Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 Kg 139/60
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Juni 1960 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist dem Centralausschuß für die Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland als Fachverband ausgeschlossen. Sie wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 10. September 1956 zur Beitragsleistung für 1955 und Vorschußleistung für 1956 herangezogen. Hiergegen erhob sie Klage. Sie macht geltend, daß die von ihr mit der Leitung beauftragten Angestellten (zwei in 1955 und drei in 1956) nach der Tarifordnung für Angestellte (TOA) bezahlt würden. Sie vertritt die Ansicht, daß sie als eine Untergliederung des Centralausschusses für die Innere Mission im Sinne der §§ 3 Abs. 2 Nr. 6, 10 Abs. 2 des Kindergeldgesetzes (KGG) anzusehen sei und deshalb für die genannten Angestellten von der Beitragspflicht befreit sei. Die Beklagte hält die vorerwähnten Vorschriften auf die Klägerin nicht für anwendbar; sie legt sie so aus, daß nur die im Gesetz aufgeführten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege selbst einschließlich ihrer unselbständigen Einrichtungen, nicht aber die ihr angeschlossenen Fachverbände von der Beitragspflicht befreit seien. Das Sozialgericht Kassel hob durch Urteil vom 9. Juni 1960 den Bescheid vom 10. September 1956 auf und erklärte die Beklagte nur hinsichtlich der Bediensteten der Klägerin für befugt, Kindergeldbeiträge zu fordern, die nicht nach der TOA bezahlt werde.
Gegen das am 16. Juni 1960 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. Juli 1960 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, daß die Klägerin nicht unter § 10 Abs. 2 KGG falle, sondern für alle Arbeitnehmer unbeschränkt beitragspflichtig sei.
Sie hat beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Aufklärung des Sachverhalts ist eine Auskunft des Centralausschusses für die Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 17. März 1961 eingeholt worden.
Auf das angefochtene Urteil, die Schriftsätze der Beteiligten und die eingeholte Auskunft nebst den beigefügten Unterlagen wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach § 28 KGG in Verbindung mit §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 10 Abs. 2 KGG sind die Spitzverbände der freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt-Hauptausschuß, Centralausschuß für die Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland, Deutscher Caritasverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) einschließlich ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten – ohne Rücksicht auf deren Rechtsform – von der Beitragspflicht für die Arbeitnehmer befreit, für die sie die in § 3 Abs. 2 Nr. 2 oder 6 bezeichneten Regelungen anwenden. Die Klägerin ist nach der Auskunft des Centralausschusses vom 17. März 1961 ein diesem angeschlossener Fachverband. Damit erfüllt sie die Voraussetzungen einer "Untergliederung” des Centralausschusses im Sinne des § 10 Abs. 2 KGG. Im Kindergeldgesetz ist zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, was unter einer Untergliederung im Sinne der §§ 10 Abs. 2 Nr. 6 und 10 Abs. 2 zu verstehen ist. Es ergibt sich daraus nur, daß es nicht auf die Rechtsform ankommt, daß also auch rechtlich selbständige Körperschaften Untergliederungen sein können. Der Begriff selbst ist mehrdeutig. Sein Inhalt ist aber in einer anderen gesetzlichen Bestimmung, nämlich in § 43 Abs. 2 Satz 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsetzungsgesetz in der Fassung vom 1. September 1951 (BGBl. I S. 796 ff) festgelegt. Hier heißt es: "Zu den Untergliederungen rechnen sämtliche Organisationsformen der Wohlfahrtsverbände, Diözesanverbände, Kreisverbände, Ortsverbände und -ausschüsse, Fachvereine und -verbände, Verbände von Krankenanstalten, von Pflegeanstalten.” Fachverbände werden also hier ausdrücklich als Form einer Untergliederung ausgeführt. Da das Recht ein einheitliches Ganzes bildet, bestehen keine Bedenken, die hier gegebene Definition des Begriffs einer Untergliederung auf das KGG anzuwenden. Danach ist aber die Klägerin als ein dem Centralausschuß angeschlossener Fachverband eine Untergliederung des Centralausschusses. Das die Fachverbände umsatzsteuerlich nicht ohne weiteres in den Genuß von Steuerfreiheit kommen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Es erklärt sich nicht daraus, daß sie nicht als Untergliederungen der Spitzenverbände anzusehen wären, sondern daraus, daß Untergliederungen, soweit sie rechtlich selbständige Körperschaften sind, umsatzsteuerlich nicht den Spitzenverbänden gänzlich gleichgestellt sind, sondern zur Erlangung von Umsatzsteuerfreiheit noch eine weitere Voraussetzung erfüllen müssen, nämlich die in § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung vom 1. September 1951 (BGBl. I S. 791 ff) in Verb. mit § 43 Abs. 2 Satz 1 der Durchführungsbestimmungen verlangte Voraussetzung, ausschließlich und unmittelbar einem sozialen Zweck zu dienen. Diese Einschränkung der Umsatzsteuerfreiheit, zu der in Kindergeldgesetz für die Beitragsfreiheit eine Parallele fehlt, ändert nichts daran, daß einem anerkannten Spitzenverband angeschlossener Fachverband grundsätzlich als eine Untergliederung des Spitzenverbandes anzusehen ist. Da das auf die Klägerin zutrifft, steht ihr Beitragsfreiheit für die in § 3 Abs. 2 Nr. 6 KGG erwähnten Angestellten zu. Daß es sich hierbei nur um einen Teil ihrer Arbeitnehmer handelt, ändert an der Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift nichts. Denn diese Vorschrift ist ausdrücklich auf einen bestimmten Kreis der Arbeitnehmer beschränkt, während für die übrigen Arbeitnehmer Beitragspflicht besteht (vgl. Lauterbach-Wickenhagen zu § 10 KGG Anm. 8).
Das angefochtene Urteil ist deshalb im Ergebnis zu Recht ergangen, so daß die Berufung zurückgewiesen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist dem Centralausschuß für die Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland als Fachverband ausgeschlossen. Sie wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 10. September 1956 zur Beitragsleistung für 1955 und Vorschußleistung für 1956 herangezogen. Hiergegen erhob sie Klage. Sie macht geltend, daß die von ihr mit der Leitung beauftragten Angestellten (zwei in 1955 und drei in 1956) nach der Tarifordnung für Angestellte (TOA) bezahlt würden. Sie vertritt die Ansicht, daß sie als eine Untergliederung des Centralausschusses für die Innere Mission im Sinne der §§ 3 Abs. 2 Nr. 6, 10 Abs. 2 des Kindergeldgesetzes (KGG) anzusehen sei und deshalb für die genannten Angestellten von der Beitragspflicht befreit sei. Die Beklagte hält die vorerwähnten Vorschriften auf die Klägerin nicht für anwendbar; sie legt sie so aus, daß nur die im Gesetz aufgeführten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege selbst einschließlich ihrer unselbständigen Einrichtungen, nicht aber die ihr angeschlossenen Fachverbände von der Beitragspflicht befreit seien. Das Sozialgericht Kassel hob durch Urteil vom 9. Juni 1960 den Bescheid vom 10. September 1956 auf und erklärte die Beklagte nur hinsichtlich der Bediensteten der Klägerin für befugt, Kindergeldbeiträge zu fordern, die nicht nach der TOA bezahlt werde.
Gegen das am 16. Juni 1960 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. Juli 1960 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, daß die Klägerin nicht unter § 10 Abs. 2 KGG falle, sondern für alle Arbeitnehmer unbeschränkt beitragspflichtig sei.
Sie hat beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Aufklärung des Sachverhalts ist eine Auskunft des Centralausschusses für die Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 17. März 1961 eingeholt worden.
Auf das angefochtene Urteil, die Schriftsätze der Beteiligten und die eingeholte Auskunft nebst den beigefügten Unterlagen wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach § 28 KGG in Verbindung mit §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 10 Abs. 2 KGG sind die Spitzverbände der freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt-Hauptausschuß, Centralausschuß für die Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland, Deutscher Caritasverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) einschließlich ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten – ohne Rücksicht auf deren Rechtsform – von der Beitragspflicht für die Arbeitnehmer befreit, für die sie die in § 3 Abs. 2 Nr. 2 oder 6 bezeichneten Regelungen anwenden. Die Klägerin ist nach der Auskunft des Centralausschusses vom 17. März 1961 ein diesem angeschlossener Fachverband. Damit erfüllt sie die Voraussetzungen einer "Untergliederung” des Centralausschusses im Sinne des § 10 Abs. 2 KGG. Im Kindergeldgesetz ist zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, was unter einer Untergliederung im Sinne der §§ 10 Abs. 2 Nr. 6 und 10 Abs. 2 zu verstehen ist. Es ergibt sich daraus nur, daß es nicht auf die Rechtsform ankommt, daß also auch rechtlich selbständige Körperschaften Untergliederungen sein können. Der Begriff selbst ist mehrdeutig. Sein Inhalt ist aber in einer anderen gesetzlichen Bestimmung, nämlich in § 43 Abs. 2 Satz 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsetzungsgesetz in der Fassung vom 1. September 1951 (BGBl. I S. 796 ff) festgelegt. Hier heißt es: "Zu den Untergliederungen rechnen sämtliche Organisationsformen der Wohlfahrtsverbände, Diözesanverbände, Kreisverbände, Ortsverbände und -ausschüsse, Fachvereine und -verbände, Verbände von Krankenanstalten, von Pflegeanstalten.” Fachverbände werden also hier ausdrücklich als Form einer Untergliederung ausgeführt. Da das Recht ein einheitliches Ganzes bildet, bestehen keine Bedenken, die hier gegebene Definition des Begriffs einer Untergliederung auf das KGG anzuwenden. Danach ist aber die Klägerin als ein dem Centralausschuß angeschlossener Fachverband eine Untergliederung des Centralausschusses. Das die Fachverbände umsatzsteuerlich nicht ohne weiteres in den Genuß von Steuerfreiheit kommen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Es erklärt sich nicht daraus, daß sie nicht als Untergliederungen der Spitzenverbände anzusehen wären, sondern daraus, daß Untergliederungen, soweit sie rechtlich selbständige Körperschaften sind, umsatzsteuerlich nicht den Spitzenverbänden gänzlich gleichgestellt sind, sondern zur Erlangung von Umsatzsteuerfreiheit noch eine weitere Voraussetzung erfüllen müssen, nämlich die in § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung vom 1. September 1951 (BGBl. I S. 791 ff) in Verb. mit § 43 Abs. 2 Satz 1 der Durchführungsbestimmungen verlangte Voraussetzung, ausschließlich und unmittelbar einem sozialen Zweck zu dienen. Diese Einschränkung der Umsatzsteuerfreiheit, zu der in Kindergeldgesetz für die Beitragsfreiheit eine Parallele fehlt, ändert nichts daran, daß einem anerkannten Spitzenverband angeschlossener Fachverband grundsätzlich als eine Untergliederung des Spitzenverbandes anzusehen ist. Da das auf die Klägerin zutrifft, steht ihr Beitragsfreiheit für die in § 3 Abs. 2 Nr. 6 KGG erwähnten Angestellten zu. Daß es sich hierbei nur um einen Teil ihrer Arbeitnehmer handelt, ändert an der Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift nichts. Denn diese Vorschrift ist ausdrücklich auf einen bestimmten Kreis der Arbeitnehmer beschränkt, während für die übrigen Arbeitnehmer Beitragspflicht besteht (vgl. Lauterbach-Wickenhagen zu § 10 KGG Anm. 8).
Das angefochtene Urteil ist deshalb im Ergebnis zu Recht ergangen, so daß die Berufung zurückgewiesen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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