Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 541/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Copilot, der während einer 2-tägigen Ruhezeit in Indien vom 3 m-Brett in das Schwimmbecken seines Hotels springt, ist dabei nicht unter dem Gesichtspunkt des Fithaltens gegen Unfall versichert.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. April 1973 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1942 geborene Kläger war seit 1968 bei der als Copilot tätig. Auf dem Rückflug von Bangkok kam er zu einem Zwischenaufenthalt am Morgen des 12. August 1972 in Neu Delhi an. Von dort sollte am 14. August 1972 abends der weitere Rückflug angetreten werden. In der Zwischenzeit nahm der Kläger im Hotel , dem Vertragshotel der in Neu Delhi, Station. Nach seiner Ankunft ruhte er sich ohne weitere dienstliche Verpflichtungen aus. Am 13. August 1972 zog er sich Schädelbrüche und eine Querschnittlähmung zu, als er von einem 3 m hohen Sprungturm in das hoteleigene Schwimmbecken sprang und auf dem Boden aufschlug. Der Kläger, der bereits früher mehrfach diesen Sprungturm benutzt hatte, war am Unfalltag schon einmal gesprungen und auch hin und her geschwommen.
Auf die Unfallanzeige der vom 16. August 1972 teilte die Beklagte mit formlosen Schreiben vom 31. August 1972, das keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, mit, daß dieses Ereignis nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden könne, da das Schwimmen und Springen vom 3-Meterturm eines hoteleigenen Schwimmbeckens außerhalb der Dienstzeit dem privaten Lebensbereich zuzuordnen seien.
Nachdem hierauf der Kläger mit am 29. September 1972 eingegangenen Schreiben bei der Beklagten Widerspruch eingelegt und diese ihm am 12. Oktober 1972 mitgeteilt hatte, daß sie das Widerspruchsschreiben als Klage gegen ihren Verwaltungsakt vom 31. August 1972 ansehe, hat der Kläger am 24. November 1972 bei dem Sozialgericht Darmstadt – SG Klage erhoben und geltend gemacht: Das Geschehen sei als Arbeitsunfall anzuerkennen, da er sich auf einer Dienstreise im Ausland aufgehalten habe und nach dem Tarifvertrag verpflichtet gewesen sei, sich im Hinblick auf seine hohe Verantwortlichkeit als Copilot auch während der Ruhezeit in Neu Delhi zu erholen und körperlich zu kräftigen. Im übrigen sei ihm die besondere Gefährlichkeit des Sprungturmes nicht bekannt gewesen.
Das Sozialgericht hat über den Zustand des Schwimmbeckens, die Dienstzeiten und die Anweisungen für die Piloten während der Ruhezeiten im Ausland die Auskunft der vom 12. Januar 1973 eingeholt. Hiernach bestanden keine Anweisungen oder Empfehlungen, Schwimmen als Ausgleichssport in den Ruhezeiten zu betreiben oder wegen einer etwaigen Gefährlichkeit zu unterlassen; die Piloten brauchten sich im Vertragshotel auch nicht einsatzbereit zu halten, sondern hatten lediglich den Kapitän jeweils über ihren Aufenthalt in der Ruhezeit zu informieren. Das Sprungbett ist nach dem Unfall des Klägers entfernt worden. Es werde vermutet, daß es unsachgemäß installiert gewesen sei.
Das SG hat am 26. April 1973 die Beklagte verurteilt, dem Kläger aus Anlaß des Unfalls vom 13. August 1972 die gesetzliche Entschädigung zu gewähren, da es sich bei dem Schwimmen und Springen während der Ruhezeit um eine dem Betrieb dienliche Betätigung gehandelt habe; es sei in Anbetracht der zum Unfallzeitpunkt bestandenen großen Hitze in Neu Delhi sinnvoll gewesen, sich in dieser Weise körperlich fit zu halten.
Gegen das ihr am 7. Mai 1973 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30. Mai 1973 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihren im Schreiben vom 31. August 1972 eingenommenen Standpunkt und vertritt die Auffassung, daß ein Sprung von einem 3 m-Brett nicht mehr in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit dem betriebsbedingten Erfrischungsbedürfnis und damit mit einer betrieblichen Tätigkeit selbst stehe; das Springen von einem solchen Sprungturm überschreite weit eine betriebliche zur Erfrischung notwendige und angemessene Betätigung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. April 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Unfall- und Streitakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte keinen Bestand haben, weil der formlos ergangene Verwaltungsakt vom 31. August 1972 im Ergebnis zutreffend ist.
Zwar hätte es einer förmlichen Feststellung durch den Rentenausschuß gem. § 1569 a Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung – RVO – bedurft, weil die Beklagte über die Gewährung von Rente nicht nur für die Vergangenheit entschieden hat. Wenn auch die Versagung von Leistungen in § 1569 a Abs. 1 Nr. 1 RVO nicht aufgeführt ist, muß sie doch stets durch förmlichen Bescheid ausgesprochen werden, weil sie in dieser Bestimmung bezeichnete Leistungen betrifft, da für positive und negative Entscheidungen gleicher Art auch die gleichen Verfahrensregeln zu gelten haben (so auch: RVO – Gesamtkommentar –, Anm. 3 zu § 1569 a RVO; Ricke in BG 1968 S. 482 ff.). Für die förmliche Feststellung war jedoch nicht die allgemeine Verwaltung der Beklagten, sondern nach § 1569 RVO i.V.m. § 33 Abs. 1 der Satzung der Beklagten der bei ihr gebildete Rentenausschuß zuständig. Insoweit liegt ein schwerer Mangel des Verwaltungsaktes vor. Dieser ist jedoch nicht so offensichtlich, daß er die Möglichkeit des Verwaltungsaktes herbeiführt. Es ist für einen aufmerksamen und verständigen Staatsbürger nämlich nicht ohne weitere erkennbar, daß die allgemeine Verwaltung der Beklagten mit dem Verwaltungsakt vom 31. August 1972 ihre Befugnisse überschritten hatte (vgl. Urteile des BSG, vom 14. Dezember 1965 – 2 RU 113/63 –; Hess. LSG, Urt. vom 8. Dezember 1971 – L-3/U-393/69–). Der Bescheid war daher daraufhin zu überprüfen, ob er in der Sache zutreffend ist (vgl. BSGE 24 S. 134 ff.; Hess. LSG a.a.O.). Das ist der Fall.
Der Kläger hat wegen des Ereignisses vom 13. August 1972 keinen Anspruch auf Entschädigung. Ein Arbeitsunfall (§ 548 RVO) liegt – entgegen der Ansicht des SG – nicht vor. Zwar befand sich der Kläger bei seinem Aufenthalt in Neu Delhi auf einer versicherten Dienstreise. Ein Versicherter genießt dabei aber den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht schlechthin und während der gesamten Dauer der Reise. Es gibt nämlich Betätigungen bei denen er sich außerhalb der betrieblichen Sphäre befindet. Der Versicherungsschutz tritt nicht etwa schon deshalb ein, weil der Versicherte durch eine dienstliche Tätigkeit gezwungen ist, sich in einer fremden Stadt und in einer fremden Umgebung aufzuhalten. Vielmehr ist entscheidend, ob das, was er jeweils tut, rechtlich wesentlich mit seinem Beschäftigungsverhältnis zusammenhängt. Beim Aufenthalt in Gaststätten und Hotels ist für die Annahme des Versicherungsschutzes erforderlich, daß sich der Reisende bei einem Unfall an Einrichtungen verletzt hat, derer er sich notwendigerweise aufgrund seines betriebsbedingten Aufenthaltes bedienen muß (vgl. BSG, Urteil vom 30.7.1958 – 2 RU 177/55 – in E 8 S. 48 ff.; vom 30.8.1962 – 2 RU 135/60 –; vom 26.4.1962 – 2 RU 148/59 vom 18.12.1969 – 2 RU 185/65 –; LSG Baden-Württemberg in Breithaupt 1966 S. 671; Gunkel, Unfallversicherung auf Wegen und Reisen in Fortbildung und Praxis "Wege zur Sozialversicherung” Heft 49, 1962 II 2 S. 20 ff.; Gitter, WzS, 1964 S. 68 ff.). An diesen Erfordernissen fehlt es hier.
Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen wurde der Kläger durch die Ausführung der Dienstreise nicht in die Notwendigkeit versetzt, von einem 3 m-Sprungbrett in den Swimming-pool des von ihm bewohnten Hotels zu springen. Der Senat sieht es nach den Angaben der und des von dem Sozialgericht persönlich gehörten Klägers als erwiesen an, daß zum Unfallzeitpunkt in Neu Delhi Temperaturen von 40°C herrschten und der Kläger sich während der Ruhezeit vom 12. bis 14. August 1972 gegenüber seinem Kapitän durch Angabe seines jeweiligen Aufenthaltsortes einsatzbereit halten mußte. Es bestanden von seiten der keine besonderen Anweisungen darüber, daß sich die Piloten in ihren Ruhezeiten durch eine sportliche Betätigung in besonderem Maße fit und einsatzbereit halten sollten. Das folgt auch nicht aus § 4 Abs. 6 des geltenden Tarifvertrages, wonach das Bordpersonal während der Ruhezeit von Dienstleistungen jeglicher Art befreit und verpflichtet ist, diese Zeit zweckentsprechend zu verwenden. Das kann nur bedeuten, daß sich die Piloten in dieser Zeit ausruhen und etwaige negative Einflüsse auf den Körper – z.B. durch ein ausschweifendes Nachtleben – unterlassen sollen sowie nicht zu Dienstleistungen – abgesehen von der nach § 4 Abs. 9 a des Tarifvertrages vorgesehenen Ausnahme – herangezogen werden dürfen. Dies hat die in ihrer Auskunft vom 12. Januar 1973 ausdrücklich bestätigt. Die Ruhezeit war Freizeit, die sich die Piloten frei gestalten konnten, worauf auch die Empfehlungen der Informationsschrift der "Crew and Staff Information Station New-Delhi”, in der auf Einkaufsmöglichkeiten, Sightseeing und andere Unterhaltungsmöglichkeiten hingewiesen wird, hindeuten. Eine darüber hinausgehende besonders sportliche Betätigung zur Erhaltung und Förderung der Flugtüchtigkeit wurde weder verlangt noch empfohlen.
Diese Umstände rechtfertigen nicht die Annahme des Versicherungsschutzes beim Sprung von einem 3 m-Brett. Der Senat läßt es hierbei offen, ob für einen Copiloten während der Ruhezeit das Schwimmen als solches im Hinblick auf eine körperliche Ertüchtigung und Erholung Versicherungsschutz zu begründen vermag (ablehnend: Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 56 zu § 548 RVO und die dort zitierte Rechtsprechung sowie Wildfeuer in Die Sozialversicherung, 1968, S. 279 f.; offengelassen vom BSG in den Urteilen vom 28.2.1962 – 2 RU 110/59 – in E 16 S. 236 ff. und vom 30.3.1962 – 2 RU 32/61). Selbst wenn das Schwimmen unter den besonderen klimatischen und auch dienstlichen Bedingungen, wie sie der Kläger angetroffen hatte, zur Erhaltung seiner Arbeitskraft im Hinblick auf den am Abend des nächsten Tages bevorstehende Rückflug unbedingt erforderlich und daher dienstlich geboten gewesen wäre, die Erfrischungs- und Reinigungsmöglichkeit in dem zu seinem Hotelzimmer gehörigen Bad also nicht ausgereicht haben sollte, traf dies auf keinen Fall für den Sprung zu, bei dem er sich die geltend gemachten schweren Verletzungen zuzog. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Sprungbrett im Hinblick auf die Wassertiefe unsachgemäß installiert war, er dies erkennen mußte oder überhaupt durch das Springen zu einer nicht unwesentlichen Gefahrerhöhung beitrug. Er betätigte sich hierbei nämlich eindeutig eigenwirtschaftlich. Er war bereits am Unfalltag einmal gesprungen und betätigte sich nach seinen Angaben seit dem 6. Lebensjahr im Springen. Wenn er sich auch nicht als ausgesprochenen Kunstspringer bezeichnet, so ist doch erkennbar, daß er das Springen aus einer besonderen Freude betrieb, wodurch die Eigenwirtschaftlichkeit dieser Betätigung besonders augenfällig wird.
Auch vom Ergebnis her gesehen ist ein Arbeitsunfall zu verneinen. Wollte man unter diesen Umständen das Springen als eine dem Betrieb wesentlich zuzurechnende Betätigung ansehen, so wäre der Versicherungsschutz einem Piloten z.B. auch dann zu gewähren, wenn dieser während der dienstlich vorgeschriebenen Ruhezeit im eigenen Swimmingpool, in einem öffentlichen Schwimmbad oder während des Trainings in einem Sportverein beim Springen verunglückt. Dies würde aber zu einer unvertretbaren Ausweitung der gesetzlichen Unfallversicherung führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1942 geborene Kläger war seit 1968 bei der als Copilot tätig. Auf dem Rückflug von Bangkok kam er zu einem Zwischenaufenthalt am Morgen des 12. August 1972 in Neu Delhi an. Von dort sollte am 14. August 1972 abends der weitere Rückflug angetreten werden. In der Zwischenzeit nahm der Kläger im Hotel , dem Vertragshotel der in Neu Delhi, Station. Nach seiner Ankunft ruhte er sich ohne weitere dienstliche Verpflichtungen aus. Am 13. August 1972 zog er sich Schädelbrüche und eine Querschnittlähmung zu, als er von einem 3 m hohen Sprungturm in das hoteleigene Schwimmbecken sprang und auf dem Boden aufschlug. Der Kläger, der bereits früher mehrfach diesen Sprungturm benutzt hatte, war am Unfalltag schon einmal gesprungen und auch hin und her geschwommen.
Auf die Unfallanzeige der vom 16. August 1972 teilte die Beklagte mit formlosen Schreiben vom 31. August 1972, das keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, mit, daß dieses Ereignis nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden könne, da das Schwimmen und Springen vom 3-Meterturm eines hoteleigenen Schwimmbeckens außerhalb der Dienstzeit dem privaten Lebensbereich zuzuordnen seien.
Nachdem hierauf der Kläger mit am 29. September 1972 eingegangenen Schreiben bei der Beklagten Widerspruch eingelegt und diese ihm am 12. Oktober 1972 mitgeteilt hatte, daß sie das Widerspruchsschreiben als Klage gegen ihren Verwaltungsakt vom 31. August 1972 ansehe, hat der Kläger am 24. November 1972 bei dem Sozialgericht Darmstadt – SG Klage erhoben und geltend gemacht: Das Geschehen sei als Arbeitsunfall anzuerkennen, da er sich auf einer Dienstreise im Ausland aufgehalten habe und nach dem Tarifvertrag verpflichtet gewesen sei, sich im Hinblick auf seine hohe Verantwortlichkeit als Copilot auch während der Ruhezeit in Neu Delhi zu erholen und körperlich zu kräftigen. Im übrigen sei ihm die besondere Gefährlichkeit des Sprungturmes nicht bekannt gewesen.
Das Sozialgericht hat über den Zustand des Schwimmbeckens, die Dienstzeiten und die Anweisungen für die Piloten während der Ruhezeiten im Ausland die Auskunft der vom 12. Januar 1973 eingeholt. Hiernach bestanden keine Anweisungen oder Empfehlungen, Schwimmen als Ausgleichssport in den Ruhezeiten zu betreiben oder wegen einer etwaigen Gefährlichkeit zu unterlassen; die Piloten brauchten sich im Vertragshotel auch nicht einsatzbereit zu halten, sondern hatten lediglich den Kapitän jeweils über ihren Aufenthalt in der Ruhezeit zu informieren. Das Sprungbett ist nach dem Unfall des Klägers entfernt worden. Es werde vermutet, daß es unsachgemäß installiert gewesen sei.
Das SG hat am 26. April 1973 die Beklagte verurteilt, dem Kläger aus Anlaß des Unfalls vom 13. August 1972 die gesetzliche Entschädigung zu gewähren, da es sich bei dem Schwimmen und Springen während der Ruhezeit um eine dem Betrieb dienliche Betätigung gehandelt habe; es sei in Anbetracht der zum Unfallzeitpunkt bestandenen großen Hitze in Neu Delhi sinnvoll gewesen, sich in dieser Weise körperlich fit zu halten.
Gegen das ihr am 7. Mai 1973 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30. Mai 1973 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihren im Schreiben vom 31. August 1972 eingenommenen Standpunkt und vertritt die Auffassung, daß ein Sprung von einem 3 m-Brett nicht mehr in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit dem betriebsbedingten Erfrischungsbedürfnis und damit mit einer betrieblichen Tätigkeit selbst stehe; das Springen von einem solchen Sprungturm überschreite weit eine betriebliche zur Erfrischung notwendige und angemessene Betätigung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. April 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Unfall- und Streitakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte keinen Bestand haben, weil der formlos ergangene Verwaltungsakt vom 31. August 1972 im Ergebnis zutreffend ist.
Zwar hätte es einer förmlichen Feststellung durch den Rentenausschuß gem. § 1569 a Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung – RVO – bedurft, weil die Beklagte über die Gewährung von Rente nicht nur für die Vergangenheit entschieden hat. Wenn auch die Versagung von Leistungen in § 1569 a Abs. 1 Nr. 1 RVO nicht aufgeführt ist, muß sie doch stets durch förmlichen Bescheid ausgesprochen werden, weil sie in dieser Bestimmung bezeichnete Leistungen betrifft, da für positive und negative Entscheidungen gleicher Art auch die gleichen Verfahrensregeln zu gelten haben (so auch: RVO – Gesamtkommentar –, Anm. 3 zu § 1569 a RVO; Ricke in BG 1968 S. 482 ff.). Für die förmliche Feststellung war jedoch nicht die allgemeine Verwaltung der Beklagten, sondern nach § 1569 RVO i.V.m. § 33 Abs. 1 der Satzung der Beklagten der bei ihr gebildete Rentenausschuß zuständig. Insoweit liegt ein schwerer Mangel des Verwaltungsaktes vor. Dieser ist jedoch nicht so offensichtlich, daß er die Möglichkeit des Verwaltungsaktes herbeiführt. Es ist für einen aufmerksamen und verständigen Staatsbürger nämlich nicht ohne weitere erkennbar, daß die allgemeine Verwaltung der Beklagten mit dem Verwaltungsakt vom 31. August 1972 ihre Befugnisse überschritten hatte (vgl. Urteile des BSG, vom 14. Dezember 1965 – 2 RU 113/63 –; Hess. LSG, Urt. vom 8. Dezember 1971 – L-3/U-393/69–). Der Bescheid war daher daraufhin zu überprüfen, ob er in der Sache zutreffend ist (vgl. BSGE 24 S. 134 ff.; Hess. LSG a.a.O.). Das ist der Fall.
Der Kläger hat wegen des Ereignisses vom 13. August 1972 keinen Anspruch auf Entschädigung. Ein Arbeitsunfall (§ 548 RVO) liegt – entgegen der Ansicht des SG – nicht vor. Zwar befand sich der Kläger bei seinem Aufenthalt in Neu Delhi auf einer versicherten Dienstreise. Ein Versicherter genießt dabei aber den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht schlechthin und während der gesamten Dauer der Reise. Es gibt nämlich Betätigungen bei denen er sich außerhalb der betrieblichen Sphäre befindet. Der Versicherungsschutz tritt nicht etwa schon deshalb ein, weil der Versicherte durch eine dienstliche Tätigkeit gezwungen ist, sich in einer fremden Stadt und in einer fremden Umgebung aufzuhalten. Vielmehr ist entscheidend, ob das, was er jeweils tut, rechtlich wesentlich mit seinem Beschäftigungsverhältnis zusammenhängt. Beim Aufenthalt in Gaststätten und Hotels ist für die Annahme des Versicherungsschutzes erforderlich, daß sich der Reisende bei einem Unfall an Einrichtungen verletzt hat, derer er sich notwendigerweise aufgrund seines betriebsbedingten Aufenthaltes bedienen muß (vgl. BSG, Urteil vom 30.7.1958 – 2 RU 177/55 – in E 8 S. 48 ff.; vom 30.8.1962 – 2 RU 135/60 –; vom 26.4.1962 – 2 RU 148/59 vom 18.12.1969 – 2 RU 185/65 –; LSG Baden-Württemberg in Breithaupt 1966 S. 671; Gunkel, Unfallversicherung auf Wegen und Reisen in Fortbildung und Praxis "Wege zur Sozialversicherung” Heft 49, 1962 II 2 S. 20 ff.; Gitter, WzS, 1964 S. 68 ff.). An diesen Erfordernissen fehlt es hier.
Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen wurde der Kläger durch die Ausführung der Dienstreise nicht in die Notwendigkeit versetzt, von einem 3 m-Sprungbrett in den Swimming-pool des von ihm bewohnten Hotels zu springen. Der Senat sieht es nach den Angaben der und des von dem Sozialgericht persönlich gehörten Klägers als erwiesen an, daß zum Unfallzeitpunkt in Neu Delhi Temperaturen von 40°C herrschten und der Kläger sich während der Ruhezeit vom 12. bis 14. August 1972 gegenüber seinem Kapitän durch Angabe seines jeweiligen Aufenthaltsortes einsatzbereit halten mußte. Es bestanden von seiten der keine besonderen Anweisungen darüber, daß sich die Piloten in ihren Ruhezeiten durch eine sportliche Betätigung in besonderem Maße fit und einsatzbereit halten sollten. Das folgt auch nicht aus § 4 Abs. 6 des geltenden Tarifvertrages, wonach das Bordpersonal während der Ruhezeit von Dienstleistungen jeglicher Art befreit und verpflichtet ist, diese Zeit zweckentsprechend zu verwenden. Das kann nur bedeuten, daß sich die Piloten in dieser Zeit ausruhen und etwaige negative Einflüsse auf den Körper – z.B. durch ein ausschweifendes Nachtleben – unterlassen sollen sowie nicht zu Dienstleistungen – abgesehen von der nach § 4 Abs. 9 a des Tarifvertrages vorgesehenen Ausnahme – herangezogen werden dürfen. Dies hat die in ihrer Auskunft vom 12. Januar 1973 ausdrücklich bestätigt. Die Ruhezeit war Freizeit, die sich die Piloten frei gestalten konnten, worauf auch die Empfehlungen der Informationsschrift der "Crew and Staff Information Station New-Delhi”, in der auf Einkaufsmöglichkeiten, Sightseeing und andere Unterhaltungsmöglichkeiten hingewiesen wird, hindeuten. Eine darüber hinausgehende besonders sportliche Betätigung zur Erhaltung und Förderung der Flugtüchtigkeit wurde weder verlangt noch empfohlen.
Diese Umstände rechtfertigen nicht die Annahme des Versicherungsschutzes beim Sprung von einem 3 m-Brett. Der Senat läßt es hierbei offen, ob für einen Copiloten während der Ruhezeit das Schwimmen als solches im Hinblick auf eine körperliche Ertüchtigung und Erholung Versicherungsschutz zu begründen vermag (ablehnend: Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 56 zu § 548 RVO und die dort zitierte Rechtsprechung sowie Wildfeuer in Die Sozialversicherung, 1968, S. 279 f.; offengelassen vom BSG in den Urteilen vom 28.2.1962 – 2 RU 110/59 – in E 16 S. 236 ff. und vom 30.3.1962 – 2 RU 32/61). Selbst wenn das Schwimmen unter den besonderen klimatischen und auch dienstlichen Bedingungen, wie sie der Kläger angetroffen hatte, zur Erhaltung seiner Arbeitskraft im Hinblick auf den am Abend des nächsten Tages bevorstehende Rückflug unbedingt erforderlich und daher dienstlich geboten gewesen wäre, die Erfrischungs- und Reinigungsmöglichkeit in dem zu seinem Hotelzimmer gehörigen Bad also nicht ausgereicht haben sollte, traf dies auf keinen Fall für den Sprung zu, bei dem er sich die geltend gemachten schweren Verletzungen zuzog. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Sprungbrett im Hinblick auf die Wassertiefe unsachgemäß installiert war, er dies erkennen mußte oder überhaupt durch das Springen zu einer nicht unwesentlichen Gefahrerhöhung beitrug. Er betätigte sich hierbei nämlich eindeutig eigenwirtschaftlich. Er war bereits am Unfalltag einmal gesprungen und betätigte sich nach seinen Angaben seit dem 6. Lebensjahr im Springen. Wenn er sich auch nicht als ausgesprochenen Kunstspringer bezeichnet, so ist doch erkennbar, daß er das Springen aus einer besonderen Freude betrieb, wodurch die Eigenwirtschaftlichkeit dieser Betätigung besonders augenfällig wird.
Auch vom Ergebnis her gesehen ist ein Arbeitsunfall zu verneinen. Wollte man unter diesen Umständen das Springen als eine dem Betrieb wesentlich zuzurechnende Betätigung ansehen, so wäre der Versicherungsschutz einem Piloten z.B. auch dann zu gewähren, wenn dieser während der dienstlich vorgeschriebenen Ruhezeit im eigenen Swimmingpool, in einem öffentlichen Schwimmbad oder während des Trainings in einem Sportverein beim Springen verunglückt. Dies würde aber zu einer unvertretbaren Ausweitung der gesetzlichen Unfallversicherung führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
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