Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 210/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 23/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 80/07 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die 1960 geborene Klägerin war bei der Beklagten bis 19.03.1997 versichert. Die Beklagte hatte ihr für die Zeit vom 08.03.1996 bis 16.04.1996, vom 17.04.1996 bis 21.07.1996 und vom 31.07. 1996 bis 11.02.1997 Krankengeld gewährt. Die Kasse überwies das Krankengeld auf ein Konto des Rechtsanwalts R. bei der P.bank, dem die Klägerin nach ihren Angaben Blankovollmacht erteilt hatte.
Die Klägerin forderte am 27.12.2005 von der Beklagten die nochmalige Zahlung von Krankengeld bzw. Schadensersatz für die unberechtigte Auszahlung des Krankengelds an ihren Bevollmächtigten, der betrügerisch gehandelt habe. Mit Bescheid vom 02.01.2006 lehnte die Beklagte eine nochmalige Zahlung wegen Verjährung ab. Die Klägerin forderte mit dem dagegen eingelegten Widerspruch vom 16.01.2006 Schadensersatz. Die Beklagte wies mit dem Widerspruchsbescheid dem 28.04.2006 den Widerspruch zurück. Durch die Auszahlung auf das Konto des bevollmächtigten Rechtsanwalts sei der Krankengeldanspruch erfüllt worden. Die Vollmacht entfalte auch dann Rechtswirksamkeit, wenn der Mandant sie blanko unterschrieben und der beauftragte Rechtsanwalt sie später für Zwecke eines konkreten Rechtsstreits bzw. eines Verwaltungsverfahrens vervollständigt hat. Wer ein Blankett mit seiner Unterschrift aus der Hand gibt, müsse den durch dessen Ausfüllung geschaffene Inhalt einem gutgläubigen Dritten gegenüber als seine Erklärung gegen sich gelten lassen, unabhängig davon, ob der vervollständigte Text seinem Willen entspricht oder nicht. Es habe keinen Anhalt für ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Wirksamkeit der vorgelegten Vollmacht gegeben.
Die Klägerin hat hiergegen am 06.06.2006 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben. Die Überweisung auf ein anderes Konto sei unzulässig gewesen, Verjährung sei wegen des Betrugs des Bevollmächtigten nicht eingetreten. Die Klägerin hat eingeräumt, dass sie bei dem Rechtsanwalt beschäftigt gewesen ist. Das SG hat mit Urteil vom 22.11.2006 die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Krankengeld sei, auch wenn er nicht erfüllt worden sein sollte, zum 01.01.2002 verjährt, die Beklagte habe die Einrede der Verjährung wirksam erhoben. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, den Eingang des Krankengelds zu kontrollieren.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18.01.2007, mit der sie wieder Schadensersatz geltend macht. Die Verjährung sei unterbrochen worden, die Beklagte hätte das Krankengeld nur an die Kontoinhaberin überweisen dürfen.
Sie beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.11.2006 und des Bescheides am 02.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 28.04. 2006 zu verurteilen, Krankengeld in Höhe von 483,20 DM und 14.429,80 DM in Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die frist-und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf nochmalige Zahlung des streitigen Krankengelds. Denn es ist erwiesen, dass die Beklagte das Krankengeld auf das Konto des früheren Bevollmächtigten der Klägerin überwiesen hat. Damit ist der Anspruch der Klägerin erfüllt worden (§ 362 BGB analog). Gemäß § 47 Sozialgesetzbuch I sollen Geldleistungen kostenfrei auf ein Konto des Empfängers bei einem Geldinstitut überwiesen oder, wenn der Empfänger es verlangt, kostenfrei an seinen Wohnsitz übermittelt werden. Die Überweisung auf ein dem Leistungsträger bekanntes Konto beim Geldinstitut ist der Regelzahlungsweg, der ohne Einwilligung des Berechtigten gegangen werden kann (Kassler Kommentar-Seewald, § 47 SGB I, Rdnr. 5). Der Leistungsträger ist also im Regelfall verpflichtet, dem Wunsch des Leistungsberechtigten zu folgen und die Überweisung einer Geldleistung auf das vom Berechtigten ausdrücklich genannte Bankkonto vorzunehmen (Bundessozialgericht - BSG - vom 14.08.2003 SozR 4-7610 § 362 Nr. 1). Die Beklagte war berechtigt, Krankengeldzahlung auf das vom bevollmächtigten Rechtsanwalt der Klägerin angegebene Konto zu überweisen.
Die (angeblich) missbräuchliche Verwendung der von der Klägerin erteilten Blankovollmacht führt nicht dazu, dass die Beklagte das Krankengeld ein weiteres Mal zahlen bzw. Schadensersatz leisten muss. Wenn der Senat die Richtigkeit der Angaben der Klägerin unterstellt, besteht insoweit keine weitere Leistungsverpflichtung der Beklagten. Es läge ein Missbrauch der Vertretungsmacht vor, der die Vertretung jedoch nicht unwirksam macht. Der Vertretene trägt in diesem Fall das Missbrauchsrisiko. Nur wenn der Geschäftsgegner den Missbrauch erkennt oder sich ihm diese Erkenntnis nach den Umständen geradezu aufdrängt, kann er sich nicht auf die Vertretungsmacht berufen. Derartige Umstände sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Beklagte war aufgrund der dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht zu einer Rückfrage bei der Klägerin nicht verpflichtet.
Die Klägerin hat vielmehr selbst durch die Erteilung der Blankovollmacht an den Rechtsanwalt die (angeblich missbräuchliche) Verwendung der Krankengeldzahlung ermöglicht. Nach der bereits von der Beklagten genannten Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.07.1963 BGHZ 40, 65) muss jemand, der ein Blankett mit seiner Unterschrift aus der Hand gibt, auch bei einer seinem Willen nicht entsprechenden Ausfüllung des Blanketts den dadurch geschaffenen Inhalt der Urkunde einem redlichen Dritten gegenüber, dem die Urkunde vorgelegt wird, als seine Willenserklärung gegen sich gelten lassen. Wer eine Blankounterschrift leistet und aus der Hand gibt, schafft damit die Möglichkeit, dass das Blankett entgegen oder abweichend von seinem Willen ausgefüllt und in Verkehr gebracht wird. Er begründet damit ein Rechtsschein, aufgrund dessen er den darauf Vertrauenden haftet. Somit besteht für die Beklagte kein Anlass zur Leistung von Schadensersatz.
Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die 1960 geborene Klägerin war bei der Beklagten bis 19.03.1997 versichert. Die Beklagte hatte ihr für die Zeit vom 08.03.1996 bis 16.04.1996, vom 17.04.1996 bis 21.07.1996 und vom 31.07. 1996 bis 11.02.1997 Krankengeld gewährt. Die Kasse überwies das Krankengeld auf ein Konto des Rechtsanwalts R. bei der P.bank, dem die Klägerin nach ihren Angaben Blankovollmacht erteilt hatte.
Die Klägerin forderte am 27.12.2005 von der Beklagten die nochmalige Zahlung von Krankengeld bzw. Schadensersatz für die unberechtigte Auszahlung des Krankengelds an ihren Bevollmächtigten, der betrügerisch gehandelt habe. Mit Bescheid vom 02.01.2006 lehnte die Beklagte eine nochmalige Zahlung wegen Verjährung ab. Die Klägerin forderte mit dem dagegen eingelegten Widerspruch vom 16.01.2006 Schadensersatz. Die Beklagte wies mit dem Widerspruchsbescheid dem 28.04.2006 den Widerspruch zurück. Durch die Auszahlung auf das Konto des bevollmächtigten Rechtsanwalts sei der Krankengeldanspruch erfüllt worden. Die Vollmacht entfalte auch dann Rechtswirksamkeit, wenn der Mandant sie blanko unterschrieben und der beauftragte Rechtsanwalt sie später für Zwecke eines konkreten Rechtsstreits bzw. eines Verwaltungsverfahrens vervollständigt hat. Wer ein Blankett mit seiner Unterschrift aus der Hand gibt, müsse den durch dessen Ausfüllung geschaffene Inhalt einem gutgläubigen Dritten gegenüber als seine Erklärung gegen sich gelten lassen, unabhängig davon, ob der vervollständigte Text seinem Willen entspricht oder nicht. Es habe keinen Anhalt für ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Wirksamkeit der vorgelegten Vollmacht gegeben.
Die Klägerin hat hiergegen am 06.06.2006 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben. Die Überweisung auf ein anderes Konto sei unzulässig gewesen, Verjährung sei wegen des Betrugs des Bevollmächtigten nicht eingetreten. Die Klägerin hat eingeräumt, dass sie bei dem Rechtsanwalt beschäftigt gewesen ist. Das SG hat mit Urteil vom 22.11.2006 die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Krankengeld sei, auch wenn er nicht erfüllt worden sein sollte, zum 01.01.2002 verjährt, die Beklagte habe die Einrede der Verjährung wirksam erhoben. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, den Eingang des Krankengelds zu kontrollieren.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18.01.2007, mit der sie wieder Schadensersatz geltend macht. Die Verjährung sei unterbrochen worden, die Beklagte hätte das Krankengeld nur an die Kontoinhaberin überweisen dürfen.
Sie beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.11.2006 und des Bescheides am 02.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 28.04. 2006 zu verurteilen, Krankengeld in Höhe von 483,20 DM und 14.429,80 DM in Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die frist-und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf nochmalige Zahlung des streitigen Krankengelds. Denn es ist erwiesen, dass die Beklagte das Krankengeld auf das Konto des früheren Bevollmächtigten der Klägerin überwiesen hat. Damit ist der Anspruch der Klägerin erfüllt worden (§ 362 BGB analog). Gemäß § 47 Sozialgesetzbuch I sollen Geldleistungen kostenfrei auf ein Konto des Empfängers bei einem Geldinstitut überwiesen oder, wenn der Empfänger es verlangt, kostenfrei an seinen Wohnsitz übermittelt werden. Die Überweisung auf ein dem Leistungsträger bekanntes Konto beim Geldinstitut ist der Regelzahlungsweg, der ohne Einwilligung des Berechtigten gegangen werden kann (Kassler Kommentar-Seewald, § 47 SGB I, Rdnr. 5). Der Leistungsträger ist also im Regelfall verpflichtet, dem Wunsch des Leistungsberechtigten zu folgen und die Überweisung einer Geldleistung auf das vom Berechtigten ausdrücklich genannte Bankkonto vorzunehmen (Bundessozialgericht - BSG - vom 14.08.2003 SozR 4-7610 § 362 Nr. 1). Die Beklagte war berechtigt, Krankengeldzahlung auf das vom bevollmächtigten Rechtsanwalt der Klägerin angegebene Konto zu überweisen.
Die (angeblich) missbräuchliche Verwendung der von der Klägerin erteilten Blankovollmacht führt nicht dazu, dass die Beklagte das Krankengeld ein weiteres Mal zahlen bzw. Schadensersatz leisten muss. Wenn der Senat die Richtigkeit der Angaben der Klägerin unterstellt, besteht insoweit keine weitere Leistungsverpflichtung der Beklagten. Es läge ein Missbrauch der Vertretungsmacht vor, der die Vertretung jedoch nicht unwirksam macht. Der Vertretene trägt in diesem Fall das Missbrauchsrisiko. Nur wenn der Geschäftsgegner den Missbrauch erkennt oder sich ihm diese Erkenntnis nach den Umständen geradezu aufdrängt, kann er sich nicht auf die Vertretungsmacht berufen. Derartige Umstände sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Beklagte war aufgrund der dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht zu einer Rückfrage bei der Klägerin nicht verpflichtet.
Die Klägerin hat vielmehr selbst durch die Erteilung der Blankovollmacht an den Rechtsanwalt die (angeblich missbräuchliche) Verwendung der Krankengeldzahlung ermöglicht. Nach der bereits von der Beklagten genannten Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.07.1963 BGHZ 40, 65) muss jemand, der ein Blankett mit seiner Unterschrift aus der Hand gibt, auch bei einer seinem Willen nicht entsprechenden Ausfüllung des Blanketts den dadurch geschaffenen Inhalt der Urkunde einem redlichen Dritten gegenüber, dem die Urkunde vorgelegt wird, als seine Willenserklärung gegen sich gelten lassen. Wer eine Blankounterschrift leistet und aus der Hand gibt, schafft damit die Möglichkeit, dass das Blankett entgegen oder abweichend von seinem Willen ausgefüllt und in Verkehr gebracht wird. Er begründet damit ein Rechtsschein, aufgrund dessen er den darauf Vertrauenden haftet. Somit besteht für die Beklagte kein Anlass zur Leistung von Schadensersatz.
Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
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