L 1 B 19/07 AL

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 30 AL 66/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 B 19/07 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 06.06.2007 aufgehoben. Zuständig für die Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits ist das Sozialgericht Dortmund. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Arbeitnehmerin (A.) war bei der Klägerin beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte ab 16.06.2006 Arbeitslosengeld an A. Dies zeigte die Beklagte der Klägerin an und führte aus, dass A. noch Ansprüche auf Leistungen aus Anlass der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zustünden, die auf sie - die Beklagte - übergegangen seien. Mit Schreiben vom 25.09.2006 bezifferte sie den Anspruch mit 257,40 Euro und forderte die Klägerin zur Zahlung auf. Die Forderung wurde von der Klägerin bestritten (Schreiben vom 19.10.2006).

Die Beklagte versandte daraufhin eine Mahnung (05.11.2006) an die Klägerin, mit der sie auf eine Forderung von Arbeitslosengeld in Höhe von 257,40 Euro und auf einen Bescheid der Agentur für Arbeit T vom 25.09.2006 Bezug nahm. Weiterhin führte die Beklagte in der formularmäßig abgefassten Zahlungsaufforderung aus, dass sie bei nicht fristgerechter Zahlung gehalten sei, unverzüglich Maßnahmen der Zwangsvollstreckung (z.B. Abnahme der eidesstattlichen Versicherung durch das Hauptzollamt oder Amtsgericht, Pfändung) zu veranlassen. Nachdem keine Zahlungen eingegangen waren, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie vor der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eine Frist zur Begleichung der Forderung bis zum 01.02.2007 setze (Schreiben vom 13.12.2006).

Mit der am 20.02.2007 bei dem Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen die Unterlassung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung aufgrund des von der Beklagten angezeigten Anspruchsübergangs beantragt.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht T verwiesen (Beschluss vom 06.06.2007). Der hiergegen von der Klägerin am 02.07.2007 erhobenen Beschwerde hat das Sozialgericht nicht abgeholfen (Nichtabhilfebeschluss vom 03.07.2007).

II.

Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in Verbindung mit §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde, bei der eine Abhilfe- bzw. Nichtabhilfeentscheidung durch das Sozialgericht nicht zu ergehen hat (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 08.08.1996 - Az.: 3 BS 1/96, NZS 1996, 588-590) ist in der Sache begründet. Denn für den vorliegenden Rechtsstreit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird (vgl. nur Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 20.10.2006 - Az.: 20 E 1635/05, NVwZ-RR 2007, 357 ff., m.w.N.). Öffentlich-rechtlich sind demnach Streitigkeiten, wenn sie sich als Folge eines Sachverhalts darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist. Der Charakter des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, nicht jedoch die rechtliche Einordnung durch den Anspruchsteller selbst (OVG NRW, a.a.O.; Bayrischer Verwaltungsgerichtshof (VGH Bayern); Beschluss vom 05.03.2007 - Az.: 21 C 06.2549, Juris).

Mit den Schreiben vom 05.11.2006 und vom 13.12.2006 hat sich die Beklagte ersichtlich der Rechtsmacht zur Einleitung und Durchführung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nach dem für sie als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts einschlägigen Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG - vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X)) berühmt. Das ergibt sich zunächst aus der Zahlungsaufforderung vom 05.11.2006, der Bezugnahme auf einen "Bescheid" vom 25.09.2006, der Bezeichnung der geltend gemachten Forderung mit "Arbeitslosengeld" und der Ankündigung einer (möglichen) Beauftragung des Hauptzollamtes bzw. des Amtsgerichts. Bei dieser Zahlungsaufforderung handelt es sich um eine Mahnung im Sinne des § 3 Abs. 3 VwVG, die als unselbständige Vorbereitungshandlung zur Vollstreckungsanordnung noch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung darstellt (BSG, Beschluss vom 07.06.1999 - Az.: B 7 AL 264/98 B, Juris). Auch das Schreiben vom 13.12.2006 ist bei objektiver Betrachtung dahin zu verstehen, als beabsichtige die Beklagte bei nicht fristgerechtem Zahlungseingang die Durchführung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung auf Grundlage der §§ 3 ff. VwVG. Die Beklagte hat somit diejenigen Maßnahmen ergriffen, wie sie typischer Weise bei der Vollziehung von Verwaltungsakten - etwa bei der Vollziehung von Bescheiden nach § 50 Abs. 1 SGB X - angezeigt sind. Diese Gesichtspunkte lassen es als gerechtfertigt erscheinen, eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG anzunehmen, auch wenn für die Überprüfung der mit Schreiben vom 25.09.2006 geltend gemachten Forderung die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG in Verbindung mit § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ist entbehrlich, weil nach Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG)) eine Festgebühr nur dann anfällt, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder verworfen wird und bei einer erfolgreichen Beschwerde keine Gerichtsgebühr anfällt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das BSG gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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