Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 1065/69
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Ankleiden am Morgen steht grundsätzlich auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn es in Hast oder Eile durchgeführt wird.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 27. August 1969 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die 1906 geborene Klägerin erstattete am 23. Dezember 1967 als Mitinhaberin einer Großhandlung für Lebensmittel, Molkereiprodukte und Hefe der Beklagten eine Unfallanzeige. Danach war sie am 29. Juni 1967 gegen 6.30 Uhr im Badezimmer ihrer Wohnung gegen die Türkante gestoßen und hatte sich eine Brustkorbprellung zugezogen, nachdem sie unmittelbar zuvor in dem an das Wohnhaus angrenzenden Lager von einem Lieferanten Hefe entgegen genommen hatte. Die Beklagte holte von dem Facharzt für Innere Krankheiten Dr. med. G., H., und Prof. Dr. S., H., Befundberichte ein. Danach wurde der Klägerin am 15. Januar 1968 die rechte Brust abgenommen. Mit Bescheid vom 27. November 1968 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Unfallentschädigung ab, weil weder ein Wege- noch ein Arbeitsunfall vorgelegen, das schädigende Ereignis sich vielmehr bei einer typisch eigenwirtschaftlichen Tätigkeit im privaten Bereich der Wohnung der Klägerin abgespielt habe.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 27. Dezember 1968 beim Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage erhoben, die mit Urteil vom 27. August 1969 abgewiesen worden ist, nachdem sie zuvor persönlich gehört worden war. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 23. September 1969 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Oktober 1969 Berufung eingelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 4. März 1970 wurde sie noch einmal persönlich gehört und gab dabei u.a. an, am Morgen des 29. Juni 1967 gegen 6.30 Uhr habe ihr Hefelieferant geschellt, um Hefe abzuliefern. Da ihr Ehemann ohne ihr Wissen bereits weggefahren gewesen sei, habe sie sich einen Bademantel übergezogen und die Hefe im Lager entgegengenommen. Anschließend habe sie sich wieder in ihre Wohnung zurückbegeben, den Bademantel im Badezimmer aufgehängt und dieses in Eile verlassen wollen, um sich im Wohnzimmer schnell anzukleiden. Dabei sei sie mit dem Nachthemd an der Türklinke hängen geblieben und mit der rechten Brustseite an die Tür geschlagen, wodurch sie sich die Verletzungen zugezogen habe, die zur Brustoperation geführt hätten.
Zur Begründung der Berufung trägt sie u.a. vor, das Wohnzimmer sei ihr Privatbereich gewesen, von dem aus sie sich ins Badezimmer begehen habe, um den Bademantel anzuziehen, als der Hefelieferant klingelte. Erst mit dem Wiederbetreten des Wohnzimmers nach Beendigung ihrer betrieblichen Tätigkeit würde sie daher, die Privatsphäre erneut erreicht haben. Daß dies im Zeitpunkt des Unfalles noch nicht der Fall gewesen sei, habe sie unter Unfallversicherungsschutz gestanden.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 27. August 1969 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Entschädigung aus dem Unfall vom 29. Juni 1967 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt u.a. aus, die den Unfall herbeiführende Handlung habe in keiner Weise den Betrieb dienlich sein können, sondern sei eine rein eigenwirtschaftliche Handlung gewesen. Im übrigen sei es auch zweifelhaft, ob zwischen dem Unfallereignis und der Brustoperation ein ursächlicher Zusammenhang bestehe.
Im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt, weil die Klägerin weder einen Wege- noch einen Arbeitsunfall erlitten hat (§§ 548 Abs. 1 Satz 1, 550 Satz 1 RVO).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist festzustellen, daß am Unfalltag gegen 6.30 Uhr ein Hefelieferant an der Wohnung schellte, welche die Klägerin mit ihrem Ehemann bewohnt, die zusammen eine Lebensmittelgroßhandlung betreiben und beiden Beklagten gesetzlich gegen Unfall versichert sind. Die Klägerin zog sich daraufhin im Badezimmer einen Bademantel über ihre Nachtbekleidung und begab sich in das Lager, das von einem vor der Wohnung gelegenen Hausgang aus zu erreichen ist, ohne daß der Hof beschritten werden muß (vgl. Skizze Bl. 12 der Unfallakte). Nachdem sie die Hefe entgegen genommen hatte, begab sie sich in ihre Wohnung zurück und hängte den Bademantel im Badezimmer wieder auf. Beim Verlassen dieses Raumes blieb sie mit dem Nachthemd an der inneren Türklinke hängen. Dadurch wurde sie nach unten gezogen und schlug mit der rechten Brustseite gegen die Türkante. Der Anprall war heftig, weil die Klägerin den Raum besonders schnell verlassen wollte, um sich im Wohnzimmer anzuziehen und wegen der Abwesenheit ihres Ehemannes bald fertig zu sein. Diesen Sachverhalt sieht der Senat aufgrund der Angaben der Klägerin, die einen durchaus glaubhaften Eindruck machte, als erwiesen an, zumal sich zu ihren Angaben im Verwaltungsverfahren kein Widerspruch ergehen hat. Der ca. 2 Stunden nach dem Unfall aufgesuchte Facharzt für Innere Krankheiten Dr. med. G., H., stellte ein grosses Hämatom im Bereich der rechten Brust sowie eine Blaufärbung von etwa Handtellergröße in diesem Bereich fest. Auch aus diesem Befund ergibt sich, daß die Klägerin das Badezimmer besonders schnell verlassen wollte, weil der Anprall gegen die Türkante erheblich gewesen sein muß.
In rechtlicher Hinsicht ist zunächst von Bedeutung, daß es sich nicht um einen sog. Wegeunfall handelte (§ 550 Satz 1 RVO). Nach dieser Bestimmung gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543–545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der erkennende Senat ist mit dem früheren Reichsversicherungsamt und dem Bundessozialgericht der Auffassung, daß für die Anwendung dieser Bestimmung kein Raum ist, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte, wenn auch getrennt, innerhalb desselben Gebäudes befinden (vgl. u.a. Urteil des BSG vom 31. Mai 1967, 2 RU 218/64). Das war hier der Fall. Wie sich aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Skizze und dem Schriftsatz der Klägerin vom 30. Juli 1968 ergibt, befanden sich die Wohnung der Eheleute sowie das Büro und das Lager unmittelbar nebeneinander auf dem gleichen Grundstück. Dabei konnte sowohl das Büro als auch das Lager von der Wohnung aus erreicht werden, ohne daß der Hof begangen werden mußte. Im übrigen würde auch der Weg von der Arbeitsstätte (hier dem Lager) mit dem Erreichen der Wohnungstür geendet haben, welche die Grenze zwischen dem versicherten Betriebsweg und dem unversicherten häuslichen Bereich darstellt. Die Auffassung der Klägerin, erst mit dem Erreichen des Wohnzimmers, in welchem sie sich anziehen wollte, würde sie den unversicherten Bereich erreicht haben ist demzufolge unzutreffend. Vielmehr stellt die gesamte Wohnung die einheitliche Privatsphäre des Versicherten dar, in der er grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht.
Auch diente das Badezimmer, in dem sich der Unfall ereignete, nicht den Zwecken des Unternehmens, so daß ein versicherter Arbeitsunfall ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt bejaht werden kann, daß mit dem Erreichen der Unfallstelle der dem unversicherten persönlichen Leben zuzurechnende räumliche Bereich bereits verlassen und ein Teil des Gebäudes erreicht worden war, der wesentlich betrieblichen Zwecken diente (vgl. BSG 11, 267; 12, 165).
Allerdings können auch Verrichtungen innerhalb des rein persönlichen Lebensbereiches mit einem Unternehmen im rechtlichen Zusammenhang stehen, z.B. Unfälle, die mit einem dem Betrieb dienenden Telefonanruf oder einem Kundenbesuch in ursächlichem Zusammenhang stehen. In seinem Urteil vom 29. Mai 1962 (2 RU 87/59) hat das BSG einen Arbeitsunfall auch für den Fall bejaht, daß eine Geschäftsfrau eine aus betrieblichen Gründen getragene Arbeitskleidung in ihre Wohnung mit einer anderen Berufskleidung tauschen mußte. Im vorliegenden Fall wollte sich die Klägerin aber wie an jedem anderen Morgen im Wohnzimmer ankleiden, in dem sie sich ihre Tageskleidung bereits zurechtgelegt hatte. Dieses Ankleiden steht aber nach der einhelligen Rechtsauffassung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht unter Versicherungsschutz. Das BSG hat allerdings in seinem Urteil vom 29. Januar 1960 (2 RU 47/58) u.a. folgendes ausgeführt:
"Ob dies auch zutrifft, wenn der Versicherte durch besondere Umstände gezwungen ist, die beabsichtigte Tätigkeit in einem bestimmten Zeitpunkt und möglicherweise in Hast oder Eile auszuführen, bedurfte nicht der Entscheidung, weil der Sachverhalt hierzu keine Veranlassung bietet.”
Da das BSG diesen Fall besonders angesprochen hat, scheint darauf hinzuweisen, daß es einen Arbeitsunfall nicht von vornherein ablehnen will. Wie bereits oben festgestellt worden ist, verließ die Klägerin das Badezimmer, in dem sie ihren Morgenmantel wieder aufgehängt hatte, in Eile, um sich im Wohnzimmer schnell anzuziehen, da sie bemerkt hatte, daß ihr Ehemann weggefahren war und sie deshalb möglichst schnell angezogen sein wollte. Auf Befragen konnte sie jedoch nicht angeben, daß sie dies aus einem bestimmten Grund, etwa weil sie einen weiteren Lieferanten erwartete, beabsichtigte. Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß grundsätzlich auch dann, wenn, ein Versicherter, nach dem Aufstehen bei einem in Hast oder Eile durchgeführten Ankleiden verunglückt, kein Arbeitsunfall vorliegt. Er hat bereits verschiedentlich (zuletzt mit Urteil vom 1. Oktober 1969, L-3/U-220/69, die zugelassene Revision ist unter dem Az.: 2 RU 58/69 anhängig) im Hinblick auf die Frage, ob es eine "geringfügige Unterbrechung” der Betriebsarbeit gibt, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, ausgeführt, daß es nach Wortlaut und Sinn des § 548 RVO und überhaupt begrifflich nicht möglich erscheint, bei eigenwirtschaftlichen Angelegenheiten eine qualitative oder quantitative Unterscheidung in Bezug auf ihr Verhältnis zu der versicherten Tätigkeit zu treffen. In Fortführung dieser Rechtsprechung vertritt er die Auffassung, daß eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, wie das Ankleiden am Morgen nicht dadurch zu einer versicherten Tätigkeit wird, daß es in einer bestimmten, nur vom Willen des Versicherten abhängigen Art und Weise vorgenommen wird. Auch wenn für ein hastiges Ankleiden nicht ausschließlich eigenwirtschaftliche Gründe maßgebend sind, sondern z.B. das Bestreben, noch rechtzeitig zum Beginn der Betriebsarbeit zu kommen, verliert es dadurch nicht den rechtlichen Charakter als eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Dieser richtet sich vielmehr ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten und ändert sich erst dann, wenn die Tätigkeit mit einer betrieblichen Verrichtung in unmittelbarem Zusammenhang steht. Andernfalls würden sich in vielen Fällen auch unlösbare Beweisschwierigkeiten ergeben. Ein Zusammenhang zwischen dem Bestreben, sich schnell anzuziehen und der betrieblichen Tätigkeit hätte im vorliegenden Fall allenfalls dann vorliegen können, wenn die Klägerin, als sie festgestellt hatte, daß ihr Ehemann ohne ihr Wissen weggefahren war, gezwungen gewesen wäre, sich schnell anzukleiden, weil weitere Lieferanten oder Kundschaft sogleich erwartet wurden. Das war jedoch nicht der Fall. Der Unfall ereignete sich nach der Unfallanzeige um 6.30 Uhr. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß die Klägerin aus betrieblichen Gründen sobald als möglich angezogen sein mußte. Ihr bloßes Bestreben ihre Kleidung schnell anzulegen, weil sie allein im Betrieb war, reicht nicht aus, das Ankleiden zu einer versicherten Tätigkeit zu machen.
Ihre Berufung mußte daher bereits aus Rechtsgründen zurückgewiesen werden, ohne daß zu ermitteln war, ob zwischen dem Unfallereignis und der eingetretenen körperlichen Beeinträchtigung ein ursächlicher Zusammenhang in medizinischer Hinsicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die 1906 geborene Klägerin erstattete am 23. Dezember 1967 als Mitinhaberin einer Großhandlung für Lebensmittel, Molkereiprodukte und Hefe der Beklagten eine Unfallanzeige. Danach war sie am 29. Juni 1967 gegen 6.30 Uhr im Badezimmer ihrer Wohnung gegen die Türkante gestoßen und hatte sich eine Brustkorbprellung zugezogen, nachdem sie unmittelbar zuvor in dem an das Wohnhaus angrenzenden Lager von einem Lieferanten Hefe entgegen genommen hatte. Die Beklagte holte von dem Facharzt für Innere Krankheiten Dr. med. G., H., und Prof. Dr. S., H., Befundberichte ein. Danach wurde der Klägerin am 15. Januar 1968 die rechte Brust abgenommen. Mit Bescheid vom 27. November 1968 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Unfallentschädigung ab, weil weder ein Wege- noch ein Arbeitsunfall vorgelegen, das schädigende Ereignis sich vielmehr bei einer typisch eigenwirtschaftlichen Tätigkeit im privaten Bereich der Wohnung der Klägerin abgespielt habe.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 27. Dezember 1968 beim Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage erhoben, die mit Urteil vom 27. August 1969 abgewiesen worden ist, nachdem sie zuvor persönlich gehört worden war. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 23. September 1969 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Oktober 1969 Berufung eingelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 4. März 1970 wurde sie noch einmal persönlich gehört und gab dabei u.a. an, am Morgen des 29. Juni 1967 gegen 6.30 Uhr habe ihr Hefelieferant geschellt, um Hefe abzuliefern. Da ihr Ehemann ohne ihr Wissen bereits weggefahren gewesen sei, habe sie sich einen Bademantel übergezogen und die Hefe im Lager entgegengenommen. Anschließend habe sie sich wieder in ihre Wohnung zurückbegeben, den Bademantel im Badezimmer aufgehängt und dieses in Eile verlassen wollen, um sich im Wohnzimmer schnell anzukleiden. Dabei sei sie mit dem Nachthemd an der Türklinke hängen geblieben und mit der rechten Brustseite an die Tür geschlagen, wodurch sie sich die Verletzungen zugezogen habe, die zur Brustoperation geführt hätten.
Zur Begründung der Berufung trägt sie u.a. vor, das Wohnzimmer sei ihr Privatbereich gewesen, von dem aus sie sich ins Badezimmer begehen habe, um den Bademantel anzuziehen, als der Hefelieferant klingelte. Erst mit dem Wiederbetreten des Wohnzimmers nach Beendigung ihrer betrieblichen Tätigkeit würde sie daher, die Privatsphäre erneut erreicht haben. Daß dies im Zeitpunkt des Unfalles noch nicht der Fall gewesen sei, habe sie unter Unfallversicherungsschutz gestanden.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 27. August 1969 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Entschädigung aus dem Unfall vom 29. Juni 1967 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt u.a. aus, die den Unfall herbeiführende Handlung habe in keiner Weise den Betrieb dienlich sein können, sondern sei eine rein eigenwirtschaftliche Handlung gewesen. Im übrigen sei es auch zweifelhaft, ob zwischen dem Unfallereignis und der Brustoperation ein ursächlicher Zusammenhang bestehe.
Im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt, weil die Klägerin weder einen Wege- noch einen Arbeitsunfall erlitten hat (§§ 548 Abs. 1 Satz 1, 550 Satz 1 RVO).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist festzustellen, daß am Unfalltag gegen 6.30 Uhr ein Hefelieferant an der Wohnung schellte, welche die Klägerin mit ihrem Ehemann bewohnt, die zusammen eine Lebensmittelgroßhandlung betreiben und beiden Beklagten gesetzlich gegen Unfall versichert sind. Die Klägerin zog sich daraufhin im Badezimmer einen Bademantel über ihre Nachtbekleidung und begab sich in das Lager, das von einem vor der Wohnung gelegenen Hausgang aus zu erreichen ist, ohne daß der Hof beschritten werden muß (vgl. Skizze Bl. 12 der Unfallakte). Nachdem sie die Hefe entgegen genommen hatte, begab sie sich in ihre Wohnung zurück und hängte den Bademantel im Badezimmer wieder auf. Beim Verlassen dieses Raumes blieb sie mit dem Nachthemd an der inneren Türklinke hängen. Dadurch wurde sie nach unten gezogen und schlug mit der rechten Brustseite gegen die Türkante. Der Anprall war heftig, weil die Klägerin den Raum besonders schnell verlassen wollte, um sich im Wohnzimmer anzuziehen und wegen der Abwesenheit ihres Ehemannes bald fertig zu sein. Diesen Sachverhalt sieht der Senat aufgrund der Angaben der Klägerin, die einen durchaus glaubhaften Eindruck machte, als erwiesen an, zumal sich zu ihren Angaben im Verwaltungsverfahren kein Widerspruch ergehen hat. Der ca. 2 Stunden nach dem Unfall aufgesuchte Facharzt für Innere Krankheiten Dr. med. G., H., stellte ein grosses Hämatom im Bereich der rechten Brust sowie eine Blaufärbung von etwa Handtellergröße in diesem Bereich fest. Auch aus diesem Befund ergibt sich, daß die Klägerin das Badezimmer besonders schnell verlassen wollte, weil der Anprall gegen die Türkante erheblich gewesen sein muß.
In rechtlicher Hinsicht ist zunächst von Bedeutung, daß es sich nicht um einen sog. Wegeunfall handelte (§ 550 Satz 1 RVO). Nach dieser Bestimmung gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543–545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der erkennende Senat ist mit dem früheren Reichsversicherungsamt und dem Bundessozialgericht der Auffassung, daß für die Anwendung dieser Bestimmung kein Raum ist, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte, wenn auch getrennt, innerhalb desselben Gebäudes befinden (vgl. u.a. Urteil des BSG vom 31. Mai 1967, 2 RU 218/64). Das war hier der Fall. Wie sich aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Skizze und dem Schriftsatz der Klägerin vom 30. Juli 1968 ergibt, befanden sich die Wohnung der Eheleute sowie das Büro und das Lager unmittelbar nebeneinander auf dem gleichen Grundstück. Dabei konnte sowohl das Büro als auch das Lager von der Wohnung aus erreicht werden, ohne daß der Hof begangen werden mußte. Im übrigen würde auch der Weg von der Arbeitsstätte (hier dem Lager) mit dem Erreichen der Wohnungstür geendet haben, welche die Grenze zwischen dem versicherten Betriebsweg und dem unversicherten häuslichen Bereich darstellt. Die Auffassung der Klägerin, erst mit dem Erreichen des Wohnzimmers, in welchem sie sich anziehen wollte, würde sie den unversicherten Bereich erreicht haben ist demzufolge unzutreffend. Vielmehr stellt die gesamte Wohnung die einheitliche Privatsphäre des Versicherten dar, in der er grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht.
Auch diente das Badezimmer, in dem sich der Unfall ereignete, nicht den Zwecken des Unternehmens, so daß ein versicherter Arbeitsunfall ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt bejaht werden kann, daß mit dem Erreichen der Unfallstelle der dem unversicherten persönlichen Leben zuzurechnende räumliche Bereich bereits verlassen und ein Teil des Gebäudes erreicht worden war, der wesentlich betrieblichen Zwecken diente (vgl. BSG 11, 267; 12, 165).
Allerdings können auch Verrichtungen innerhalb des rein persönlichen Lebensbereiches mit einem Unternehmen im rechtlichen Zusammenhang stehen, z.B. Unfälle, die mit einem dem Betrieb dienenden Telefonanruf oder einem Kundenbesuch in ursächlichem Zusammenhang stehen. In seinem Urteil vom 29. Mai 1962 (2 RU 87/59) hat das BSG einen Arbeitsunfall auch für den Fall bejaht, daß eine Geschäftsfrau eine aus betrieblichen Gründen getragene Arbeitskleidung in ihre Wohnung mit einer anderen Berufskleidung tauschen mußte. Im vorliegenden Fall wollte sich die Klägerin aber wie an jedem anderen Morgen im Wohnzimmer ankleiden, in dem sie sich ihre Tageskleidung bereits zurechtgelegt hatte. Dieses Ankleiden steht aber nach der einhelligen Rechtsauffassung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht unter Versicherungsschutz. Das BSG hat allerdings in seinem Urteil vom 29. Januar 1960 (2 RU 47/58) u.a. folgendes ausgeführt:
"Ob dies auch zutrifft, wenn der Versicherte durch besondere Umstände gezwungen ist, die beabsichtigte Tätigkeit in einem bestimmten Zeitpunkt und möglicherweise in Hast oder Eile auszuführen, bedurfte nicht der Entscheidung, weil der Sachverhalt hierzu keine Veranlassung bietet.”
Da das BSG diesen Fall besonders angesprochen hat, scheint darauf hinzuweisen, daß es einen Arbeitsunfall nicht von vornherein ablehnen will. Wie bereits oben festgestellt worden ist, verließ die Klägerin das Badezimmer, in dem sie ihren Morgenmantel wieder aufgehängt hatte, in Eile, um sich im Wohnzimmer schnell anzuziehen, da sie bemerkt hatte, daß ihr Ehemann weggefahren war und sie deshalb möglichst schnell angezogen sein wollte. Auf Befragen konnte sie jedoch nicht angeben, daß sie dies aus einem bestimmten Grund, etwa weil sie einen weiteren Lieferanten erwartete, beabsichtigte. Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß grundsätzlich auch dann, wenn, ein Versicherter, nach dem Aufstehen bei einem in Hast oder Eile durchgeführten Ankleiden verunglückt, kein Arbeitsunfall vorliegt. Er hat bereits verschiedentlich (zuletzt mit Urteil vom 1. Oktober 1969, L-3/U-220/69, die zugelassene Revision ist unter dem Az.: 2 RU 58/69 anhängig) im Hinblick auf die Frage, ob es eine "geringfügige Unterbrechung” der Betriebsarbeit gibt, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, ausgeführt, daß es nach Wortlaut und Sinn des § 548 RVO und überhaupt begrifflich nicht möglich erscheint, bei eigenwirtschaftlichen Angelegenheiten eine qualitative oder quantitative Unterscheidung in Bezug auf ihr Verhältnis zu der versicherten Tätigkeit zu treffen. In Fortführung dieser Rechtsprechung vertritt er die Auffassung, daß eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, wie das Ankleiden am Morgen nicht dadurch zu einer versicherten Tätigkeit wird, daß es in einer bestimmten, nur vom Willen des Versicherten abhängigen Art und Weise vorgenommen wird. Auch wenn für ein hastiges Ankleiden nicht ausschließlich eigenwirtschaftliche Gründe maßgebend sind, sondern z.B. das Bestreben, noch rechtzeitig zum Beginn der Betriebsarbeit zu kommen, verliert es dadurch nicht den rechtlichen Charakter als eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Dieser richtet sich vielmehr ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten und ändert sich erst dann, wenn die Tätigkeit mit einer betrieblichen Verrichtung in unmittelbarem Zusammenhang steht. Andernfalls würden sich in vielen Fällen auch unlösbare Beweisschwierigkeiten ergeben. Ein Zusammenhang zwischen dem Bestreben, sich schnell anzuziehen und der betrieblichen Tätigkeit hätte im vorliegenden Fall allenfalls dann vorliegen können, wenn die Klägerin, als sie festgestellt hatte, daß ihr Ehemann ohne ihr Wissen weggefahren war, gezwungen gewesen wäre, sich schnell anzukleiden, weil weitere Lieferanten oder Kundschaft sogleich erwartet wurden. Das war jedoch nicht der Fall. Der Unfall ereignete sich nach der Unfallanzeige um 6.30 Uhr. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß die Klägerin aus betrieblichen Gründen sobald als möglich angezogen sein mußte. Ihr bloßes Bestreben ihre Kleidung schnell anzulegen, weil sie allein im Betrieb war, reicht nicht aus, das Ankleiden zu einer versicherten Tätigkeit zu machen.
Ihre Berufung mußte daher bereits aus Rechtsgründen zurückgewiesen werden, ohne daß zu ermitteln war, ob zwischen dem Unfallereignis und der eingetretenen körperlichen Beeinträchtigung ein ursächlicher Zusammenhang in medizinischer Hinsicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf 193 SGG.
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