L 3 Ar 677/65

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 Ar 677/65
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 3. Juni 1965 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1898 geborene Kläger war von 1916 bis 1939 Berufssoldat und wurde von 1940 bis 1945 dienstlich wiederverwendet. Von Juli 1946 bis März 1963 war er als Angestellter bei dem H. Landesvermessungsamt beschäftigt und wurde sodann pensioniert. Am 23. Dezember 1963 beantragte er bei der Beklagten die Rückerstattung der in der Zeit vom 1. August 1946 bis 1. Juli 1961 von seinem Angestelltengehalt einbehaltenen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, da diese zu Unrecht entrichtet worden seien. Nach Mitteilung des Regierungspräsidenten in W. hat der Kläger als Major a.D. Versorgungsanspruch nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131), wobei sein Rechtsstatus nach diesem Gesetz mit dem 1. April 1951 festgestellt wurde. Mit Bescheid vom 27. April 1964 hat die Beklagte den Antrag des Klägers abgelehnt, da dieser unter § 73 G 131 falle, bis zum 30. Juni 1961 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und seine rückwirkende Befreiung von der Arbeitslosenversicherungspflicht nach § 173 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 7 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) unzulässig sei. Die Beiträge für ihn seien daher zutreffend entrichtet worden und nicht zurückzuerstatten. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half die Beklagte mit Bescheid vom 23. März 1965 nicht ab, weil der Kläger die gesetzliche Antragsfrist nach § 73 Abs. 1 und 5 G 131 versäumt habe.

Die hierauf erhobene Klage wies das Sozialgericht Wiesbaden mit Urteil vom 3. Juni 1965 als unbegründet ab; auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.

Gegen dieses am 18. Juni 1965 mit Einschreiben an ihn abgesandte Urteil hat der Kläger am 26. Juli 1965 Berufung eingelegt. Mit ihr macht er vor allem geltend, die bereits am 30. September 1958 abgelaufene Antragsfrist könne in seinem Fall nicht angewandt werden, weil er in der Zeit von 1946 bis 1961 nach seiner und seines Arbeitgebers Auffassung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und deshalb die Beiträge von letzterem einbehalten worden seien. Falls aber dennoch eine Befreiung von der Versicherungspflicht bis zum Ende der vorgenannten Frist möglich und notwendig gewesen sei, so handele es sich bei ihrer Nichteinhaltung um ein Verschulden seines Arbeitgebers.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts und die Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese zur Rückerstattung der in der Zeit vom 1. August 1946 bis 30. Juni 1961 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist fristgerecht und zulässig, aber unbegründet.

Wie das Sozialgericht im wesentlichen zutreffend begründet hat, hat der Kläger deswegen keinen Anspruch auf Beitragsrückerstattung gegen die Beklagte, weil er ohne Zweifel die für die Befreiung von der Versicherungspflicht und die Beitragsrückerstattung geltende Antragsfrist nach § 73 Abs. 1 und 5 G 131 versäumt hat. Eine rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht einschließlich entsprechender Beitragsrückerstattung ist nur auf Grund der vorgenannten Vorschrift zulässig. Hierzu hätte der Kläger aber nach deren ausdrücklicher und zwingender gesetzlicher Bestimmung einen Befreiungsantrag bis zum 30. September 1958 stellen müssen. Diese Auffassung hat bereits auch der Regierungspräsident in W. in seinem Schreiben vom 20. Januar 1965 an den früheren Bevollmächtigten des Klägers mit Recht vertreten. Da der Kläger einen derartigen Antrag aber erst am 23. Dezember 1963 gestellt hat, hat er die genannte Frist versäumt.

Bei dieser Frist handelt es sich nach ihrem Inhalt und ihrem Zweck, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt für die Vergangenheit endgültige und klare Rechtsverhältnisse zu schaffen, um eine Ausschlußfrist, zumal das Gesetz keinerlei Ausnahme von ihr, welche vorliegend anwendbar wäre, vorsieht. Wie auch nach der bei anderen Ausschlußfristen (vgl. z.B. §§ 1546, 1547 RVO a.F., 56, 57 BVG a.F.) herrschenden Meinung, ist auch vorliegend die vom Kläger behauptete Rechtsunkenntnis kein ausreichender Grund zur Nichtanwendung der Frist. Der Kläger verkennt offenbar auch, daß nur er selbst, nicht aber sein Arbeitgeber nach § 73 Abs. 1 und 5 G 131 berechtigt war, einen Befreiungsantrag zu stellen. Falls der Kläger etwa eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch seinen früheren Arbeitgeber wegen mangelnder Unterrichtung über die Rechtslage geltend machen will, so wäre insoweit jedenfalls die Sozialgerichtsbarkeit sachlich unzuständig.

Im Hinblick auf die zweifelsfrei vorliegende Fristversäumnis kann es nicht mehr entscheidend darauf ankommen, ob die vom Kläger isolierte Befreiung von der Arbeitslosenversicherungspflicht überhaupt möglich war (verneinend Anders, Komm. zu G 131/1959, Seite 375, Fußnote 6). In jedem Fall wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, die mit der Befreiung von der Versicherungspflicht verbundenen Vor- und Nachteile selbst gegeneinander abzuwägen und sich dementsprechend rechtzeitig zu entscheiden. Nach alledem war die unbegründete Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Rechtskraft
Aus
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