Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 448/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 310/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Kosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit Zahnersatzversorgung in der Türkei entstanden sind.
Der 1956 geborene Kläger ist Pflichtmitglied der Beklagten. Er hat der Beklagten am 03.09.2004 in der Türkei erstellte Rechnungen (vom 28.06.2004 bis 25.08.2004) vorgelegt. Die Beklagte hat sich daran mit 132,65 Euro beteiligt. Am 25.08.2004 wurde dem Kläger außerdem Zahnersatz in Rechnung gestellt. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 06.09.2004 eine Kostenbeteiligung ab mit der Begründung, nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen bestehe nur Anspruch auf sofort notwendige Leistungen bei Aufenthalt im anderen Vertragsstaat. Der Kläger legte am 13.09.2004 Widerspruch ein und führte aus, er habe bereits im Juni 2004 einen Termin auf den 19.09.2004 vereinbart, um den Zahnersatz in Deutschland vornehmen zu lassen. Er sei vom 02.08. bis 30.08.2004 im Urlaub in der Türkei gewesen und habe dort solche Schmerzen gehabt, dass er ca. 20 Tage im Bett gelegen habe. Es sei schließlich noch schlimmer geworden und er habe deshalb vor Ort das Gesundheitsamt aufsuchen müssen. Dort sei zwingend für erforderlich gehalten worden, die Zähne vor Ort zu ersetzen. Die Beklagte lehnte daraufhin mit weiterem Bescheid vom 01.10.2004 eine Kostenbeteiligung ab. Die Kasse könne zwar aus Kulanz die Kosten bis zur Höhe der in der Türkei gültigen Leistungssätze erstatten, es sei jedoch die Funktionalität und Qualität des Zahnersatzes zu überprüfen. Diese Überprüfung habe ergeben, dass die Qualität nicht den krankenversicherungsrechtlichen Anforderungen in Deutschland entspreche. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit weiterem Schreiben vom 18.10.2004 führte die Beklagte aus, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Notwendigkeit der Versorgung mit Zahnersatz (Versicherungsfall) bereits vor Beginn des Aufenthalts in der Türkei bestanden habe. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass der Kläger behauptet habe, am 19.09.2004 einen Behandlungstermin in Deutschland vereinbart zu haben. Der Kläger habe zum anderen bereits zu Beginn seines Aufenthalts in der Türkei, nämlich am 03.08.2004, wegen der Anfertigung des Zahnersatzes notwendige Röntgenaufnahmen erstellen lassen. Von einem Notfall sei also nicht auszugehen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die prothetische Versorgung funktionstüchtig sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2004 zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die am 16. Dezember 2004 beim Sozialgericht Augsburg eingegangene Klage. Das Sozialgericht befragte die den Kläger in Deutschland behandelnde Zahnärztin Dr.U. , die mitteilte, der Kläger sei letztmalig am 06.07.2004 in ihrer Praxis gewesen, unter den Brücken hätten sich bereits wieder kariöse Zähne befunden. Der vom Sozialgericht zum Gutachter ernannte Zahnarzt Dr.W. kam nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 30.06.2005 zusammengefasst zu dem Ergebnis, die Ausführung der in der Türkei erfolgten Restaurationen entspreche nicht den Qualitätsstandards. Die Prognose bezüglich Haltbarkeit und langer Tragedauer der eingegliederten Brücken sei zusammenfassend als ungünstig zu bezeichnen. Nach Eingang des Gutachtens begründeten die Bevollmächtigten des Klägers die Klage damit, es sei von einem Notfall auszugehen. Der Kläger habe unmittelbar zu Beginn seines Urlaubs in der Türkei erhebliche Zahnschmerzen bekommen, weshalb er sich umgehend in zahnärztliche Behandlung habe begeben müssen. Bei den durchgeführten Leistungen habe es sich um sofort notwendige Leistungen gehandelt. Der Zahnersatz sei auch funktionsfähig.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 2005 abgewiesen. Der Kläger habe gem. §§ 13 und 18 SGB V i.V.m. Art.12 Abs.1 und 2 des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit keinen Anspruch auf Kostenerstattung für den in der Türkei eingegliederten Zahnersatz. Nach dem gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten sei absehbar, dass alsbald nach weiteren zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen erneut ein Zahnersatz eingegliedert werden müsse. In Berücksichtigung des in § 12 SGB V normierten Wirtschaftlichkeitsgebotes sei die Beklagte nicht verpflichtet, hier gleichsam doppelt zu leisten bzw. die Kosten für den in der Türkei gefertigten mangelhaften Zahnersatz zu erstatten. Weiterhin scheitere der Anspruch auf Kostenerstattung gem. § 13 Abs.3 SGB V daran, dass nicht vorab eine Genehmigung für eine Auslandsbehandlung von Seiten des Klägers eingeholt worden sei. Auch ein Notfall liege aktenkundig nicht vor. Der Kläger habe sich zur zahnärztlichen Behandlung in die Türkei begeben.
Die gegen dieses Urteil am 8. November 2005 eingelegte Berufung begründen die Bevollmächtigten des Klägers damit, es habe sich bei der prothetischen Versorgung um eine sofort notwendige Leistung gehandelt, weshalb auch eine vorherige Zustimmung zur Behandlung bzw. Versorgung in der Türkei durch die Beklagte nicht eingeholt werden konnte. Die Feststellung des Erstgerichts, beim Kläger habe kein Notfall vorgelegen, sei weder ausreichend begründet noch nachvollziehbar. Es könne nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass er ab 03.08.2004 an einem Schmerzzustand im Ober- und Unterkiefer gelitten habe. Die umstrittene prothetische Versorgung sei so dringlich gewesen, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestanden habe.
Der Klägervertreter beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 07.10.2005 und den zugrundeliegenden Bescheid vom 01.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die in der Rechnung des Dr.O. vom 25.08.2004 aufgeführten Kosten mit 1.800,00 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gem. § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Kostenerstattung gegen die Beklagte. Für die Zahnersatzkosten gibt es keinen Erstattungsanspruch. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs.3 SGB V bereits daran scheitert, dass sich der Kläger nicht vor Inanspruchnahme der Leistung mit der Beklagten in Verbindung gesetzt hat.
Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 SGB V sind nicht gegeben. Es ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechene Behandlung des Klägers (Zahnersatz) im Geltungsbereich des SGB V möglich (§ 18 Abs.1 SGB V). Die Behandlung ist auch nicht während eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes unverzüglich erforderlich gewesen (§ 18 Abs.3 SGB V). Selbst wenn man die Richtigkeit der Behauptung des Klägers unterstellt, er habe zu Beginn seines Türkeiaufenthalts heftige Zahnschmerzen erlitten, wären dann nur zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen möglicherweise zu erstatten gewesen. Zahnersatz ist jedoch keine erforderliche Behandlung für akute Zahnschmerzen.
Schließlich liegen auch die Voraussetzungen des Art.12 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 13. September 1965 (BGBl II S.1169) nicht vor. Danach gilt die Gebietsgleichstellung des Art.4a des Abkommens für eine Person, a) die, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist, ihren Aufenthalt in das Gebiet der anderen Vertragspartei verlegt hat, nur, wenn der zuständige Träger der Verlegung des Auf enthalts vorher zugestimmt hat, b) bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet der anderen Vertragspartei eingetreten ist, nur, wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt, c) bei der der Versicherungsfall nach dem Ausscheiden aus der Versicherung eingetreten ist, nur, wenn sie sich in das Ge biet der anderen Vertragspartei begeben hat, um eine ihr an gebotene Beschäftigung aufzunehmen. Die Beklagte hat der Verlegung des Aufenthalts des Klägers in die Türkei nicht vorher zugestimmt (Art.12 Abs.1 Buchst. a des Abkommens). Eine Zustimmung war bereits deshalb nicht möglich, weil sich der Kläger nicht an die Beklagte gewendet hat. Unbestritten ist auch, dass die Voraussetzungen des Art.12 Abs.1 c) nicht vorliegen. Schließlich handelt es sich bei der Leistung Zahnersatz nicht um eine Leistung, die wegen des Zustands des Klägers sofort nötig war (Art.12 Abs.1 Buchst. b des Abkommens). Die Voraussetzungen des Vorliegens eines Notfalls sind nicht schlüssig dargelegt. Die Angaben des Klägers sind widersprüchich. Einmal gibt er an, 20 Tage in der Türkei wegen Zahnschmerzen im Bett gelegen zu haben und sich erst dann an das Gesundheitsamt gewendet zu haben, dann wird behauptet, er sei bereits bei Beginn des Aufenthalts in zahnärztlicher Behandlung gewesen. Die vorgelegten Rechnungen bestätigen die zweite Version; bereits am 03.08.2004 wurde eine Röntgenaufnahme in Rechnung gestellt. Hinzu kommt, dass das Eingliedern von Zahnersatz nicht die sofort nötige Behandlung bei Zahnschmerzen ist. Der Vertrag rechtfertigt nur die akute Schmerzbehandlung.
Der Senat unterstellt, dass dem Kläger in der Vergangenheit in der Türkei eingefügte Zahnersatzleistungen bezuschusst worden sind. Daraus ergibt sich jedoch kein Anspruch für die Zukunft. Im Übrigen hat das Sozialgericht durch Einholung eines Gutachtens festgestellt, dass der Zahnersatz mangelhaft ist, so dass auch unter diesem Aspekt eine Bezuschussung sinnlos wäre.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gem. § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Kosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit Zahnersatzversorgung in der Türkei entstanden sind.
Der 1956 geborene Kläger ist Pflichtmitglied der Beklagten. Er hat der Beklagten am 03.09.2004 in der Türkei erstellte Rechnungen (vom 28.06.2004 bis 25.08.2004) vorgelegt. Die Beklagte hat sich daran mit 132,65 Euro beteiligt. Am 25.08.2004 wurde dem Kläger außerdem Zahnersatz in Rechnung gestellt. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 06.09.2004 eine Kostenbeteiligung ab mit der Begründung, nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen bestehe nur Anspruch auf sofort notwendige Leistungen bei Aufenthalt im anderen Vertragsstaat. Der Kläger legte am 13.09.2004 Widerspruch ein und führte aus, er habe bereits im Juni 2004 einen Termin auf den 19.09.2004 vereinbart, um den Zahnersatz in Deutschland vornehmen zu lassen. Er sei vom 02.08. bis 30.08.2004 im Urlaub in der Türkei gewesen und habe dort solche Schmerzen gehabt, dass er ca. 20 Tage im Bett gelegen habe. Es sei schließlich noch schlimmer geworden und er habe deshalb vor Ort das Gesundheitsamt aufsuchen müssen. Dort sei zwingend für erforderlich gehalten worden, die Zähne vor Ort zu ersetzen. Die Beklagte lehnte daraufhin mit weiterem Bescheid vom 01.10.2004 eine Kostenbeteiligung ab. Die Kasse könne zwar aus Kulanz die Kosten bis zur Höhe der in der Türkei gültigen Leistungssätze erstatten, es sei jedoch die Funktionalität und Qualität des Zahnersatzes zu überprüfen. Diese Überprüfung habe ergeben, dass die Qualität nicht den krankenversicherungsrechtlichen Anforderungen in Deutschland entspreche. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit weiterem Schreiben vom 18.10.2004 führte die Beklagte aus, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Notwendigkeit der Versorgung mit Zahnersatz (Versicherungsfall) bereits vor Beginn des Aufenthalts in der Türkei bestanden habe. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass der Kläger behauptet habe, am 19.09.2004 einen Behandlungstermin in Deutschland vereinbart zu haben. Der Kläger habe zum anderen bereits zu Beginn seines Aufenthalts in der Türkei, nämlich am 03.08.2004, wegen der Anfertigung des Zahnersatzes notwendige Röntgenaufnahmen erstellen lassen. Von einem Notfall sei also nicht auszugehen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die prothetische Versorgung funktionstüchtig sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2004 zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die am 16. Dezember 2004 beim Sozialgericht Augsburg eingegangene Klage. Das Sozialgericht befragte die den Kläger in Deutschland behandelnde Zahnärztin Dr.U. , die mitteilte, der Kläger sei letztmalig am 06.07.2004 in ihrer Praxis gewesen, unter den Brücken hätten sich bereits wieder kariöse Zähne befunden. Der vom Sozialgericht zum Gutachter ernannte Zahnarzt Dr.W. kam nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 30.06.2005 zusammengefasst zu dem Ergebnis, die Ausführung der in der Türkei erfolgten Restaurationen entspreche nicht den Qualitätsstandards. Die Prognose bezüglich Haltbarkeit und langer Tragedauer der eingegliederten Brücken sei zusammenfassend als ungünstig zu bezeichnen. Nach Eingang des Gutachtens begründeten die Bevollmächtigten des Klägers die Klage damit, es sei von einem Notfall auszugehen. Der Kläger habe unmittelbar zu Beginn seines Urlaubs in der Türkei erhebliche Zahnschmerzen bekommen, weshalb er sich umgehend in zahnärztliche Behandlung habe begeben müssen. Bei den durchgeführten Leistungen habe es sich um sofort notwendige Leistungen gehandelt. Der Zahnersatz sei auch funktionsfähig.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 2005 abgewiesen. Der Kläger habe gem. §§ 13 und 18 SGB V i.V.m. Art.12 Abs.1 und 2 des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit keinen Anspruch auf Kostenerstattung für den in der Türkei eingegliederten Zahnersatz. Nach dem gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten sei absehbar, dass alsbald nach weiteren zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen erneut ein Zahnersatz eingegliedert werden müsse. In Berücksichtigung des in § 12 SGB V normierten Wirtschaftlichkeitsgebotes sei die Beklagte nicht verpflichtet, hier gleichsam doppelt zu leisten bzw. die Kosten für den in der Türkei gefertigten mangelhaften Zahnersatz zu erstatten. Weiterhin scheitere der Anspruch auf Kostenerstattung gem. § 13 Abs.3 SGB V daran, dass nicht vorab eine Genehmigung für eine Auslandsbehandlung von Seiten des Klägers eingeholt worden sei. Auch ein Notfall liege aktenkundig nicht vor. Der Kläger habe sich zur zahnärztlichen Behandlung in die Türkei begeben.
Die gegen dieses Urteil am 8. November 2005 eingelegte Berufung begründen die Bevollmächtigten des Klägers damit, es habe sich bei der prothetischen Versorgung um eine sofort notwendige Leistung gehandelt, weshalb auch eine vorherige Zustimmung zur Behandlung bzw. Versorgung in der Türkei durch die Beklagte nicht eingeholt werden konnte. Die Feststellung des Erstgerichts, beim Kläger habe kein Notfall vorgelegen, sei weder ausreichend begründet noch nachvollziehbar. Es könne nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass er ab 03.08.2004 an einem Schmerzzustand im Ober- und Unterkiefer gelitten habe. Die umstrittene prothetische Versorgung sei so dringlich gewesen, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestanden habe.
Der Klägervertreter beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 07.10.2005 und den zugrundeliegenden Bescheid vom 01.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die in der Rechnung des Dr.O. vom 25.08.2004 aufgeführten Kosten mit 1.800,00 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gem. § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Kostenerstattung gegen die Beklagte. Für die Zahnersatzkosten gibt es keinen Erstattungsanspruch. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs.3 SGB V bereits daran scheitert, dass sich der Kläger nicht vor Inanspruchnahme der Leistung mit der Beklagten in Verbindung gesetzt hat.
Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 SGB V sind nicht gegeben. Es ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechene Behandlung des Klägers (Zahnersatz) im Geltungsbereich des SGB V möglich (§ 18 Abs.1 SGB V). Die Behandlung ist auch nicht während eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes unverzüglich erforderlich gewesen (§ 18 Abs.3 SGB V). Selbst wenn man die Richtigkeit der Behauptung des Klägers unterstellt, er habe zu Beginn seines Türkeiaufenthalts heftige Zahnschmerzen erlitten, wären dann nur zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen möglicherweise zu erstatten gewesen. Zahnersatz ist jedoch keine erforderliche Behandlung für akute Zahnschmerzen.
Schließlich liegen auch die Voraussetzungen des Art.12 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 13. September 1965 (BGBl II S.1169) nicht vor. Danach gilt die Gebietsgleichstellung des Art.4a des Abkommens für eine Person, a) die, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist, ihren Aufenthalt in das Gebiet der anderen Vertragspartei verlegt hat, nur, wenn der zuständige Träger der Verlegung des Auf enthalts vorher zugestimmt hat, b) bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet der anderen Vertragspartei eingetreten ist, nur, wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt, c) bei der der Versicherungsfall nach dem Ausscheiden aus der Versicherung eingetreten ist, nur, wenn sie sich in das Ge biet der anderen Vertragspartei begeben hat, um eine ihr an gebotene Beschäftigung aufzunehmen. Die Beklagte hat der Verlegung des Aufenthalts des Klägers in die Türkei nicht vorher zugestimmt (Art.12 Abs.1 Buchst. a des Abkommens). Eine Zustimmung war bereits deshalb nicht möglich, weil sich der Kläger nicht an die Beklagte gewendet hat. Unbestritten ist auch, dass die Voraussetzungen des Art.12 Abs.1 c) nicht vorliegen. Schließlich handelt es sich bei der Leistung Zahnersatz nicht um eine Leistung, die wegen des Zustands des Klägers sofort nötig war (Art.12 Abs.1 Buchst. b des Abkommens). Die Voraussetzungen des Vorliegens eines Notfalls sind nicht schlüssig dargelegt. Die Angaben des Klägers sind widersprüchich. Einmal gibt er an, 20 Tage in der Türkei wegen Zahnschmerzen im Bett gelegen zu haben und sich erst dann an das Gesundheitsamt gewendet zu haben, dann wird behauptet, er sei bereits bei Beginn des Aufenthalts in zahnärztlicher Behandlung gewesen. Die vorgelegten Rechnungen bestätigen die zweite Version; bereits am 03.08.2004 wurde eine Röntgenaufnahme in Rechnung gestellt. Hinzu kommt, dass das Eingliedern von Zahnersatz nicht die sofort nötige Behandlung bei Zahnschmerzen ist. Der Vertrag rechtfertigt nur die akute Schmerzbehandlung.
Der Senat unterstellt, dass dem Kläger in der Vergangenheit in der Türkei eingefügte Zahnersatzleistungen bezuschusst worden sind. Daraus ergibt sich jedoch kein Anspruch für die Zukunft. Im Übrigen hat das Sozialgericht durch Einholung eines Gutachtens festgestellt, dass der Zahnersatz mangelhaft ist, so dass auch unter diesem Aspekt eine Bezuschussung sinnlos wäre.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gem. § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
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