L 6 R 6373/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2576/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 6373/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Umschulung zur Podologin (medizinische Fußpflegerin) streitig.

Die 1969 geborene Klägerin hat von August 1987 bis Juli 1989 den Beruf einer Verkäuferin im Schuhfach erlernt. In diesem Beruf war sie bis zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses im September 2002 beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos.

Am 27. März 2003 beantragte sie die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation (Reha). Als gesundheitliche Gründe, weshalb sie die bisherige Arbeit nicht mehr verrichten könne, gab sie an: schweres Heben (Bandscheibe), viel Treppen steigen (Arthrose in Knien und Sprunggelenken), sehr oft Bücken und Heben von schweren Kartons in sehr schmalen Gängen, so dass die Rückenschule nicht anwendbar sei. Sie legte die Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. D. vom 21. Oktober 2002 vor, wonach sie u.a. wegen einer ausgeprägten Wirbelsäulenproblematik bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelsäulen(LWS)-Bereich nicht mehr fähig sei, die Tätigkeit als Schuhverkäuferin mit häufigem Bücken, Heben von Lasten und langer Arbeitszeit auszufüllen und die Trennung vom Arbeitgeber deshalb notwendig gewesen sei. Aufgrund der Erkrankungen sei eine Umschulung als sinnvoll anzusehen, wobei das Berufsbild eine schwere körperliche Tätigkeit sowie Schichtarbeit ausschließen solle. Die Beklagte holte das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. K. vom 17. Oktober 2003 ein, der keine wesentlichen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet sah, sondern allenfalls geringfügige Einschränkungen durch eine massive Adipositas.

Mit Bescheid vom 02. Januar 2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit der Begründung ab, die bisherige Tätigkeit als Schuhverkäuferin könne weiterhin ohne erhebliche Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgeübt werden. Im Widerspruchsverfahren gingen bei der Beklagten die Schreiben des Dr. D. vom 03. und 22. März 2004 ein, mit denen unter Darlegung der Erkrankungen der Klägerin (degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule [HWS] und der LWS, Adipositas permagna, Diabetes mellitus) auf das Erfordernis einer stationären Reha-Maßnahme hingewiesen wurde. Die Beklagte holte den Befundbericht des Dr. D. vom 03. August 2004 ein und half dem Widerspruch der Klägerin zunächst insoweit ab, als sie nunmehr die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Leistungen als erfüllt ansah und eine persönliche Beratung durch einen Reha-Berater in Aussicht stellte. Anlässlich eines entsprechenden Gesprächs am 31. März 2005 äußerte die Klägerin ihr Interesse an einer Ausbildung zur Podologin, die an der Schule für Podologie in N. in Vollzeit innerhalb von zwei Jahren absolviert werden könne. Sie legte dazu verschieden Unterlagen vor und beantragte die entsprechende Ausbildung zu fördern. Die Beklagte holte die Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 13. April 2005 ein, der die Tätigkeit nicht für leidensgerecht erachtete.

Mit Bescheid vom 20. April 2005 lehnte die Beklagte diesen Antrag dann mit der Begründung ab, die gewünschte Umschulung zur Podologin sei aus medizinischer Sicht nicht leidensgerecht. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie habe sich über das Berufsbild der Podologin ausführlich informiert und sei mehrmals bei Behandlungen dabei gewesen. Sie legte die Stellungnahme des Dr. D. vom 17. Mai 2005 vor, wonach sie an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leide, mehrere Schulungen absolviert habe, die Erkrankung mit allen Risikostrukturen verinnerlicht habe und sich aus dieser Sicht eine podologische Ausbildung anbieten würde. Auf Grund neu gestalteter podologischer Therapiestühle sei die Wirbelsäulenbelastung deutlich geringer geworden und die Art der Belastung für den Therapeuten somit wirbelsäulengerechter. Nach nochmaliger Hinzuziehung ihres beratungsärztlichen Dienstes wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 2005 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, eine Tätigkeit als Podologin werde für die Klägerin dauerhaft nicht möglich sein. Die Anforderungen an die Belastung der Wirbelsäule seien mit ihren gesundheitlichen Anforderungen nicht vereinbar. Dies gelte insbesondere für Hausbesuche/Außendienst, da hier die entsprechenden Therapiestühle nicht verfügbar seien. Mit einer dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung könne daher in diesem Beruf nicht gerechnet werden.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer am 01. August 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage und machte geltend, zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens durch Dr. K. seien mehrere Krankheiten, die ihre Auswahl zum Berufswunsch der Podologin beeinflusst hätten, noch nicht diagnostiziert gewesen, nämlich der Diabetes mellitus, eine Fibromyalgie sowie eine Achillessehnenreizung beidseits. Ihre Hausärzte, die ihre Krankengeschichte genaustens kennen würden, befürworteten angesichts ihrer Gesundheitsstörungen ausdrücklich die angestrebte Umschulung. Ihre Erkrankungen seien ohne weiteres mit der angestrebten Tätigkeit vereinbar, die abwechselnd im Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Heben von schweren Lasten und ohne Bücken, Knien oder Überkopfarbeiten ausgeübt werde und zwischen den Behandlungen genügend Zeit lasse, um Zwischenmahlzeiten einzunehmen oder Insulin zu spritzen. Besonders vorteilhaft im Arbeitsablauf sei, dass das Sitzen während der Behandlung eines Patienten zwangsläufig nach 40 bis 50 Minuten unterbrochen werde und zahlreiche berufsbezogene Arbeiten anfielen, die kein Sitzen erforderten. Auch in der Rheumaklinik B. W., wo sie wegen einer Fibromyalgie behandelt worden sei, sei die Tätigkeit als Podologin bei ihrem Krankheitsbild ärztlicherseits sehr empfohlen worden. Sie legte Internetausdrucke zu diesem Krankheitsbild vor. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunkts entgegen, wonach mit der im Streit stehenden Maßnahme eine dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nicht zu erwarten sei. Die Tätigkeit der Podologin, zu deren Berufsbild häufige Zwangshaltungen sowie Außendiensttätigkeiten gehörten, sei nicht leidensgerecht. Wenn auch Dr. D. eine temporäre Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden attestiert habe, so sei bei einer entsprechenden Wirbelsäulenbelastung mit einer erneuten Dekompensation zu rechnen. Sie legte Ausdrucke aus BERUFEnet - Die Datenbank für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen vor. Das SG hörte Dr. D. unter dem 10. Oktober 2005 schriftlich als sachverständigen Zeugen. Auf die Frage nach der gesundheitlichen Geeignetheit der Klägerin für den angestrebten Beruf äußerte er sich dahingehend, dass die Klägerin im Hinblick auf ihre eigene Zuckererkrankung geeignet sei, anderen Patienten eine Therapiestütze zu sein. Neue podologische Untersuchungsstudien reduzierten die Belastung der Wirbelsäule. Die Klägerin sei motiviert, sich im Fußbereich zu engagieren, wobei andere berufliche Chancen derzeit nicht zu erkennen seien. Reduziert werde die Belastbarkeit aus hausärztlicher Sicht sicherlich durch das massive Übergewicht. Das SG erhob sodann das Gutachten des Dr. R., Arzt für Orthopädie, Chirotherapie-Sportmedizin, vom 16. Januar 2006, der Aufbaustörungen der oberen HWS mit Blockwirbelbildung C2/3, ein Dorsolumbalsyndrom bei geringer Spondylosis deformans ohne radikuläre Ausfälle, ein Lumbosacralsyndrom bei Spondylosis deformans L5/S1 ohne radikuläre Ausfälle, Bandscheibenvorfälle L4/5 und L5/S1, einen Zustand nach Außenband-OP rechtes oberes Sprunggelenk 1987 sowie eine Senk-/Spreizfußbildung diagnostizierte. Zur dauerhaften Eingliederung in das Erwerbsleben sei für die Klägerin die Tätigkeit als Fußpflegerin nicht geeignet; dieses Berufsbild fordere eine überwiegend sitzende Tätigkeit mit Wirbelsäulenzwangshaltungen. Die Tätigkeit werde überwiegend in vornübergebeugter Körperhaltung ausgeübt. Dabei werde die Bandscheibe insbesondere im vorderen Anteil ungünstig belastet, was bei radiologisch nachgewiesener Höhenminderung im Segment L5/S1 sowie den zurückliegenden Bandscheibenvorfällen orthopädischerseits nicht zu empfehlen sei. Das SG hörte sodann vom S.-Rheumazentrum Baden-Württemberg Prof. Dr. S., Klinik für Rheumaorthopädie in B. W., unter dem 11. Juli 2006 sowie Dr. H., Klinik für Internistische Rheumatologie und Klinische Immunologie in B. W., unter dem 11. August 2006 schriftlich als sachverständige Zeugen, wobei ersterer bekundete, die Klägerin lediglich wegen einer Tendopathie der Achillessehe untersucht zu haben; letzterer führte aus, das Berufsbild der Fußpflegerin sei für eine an einer Fibromyalgie erkrankte Person eher nicht als dauerhafter Arbeitsplatz geeignet, da sich Zwangshaltungen dabei nicht vermeiden ließen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2006 wies das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, es könne nicht festgestellt werden, dass die gefährdete oder geminderte Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die begehrte Umschulung wesentlich gebessert oder wieder hergestellt werden könne. Wegen den Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des der Klägerin am 22. November 2006 zugestellten Urteils verwiesen.

Am 20. Dezember 2006 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, bei der Beurteilung des Leistungsbildes spiele das Krankheitsbild der Fibromyalgie eine erhebliche Rolle. Prof. Dr. S. habe ihr gegenüber erklärt, er könne bei ihren Leistungseinschränkungen die Umschulung zur Podologin sehr empfehlen, insbesondere bei dem vorliegende Krankheitsbild der Fibromyalgie, und er sei gerne bereit, dies gegenüber dem Gericht zu bestätigen. Gegenüber dieser Einschätzung sei die Beurteilung des Sachverständigen Dr. R. fehlerhaft. Dieser gehe unzutreffender Weise davon aus, dass die Tätigkeit in vornübergebeugter Körperhaltung ausgeübt werde. Da die Patienten regelmäßig auf einem elektrischen Patientenstuhl behandelt würden, der über eine aufzugsartige Mechanik höhenverstellbar sei, so dass das Arbeitsfeld örtlich so bestimmt werde, wie es für den Behandler am bequemsten sei, werde die Tätigkeit gerade in bequemer Körperhaltung abwechselnd im Stehen oder Sitzen ausgeübt. Der Sachverständige Dr. R. verkenne zudem, dass die Podologin nicht nur Behandlungen am Fuß durchführe, sondern auch berate und Produkte und Hilfsmittel rund um den Fuß verkaufe. Besonders vorteilhaft sei, dass Behandlungen am Fuß nur eine eingeschränkte Zeit (deutlich unter einer Stunde) in Anspruch nähmen und anschließend jede Körperhaltung eingenommen werden könne, die angenehm oder ausgleichend wirke. Weiter könne sie die Häufigkeit der Behandlungen und deren zeitliche Lage frei bestimmen. Demgegenüber stellten Arbeitsplätze in dem von Dr. R. empfohlenen kaufmännischen Berufsbild, die regelmäßig Bildschirmarbeitsplätze seien, eine erhebliche Belastung des Schulter- und Halswirbelbereichs dar, was sich bei der bei ihr festgestellten Aufbaustörung verbiete. Ungeachtet dessen könne es bei der Frage, welches Umschulungsziel gefördert werde, nicht allein auf mehr oder weniger abstrakte Kriterien ankommen. Eine Umschulung sei um so erfolgreicher, je mehr sich darin Neigungen und Berufswünsche widerspiegelten. Der Dienst am kranken und behinderten Menschen entspreche sehr ihrer Neigung, wobei die Nachfrage nach Podologen angesichts der Alterentwicklung der Gesellschaft laufend steige und ihr diese typischerweise freiberuflich ausgeübte Tätigkeit eine gute Chance biete, wieder am Erwerbsleben teilzuhaben, zumal ihr im elterlichen Haus Praxisräume zur Verfügung stünden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juli 2005 zu verurteilen, ihr als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine Umschulung zur Podologin zu gewähren, hilfsweise den Antrag auf Umschulung erneut zu verbescheiden, höchst hilfsweise ein rheumatologisches Gutachten einzuholen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Prof. Dr. S. unter dem 22. Mai 2007 schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser bekundete, dass sich die Klägerin im Anschluss an ihre Erstvorstellung am 22. Mai 2006 am 29. Januar 2007 erneut wegen der Achillessehnenproblematik vorgestellt habe. Da eine gutachtliche Untersuchung zur Beurteilung der Gesamtproblematik nicht erfolgt sei, könne er keine Einschätzung zur beruflichen Tätigkeit abgeben.

Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 29. Mai 2007 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Betracht kommt, da nicht beabsichtigt sei, weitere Ermittlungen durchzuführen, nachdem Prof. Dr. S. die angegebene Empfehlung nicht bestätigt habe und der medizinische Sachverhalt aufgeklärt sei. Die Klägerin hat dagegen eingewandt, möglicherweise habe Prof. Dr. S. sein Schreiben in Unkenntnis dessen verfasst, dass sie bei ihm am 20. Juni 2007 einen Untersuchungs- und Beratungstermin habe.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juli 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine Umschulung zur Podologin zu gewähren. Die Klägerin erfüllt nicht sämtliche persönlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Umschulungsmaßnahme. Zwar mag das Berufsbild dieser Tätigkeit den Neigungen und persönlichen Vorstellungen der Klägerin entsprechen, weshalb ein erfolgreicher Abschluss der beantragten Umschulung erwartet werden könnte, jedoch würde die Gewährung dieser Leistung voraussichtlich nicht zu einer wesentlichen Besserung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin führen. Da die Beurteilung dieser Frage nicht den Ermessensbereich betrifft, war die Beklagte auch nicht zu verurteilen, über den entsprechenden Antrag der Klägerin erneut zu entscheiden. Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass nicht zu erwarten ist, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin mit der gewünschten Umschulung zur Podologin voraussichtlich wesentlich gebessert oder wieder hergestellt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.

Auch der Senat ist in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Beklagten sowie dem im erstinstanzlichen Verfahren hinzugezogenen Sachverständigen Dr. R. und dem die Klägerin behandelnden Arzt Dr. H. zu der Überzeugung gelangt, dass die Tätigkeit einer Podologin nicht ihren gesundheitlichen Einschränkungen Rechnung trägt. Ärztliche Stellungnahmen, die demgegenüber eine entsprechende Tätigkeit befürworten, liegen nicht vor. Insbesondere hat auch Prof. Dr. S., der nach dem Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren angesichts der bei ihr festgestellten Leistungseinschränkungen und insbesondere im Hinblick auf das vorliegende Krankheitsbild der Fibromyalgie die gewünschte Umschulung sehr empfehle, sich in keiner Weise im Sinne der Darlegungen der Klägerin geäußert. Seinen Ausführungen in der dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge zufolge hat er die Klägerin vielmehr ausschließlich wegen Achillessehnenproblemen behandelt und sich deshalb überhaupt kein Bild über ihre gesamtgesundheitliche Situation gemacht, weshalb er sich auch zu ihrer Eignung für eine berufliche Tätigkeit nicht hat äußern können.

Soweit sich der behandelnde Allgemeinarzt der Klägerin Dr. D. zu ihren beruflichen Umschulungswünschen geäußert hat, sind diese Ausführungen äußerst zurückhaltend, doch lassen auch sie nicht den Schluss zu, dass Dr. D. die angestrebte Tätigkeit für die Klägerin als geeignet erachtet. Soweit er zur gesundheitlichen Eignung der Klägerin überhaupt Stellung nimmt, weist er nämlich zum einen darauf hin, dass die Belastbarkeit der Klägerin durch das massive Übergewicht reduziert sei und zum anderen, dass neue podologische Untersuchungsstudien die Belastung der Wirbelsäule reduzierten. Damit bestätigt er jedoch indirekt, dass die angestrebte Tätigkeit in der Tat mit Belastungen der Wirbelsäule einhergeht, wenn auch diese durch geeignete Schutzmaßnahmen möglicherweise reduziert werden könnten. Dass für die Klägerin Tätigkeiten mit Belastungen der Wirbelsäule, insbesondere mit solchen, die Zwangshaltungen erfordern, nicht geeignet sind, hat der Sachverständige Dr. R. in seinem Gutachten vom 16. Januar 2006 aber zur Überzeugung des Senats schlüssig und anschaulich dargelegt. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit der Podologin im Vergleich zu der Tätigkeit als Verkäuferin eine mehr objektfixierte und daher eine überwiegend sitzende Tätigkeit in gebeugter Körperhaltung ist, was im Vergleich zu einer stehenden Tätigkeit oder einer solchen in wechselnder Körperhaltung zu einer erheblich höheren Bandscheibenbelastung führt. Entsprechende Belastungen sind angesichts der bei der Klägerin nachgewiesenen Höhenminderung im Segment L5/S1 sowie den bereits erlittenen Bandscheibenvorfällen von orthopädischer Seite aber gerade nicht zu empfehlen, so dass mit einer Tätigkeit als Podologin keine qualitative Verbesserung im Vergleich zu der zuvor ausgeübten, aber aufgegebenen Tätigkeit zu erzielen sei. Diese Darlegungen sind für den Senat schlüssig nachvollziehbar und überzeugend. Auch die vorliegenden Berufsinformationen der Agentur für Arbeit enthalten den Hinweis, dass Podologen meist im Sitzen und in gebeugter Haltung arbeiten. In keiner Weise vermag der Senat daher nachzuvollziehen, woraus die Klägerin ableitet, der Sachverständige habe bei seiner Beurteilung auch nicht ansatzweise das Berufsbild einer professionellen Podologin berücksichtigt. Dass Podologen nicht ausschließlich Behandlungen am Fuß durchführen, sondern u.a. auch beratend tätig werden und nach Abschluss der konkreten Behandlung wieder eine andere, sei es stehende oder gehende Haltung einnehmen können, rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, die Tätigkeit trage den Anforderungen an einen möglichen Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen hinreichend Rechnung. Denn während der Arbeit am Fuß, die nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin 40 bis 50 Minuten dauert, ist es gerade nicht möglich, die Arbeitshaltung den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu ändern. Dies gilt auch beim Einsatz eines höhenverstellbaren Stuhles, der eine die Wirbelsäule schonende Haltung ermöglicht. Denn gerade das objektbezogene Arbeiten am Fuß erfordert die für die Klägerin nachteilige gebeugte Haltung.

Schließlich hat in gleicher Weise auch Dr. H. im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge - dieser allerdings vor dem Hintergrund der bei ihr diagnostizierten Fibromyalgie - darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit einer Podologin für die Klägerin eher nicht geeignet sei, da Zwangshaltungen und stereotype Arbeitshaltungen, die in dieser Tätigkeit nicht vermieden werden können, schmerzhafte Funktionsstörungen des Skelettsystems verstärken könnten. Demgegenüber seien für Fibromyalgie-Patienten Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen geeignet, die in häufig wechselnden Körperhaltungen durchgeführt werden. Um eine solche Tätigkeit handelt es sich bei der Arbeit der Podologin aber gerade nicht.

Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin weder im Sinne des Haupt-, noch des Hilfsantrags Erfolg haben. Da der Sachverhalt auch hinreichend aufgeklärt ist, war es im Sinne des weiteren Hilfsantrags auch nicht angezeigt, noch ein rheumatologisches Gutachten einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für weine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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