Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 RJ 1977/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 949/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1959 geborene Kläger arbeitete seit 1995 als Taxifahrer, zuletzt bis 18. November 2002 bei dem Unternehmen C H, B.
Der Kläger, der seit 09. Oktober 2002 arbeitsunfähig erkrankt war und seitdem kein Erwerbseinkommen mehr bezog, beantragte am 02. Juli 2003 bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 zunächst ab und begründete dies mit dem Entlassungsbericht der B Klinik vom 11. Juni 2003. Dort hatte sich der Kläger in einer von der Beklagten bewilligten Maßnahme der medizinischen Rehabilitation vom 13. Mai 2003 bis zum 10. Juni 2003 befunden und war als mehr als sechs Stunden einsatzfähig im letzten Beruf entlassen worden. Dem Widerspruch des Klägers hiergegen half die Beklagte mit Bescheid vom 08. Januar 2004 ab und nahm den angefochtenen Bescheid zurück. Sie gewährte dem Kläger eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Zeitraum vom 19. April 2004 bis 29. November 2004 in Form einer Fortbildung zur Fachkraft für Mahn- und Forderungswesen. Der Kläger hatte vor Beginn der Maßnahme Arbeitslosengeld bezogen. Mit Bescheid vom 17. Mai 2004 bewilligte die Beklagte ihm kalendertägliches Übergangsgeld von 8,99 EUR und mit Bescheid vom 28. Mai 2004 unter Rücknahme des Bescheides vom 17. Mai 2004 ein kalendertägliches Übergangsgeld von nunmehr 17,49 EUR. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16. Juni 2004, der bis zur Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 02. September 2004 nicht begründet wurde. Sie legte dabei den Berechnungen ein zuletzt erzieltes Arbeitsentgelt von 889,09 Euro für September 2002 zugrunde.
Mit der am 04. Oktober 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt, höheres Übergangsgeld zu erhalten. Er hat dies damit begründet, die Monate September, Oktober und November 2002 hätten bei der Übergangsgeldberechnung außer Betracht zu bleiben, da er in diesen aufgrund seiner Erkrankung weniger gearbeitet habe. Abzustellen sei auf die Monate vor dieser Erkrankung, in denen er ein höheres Arbeitsentgelt erzielt habe. Auch betrage das tarifliche beziehungsweise ortsübliche Arbeitsentgelt mehr als die von der Beklagten dem Tarifvertrag entnommenen 537,88 EUR.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. September 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 19. April 2004 höheres Übergangsgeld zu gewähren auf der Grundlage des in den Monaten Dezember 2001 bis August 2002 erzielten durchschnittlichen monatlichen Nettoarbeitsentgelts.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Begehren, nicht den letzten Lohnabrechnungszeitraum, sondern andere Monate mit höheren Entgelten der Berechnung des Übergangsentgeltes zugrunde zu legen, fände im Gesetz keine Stütze, wie das Bundessozialgericht BSG mehrfach entschieden habe. Auch sei der Lohn- und Manteltarifvertrag zwischen der Innung des B Taxigewerbes e. V. sowie dem Taxiverband B e. V. einerseits und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr andererseits für die Vergleichsberechnung zutreffend herangezogen worden.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 01. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 29. Juni 2006, zu deren Begründung ausgeführt wird: Da der Kläger im September 2002 aufgrund seiner gesundheitlichen Situation einen geringen Lohn erzielt habe, zumindest im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine andere Berechnung geboten. Auch "klebten andere Kammern des Sozialgerichts Berlin nicht sklavisch an gesetzlichen Bestimmungen".
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2006 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. September 2004 zu verurteilen, dem Kläger für die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 19. April 2004 bis 29. November 2004 Übergangsgeld in Höhe von 20,54 EUR kalendertäglich unter Anrechnung erbrachter Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist darauf, dass für den maßgeblichen Bemessungsmonat für den zugrunde zu legenden Tariflohn beziehungsweise das ortsübliche Arbeitsentgelt, nämlich den März 2004, kein anderer als der von ihr herangezogene Tarifvertrag existierte. Auf das ortsübliche Entgelt könne nur zurückgegriffen werden, wenn kein Tarifvertrag bestehe.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Vers. Nr. ) sowie auf die Gerichtsakte mit den darin enthaltenen Schriftsätzen der Beteiligten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und somit insgesamt zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Durch den Antrag in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass der Beschwerdewert über 500,00 EUR liegt (20,54 EUR - 17,49 EUR = 3,05 EUR; 3,05 EUR x 221 Tage = 674,05 EUR).
Damit ist zugleich ein Antrag gestellt, der die Leistungsklage bezifferbar und damit zulässig macht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf höheres Übergangsgeld. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und der diese bestätigende Gerichtsbescheid verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten und unterliegen keiner Beanstandung.
Der Kläger hat Anspruch auf Übergangsgeld gemäß § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI als ergänzende Leistung zu einer Maßnahme der Teilhabe am Arbeitsleben. Für die Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes findet gemäß § 21 Abs. 1 SGB VI Teil I Kapitel VI des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches SGB IX Anwendung, soweit § 21 Abs. 2 bis 4 SGB VI nichts Abweichendes bestimmt.
Nach § 46 Abs. 1 SGB IX (sowie nach § 21 Abs. 2 SGB VI) werden der Berechnung des Übergangsgeldes 80 v. H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt), zugrunde gelegt, das die Berechnungsgrundlage das entgangene regelmäßige Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen darf. Der Kläger hat allerdings kein festes Monatsentgelt bezogen. Für den am 09. Oktober 2002 arbeitsunfähig erkrankten Kläger ist der letzte zuvor abgerechnete Kalendermonat der September 2002. In diesem betrug das Bruttoarbeitsentgelt nach dem Verdienstnachweis des Arbeitgebers 679,64 Euro bei 172 Arbeitsstunden. Im August 2002 betrug der Bruttoverdienst 936,40 Euro bei 266 Stunden und im Juli 2002 bei 128 Arbeitsstunden und 21 Urlaubstagen 1051,22 Euro. Im Juni 2002 hatte der Kläger 210 Stunden gearbeitet, im Mai 200 und im April 214. Aus diesen Entgelten folgt, dass der Kläger kein feststehendes "regelmäßiges Entgelt" nach § 46 SGB IX bezogen hat, sondern wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten unterschiedliche Entgelte. Für einen solchen Fall hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 1. Juni 1994 – um Zufallsergebnisse zu vermeiden – für die Berechnung des regelmäßigen Entgelts einen "Referenzzeitraum" von drei Monaten für angezeigt gehalten, insbesondere auch um Mehrarbeit in verschiedenen Zeiträumen angemessen berücksichtigen zu können (BSG SozR 3 – 4100 § 59 AFG Nr. 5). Dementsprechend hat die Beklagte aus den Entgelten für Juli bis September 2002 ein Durchschnittsentgelt von 889,90 Euro (brutto) und ein Nettoentgelt von 803,90 Euro errechnet und ihren Bescheiden zugrunde gelegt. Dies entkräftet zugleich den Vortrag des Klägers, er habe zuletzt wegen seiner Erkrankung nur noch weniger arbeiten können.
Aus dem von der Beklagten so errechneten Bruttoentgelt von 889,09 EUR, folgt ein kalendertägliches Entgelt von 29,64 EUR. 80 v. H. hiervon sind 23,71 EUR. Das Nettoarbeitsentgelt im September 2002 betrug 687,90 EUR. Dies ergibt wiederum einen kalendertäglichen Betrag von 22,93 EUR, der mithin maßgeblich für die Berechnungsgrundlage ist. Dieser Betrag wurde ab 01. Oktober 2003 um 1,72 v. H. erhöht, was eine kalendertägliche Bemessungsgrundlage von 23,32 EUR ergibt. Der Kläger, der mit seiner Ehefrau nicht in häuslicher Gemeinschaft lebt, aber ein gemeinsames Kind hat, hat Anspruch auf 75 v. H. der maßgebenden Berechnungsgrundlage als Übergangsgeld, dies sind kalendertäglich 17,49 EUR.
Für ein darüber hinaus gehendes Begehren auf Verschiebung des Bemessungszeitraumes findet sich im Gesetz keine Stütze. Da die Beklagte bereits zugunsten des Klägers ein Durchschnittsentgelt berechnet hat, bedarf es keines weiteren Eingehens darauf, ob der hierzu genannten Entscheidung des BSG für den hier gegebenen Fall zu folgen ist. Der Kläger hat jedenfalls über die im maßgeblichen Tarifvertrag vorgesehen 48 Wochenstunden hinaus gearbeitet und damit Überstunden geleistet. Die Berücksichtigung anderer Umstände hat das BSG insbesondere im Urteil vom 28.11 1978 (4/5 RJ 78/76) abgelehnt. Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Rechtsprechung bei der Neufassung des Gesetzes mit Einführung des SGB IX vom 19. Juni 2001 wiederum für die Berechnung auf den letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der Leistung beziehungsweise vor Beginn einer Arbeitsunfähigkeit abstellt, so wird daraus erkennbar, dass er mit der Anwendung des alten Rechts in der Auslegung durch das BSG einverstanden war und eine entsprechende Regelung auch im neuen Recht schaffen wollte (vgl. Hauck/Noftz, SGB IX, K § 47 Rdnrn. 18 ff.). Maßgebend für die Berechnung des Regelentgelts ist daher der Bemessungszeitraum September 2002.
Dass die Auffassung des Klägers, zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse sei ein anderer Zeitraum zugrunde zu legen, nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, zeigt sich darüber hinaus auch an der Vorschrift des § 48 SGB IX. Diese Vorschrift soll nämlich Härten, die sich aus der Anwendung des § 47 SGB IX ergeben, ausgleichen. Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber das Problem, dass das nach § 47 SGB IX ermittelte Entgelt nicht immer zu tragfähigen Lösungen führt, gesehen hat und sich demzufolge für eine ausgleichende Sonderregelung entschlossen hat. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss auch, dass für darüber hinausgehende im Gesetz nicht vorgesehene höhere Ansprüche kein Raum mehr bleibt.
Die Vergleichsberechnung des § 48 SGB IX jedoch hat die Beklagte im Ergebnis ebenfalls zutreffend durchgeführt. Nach dieser Vorschrift wird zunächst das tarifliche Entgelt ermittelt, oder, wenn es an einer tariflichen Regelung fehlt, das ortsübliche Arbeitsentgelt. Diese eindeutige Formulierung ist nicht auslegungsfähig und zeigt, dass, wenn ein Tarifvertrag besteht, nicht auf das ortsübliche Entgelt abzustellen ist. Hier jedoch existierte im letzten Monat vor Beginn der Leistung, im März 2004, ein gültiger Tarifvertrag, nach dem der Kläger, wie sein Arbeitgeber bestätigt hat, bezahlt wurde. Nach dem Tarifvertrag erhielt der Kläger, der nach der Auskunft des Arbeitgebers nach Tarif entlohnt wurde, 42,50 v. H. des im Fahrpreisanzeiger ausgewiesenen Betrages. Dies waren – wie von der Beklagten zugrunde gelegt - 889,09 EUR Brutto und 687,90 EUR Netto. Somit ist der tatsächliche Lohn höher als der Tariflohn von 537,88 Euro (inklusive vermögenswirksame Leistungen).
Da die Berechnung nicht auf der Grundlage des Garantielohns erfolgt, ist die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers gerügte Sittenwidrigkeit dieses Garantielohnes für die im Übrigen nichts spricht hier nicht zu prüfen. Ein Umsatzanteil von 42,5 v. H. für den Fahrer jedenfalls begegnet keinen Bedenken.
Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz SGG zurückzuweisen.
Für die Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG dargelegten Gründe vor.
Tatbestand:
Der 1959 geborene Kläger arbeitete seit 1995 als Taxifahrer, zuletzt bis 18. November 2002 bei dem Unternehmen C H, B.
Der Kläger, der seit 09. Oktober 2002 arbeitsunfähig erkrankt war und seitdem kein Erwerbseinkommen mehr bezog, beantragte am 02. Juli 2003 bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 zunächst ab und begründete dies mit dem Entlassungsbericht der B Klinik vom 11. Juni 2003. Dort hatte sich der Kläger in einer von der Beklagten bewilligten Maßnahme der medizinischen Rehabilitation vom 13. Mai 2003 bis zum 10. Juni 2003 befunden und war als mehr als sechs Stunden einsatzfähig im letzten Beruf entlassen worden. Dem Widerspruch des Klägers hiergegen half die Beklagte mit Bescheid vom 08. Januar 2004 ab und nahm den angefochtenen Bescheid zurück. Sie gewährte dem Kläger eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Zeitraum vom 19. April 2004 bis 29. November 2004 in Form einer Fortbildung zur Fachkraft für Mahn- und Forderungswesen. Der Kläger hatte vor Beginn der Maßnahme Arbeitslosengeld bezogen. Mit Bescheid vom 17. Mai 2004 bewilligte die Beklagte ihm kalendertägliches Übergangsgeld von 8,99 EUR und mit Bescheid vom 28. Mai 2004 unter Rücknahme des Bescheides vom 17. Mai 2004 ein kalendertägliches Übergangsgeld von nunmehr 17,49 EUR. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16. Juni 2004, der bis zur Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 02. September 2004 nicht begründet wurde. Sie legte dabei den Berechnungen ein zuletzt erzieltes Arbeitsentgelt von 889,09 Euro für September 2002 zugrunde.
Mit der am 04. Oktober 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt, höheres Übergangsgeld zu erhalten. Er hat dies damit begründet, die Monate September, Oktober und November 2002 hätten bei der Übergangsgeldberechnung außer Betracht zu bleiben, da er in diesen aufgrund seiner Erkrankung weniger gearbeitet habe. Abzustellen sei auf die Monate vor dieser Erkrankung, in denen er ein höheres Arbeitsentgelt erzielt habe. Auch betrage das tarifliche beziehungsweise ortsübliche Arbeitsentgelt mehr als die von der Beklagten dem Tarifvertrag entnommenen 537,88 EUR.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. September 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 19. April 2004 höheres Übergangsgeld zu gewähren auf der Grundlage des in den Monaten Dezember 2001 bis August 2002 erzielten durchschnittlichen monatlichen Nettoarbeitsentgelts.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Begehren, nicht den letzten Lohnabrechnungszeitraum, sondern andere Monate mit höheren Entgelten der Berechnung des Übergangsentgeltes zugrunde zu legen, fände im Gesetz keine Stütze, wie das Bundessozialgericht BSG mehrfach entschieden habe. Auch sei der Lohn- und Manteltarifvertrag zwischen der Innung des B Taxigewerbes e. V. sowie dem Taxiverband B e. V. einerseits und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr andererseits für die Vergleichsberechnung zutreffend herangezogen worden.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 01. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 29. Juni 2006, zu deren Begründung ausgeführt wird: Da der Kläger im September 2002 aufgrund seiner gesundheitlichen Situation einen geringen Lohn erzielt habe, zumindest im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine andere Berechnung geboten. Auch "klebten andere Kammern des Sozialgerichts Berlin nicht sklavisch an gesetzlichen Bestimmungen".
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2006 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. September 2004 zu verurteilen, dem Kläger für die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 19. April 2004 bis 29. November 2004 Übergangsgeld in Höhe von 20,54 EUR kalendertäglich unter Anrechnung erbrachter Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist darauf, dass für den maßgeblichen Bemessungsmonat für den zugrunde zu legenden Tariflohn beziehungsweise das ortsübliche Arbeitsentgelt, nämlich den März 2004, kein anderer als der von ihr herangezogene Tarifvertrag existierte. Auf das ortsübliche Entgelt könne nur zurückgegriffen werden, wenn kein Tarifvertrag bestehe.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Vers. Nr. ) sowie auf die Gerichtsakte mit den darin enthaltenen Schriftsätzen der Beteiligten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und somit insgesamt zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Durch den Antrag in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass der Beschwerdewert über 500,00 EUR liegt (20,54 EUR - 17,49 EUR = 3,05 EUR; 3,05 EUR x 221 Tage = 674,05 EUR).
Damit ist zugleich ein Antrag gestellt, der die Leistungsklage bezifferbar und damit zulässig macht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf höheres Übergangsgeld. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und der diese bestätigende Gerichtsbescheid verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten und unterliegen keiner Beanstandung.
Der Kläger hat Anspruch auf Übergangsgeld gemäß § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI als ergänzende Leistung zu einer Maßnahme der Teilhabe am Arbeitsleben. Für die Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes findet gemäß § 21 Abs. 1 SGB VI Teil I Kapitel VI des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches SGB IX Anwendung, soweit § 21 Abs. 2 bis 4 SGB VI nichts Abweichendes bestimmt.
Nach § 46 Abs. 1 SGB IX (sowie nach § 21 Abs. 2 SGB VI) werden der Berechnung des Übergangsgeldes 80 v. H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt), zugrunde gelegt, das die Berechnungsgrundlage das entgangene regelmäßige Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen darf. Der Kläger hat allerdings kein festes Monatsentgelt bezogen. Für den am 09. Oktober 2002 arbeitsunfähig erkrankten Kläger ist der letzte zuvor abgerechnete Kalendermonat der September 2002. In diesem betrug das Bruttoarbeitsentgelt nach dem Verdienstnachweis des Arbeitgebers 679,64 Euro bei 172 Arbeitsstunden. Im August 2002 betrug der Bruttoverdienst 936,40 Euro bei 266 Stunden und im Juli 2002 bei 128 Arbeitsstunden und 21 Urlaubstagen 1051,22 Euro. Im Juni 2002 hatte der Kläger 210 Stunden gearbeitet, im Mai 200 und im April 214. Aus diesen Entgelten folgt, dass der Kläger kein feststehendes "regelmäßiges Entgelt" nach § 46 SGB IX bezogen hat, sondern wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten unterschiedliche Entgelte. Für einen solchen Fall hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 1. Juni 1994 – um Zufallsergebnisse zu vermeiden – für die Berechnung des regelmäßigen Entgelts einen "Referenzzeitraum" von drei Monaten für angezeigt gehalten, insbesondere auch um Mehrarbeit in verschiedenen Zeiträumen angemessen berücksichtigen zu können (BSG SozR 3 – 4100 § 59 AFG Nr. 5). Dementsprechend hat die Beklagte aus den Entgelten für Juli bis September 2002 ein Durchschnittsentgelt von 889,90 Euro (brutto) und ein Nettoentgelt von 803,90 Euro errechnet und ihren Bescheiden zugrunde gelegt. Dies entkräftet zugleich den Vortrag des Klägers, er habe zuletzt wegen seiner Erkrankung nur noch weniger arbeiten können.
Aus dem von der Beklagten so errechneten Bruttoentgelt von 889,09 EUR, folgt ein kalendertägliches Entgelt von 29,64 EUR. 80 v. H. hiervon sind 23,71 EUR. Das Nettoarbeitsentgelt im September 2002 betrug 687,90 EUR. Dies ergibt wiederum einen kalendertäglichen Betrag von 22,93 EUR, der mithin maßgeblich für die Berechnungsgrundlage ist. Dieser Betrag wurde ab 01. Oktober 2003 um 1,72 v. H. erhöht, was eine kalendertägliche Bemessungsgrundlage von 23,32 EUR ergibt. Der Kläger, der mit seiner Ehefrau nicht in häuslicher Gemeinschaft lebt, aber ein gemeinsames Kind hat, hat Anspruch auf 75 v. H. der maßgebenden Berechnungsgrundlage als Übergangsgeld, dies sind kalendertäglich 17,49 EUR.
Für ein darüber hinaus gehendes Begehren auf Verschiebung des Bemessungszeitraumes findet sich im Gesetz keine Stütze. Da die Beklagte bereits zugunsten des Klägers ein Durchschnittsentgelt berechnet hat, bedarf es keines weiteren Eingehens darauf, ob der hierzu genannten Entscheidung des BSG für den hier gegebenen Fall zu folgen ist. Der Kläger hat jedenfalls über die im maßgeblichen Tarifvertrag vorgesehen 48 Wochenstunden hinaus gearbeitet und damit Überstunden geleistet. Die Berücksichtigung anderer Umstände hat das BSG insbesondere im Urteil vom 28.11 1978 (4/5 RJ 78/76) abgelehnt. Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Rechtsprechung bei der Neufassung des Gesetzes mit Einführung des SGB IX vom 19. Juni 2001 wiederum für die Berechnung auf den letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der Leistung beziehungsweise vor Beginn einer Arbeitsunfähigkeit abstellt, so wird daraus erkennbar, dass er mit der Anwendung des alten Rechts in der Auslegung durch das BSG einverstanden war und eine entsprechende Regelung auch im neuen Recht schaffen wollte (vgl. Hauck/Noftz, SGB IX, K § 47 Rdnrn. 18 ff.). Maßgebend für die Berechnung des Regelentgelts ist daher der Bemessungszeitraum September 2002.
Dass die Auffassung des Klägers, zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse sei ein anderer Zeitraum zugrunde zu legen, nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, zeigt sich darüber hinaus auch an der Vorschrift des § 48 SGB IX. Diese Vorschrift soll nämlich Härten, die sich aus der Anwendung des § 47 SGB IX ergeben, ausgleichen. Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber das Problem, dass das nach § 47 SGB IX ermittelte Entgelt nicht immer zu tragfähigen Lösungen führt, gesehen hat und sich demzufolge für eine ausgleichende Sonderregelung entschlossen hat. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss auch, dass für darüber hinausgehende im Gesetz nicht vorgesehene höhere Ansprüche kein Raum mehr bleibt.
Die Vergleichsberechnung des § 48 SGB IX jedoch hat die Beklagte im Ergebnis ebenfalls zutreffend durchgeführt. Nach dieser Vorschrift wird zunächst das tarifliche Entgelt ermittelt, oder, wenn es an einer tariflichen Regelung fehlt, das ortsübliche Arbeitsentgelt. Diese eindeutige Formulierung ist nicht auslegungsfähig und zeigt, dass, wenn ein Tarifvertrag besteht, nicht auf das ortsübliche Entgelt abzustellen ist. Hier jedoch existierte im letzten Monat vor Beginn der Leistung, im März 2004, ein gültiger Tarifvertrag, nach dem der Kläger, wie sein Arbeitgeber bestätigt hat, bezahlt wurde. Nach dem Tarifvertrag erhielt der Kläger, der nach der Auskunft des Arbeitgebers nach Tarif entlohnt wurde, 42,50 v. H. des im Fahrpreisanzeiger ausgewiesenen Betrages. Dies waren – wie von der Beklagten zugrunde gelegt - 889,09 EUR Brutto und 687,90 EUR Netto. Somit ist der tatsächliche Lohn höher als der Tariflohn von 537,88 Euro (inklusive vermögenswirksame Leistungen).
Da die Berechnung nicht auf der Grundlage des Garantielohns erfolgt, ist die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers gerügte Sittenwidrigkeit dieses Garantielohnes für die im Übrigen nichts spricht hier nicht zu prüfen. Ein Umsatzanteil von 42,5 v. H. für den Fahrer jedenfalls begegnet keinen Bedenken.
Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz SGG zurückzuweisen.
Für die Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG dargelegten Gründe vor.
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