen schwerwiegender seien als der Beurteilung zugrunde gelegt und insbesondere die Behinderungen an der rechten Hand, die von der Berufsgenossenschaft mit einer MdE um 20 v.H. bemessen worden seien, nur unzureichend in die Bewertung des Gesamt-GdB eingeflossen seien. Das VA holte daraufhin vom Orthopäden L. die Auskunft vom 22. Juli 2005 (Diagnosen: Cervikalsyndrom und Cervicobrachialgie beidseits bei röntgenologisch nachgewiesener Osteochondrose C 5/6 und C 6/7 mit Einengung der Neuroforamina, PHS rechts, Teilsteife und leichte Fehlstellung der Finger 4 und 5 rechts nach Fraktur, Entfaltungsstörung der Wirbelsäule bei Zustand nach Fraktur des 1. LWK und thorakolumbale Spondylodese Th 11-L 2, Bandscheibenprotrusion L 4/5, Retropatellararthrose beidseits, initiale Coxarthrose rechts) und die vä Stellungnahme vom 19. August 2005 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 5. September 2005 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat den Orthopäden L. (Auskunft vom 19. Dezember 2005), die Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. (Auskunft vom 19. Dezember 2005) und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. (Auskunft vom 2. Januar 2006) als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen, der Beklagte die vä Stellungnahme vom 15. Mai 2006 vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Gestützt hat das SG seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Aussagen der behandelnden Ärzte, die bezüglich der Bewertung der Beschwerden an Hals- und Lendenwirbelsäule die Bewertung durch den vä Dienst des Beklagten bestätigt hätten. Soweit der Kläger unter Bluthochdruck, seit September 2005 auch an Diabetes und Akne rosacea leide, sei davon ausgehen, dass diese Erkrankungen insgesamt nur einen Teil-GdB von 10 v.H. rechtfertigten und deshalb nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB von 30 führten.
Gegen den am 2. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass die bei ihm bestehende und von Dr. J. diagnostizierte somatoforme Störung einen GdB von 30 bis 40 rechtfertige.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 50 ab 8. März 2005 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D.(Praxisnachfolger des Dr. J.) als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2007 hat er ausgeführt, es bestehe eine Lumboischialgie (leichte Behinderung), eine somatoforme Störung (schwer) sowie Folgen der Kompressionsfraktur der Wirbelkörper (mittelgradig). Beigefügt sind mehrere Arztbriefe sowie das zweite Rentengutachten vom 5. Juli 2006 für die BG für Bauwirtschaft mit dem Messblatt Wirbelsäule. Beigezogen wurden die Akten des SG Heilbronn im Verfahren S 3 U 995/07 sowie die Verwaltungsakten der BG für Bauwirtschaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Beim Kläger ist kein höherer GdB als 30 festzustellen.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01.07.2001 die Vorschriften des 9. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag stellen die Behörden einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Diese Vorschriften sind weitgehend inhaltsgleich mit den bis zum 30.06.2001 geltenden Vorschriften der §§ 3 und 4 SchwbG, weshalb die bisherigen Grundsätze zur GdB-Bewertung weiter angewandt werden können. Inwieweit in Einzelfällen Gesundheitsstörungen über die damit verbundenen Funktionseinschränkungen hinaus Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben und auch diese Auswirkungen insoweit bei der GdB-Einschätzung zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R), kann dahinstehen, denn solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", Ausgabe 2004 (AP) niedergelegt sind (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4; SozR 3 - 3870 § 4 SchwbG Nr. 19 und Urteil vom 07.11.2001 a.a.O.). Die AP besitzen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, und haben deshalb normähnliche Auswirkungen. Auch sind sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 a.a.O.; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R).
Unter Berücksichtigung der in den Anhaltspunkten niedergelegten Grundsätze ist im Fall des Klägers kein GdB von mehr als 30 festzustellen.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht Teil 2 SGB IX, 2004 (AP) Seite 116 sind Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit einem Teil-GdB von 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) mit einem Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) mit einem Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 30 und erst solche Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem Teil-GdB von 30 – 40 zu bewerten.
Unter Berücksichtigung des dem zweiten Rentengutachten der Berufsgenossenschaft für Bauwirtschaft beigefügten Messblatts für die Wirbelsäule vom Juli 2006 und der aktenkundigen Befunde im Bereich der Wirbelsäule ist die Fähigkeit für das Vor- und Rückneigen im Bereich der Halswirbelsäule mit 30-0-20 nur gering eingeschränkt, die Rotationsfähigkeit mit 90-0-80 ebenfalls nur gering. Bei einem Zeichen nach Ott von 32, einem Schober-Zeichen vom 10:12 sowie einer ebenfalls nur gering eingeschränkten Funktionalität für die Seitneigung und das Drehen liegen auch im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule nur geringfügige funktionelle Einschränkungen vor. Damit ist den gesamten funktionellen Einschränkungen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule mit dem Teil-GdB von 30 ausreichend Rechnung getragen.
Für die Hypertonie (Bluthochdruck) des Klägers ist in der leichten Form, die bei ihm keine oder nur geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) bedingt, lediglich ein Teil-GdB zwischen 0 – 10 festzustellen. Für eine Hypertonie in mittelschwerer Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades, z.B. mit Augenhintergrundveränderungen – Fundus hypertonicus I-II – und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie, oder einen diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung, die einen GdB von 20 – 40 rechtfertigen könnte, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Rosacea, kosmetisch nur wenig störend, ist mit einem Teil-GdB von 0 – 10 zu bewerten.
Soweit der Kläger geltend macht, unter einer somatoformen Störung zu leiden, die mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten wäre, teilt der Senat unter Berücksichtigung der Grundsätze der AP diese Beurteilung nicht.
Nach den AP S. 48 werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Teil-GdB von 0 – 20 und erst stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem Teil-GdB von 30 – 40 bemessen. Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegen, konnten den aktenkundigen ärztlichen Befundberichten und Stellungnahmen nicht entnommen werden. Soweit Dr. D. als Praxisnachfolger von Dr. J. über eine schwere somatoforme Schmerzstörung berichtet hat, vermochte dies den Senat weder von der behaupteten Schwere der Erkrankung zu überzeugen noch hat er deshalb Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen gesehen. Dr. D. hat seine Beurteilung mit keinerlei Befunden untermauert, sondern die Schwere der Erkrankung lediglich behauptet. Dem Entlassungsbericht aus der Rehabilitationsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers vom 20. September 2004 konnte ebenfalls kein Befund entnommen werden, der das Vorliegen einer derartigen Krankheit bestätigen würde. Insbesondere konnte durch die Rehabilitationsmaßnahme eine deutliche Besserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit und eine deutliche Besserung der Beschwerden im Bereich der HWS erzielt werden, so dass schon deshalb nicht nachvollziehbar ist, weshalb sich (ohne weitere Erkrankungen oder nachgewiesene Verschlimmerung der Grunderkrankung) eine somatoforme Schmerzstörung entwickeln sollte. Auch die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin M.-W. hat in ihrem Arztbrief an die Berufsgenossenschaft vom April 2006 nichts berichtet, was auf eine somatoforme Schmerzstörung schließen lassen könnte. Zwar wurde im 2. Rentengutachten für die Berufsgenossenschaft vom 5. Juli 2006 anamnestisch wiedergegeben, dass eine Angststörung vorliege und ständig Tabletten u.a. dagegen eingenommen würden und dieser Zustand im Wesentlichen seit der Entlassung durch den Beschäftigungsbetrieb im Oktober 2005 vorliege. Doch selbst wenn aufgrund dieser Angaben vom Vorliegen einer somatoformen Störung ausgegangen wird, rechtfertigt diese nach den oben beschriebenen Maßstäben keinen Teil-GdB von mehr als 20. Diese Beurteilung stützt der Senat insbesondere auch auf den Umstand, dass sowohl der Rentenversicherungsträger als auch die gesetzliche Krankenkasse des Klägers seine Aufnahme in eine stationäre Rehabilitationsbehandlung abgelehnt und auf ambulante Maßnahmen verwiesen haben.
Ist deshalb für die insoweit unterstellten Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet von einem Teil-GdB von 20 auszugehen, so bewirken weder dies noch die übrigen Behinderungen die Anhebung des Gesamt-GdB auf mehr als 30.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist nach den Grundsätzen zu verfahren, wie sie in den AP (Abschnitt 19) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach sind bei der Festsetzung des Gesamt-GdB die Auswirkungen aller Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB verursacht. Dann ist im Hinblick auf weitere Behinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung insgesamt größer wird und deshalb dem höchsten Einzel-GdB ein Behinderungsgrad von 10 oder 20 oder mehr hinzuzufügen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Mathematische Methoden, insbesondere eine Addition der einzelnen GdB-Werte, sind hierbei ausgeschlossen (BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 4).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Funktionsstörungen der Wirbelsäule, die mit einem Teil-GdB von 30 bewertet sind, als Ausgangspunkt für die Gesamt-GdB-Bildung zu nehmen. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Schmerzempfindung des Klägers, unabhängig davon, ob sie als somotoforme Schmerzstörung zu definieren ist oder nicht, ihren Ausgang in der Wirbelsäulenerkrankung nimmt, überschneidet sich der für die - insoweit unterstellte - Schmerzerkrankung zu vergebende Teil-GdB von 20 wesentlich mit den funktionellen Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, da in dem dafür vergebenen Teil-GdB von 30 bereits die mit der Erkrankung zwangsläufig verbundenen Schmerzen berücksichtigt sind. Die - unterstellte - Schmerzerkrankung erhöht damit das Ausmaß der Behinderung nicht so wesentlich, dass eine GdB-Erhöhung auf mehr als 30 zu rechtfertigen wäre. Entsprechendes gilt für die im Übrigen festgestellten Teil-GdB-Werte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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