Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 Kg 13/62
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Beitragsbefreiung gem. § 11 Abs. 1 Satz 4 des Kindergeldgesetzes ist grundsätzlich in jedem Jahr erneut innerhalb von 3 Monaten nach Zugang der Beitragsrechnung geltend zu machen.
2. Ausnahmsweise genügt ein bereits vorher der Familienausgleichskasse übersandter Einkommensteuerbescheid oder eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer, wenn erkennbar innerhalb der Dreimonatsfrist kein neuerer Bescheid bzw. keine neuere Finanzamtsbescheinigung vorgelegt werden kann.
2. Ausnahmsweise genügt ein bereits vorher der Familienausgleichskasse übersandter Einkommensteuerbescheid oder eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer, wenn erkennbar innerhalb der Dreimonatsfrist kein neuerer Bescheid bzw. keine neuere Finanzamtsbescheinigung vorgelegt werden kann.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 6. Juni 1962 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger ist selbständiger Wirtschaftsjurist; er beschäftigt keine Arbeitnehmer. Mit Beitragsrechnung vom 18. Mai 1960 forderte ihn die Beklagte auf, für das Jahr 1959 einen Beitrag zur Familienausgleichskasse in Höhe von 40,– DM zu zahlen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit dem er geltend machte, sein jährliches Einkommen übersteige nicht den Betrag von 6.000,– DM, was sich aus der von ihm am 19. Februar 1959 vorgelegten Finanzamtsbescheinigung für das Jahr 1956 ergebe. Am 25. April 1961 legte er eine weitere, gem. § 11 Abs. 1 des Kindergeldgesetzes (KGG) ausgestellte Finanzamtsbescheinigung vom 14. April 1961 vor, derzufolge er für das Kalenderjahr 1959 ein Einkommen von 2.507,– DM "versteuert” hat und nach Abzug des Freibetrages von 840,– DM nach § 32 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei ist. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin am 26. Juli 1961 mit, daß diese Bescheinigung nicht innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung der Beitragsrechnung für 1959 vorgelegt worden sei. Die Bescheinigung hätte aber auch dann nicht anerkannt werden können, wenn sie fristgemäß eingegangen wäre, weil darin lediglich das versteuerte Einkommen eingetragen sei, während es für eine Beitragsbefreiung auf die Höhe des Gesamteinkommens ankomme.
Am gleichen Tage forderte die Beklagte vom Kläger für das Jahr 1960 einen Beitrag in Höhe von 40,– DM. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 1. August 1961 Widerspruch ein und machte geltend, in der vorgelegten Bescheinigung des Finanzamtes vom 14. April 1961 sei sein versteuertes Einkommen für 1959 angegeben. Eine andere Bescheinigung könne er vom Finanzamt nicht erhalten.
Mit Bescheid vom 14. August 1961 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 18. Mai 1960 und 26. Juli 1961 nicht ab.
Der Kläger erhob daraufhin beim Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage, das mit Urteil vom 6. Juni 1962 beide Bescheide aufhob soweit sie die Beiträge für die Jahre 1959 und 1960 betrafen. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, der Kläger habe zwar nicht unmittelbar nach Zugang der Beitragsrechnung in Bezug auf das Jahr, für das Beiträge gefordert wurden, jeweils entsprechende Bescheinigungen des Finanzamts vorgelegt. Aus § 11 Absatz 1 Satz 4 KGG ergebe sich aber auch nicht, daß nach Zugang der Beitragsrechnung in jedem einzelnen Jahr ein neuer finanzamtlicher Nachweis über die Einkommenshöhe erbracht werden müsse. Es genüge vielmehr, wenn bereits vor Zugang der Beitragsanforderung ein Nachweis vorgelegt werde, aus dem sich ein Unterschreiten der Einkommensgrenze ergebe und der Betreffende sich erkennbar um die Erlangung weiterer Nachweise bemüht habe, sofern nicht sonstige Umstände auf das Überschreiten der Einkommensgrenze hinweisen würde. Der Kläger sei daher auf Grund der von ihm im Februar 1959 und April 1961 vorgelegten finanzamtlichen Bescheinigungen von der Beitragspflicht in den Jahren 1959 und 1960 befreit gewesen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie führt aus, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei für jedes Jahr nach der jeweiligen Zahlungsaufforderung ein Einkommensnachweis zu erbringen, wie sich aus der eindeutigen Fassung des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG ergebe. Da der Kläger dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, bestehe keine Befreiung von der Beitragspflicht für die Jahre 1959 und 1960.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 6. Juni 1961 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 1963 vor dem erkennenden Senat die Klage insoweit zurückgenommen, als sie gegen die Beitragsrechnung für das Jahr 1959 gerichtet war. Im übrigen vertritt er die Auffassung, daß er für das Jahr 1960 von der Beitragspflicht befreit sei, da er mit der vorgelegten Bescheinigung des Finanzamtes vom 14. April 1961 nachgewiesen habe, daß er im Jahre 1959 nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden sei.
Er beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Vom Finanzamt F. ist eine Auskunft darüber eingeholt worden, wann der Kläger die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1956 bis 1960 erhielt und wann ihm für das Kalenderjahr 1960 eine Bescheinigung gem. § 11 Abs. 1 KGG hätte ausgestellt werden können (vgl. Bl. 56 der Verfahrensakte). Auf diese Auskunft wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Verfahrensakten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Nachdem der Kläger seine Klage gegen die Beitragsrechnung für das Jahr 1959 vom 18. Mai 1960 im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, war nur noch darüber zu entscheiden, ob die Beklagte den Kläger für das Jahr 1960 zu Recht zur Beitragszahlung herangezogen hat.
Zwischen den Beteiligten besteht nur Streit darüber, ob der grundsätzlich beitragspflichtige Kläger für das Jahr 1960 im Hinblick auf die Höhe seines Einkommens von der Beitragspflicht befreit ist. Er vertritt diese Auffassung und behauptet, sein Einkommen habe die in § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG bestimmte Grenze nicht überschritten. Nach dieser Bestimmung sind Selbständige von der Beitragspflicht für ihre Person befreit, sofern ihr Einkommen 6.000,– DM im Jahr nicht übersteigt. Nach Satz 4 a.a.O. entfällt die Befreiung von der Beitragspflicht, wenn nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Beitragsanforderung der Familienausgleichskasse der letzte Einkommensteuerbescheid oder eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer vorgelegt wird. Aus dieser durch Artikel I Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften der Kindergeldgesetze vom 27.7.1957 (BGBl. 1957 I S. 1061) eingefügten Bestimmungen folgt, daß die Befreiung nicht mehr, wie früher, kraft Gesetzes eintritt, wenn die Einkommensgrenze nicht überschritten wird, sondern daß sie von der Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheides oder der dort näher bezeichneten Finanzamtsbescheinigung abhängt. Das Sozialgericht meint, die Bestimmung des Satzes 4 a.a.O. sei nicht eindeutig, aus ihrem Wortlaut ergebe sich nicht zwingend, daß die Vorlage der finanzamtlichen Einkommensteuernachweise in jedem Jahr im unmittelbaren Anschluß an den Zugang der Beitragsrechnung erneut erfolgen müsse. Im Gegensatz hierzu ist der erkennende Senat mit der Beklagten der Auffassung, daß der Wortlaut des Satzes a.a.O. eindeutig ist. Wenn bestimmt wird, daß die Befreiung entfällt, wenn nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Beitragsanforderung der letzte Einkommensteuerbescheid bzw. die dort näher bezeichnete Finanzamtsbescheinigung vorgelegt wird, so heißt das, daß der Einkommensnachweis nach der jeweiligen für ein bestimmtes Jahr erstellten Beitragsrechnung zu erbringen ist. Auch das Erfordernis der Dreimonatsfrist kann sich nach den Denkgesetzen nur auf einen bestimmten Zeitpunkt beziehen und zwar nach dem Satzzusammenhang lediglich auf die in jedem Jahr versandte Beitragsanforderung. Auch der Sinn dieser Bestimmung läßt keine andere Schlußfolgerung zu. Nach § 11 KGG wird der Beitragsberechnung das Kalenderjahr zugrunde gelegt, das auch der maßgebende Zeitraum für die Veranlagung zur Einkommensteuer ist. Die Beitragsrechnungen werden daher auch in jedem Jahr versandt. Die Vorlage der Einkommensteuerbelege innerhalb von 3 Monaten soll dazu dienen, der Familienausgleichskasse in jedem Jahr möglichst schnell die Prüfung zu ermöglichen, ob der Betreffende wegen seines Einkommens beitragspflichtig ist oder nicht (so auch Urteil des BSG vom 21.2.62, 7 RKg 8/61). Dieser Zweck würde vereitelt, wenn die Familienausgleichskasse nicht die Möglichkeit hätte, innerhalb von 3 Monaten nach jeder Beitragsanforderung zu übersehen, ob der in Anspruch Genommene beitragspflichtig ist oder ein Befreiungsgrund vorliegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts handelt es sich hierbei nicht um "überspitzte Anforderungen”, vielmehr wäre eine andere Handhabung der Befreiungsvorschriften für die Familienausgleichskasse gar nicht tragbar. Andererseits kann es den Beitragsschuldnern zugemutet werden, in jedem Jahr ihre Befreiung nachzuweisen, weil ja nicht die Beibringung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr gefordert wird, auf das sich die Beitragsanforderung erstreckt, sondern der "letzte” Einkommensteuerbescheid vorzulegen ist, der sich also auch auf ein früheres Jahr beziehen kann.
Der Kläger war also grundsätzlich verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten nach der ihm am 26. Juli 1961 zugegangenen Beitragsrechnung für das Jahr 1960 den letzten Einkommensteuerbescheid vorzulegen, d.h. den für das Jahr 1959, den er nach der Auskunft des Finanzamtes F. am 30. März 1961 erhalten hatte. Dies hat er jedoch nicht getan, obwohl er mit der Beitragsanforderung und auch bereits früher mehrfach schriftlich von der Beklagten darüber belehrt worden war, und vermochte auf Befragen in der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 1963 hierfür auch keinen Grund anzugeben. Er beruft sich lediglich, jedoch zu Unrecht, auf die der Beklagten am 25. April 1961 vorgelegte Finanzamtsbescheinigung vom 14. April 1961 und meint, diese sei ausreichend, um die Befreiung von der Beitragspflicht für das Jahr 1960 herbeizuführen.
Der erkennende Senat ist zwar nicht – wie die Beklagte – der Auffassung, daß der Befreiungsnachweis stets erst nach der Zahlungsaufforderung zu erbringen ist. Das Bundessozialgericht hat eine Ausnahme von der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG bezüglich der Form des Nachweises der Beitragsbefreiung zugelassen und ausgeführt, daß eine Befreiung auch dann erfolgen könne, wenn der Beitragsschuldner der Familienausgleichskasse auf eine andere Weise die Überprüfung seines Einkommens ermögliche und sie von dieser Möglichkeit Gebrauch mache (vgl. 3 RKg 10/61). Eine Ausnahme muß auch für den Fall gelten, daß der Familienausgleichskasse der letzte Einkommensteuerbescheid oder die in Satz 4 a.a.O. bezeichnete Finanzamtsbescheinigung vor der Beitragsanforderung vorgelegt wird, wenn innerhalb der Dreimonatsfrist nach Zugang der Beitragsanforderung offensichtlich kein neuerer Einkommensteuerbescheid bzw. keine neuere Finanzamtsbescheinigung vorgelegt werden kann. Wenn also, wie im vorliegenden Fall, eine Beitragsanforderung am 26. Juli 1961 erfolgt ist, so genügt es, wenn der Beitragsschuldner vorher seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1960 oder eine Bescheinigung des Finanzamtes, daß er in diesem Jahr nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, vorgelegt hat. Denn dann konnte die Familienausgleichskasse erkennen, daß der Beitragspflichtige auch in der Dreimonatsfrist nach Zugang der Beitragsanforderung nicht in der Lage ist, die Beitragsbefreiung auf andere Weise darzutun.
Die vom Kläger am 25. April 1961 der Beklagten vorgelegte Finanzamtsbescheinigung genügt aber auch unter Berücksichtigung dieser Ausnahmeregelung nicht, um ihn von der Beitragspflicht für das Jahr 1960 zu befreien.
Zwar ist die Auffassung der Beklagten unzutreffend, diese Bescheinigung erfülle die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG deshalb nicht, weil darin die Höhe des Gesamteinkommens fehle. Denn nach dieser Vorschrift genügt eine Bescheinigung über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer, ohne daß das Gesamteinkommen nachzuweisen ist. Durch die Bescheinigung vom 14. April 1961 hat der Kläger also in ausreichender Weise nachgewiesen, daß er im Jahre 1959 keine Einkommensteuer zu zahlen hatte.
Ebenso wie stets der jeweils letzte Einkommensteuerbescheid vorzulegen ist, muß aber auch gefordert werden, daß die Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer die letzte ist, die der in Anspruch Genommene vorlegen kann, da sie anderenfalls nicht wirklichkeitsnah genug und damit für die Zwecke der Befreiung von der Beitragspflicht unbrauchbar ist. Zwar hat sich in Laufe des Berufungsverfahrens durch eine Auskunft des Finanzamtes herausgestellt, daß dem Kläger eine Bescheinigung gem. § 11 Absatz 1 Satz 4 KGG für das Kalenderjahr 1960 erst nach Eingang der Steuererklärung für dieses Jahr und zwar erst ab 7. Dezember 1961 hätte ausgestellt werden können. Das konnte die Beklagte in der Dreimonatsfrist nach Zustellung der Beitragsanforderung vom 26. Juli 1961 jedoch nicht wissen und somit nicht erkennen, daß die vom Kläger bereits am 25. April 1961 im Hinblick auf die Beitragsanforderung für das Jahr 1959 vorgelegte Finanzamtsbescheinigung für das Jahr 1959 die letzt war, die er ihr vorlegen konnte. Wenn bereits vor Zustellung der Beitragsanforderung ein Bescheid oder eine Bescheinigung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG vorgelegt wird, so können diese nur dann zur Beitragsbefreiung führen, wenn kein Zweifel daran besteht, daß sie auch nach der Zustellung der Beitragsrechnung nicht überholt sind. Die bloße dahingehende Behauptung des Klägers in dem Widerspruch vom 31. Juli 1961, er könne keine neuere Bescheinigung vorlegen, genügte daher nicht, zumal er trotz wiederholter Belehrungen innerhalb der Dreimonatsfristen nach Zustellung der Beitragsrechnungen für die Jahre 1959 und 1960 die in seinen Händen befindlichen jeweils letzten Einkommensteuerbescheide nicht vorgelegt und damit zu erkennen gegeben hatte, daß er nicht bereit bzw. nicht in der Lage war, die Beitragsbefreiung ordnungsgemäß herbeizuführen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht zu § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger ist selbständiger Wirtschaftsjurist; er beschäftigt keine Arbeitnehmer. Mit Beitragsrechnung vom 18. Mai 1960 forderte ihn die Beklagte auf, für das Jahr 1959 einen Beitrag zur Familienausgleichskasse in Höhe von 40,– DM zu zahlen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit dem er geltend machte, sein jährliches Einkommen übersteige nicht den Betrag von 6.000,– DM, was sich aus der von ihm am 19. Februar 1959 vorgelegten Finanzamtsbescheinigung für das Jahr 1956 ergebe. Am 25. April 1961 legte er eine weitere, gem. § 11 Abs. 1 des Kindergeldgesetzes (KGG) ausgestellte Finanzamtsbescheinigung vom 14. April 1961 vor, derzufolge er für das Kalenderjahr 1959 ein Einkommen von 2.507,– DM "versteuert” hat und nach Abzug des Freibetrages von 840,– DM nach § 32 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei ist. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin am 26. Juli 1961 mit, daß diese Bescheinigung nicht innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung der Beitragsrechnung für 1959 vorgelegt worden sei. Die Bescheinigung hätte aber auch dann nicht anerkannt werden können, wenn sie fristgemäß eingegangen wäre, weil darin lediglich das versteuerte Einkommen eingetragen sei, während es für eine Beitragsbefreiung auf die Höhe des Gesamteinkommens ankomme.
Am gleichen Tage forderte die Beklagte vom Kläger für das Jahr 1960 einen Beitrag in Höhe von 40,– DM. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 1. August 1961 Widerspruch ein und machte geltend, in der vorgelegten Bescheinigung des Finanzamtes vom 14. April 1961 sei sein versteuertes Einkommen für 1959 angegeben. Eine andere Bescheinigung könne er vom Finanzamt nicht erhalten.
Mit Bescheid vom 14. August 1961 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 18. Mai 1960 und 26. Juli 1961 nicht ab.
Der Kläger erhob daraufhin beim Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage, das mit Urteil vom 6. Juni 1962 beide Bescheide aufhob soweit sie die Beiträge für die Jahre 1959 und 1960 betrafen. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, der Kläger habe zwar nicht unmittelbar nach Zugang der Beitragsrechnung in Bezug auf das Jahr, für das Beiträge gefordert wurden, jeweils entsprechende Bescheinigungen des Finanzamts vorgelegt. Aus § 11 Absatz 1 Satz 4 KGG ergebe sich aber auch nicht, daß nach Zugang der Beitragsrechnung in jedem einzelnen Jahr ein neuer finanzamtlicher Nachweis über die Einkommenshöhe erbracht werden müsse. Es genüge vielmehr, wenn bereits vor Zugang der Beitragsanforderung ein Nachweis vorgelegt werde, aus dem sich ein Unterschreiten der Einkommensgrenze ergebe und der Betreffende sich erkennbar um die Erlangung weiterer Nachweise bemüht habe, sofern nicht sonstige Umstände auf das Überschreiten der Einkommensgrenze hinweisen würde. Der Kläger sei daher auf Grund der von ihm im Februar 1959 und April 1961 vorgelegten finanzamtlichen Bescheinigungen von der Beitragspflicht in den Jahren 1959 und 1960 befreit gewesen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie führt aus, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei für jedes Jahr nach der jeweiligen Zahlungsaufforderung ein Einkommensnachweis zu erbringen, wie sich aus der eindeutigen Fassung des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG ergebe. Da der Kläger dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, bestehe keine Befreiung von der Beitragspflicht für die Jahre 1959 und 1960.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 6. Juni 1961 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 1963 vor dem erkennenden Senat die Klage insoweit zurückgenommen, als sie gegen die Beitragsrechnung für das Jahr 1959 gerichtet war. Im übrigen vertritt er die Auffassung, daß er für das Jahr 1960 von der Beitragspflicht befreit sei, da er mit der vorgelegten Bescheinigung des Finanzamtes vom 14. April 1961 nachgewiesen habe, daß er im Jahre 1959 nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden sei.
Er beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Vom Finanzamt F. ist eine Auskunft darüber eingeholt worden, wann der Kläger die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1956 bis 1960 erhielt und wann ihm für das Kalenderjahr 1960 eine Bescheinigung gem. § 11 Abs. 1 KGG hätte ausgestellt werden können (vgl. Bl. 56 der Verfahrensakte). Auf diese Auskunft wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Verfahrensakten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Nachdem der Kläger seine Klage gegen die Beitragsrechnung für das Jahr 1959 vom 18. Mai 1960 im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, war nur noch darüber zu entscheiden, ob die Beklagte den Kläger für das Jahr 1960 zu Recht zur Beitragszahlung herangezogen hat.
Zwischen den Beteiligten besteht nur Streit darüber, ob der grundsätzlich beitragspflichtige Kläger für das Jahr 1960 im Hinblick auf die Höhe seines Einkommens von der Beitragspflicht befreit ist. Er vertritt diese Auffassung und behauptet, sein Einkommen habe die in § 11 Abs. 1 Satz 3 KGG bestimmte Grenze nicht überschritten. Nach dieser Bestimmung sind Selbständige von der Beitragspflicht für ihre Person befreit, sofern ihr Einkommen 6.000,– DM im Jahr nicht übersteigt. Nach Satz 4 a.a.O. entfällt die Befreiung von der Beitragspflicht, wenn nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Beitragsanforderung der Familienausgleichskasse der letzte Einkommensteuerbescheid oder eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer vorgelegt wird. Aus dieser durch Artikel I Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften der Kindergeldgesetze vom 27.7.1957 (BGBl. 1957 I S. 1061) eingefügten Bestimmungen folgt, daß die Befreiung nicht mehr, wie früher, kraft Gesetzes eintritt, wenn die Einkommensgrenze nicht überschritten wird, sondern daß sie von der Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheides oder der dort näher bezeichneten Finanzamtsbescheinigung abhängt. Das Sozialgericht meint, die Bestimmung des Satzes 4 a.a.O. sei nicht eindeutig, aus ihrem Wortlaut ergebe sich nicht zwingend, daß die Vorlage der finanzamtlichen Einkommensteuernachweise in jedem Jahr im unmittelbaren Anschluß an den Zugang der Beitragsrechnung erneut erfolgen müsse. Im Gegensatz hierzu ist der erkennende Senat mit der Beklagten der Auffassung, daß der Wortlaut des Satzes a.a.O. eindeutig ist. Wenn bestimmt wird, daß die Befreiung entfällt, wenn nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Beitragsanforderung der letzte Einkommensteuerbescheid bzw. die dort näher bezeichnete Finanzamtsbescheinigung vorgelegt wird, so heißt das, daß der Einkommensnachweis nach der jeweiligen für ein bestimmtes Jahr erstellten Beitragsrechnung zu erbringen ist. Auch das Erfordernis der Dreimonatsfrist kann sich nach den Denkgesetzen nur auf einen bestimmten Zeitpunkt beziehen und zwar nach dem Satzzusammenhang lediglich auf die in jedem Jahr versandte Beitragsanforderung. Auch der Sinn dieser Bestimmung läßt keine andere Schlußfolgerung zu. Nach § 11 KGG wird der Beitragsberechnung das Kalenderjahr zugrunde gelegt, das auch der maßgebende Zeitraum für die Veranlagung zur Einkommensteuer ist. Die Beitragsrechnungen werden daher auch in jedem Jahr versandt. Die Vorlage der Einkommensteuerbelege innerhalb von 3 Monaten soll dazu dienen, der Familienausgleichskasse in jedem Jahr möglichst schnell die Prüfung zu ermöglichen, ob der Betreffende wegen seines Einkommens beitragspflichtig ist oder nicht (so auch Urteil des BSG vom 21.2.62, 7 RKg 8/61). Dieser Zweck würde vereitelt, wenn die Familienausgleichskasse nicht die Möglichkeit hätte, innerhalb von 3 Monaten nach jeder Beitragsanforderung zu übersehen, ob der in Anspruch Genommene beitragspflichtig ist oder ein Befreiungsgrund vorliegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts handelt es sich hierbei nicht um "überspitzte Anforderungen”, vielmehr wäre eine andere Handhabung der Befreiungsvorschriften für die Familienausgleichskasse gar nicht tragbar. Andererseits kann es den Beitragsschuldnern zugemutet werden, in jedem Jahr ihre Befreiung nachzuweisen, weil ja nicht die Beibringung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr gefordert wird, auf das sich die Beitragsanforderung erstreckt, sondern der "letzte” Einkommensteuerbescheid vorzulegen ist, der sich also auch auf ein früheres Jahr beziehen kann.
Der Kläger war also grundsätzlich verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten nach der ihm am 26. Juli 1961 zugegangenen Beitragsrechnung für das Jahr 1960 den letzten Einkommensteuerbescheid vorzulegen, d.h. den für das Jahr 1959, den er nach der Auskunft des Finanzamtes F. am 30. März 1961 erhalten hatte. Dies hat er jedoch nicht getan, obwohl er mit der Beitragsanforderung und auch bereits früher mehrfach schriftlich von der Beklagten darüber belehrt worden war, und vermochte auf Befragen in der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 1963 hierfür auch keinen Grund anzugeben. Er beruft sich lediglich, jedoch zu Unrecht, auf die der Beklagten am 25. April 1961 vorgelegte Finanzamtsbescheinigung vom 14. April 1961 und meint, diese sei ausreichend, um die Befreiung von der Beitragspflicht für das Jahr 1960 herbeizuführen.
Der erkennende Senat ist zwar nicht – wie die Beklagte – der Auffassung, daß der Befreiungsnachweis stets erst nach der Zahlungsaufforderung zu erbringen ist. Das Bundessozialgericht hat eine Ausnahme von der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG bezüglich der Form des Nachweises der Beitragsbefreiung zugelassen und ausgeführt, daß eine Befreiung auch dann erfolgen könne, wenn der Beitragsschuldner der Familienausgleichskasse auf eine andere Weise die Überprüfung seines Einkommens ermögliche und sie von dieser Möglichkeit Gebrauch mache (vgl. 3 RKg 10/61). Eine Ausnahme muß auch für den Fall gelten, daß der Familienausgleichskasse der letzte Einkommensteuerbescheid oder die in Satz 4 a.a.O. bezeichnete Finanzamtsbescheinigung vor der Beitragsanforderung vorgelegt wird, wenn innerhalb der Dreimonatsfrist nach Zugang der Beitragsanforderung offensichtlich kein neuerer Einkommensteuerbescheid bzw. keine neuere Finanzamtsbescheinigung vorgelegt werden kann. Wenn also, wie im vorliegenden Fall, eine Beitragsanforderung am 26. Juli 1961 erfolgt ist, so genügt es, wenn der Beitragsschuldner vorher seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1960 oder eine Bescheinigung des Finanzamtes, daß er in diesem Jahr nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, vorgelegt hat. Denn dann konnte die Familienausgleichskasse erkennen, daß der Beitragspflichtige auch in der Dreimonatsfrist nach Zugang der Beitragsanforderung nicht in der Lage ist, die Beitragsbefreiung auf andere Weise darzutun.
Die vom Kläger am 25. April 1961 der Beklagten vorgelegte Finanzamtsbescheinigung genügt aber auch unter Berücksichtigung dieser Ausnahmeregelung nicht, um ihn von der Beitragspflicht für das Jahr 1960 zu befreien.
Zwar ist die Auffassung der Beklagten unzutreffend, diese Bescheinigung erfülle die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG deshalb nicht, weil darin die Höhe des Gesamteinkommens fehle. Denn nach dieser Vorschrift genügt eine Bescheinigung über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer, ohne daß das Gesamteinkommen nachzuweisen ist. Durch die Bescheinigung vom 14. April 1961 hat der Kläger also in ausreichender Weise nachgewiesen, daß er im Jahre 1959 keine Einkommensteuer zu zahlen hatte.
Ebenso wie stets der jeweils letzte Einkommensteuerbescheid vorzulegen ist, muß aber auch gefordert werden, daß die Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer die letzte ist, die der in Anspruch Genommene vorlegen kann, da sie anderenfalls nicht wirklichkeitsnah genug und damit für die Zwecke der Befreiung von der Beitragspflicht unbrauchbar ist. Zwar hat sich in Laufe des Berufungsverfahrens durch eine Auskunft des Finanzamtes herausgestellt, daß dem Kläger eine Bescheinigung gem. § 11 Absatz 1 Satz 4 KGG für das Kalenderjahr 1960 erst nach Eingang der Steuererklärung für dieses Jahr und zwar erst ab 7. Dezember 1961 hätte ausgestellt werden können. Das konnte die Beklagte in der Dreimonatsfrist nach Zustellung der Beitragsanforderung vom 26. Juli 1961 jedoch nicht wissen und somit nicht erkennen, daß die vom Kläger bereits am 25. April 1961 im Hinblick auf die Beitragsanforderung für das Jahr 1959 vorgelegte Finanzamtsbescheinigung für das Jahr 1959 die letzt war, die er ihr vorlegen konnte. Wenn bereits vor Zustellung der Beitragsanforderung ein Bescheid oder eine Bescheinigung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 KGG vorgelegt wird, so können diese nur dann zur Beitragsbefreiung führen, wenn kein Zweifel daran besteht, daß sie auch nach der Zustellung der Beitragsrechnung nicht überholt sind. Die bloße dahingehende Behauptung des Klägers in dem Widerspruch vom 31. Juli 1961, er könne keine neuere Bescheinigung vorlegen, genügte daher nicht, zumal er trotz wiederholter Belehrungen innerhalb der Dreimonatsfristen nach Zustellung der Beitragsrechnungen für die Jahre 1959 und 1960 die in seinen Händen befindlichen jeweils letzten Einkommensteuerbescheide nicht vorgelegt und damit zu erkennen gegeben hatte, daß er nicht bereit bzw. nicht in der Lage war, die Beitragsbefreiung ordnungsgemäß herbeizuführen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht zu § 193 SGG.
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