Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3788/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 6217/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 7.11.2006 dahingehend abgeändert wird, dass die Beklagte der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (ATG).
Bei der Klägerin war im Reinigungsdienst vom 1.1.2004 bis 30.4.2006 die Bedienstete Rosemarie G. (G.) in Altersteilzeit beschäftigt. Die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit betrug 38,50 Stunden, die unmittelbar vor Beginn der Altersteilzeit vereinbarte Wochenarbeitszeit betrug 28,88 Stunden (75%). Die Altersteilzeit wurde als Blockmodell vereinbart und zwar mit einer Arbeitsphase bis 28.2.2005 und einer Freizeitphase ab 1.3.2005. Ab 1.2.2005 wurde die zuvor arbeitslose Maria B. (B.) im Reinigungsdienst mit einem wöchentlichen Arbeitszeitumfang von 19,25 Stunden (50%) eingestellt. Gleichzeitig (ab 1.1.2005) wurde der Beschäftigungsumfang der ebenfalls im Reinigungsdienst beschäftigten Erna E. (E.) von 50 auf 70% erhöht.
Am 24.8.2005 stellte die Klägerin bei der Beklagten Antrag auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 ATG wegen der Wiederbesetzung der Altersteilzeitstelle mit einem arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 25.8.2005 mit der Begründung ab, die Wiederbesetzung sei nicht in dem zeitlichen Umfang erfolgt, in dem der ältere Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz freigemacht habe. Die wöchentliche Arbeitszeit der Wiederbesetzerin B. betrage (nur) 19,25 Stunden, dabei handele es sich um eine mehr als geringfügige Abweichung. Den Widerspruch der Klägerin vom 16.9.2005 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 30.11.2005 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Sie hat darauf abgestellt, die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von zuvor 75% auf danach 50% schließe eine "Wiederbesetzung" nicht aus. Dass die Beklagte nur eine unwesentliche Änderung akzeptiere und diese mit bis zu 10% annehme, sei willkürlich und finde im Gesetz keine Stütze.
Durch Urteil vom 7.11.2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.11.2005 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem ATG in gesetzlicher Höhe zu gewähren, ferner habe die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nach § 3 Abs. 1 Ziff. 2a ATG sei insoweit Voraussetzung, dass der Arbeitgeber einen bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem freigemachten oder auf einem in diesem Zusammenhang durch Umsetzung freigewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beschäftige. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin durch die Wiederbesetzung der Stelle mit einer neuen Arbeitnehmerin mit einem zeitlichen Arbeitsumfang von 19,25 Stunden wöchentlich. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, wonach der Arbeitsplatz maximal um 10% von dem alten Arbeitsplatz abweichen dürfe, finde im Gesetz keinerlei Stütze, damit könne der Anspruch der Klägerin nicht abgelehnt werden. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG.
Gegen dieses am 4.12.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.12.2006 Berufung eingelegt. Sie bringt vor, nach dem Wortlaut des Gesetzes müsse der Arbeitgeber den durch die Altersteilzeit freigemachten Arbeitsplatz durch einen arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer wiederbesetzen, um in den Genuss der beantragten Förderung zu kommen. Durch Altersteilzeit frei geworden sei der Arbeitsplatz der Bediensteten G. mit einem zeitlichen Umfang von 28,88 Stunden wöchentlich. Dieser Arbeitsplatz, der insbesondere durch das Arbeitszeitvolumen definiert sei, sei nicht wiederbesetzt worden. Wiederbesetzt worden sei ein anderer, aus Kostengründen auf die Hälfte der Arbeitszeit reduzierter, neu geschaffener Arbeitsplatz mit einem Zeitvolumen von 19,25 Stunden wöchentlich. Die erfolgte Reduzierung des Arbeitszeitvolumens stelle einen Personalabbau dar und entspreche nicht dem Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes. Ein solcher Personalabbau unter Ausnutzung des Altersteilzeitgesetzes dürfe nicht noch durch Förderleistungen der Beklagten unterstützt werden. Die Beschäftigung der Bediensteten E. stehe nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Altersteilzeit der Beschäftigten G., weil E. als Krankheitsvertretung für eine andere Beschäftigte eingestellt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 7.11.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, es sei nach wie vor keine gesetzliche Grundlage für die Rechtsansicht der Beklagten ersichtlich. Insgesamt sei bei der Klägerin im Zuge der Altersteilzeit der Bediensteten G. kein Personalabbau betrieben worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
Das SG hat im angefochtenen Urteil die hier anzuwendende Vorschrift des § 3 Abs. 1 Ziff. 2a ATG zutreffend zitiert, der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Das SG hat auch zwar knapp, aber zutreffend begründet, dass die Klägerin Anspruch auf Leistungen nach § 4 ATG hat, weil sie die Arbeitnehmerin B. auf dem durch die Arbeitnehmerin G. freigemachten oder durch Umsetzung freigewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig beschäftigt hat.
Soweit die Beklagte die Berufung damit begründet, der Arbeitgeber müsse den durch die Altersteilzeit freigemachten Arbeitsplatz wiederbesetzen, um in den Genuss der beantragten Förderung zu kommen, und vorliegenden Fall sei ein anderer, aus Kostengründen reduzierter, neu geschaffener Arbeitsplatz besetzt worden, entspricht dies nicht der Rechtslage. Nur nach früherem Recht waren die Arbeitgeber verpflichtet nachzuweisen, dass genau der freigewordene Arbeitsplatz wiederbesetzt wurde. Erleichterungen gab es nur durch die Umsetzungskette. Seit der Novellierung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Altersteilzeit zum 1.1.2000 (vom 20.12.1999, BGB I S. 2494) sind die Anforderungen an die Wiederbesetzung dagegen auf ein Minimum reduziert, das nahe an Null reicht (Rittweger u. a., Altersteilzeit, 2. Aufl. 2002, Anm. 94 zu § 3). Dabei wird zunächst bei Arbeitgebern mit bis zu 50 Beschäftigten unwiderlegbar vermutet, dass der durch Altersteilzeit frei gewordene Arbeitsplatz wiederbesetzt wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a Halbs. 2 ATG). Bei Arbeitgebern mit mehr als 50 Beschäftigten ist nach der Begründung zum Gesetzentwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit (Bundesrats Drucks. 495/99 S. 8) an die Stelle des Nachweises einer Umsetzungskette die "funktionsbereichsbezogene Betrachtungsweise" getreten. In der Praxis wird die Kleinarbeitgeber-Regelung auch übernommen, wenn innerhalb von Betrieben oder Funktionsbereichen eine Organisationseinheit mit bis zu 50 Arbeitnehmern besteht. Scheidet der Altersteilzeit-Arbeitnehmer aus der Organisationseinheit aus und kommt der Arbeitslose in diese Organisationseinheit als Wiederbesetzer, braucht es keinen weiteren Nachweis mehr, Förderleistungen können erbracht werden (Rittweger aaO Rdnr. 106). Danach braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin direkt unter die Kleinarbeitgeber-Regelung fällt oder ob hier der Funktionsbereich Reinigungsdienst der Klägerin oder eine Organisationseinheit Reinigungsdienst zu betrachten ist. In jedem Fall wird gemäß oder entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 2a Halbs. 2 ATG unwiderlegbar vermutet, dass der durch Altersteilzeit freigewordene Arbeitsplatz der G. durch die zuvor arbeitslose B. wiederbesetzt worden ist.
Zutreffend ist der Einwand der Beklagten, dass nach dem Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes ein Personalabbau durch Reduzierung des Arbeitszeitvolumens nicht durch Förderleistungen der Beklagten unterstützt werden darf. Das Altersteilzeitgesetz verlangt durchaus die Wiederbesetzung in gleichen zeitlichem Umfang. Wenn allerdings nach der oben genannten gesetzlichen Neuregelung ein Personalaustausch "Mann für Mann" nicht (mehr) erforderlich ist und wenn die Wiederbesetzung innerhalb des Kleinbetriebs, des Funktionsbereichs oder der Organisationseinheit unwiderlegbar vermutet wird, dann ist auch bei der Prüfung, ob die Wiederbesetzung in gleichem zeitlichem Umfang erfolgt ist, auf den Kleinbetrieb, den Funktionsbereich oder die Organisationseinheit abzustellen. Hier hat die Klägerin durchaus dargelegt, dass das Arbeitszeitvolumen im Reinigungsdienst durch das altersteilzeitbedingte Ausscheiden der G. und die arbeitszeitreduzierte Einstellung der B. insgesamt deswegen nicht (wesentlich) reduziert wurde, weil gleichzeitig der Beschäftigungsumfang der ebenfalls im Reinigungsdienst beschäftigten E. von 50 auf 70% erhöht wurde. Dass deren befristete Beschäftigung nicht im Zusammenhang mit der Wiederbesetzung der durch Altersteilzeit freigewordenen Stelle stand, ist nach der oben genannten Betrachtungsweise der Organisationseinheit bzw. des Funktionsbereichs innerhalb der Klägerin unbeachtlich. Lediglich dann, wenn das gesamte Arbeitszeitvolumen innerhalb der Organisationseinheit Reinigungsdienst der Klägerin wesentlich vermindert worden wäre, hätte der Klägerin entgegengehalten werden können, sie habe die durch Altersteilzeit freigewordene Stelle nicht ausreichend wiederbesetzt. Dabei ist, wie das SG zutreffend festgestellt hat, die von der Beklagten angenommene Wesentlichkeitsgrenze von 10% eine gegriffene Größe, die dem Gesetz nicht entnommen werden kann. Nach dem Wortlaut und nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist lediglich zu fordern, dass es sich bei dem wiederbesetzen Arbeitsplatz um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handelt und dass innerhalb der Organisationseinheit (Kleinbetrieb, Funktionsbereich) insgesamt kein (wesentlicher) Personalabbau durch Arbeitszeitreduzierung erfolgt. Nachdem dies wie dargelegt im vorliegenden Fall erfüllt ist, hat die Klägerin Anspruch auf die Förderleistungen des § 4 ATG.
Die Berufung der Beklagten ist damit als unbegründet zurückzuweisen.
Abzuändern ist allerdings die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Das SG hat der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG. Voraussetzung für die Anwendung dieser genannten Rechtsnorm ist, dass "weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen" gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei. Leistungsempfänger i. S. dieser Rechtsnorm sind alle Personen, die Sozialleistungen i. S. des § 11 SGB I beziehen. Hierunter fallen z. B. auch Leistungen an Arbeitgeber nach den besonderen Vorschriften des SGB III (für Eingliederungszuschüsse siehe BSG SozR 4 - 1500 § 183 Nr. 2). Auch hier streitet die Klägerin um Förderleistungen, die sie zwar als Arbeitgeberin, jedoch als originäre Leistungsempfängerin beanspruchen kann. Das Verfahren ist also gerichtskostenfrei, eine Kostenentscheidung hat nach § 193 SGG dahingehend zu ergehen, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Mit dieser abändernden Maßgabe ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (ATG).
Bei der Klägerin war im Reinigungsdienst vom 1.1.2004 bis 30.4.2006 die Bedienstete Rosemarie G. (G.) in Altersteilzeit beschäftigt. Die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit betrug 38,50 Stunden, die unmittelbar vor Beginn der Altersteilzeit vereinbarte Wochenarbeitszeit betrug 28,88 Stunden (75%). Die Altersteilzeit wurde als Blockmodell vereinbart und zwar mit einer Arbeitsphase bis 28.2.2005 und einer Freizeitphase ab 1.3.2005. Ab 1.2.2005 wurde die zuvor arbeitslose Maria B. (B.) im Reinigungsdienst mit einem wöchentlichen Arbeitszeitumfang von 19,25 Stunden (50%) eingestellt. Gleichzeitig (ab 1.1.2005) wurde der Beschäftigungsumfang der ebenfalls im Reinigungsdienst beschäftigten Erna E. (E.) von 50 auf 70% erhöht.
Am 24.8.2005 stellte die Klägerin bei der Beklagten Antrag auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 ATG wegen der Wiederbesetzung der Altersteilzeitstelle mit einem arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 25.8.2005 mit der Begründung ab, die Wiederbesetzung sei nicht in dem zeitlichen Umfang erfolgt, in dem der ältere Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz freigemacht habe. Die wöchentliche Arbeitszeit der Wiederbesetzerin B. betrage (nur) 19,25 Stunden, dabei handele es sich um eine mehr als geringfügige Abweichung. Den Widerspruch der Klägerin vom 16.9.2005 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 30.11.2005 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Sie hat darauf abgestellt, die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von zuvor 75% auf danach 50% schließe eine "Wiederbesetzung" nicht aus. Dass die Beklagte nur eine unwesentliche Änderung akzeptiere und diese mit bis zu 10% annehme, sei willkürlich und finde im Gesetz keine Stütze.
Durch Urteil vom 7.11.2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.11.2005 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem ATG in gesetzlicher Höhe zu gewähren, ferner habe die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nach § 3 Abs. 1 Ziff. 2a ATG sei insoweit Voraussetzung, dass der Arbeitgeber einen bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem freigemachten oder auf einem in diesem Zusammenhang durch Umsetzung freigewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beschäftige. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin durch die Wiederbesetzung der Stelle mit einer neuen Arbeitnehmerin mit einem zeitlichen Arbeitsumfang von 19,25 Stunden wöchentlich. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, wonach der Arbeitsplatz maximal um 10% von dem alten Arbeitsplatz abweichen dürfe, finde im Gesetz keinerlei Stütze, damit könne der Anspruch der Klägerin nicht abgelehnt werden. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG.
Gegen dieses am 4.12.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.12.2006 Berufung eingelegt. Sie bringt vor, nach dem Wortlaut des Gesetzes müsse der Arbeitgeber den durch die Altersteilzeit freigemachten Arbeitsplatz durch einen arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer wiederbesetzen, um in den Genuss der beantragten Förderung zu kommen. Durch Altersteilzeit frei geworden sei der Arbeitsplatz der Bediensteten G. mit einem zeitlichen Umfang von 28,88 Stunden wöchentlich. Dieser Arbeitsplatz, der insbesondere durch das Arbeitszeitvolumen definiert sei, sei nicht wiederbesetzt worden. Wiederbesetzt worden sei ein anderer, aus Kostengründen auf die Hälfte der Arbeitszeit reduzierter, neu geschaffener Arbeitsplatz mit einem Zeitvolumen von 19,25 Stunden wöchentlich. Die erfolgte Reduzierung des Arbeitszeitvolumens stelle einen Personalabbau dar und entspreche nicht dem Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes. Ein solcher Personalabbau unter Ausnutzung des Altersteilzeitgesetzes dürfe nicht noch durch Förderleistungen der Beklagten unterstützt werden. Die Beschäftigung der Bediensteten E. stehe nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Altersteilzeit der Beschäftigten G., weil E. als Krankheitsvertretung für eine andere Beschäftigte eingestellt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 7.11.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, es sei nach wie vor keine gesetzliche Grundlage für die Rechtsansicht der Beklagten ersichtlich. Insgesamt sei bei der Klägerin im Zuge der Altersteilzeit der Bediensteten G. kein Personalabbau betrieben worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
Das SG hat im angefochtenen Urteil die hier anzuwendende Vorschrift des § 3 Abs. 1 Ziff. 2a ATG zutreffend zitiert, der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Das SG hat auch zwar knapp, aber zutreffend begründet, dass die Klägerin Anspruch auf Leistungen nach § 4 ATG hat, weil sie die Arbeitnehmerin B. auf dem durch die Arbeitnehmerin G. freigemachten oder durch Umsetzung freigewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig beschäftigt hat.
Soweit die Beklagte die Berufung damit begründet, der Arbeitgeber müsse den durch die Altersteilzeit freigemachten Arbeitsplatz wiederbesetzen, um in den Genuss der beantragten Förderung zu kommen, und vorliegenden Fall sei ein anderer, aus Kostengründen reduzierter, neu geschaffener Arbeitsplatz besetzt worden, entspricht dies nicht der Rechtslage. Nur nach früherem Recht waren die Arbeitgeber verpflichtet nachzuweisen, dass genau der freigewordene Arbeitsplatz wiederbesetzt wurde. Erleichterungen gab es nur durch die Umsetzungskette. Seit der Novellierung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Altersteilzeit zum 1.1.2000 (vom 20.12.1999, BGB I S. 2494) sind die Anforderungen an die Wiederbesetzung dagegen auf ein Minimum reduziert, das nahe an Null reicht (Rittweger u. a., Altersteilzeit, 2. Aufl. 2002, Anm. 94 zu § 3). Dabei wird zunächst bei Arbeitgebern mit bis zu 50 Beschäftigten unwiderlegbar vermutet, dass der durch Altersteilzeit frei gewordene Arbeitsplatz wiederbesetzt wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a Halbs. 2 ATG). Bei Arbeitgebern mit mehr als 50 Beschäftigten ist nach der Begründung zum Gesetzentwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit (Bundesrats Drucks. 495/99 S. 8) an die Stelle des Nachweises einer Umsetzungskette die "funktionsbereichsbezogene Betrachtungsweise" getreten. In der Praxis wird die Kleinarbeitgeber-Regelung auch übernommen, wenn innerhalb von Betrieben oder Funktionsbereichen eine Organisationseinheit mit bis zu 50 Arbeitnehmern besteht. Scheidet der Altersteilzeit-Arbeitnehmer aus der Organisationseinheit aus und kommt der Arbeitslose in diese Organisationseinheit als Wiederbesetzer, braucht es keinen weiteren Nachweis mehr, Förderleistungen können erbracht werden (Rittweger aaO Rdnr. 106). Danach braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin direkt unter die Kleinarbeitgeber-Regelung fällt oder ob hier der Funktionsbereich Reinigungsdienst der Klägerin oder eine Organisationseinheit Reinigungsdienst zu betrachten ist. In jedem Fall wird gemäß oder entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 2a Halbs. 2 ATG unwiderlegbar vermutet, dass der durch Altersteilzeit freigewordene Arbeitsplatz der G. durch die zuvor arbeitslose B. wiederbesetzt worden ist.
Zutreffend ist der Einwand der Beklagten, dass nach dem Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes ein Personalabbau durch Reduzierung des Arbeitszeitvolumens nicht durch Förderleistungen der Beklagten unterstützt werden darf. Das Altersteilzeitgesetz verlangt durchaus die Wiederbesetzung in gleichen zeitlichem Umfang. Wenn allerdings nach der oben genannten gesetzlichen Neuregelung ein Personalaustausch "Mann für Mann" nicht (mehr) erforderlich ist und wenn die Wiederbesetzung innerhalb des Kleinbetriebs, des Funktionsbereichs oder der Organisationseinheit unwiderlegbar vermutet wird, dann ist auch bei der Prüfung, ob die Wiederbesetzung in gleichem zeitlichem Umfang erfolgt ist, auf den Kleinbetrieb, den Funktionsbereich oder die Organisationseinheit abzustellen. Hier hat die Klägerin durchaus dargelegt, dass das Arbeitszeitvolumen im Reinigungsdienst durch das altersteilzeitbedingte Ausscheiden der G. und die arbeitszeitreduzierte Einstellung der B. insgesamt deswegen nicht (wesentlich) reduziert wurde, weil gleichzeitig der Beschäftigungsumfang der ebenfalls im Reinigungsdienst beschäftigten E. von 50 auf 70% erhöht wurde. Dass deren befristete Beschäftigung nicht im Zusammenhang mit der Wiederbesetzung der durch Altersteilzeit freigewordenen Stelle stand, ist nach der oben genannten Betrachtungsweise der Organisationseinheit bzw. des Funktionsbereichs innerhalb der Klägerin unbeachtlich. Lediglich dann, wenn das gesamte Arbeitszeitvolumen innerhalb der Organisationseinheit Reinigungsdienst der Klägerin wesentlich vermindert worden wäre, hätte der Klägerin entgegengehalten werden können, sie habe die durch Altersteilzeit freigewordene Stelle nicht ausreichend wiederbesetzt. Dabei ist, wie das SG zutreffend festgestellt hat, die von der Beklagten angenommene Wesentlichkeitsgrenze von 10% eine gegriffene Größe, die dem Gesetz nicht entnommen werden kann. Nach dem Wortlaut und nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist lediglich zu fordern, dass es sich bei dem wiederbesetzen Arbeitsplatz um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handelt und dass innerhalb der Organisationseinheit (Kleinbetrieb, Funktionsbereich) insgesamt kein (wesentlicher) Personalabbau durch Arbeitszeitreduzierung erfolgt. Nachdem dies wie dargelegt im vorliegenden Fall erfüllt ist, hat die Klägerin Anspruch auf die Förderleistungen des § 4 ATG.
Die Berufung der Beklagten ist damit als unbegründet zurückzuweisen.
Abzuändern ist allerdings die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Das SG hat der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG. Voraussetzung für die Anwendung dieser genannten Rechtsnorm ist, dass "weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen" gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei. Leistungsempfänger i. S. dieser Rechtsnorm sind alle Personen, die Sozialleistungen i. S. des § 11 SGB I beziehen. Hierunter fallen z. B. auch Leistungen an Arbeitgeber nach den besonderen Vorschriften des SGB III (für Eingliederungszuschüsse siehe BSG SozR 4 - 1500 § 183 Nr. 2). Auch hier streitet die Klägerin um Förderleistungen, die sie zwar als Arbeitgeberin, jedoch als originäre Leistungsempfängerin beanspruchen kann. Das Verfahren ist also gerichtskostenfrei, eine Kostenentscheidung hat nach § 193 SGG dahingehend zu ergehen, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Mit dieser abändernden Maßgabe ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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