Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3015/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2567/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 29. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten für eine Brustverkleinerungsoperation (sogenannte Mamma-Reduktionsplastik) streitig.
Die 1957 geborene, bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin ist gelernte Industriekauffrau, umgeschult zur Informatikkauffrau und zuletzt beschäftigt bei der Firma L. D ... In dieser Beschäftigung muss sie Versandtätigkeiten erledigen und Spediteure bedienen, ist somit immer wieder in wechselnder Körperhaltung tätig.
Sie leidet seit Jahren an rezidivierenden Ischialgien bei Bandscheibenprolaps, Cervicobrachial- und Thorakalsyndrom und befand sich deswegen zuletzt im Frühjahr 2004 in einer Rehabilitationsbehandlung in der Klinik H., wo u.a. die Entlassungsdiagnose einer muskulären Haltungsinsuffizienz bei großen Mammae beidseits gestellt wurde. Der Klägerin, die als arbeitsfähig habe entlassen werden können, werde empfohlen, das erlernte krankengymnastische Eigentraining fortzusetzen, sich konsequent rückengerecht entsprechend den Richtlinien der Rückenschule im Alltag zu verhalten, eine ambulante Physiotherapie in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls die Brüste beidseits zu verkleinern.
Am 15. November 2004 beantragte sie deswegen bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine Brustverkleinerung, wobei sie geltend machte, sie habe infolge ihres großen Brustumfangs Schulterbeschwerden, Kopfschmerzen, Migräne und außerdem starke Rückenschmerzen. Ihrem Antrag beigefügt war ein befürwortendes Schreiben des behandelnden Frauenarztes Dr. S. sowie der Entlassungsbericht über das stationäre Heilverfahren in B ...
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). Dr. P. führte aus, die Klägerin leide an einem nicht unerheblichen Übergewicht, so dass vor Einleitung eines Begutachtungsvorgangs das Erreichen des Normgewichts für mindestens sechs Monate unter gleichzeitiger konsequenter physikalischer Therapie gefordert werden könne. Erst dann sei eine Wiedervorlage mit ärztlicher Bestätigung möglich.
Hierauf teilte die Klägerin mit, eine Wartezeit von mehreren Monaten sei ihr nicht zumutbar, da sie bereits in den Wechseljahren sei und bei ihren Hormonwerten nur sehr schwer Gewicht abnehmen könne. Beigefügt war ein Attest des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. N., der eine unveränderte Makromastie auch für die Zeiten bestätigte, als die Klägerin noch bei einer Körpergröße von 1,67 cm 70 kg gewogen habe (BMI unter 25 im Normbereich). Nachdem er die Mutter und die Tochter der Klägerin kenne, sei von einer erblichen Makromastie auszugehen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere Begutachtung nach Aktenlage durch den MDK. Dr. L. führte aus, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, dass die Klägerin seit ihrer Kindheit an einem wirbelsäulenbezogenen Schmerzsyndrom leide. Ihre aktuelle BH-Größe betrage 85 EE, welches einem Organgewicht von ca. 1100 g pro Seite entspreche. Es sei nicht zu erwarten, dass sich die orthopädische Problematik durch eine Brustverkleinerung wesentlich beeinflussen ließe. Dies sei erst bei wesentlich höheren Brustgewichten der Fall. Bei der Klägerin bestehe rein rechnerisch ein Übergewicht von 13 kg (1,67 cm groß, 80 kg schwer). Von einer Reduktion der Körpermasse auf das sogenannte Normalgewicht werde die Klägerin daher wesentlich deutlicher bezüglich des geklagten Beschwerdebildes profitieren als von einer operativen Brustverkleinerung. Erfahrungsgemäß verringere sich parallel zu einer Gewichtsreduktion auch die Brustlast. Zwingende medizinische Gründe für die Durchführung des beantragten Eingriffs könnten daher nicht festgestellt werden, sondern es stünden nicht ausreichend genutzte konservative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Der Hausarzt habe eine jahrelange konsequente Therapie dokumentiert, wenn auch aktiv übende Verfahren nicht im Vordergrund gestanden hätten, sondern eher die klassische Massagetherapie. Die Klägerin legte in der Folge noch eine ergänzende Bescheinigung von Dr. S., Facharzt für plastische Chirurgie, vor, wonach mit einem Resektionsgewicht von etwa 700 bis 800 g pro Seite zu rechnen sei.
Mit Bescheid vom 14. März 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, medizinische Gründe für die Durchführung einer Mammareduktionsplastik lägen bei der Klägerin nicht vor.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, durch die außergewöhnliche Größe beider Brüste komme es aufgrund der biomechanischen Zusammenhänge zu einer Gewichtseinwirkung im Wirbelsäulenbereich, die die Schmerzzustände auslösten, zumindest in großem Maße beeinflussten. Sie habe alle bislang angebotenen physiotherapeutischen Möglichkeiten wie Krankengymnastik, Massage, Fango usw. seit Jahren intensiv genutzt. Außerdem absolviere sie regelmäßig und täglich die ihr während der Rehabilitationsmaßnahme und vom Krankengymnasten beigebrachten Übungen, mache rückenaufbauendes Krafttraining und Nordic Walking. Trotzdem sei keine dauerhafte Besserung des Beschwerdebildes erzielt worden. Es sei zu bezweifeln, ob bei einer generellen Gewichtsabnahme auch die Schwere der Brüste wesentlich abnehme. Sie habe bereits als junge Frau mit Normalgewicht unter einer großen Brust gelitten und entsprechende Rückenbeschwerden gehabt. Auch bemühe sie sich schon seit Jahren um eine Gewichtsreduktion, habe jedoch keine nennenswerte erzielen können. Außerdem sei von einem wesentlich höheren Organgewicht der Brust auszugehen und zwar von mindestens 1800 g je Seite. Ergänzend legte sie eine Bescheinigung der Kliniken H. (weiteres stationäres Heilverfahren im Frühjahr 2005), Assistenzärztin T., vor, wonach unter durchgeführter intensiver physikalischer und balneophysikalischer Behandlung gute therapeutische Ergebnisse hätten erzielt werden können. Die Klägerin sei jedoch nicht beschwerdefrei, sondern leide seit vielen Jahren unter Beeinträchtigung durch übergroße Mammae. Von orthopädischer Seite werde aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms die Indikation für eine Mammareduktionsplastik befürwortet. Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme von Dr. L., MDK, ein, wonach die Mamma-Reduktionsplastik nach wie vor nicht befürwortet werden könne. Durch die im Rahmen der Reha intensivierte Physiotherapie sei es zu einer Besserung der Beschwerden gekommen, eine vollständige Beschwerdefreiheit sei auch durch die operative Brustverkleinerung nicht zu erwarten. Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 den Widerspruch mit der Begründung zurück, nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit komme Krankheitswert zu. Auch müssten Operationen am gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussten, der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen werden. Die von der Klägerin benannten Beschwerden könnten durch konsequente ambulante Therapie und eine Gewichtsreduzierung behoben werden. Zwingende medizinische Gründe für die Durchführung des beantragten Eingriffs könnten daher nicht festgestellt werden.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren unter Hinweis darauf, dass die Größe der Brüste wesentliche Ursachen für ihre körperlichen Beschwerden wären, die durch konservative Therapiemaßnahmen nicht wesentlich hätten reduziert werden können, weiter.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin orthopädisch von Amts wegen und auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Der Sachverständige Dr. H. beschrieb chronische Schulter-Nackenschmerzen bei zahlreichen funktionellen Störungen in dieser Region (Blockierungen, Muskelverspannungen) ohne sichere neurologische Ausfallerscheinungen und ohne gravierende Bewegungsstörung von Kopf und Halswirbelsäule bei kernspintomographisch und computertomographisch nachgewiesenem, älterem Bandscheibenvorfall C5/C6 medio-lateral rechts, chronische belastungsabhängige Schmerzen in der Lendenregion mit Ausstrahlung in das rechte Gesäß ohne neurologische Ausfallerscheinungen im Bereich der Beine bei Kreuzdarmbeingelenksblockierung und massiven Verspannungen der Gesäßmuskulatur, chronische belastungsabhängige Fersenschmerzen beidseits bei Verdacht auf Fersensporn sowie unklare Knieschmerzen nach Sturz. Die glaubhaft beschriebenen Schmerzen würden durch mechanische Belastung verstärkt, durch physikalische Anwendungen vorübergehend gebessert. Im Bezug auf die lumbalen Beschwerden sei es äußerst unwahrscheinlich, dass Größe und Gewicht der Brüste irgend eine Rolle spielten. Bezüglich der Schulter-Nackenregion seien die Verhältnisse etwas anders, da deutlich weniger stabil, auch sei die regionale Muskulatur nicht so kräftig. Prinzipiell sei aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass ein zusätzliches Gewicht von 1400 bis 1600 g, welches primär die Brustwirbelsäule, nicht die Halswirbelsäule, belaste, zu nachweisbaren Strukturschäden der Hals- oder der Brustwirbelsäule führen könnte. Problematischer sei der Zusammenhang zwischen der Brustgröße und dem Brustgewicht auf der einen Seite und Funktionsstörungen (Blockierungen, Muskelverspannungen, Triggerpunkte etc.) andererseits. Oft bestehe ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung wie auch bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen (Gewissenhaftig- und Gründlichkeit). Strukturelle Schäden im Bereich der Halswirbelsäule im Rahmen einer Berufskrankheit würden üblicherweise erst dann anerkannt, wenn eine entsprechende Tätigkeit über mehr als 10 Jahre ausgeübt und die betreffenden Lasten - teils deutlich - über 20 kg lägen. Auch wenn die biomechanischen Belastungen durch die eine wie durch die andere Last nicht ganz vergleichbar seien, so zeige dies doch, um wie viel größere Lasten es sich handeln müsse, um nach langjähriger Einwirkung möglicherweise zu strukturellen Schäden der Wirbelsäule zu führen. Ingesamt gesehen liege zwar die Cup-Größe F über dem Normbereich aller erfassten Frauen, es liege jedoch kein eindeutig "pathologischer" Befund vor, so dass eine anhaltend ungünstige Beeinflussung der Rückenschmerzen durch die Brust unwahrscheinlich sei. Die Klägerin habe noch nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. In kompetenten Händen müssten etwa 10 bis 12 passive Behandlungen (Chirotherapie und Massagen) und etwa 10 aktive (Einzel-KG, medizinische Trainingstherapie, Anleiten zu eigenständigem Üben) ausreichend sein und durch ein übergreifendes Entspannungsverfahren (z. B. Jacobson, autogenes Training o. ä.) ergänzt werden. Dadurch könne eine annähernde oder vollständige Beschwerdefreiheit der Klägerin erreicht werden. Insgesamt gesehen könne daher die Mammareduktion nicht befürwortet werden.
Die daraufhin nach § 109 SGG angehörte Assistenzärztin T., Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin, führte aus, sie halte die beklagten Beschwerden für glaubhaft und nachvollziehbar und habe volles Verständnis dafür, dass die Klägerin nach den gescheiterten Bemühungen durch konservative Therapiemaßnahmen ihre chronischen Schmerzen zu lindern, jetzt die Entscheidung für einen operativen Eingriff treffe. Ein Großteil ihrer chronischen Beschwerden könnten dadurch gelindert werden. Durch Minderung der zusätzlichen Belastung könne das Fortschreiten der ventralen degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule positiv beeinflusst werden. Denn das Vorhandensein von übergroßen Mammae stelle eine jahrelange und ständige zusätzliche Belastung des Haltungs- und Bewegungsapparates dar. Sie sei allerdings auf keine randomisierte Studie gestoßen, die den Zusammenhang zwischen dem operativen Eingriff und einer folgenden Verringerung der Rückenbeschwerden wissenschaftlich dokumentiere.
Die Beklagte legte hierzu eine weitere Stellungnahme von Dr. L. vom MDK vor, wonach die Ausführungen in den verschiedenen Gutachten belegten, dass es letztlich keinen unumstößlichen Beweis dafür gebe, dass die operative Brustverkleinerung ein wirbelsäulenbezogenes Beschwerdebild richtunggebend beeinflussen könne. Die immer wieder angeführten Zufriedenheitsstudien seien letztlich nur Statistiken von Meinungsäußerungen betroffener Patienten. Auch die Gutachterin T. habe ausgeführt, dass die Frage, ob die Beschwerden durch Größe bzw. Brustgewicht hervorgerufen würden, nicht mit ja oder nein beantwortet werden könnten. Die medizinischen Voraussetzung für die Leistung seien daher nach wie vor nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 29. März 2007, den Klägerbevollmächtigten zugestellt am 16. Mai 2007, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die bei der Klägerin bestehenden Rückenbeschwerden im Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich lösten zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Behandlung aus. Damit stehe aber nicht fest, dass gerade die gewünschte Behandlungsmethode, nämlich die operative Reduktion der Brüste, erforderlich und notwendig sei. Die Größe der Brüste und auch ihr Gewicht stellten allein noch keinen krankhaften, von der Norm abweichenden Befund dar. Die Umfangs- und Gewichtsmaße bewegten sich vielmehr im oberen Normbereich. Auch sei nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. die alleinige Ursache funktioneller Störungen im Bereich von Hals- und Brustwirbelsäule ausschließlich durch das Brustgewebe unwahrscheinlich. Das Gericht habe sich daher auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. T. nicht davon überzeugen können, dass der gewünschte Effekt, nämlich die Heilung der Rückenbeschwerden, durch die Operation der Brust erreicht werden könne. Vielmehr müsse eine komplexe und konsequente Behandlung der Beschwerden angestrebt werden, die aus Lösung der Blockierungen der gesamten Wirbelsäule, nicht nur der Brust- und Halswirbelsäule, sowie der Lösung der begleitenden Muskelverspannungen und der anschließenden Stärkung der Muskulatur bestehe. Dabei werde nicht verkannt, dass die Klägerin zahlreiche diesbezügliche Behandlungen durchgeführt habe, die auch zu kurzfristigen Besserungen geführt hätten. Dass diese Besserungen nicht dauerhafter Natur gewesen wären, sei auf die ungünstige Haltung am letzten Arbeitsplatz wie auch darauf zurückzuführen, dass es an einer konsequenten, dauerhaften Behandlung fehle. Die Klägerin erhalte nach eigenen Angaben Krankengymnastik nicht durchgängig, sondern jeweils nur abschnittsweise. Die Aktivitäten wie Schwimmen und Walking seien sicherlich geeignet, die Gesundheit zu fördern, eine nachhaltige, gezielte Stärkung der Rückenmuskulatur lasse sich hierdurch jedoch allein nicht erzielen. Der Eingriff in ein gesundes Organ mit den entsprechenden bestehenden Risiken käme jedoch nur als ultima ratio in Betracht, wenn sämtliche andere Therapiemöglichkeiten nachgewiesenermaßen nicht zum Erfolg führen könnten. Davon könne nach derzeitigem Sachstand nicht ausgegangen werden. Das Gericht könne sich daher der Einschätzung von Dr. T. nicht anschließen.
Mit ihrer dagegen am 22. Mai 2007 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, der hohe Gewichtsanteil beeinflusse die Rückenbeschwerden ungünstig. Sie könne nur solche Therapiemöglichkeiten ausschöpfen, die ihr aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse und der Gegebenheiten vor Ort auch zumutbar seien. Krankengymnastik werde nur blockweise gezahlt, dazwischen müsse eine Pause eingelegt werden. Sie führe deswegen täglich Rückentraining an einem Trainingsgerät durch, betreibe regelmäßig Nordic Walking und gehe schwimmen, demnach Sportarten, die für ihre positive Wirkung bei Rückenbeschwerden medizinisch bekannt und anerkannt seien. Die vom Orthopäden H. vorgeschlagene Osteopathiebehandlung werde noch nicht einmal von den privaten Kassen bezahlt. Das gelte auch für das empfohlene Kieser-Krafttraining, zumal dieses nicht in unmittelbarer Umgebung, sondern erst in W. angeboten werde. Mit ihrem neuen Arbeitsplatz sei sie zwar sehr zufrieden, an ihrem Beschwerdebild habe sich dennoch nichts geändert. Der Weg zum Arbeitsplatz betrage einfach 40 km Landstraße, so dass sie erst um 18 Uhr zuhause sei. Deswegen könne sie keine Therapeuten oder Therapiestätten aufsuchen, die weit entfernt lägen. Somit habe sie sämtliche Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft. Durch die Operation mit der dabei einhergehenden Reduzierung der langjährigen chronischen Schmerzen werde auch ein positiver Effekt hinsichtlich ihrer Psyche eintreten, so dass eine Operationsindikation gegeben sei.
Die Klägerin beantragt teilweise sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 29. März 2007 sowie den Bescheid vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer Mamma-Reduktionsplastik zu übernehmen, hilfsweise, ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist darauf, dass der Umstand, dass einzelne Therapien aus persönlichen Gründen nicht genutzt werden könnten, ebenfalls keinen Anspruch auf eine Brustverkleinerung begründen könne. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Beschwerden der Wirbelsäule und der Größe der Mammae könne bei der Klägerin nicht bestätigt werden. Ein seit Ende letzten Jahres bekannter Bandscheibenvorfall der HWS (November 2004 mit entsprechenden Wurzelreizungen) biete eine hinreichende Erklärung für die Schmerzzustände der Klägerin. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, dass eine Gewichtsreduzierung der Brust von 1,5 kg zur Beschwerdefreiheit führen solle, nicht hingegen das rechnerische Übergewicht von 13 kg. Wenn wie bei der Klägerin der therapeutische Nutzen einer Maßnahme nicht ausreichend gesichert sei, bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten.
Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft, da die zu erwartenden Operationskosten die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschreiten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Mamma-Reduktionsplastik.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften für das Begehren der Klägerin maßgeblich sind und weshalb ihr der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat auch auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass es einer weiteren Begutachtung der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet nicht bedarf. Die Klägerin ist bereits zweimal umfassend untersucht und begutachtet worden, unter anderem auf eigenes Kostenrisiko, so dass das Antragsrecht nach § 109 SGG verbraucht ist. Dass Dr. H. auch Zweifel und Widersprüchlichkeiten dargestellt hat, belegt nicht, dass sein Gutachten nicht zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen hat und nach wie vor Aufklärungsbedarf besteht, sondern dass auch verschiedene Argumente zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen waren. Letztendlich ist er aber unter Abwägung aller Gegebenheiten zu dem auch für den Senat nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass die Kosten der Mamma-Reduktionsplastik nicht übernommen werden können. Dass die Sachverständige T. zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, begründet ebenfalls nicht die Erforderlichkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens. Sich mit verschiedenen Gutachten unterschiedlichen Ergebnisses auseinanderzusetzen, ist vielmehr gängige Aufgabe der Sozialgerichte. Lediglich wenn der medizinische Sachverhalt nicht geklärt ist, was hier aber nicht der Fall ist, bedarf es weiterer Aufklärungsmaßnahmen.
Allgemeine Rechtsgrundlage für die mit der Klage beanspruchte Sachleistung ist § 27 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSGE 85, 36, 38 = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 38; BSGE 72, 96, 98 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 14 S 64 jeweils m.w.N.). Soweit § 33 Abs 1 SGB V eine "Behinderung" bzw. eine "drohende Behinderung" genügen lässt, um i.V.m. § 27 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V einen Anspruch auf Krankenbehandlung auszulösen, ist nichts wesentlich anderes als eine Krankheit gemeint; es wird lediglich ein anderer Akzent gesetzt. Indem § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V neben der Heilung ausdrücklich auch die Linderung von Krankheitsbeschwerden zu den möglichen Zielen einer Krankenbehandlung zählt, macht das Gesetz keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Krankheiten im engeren Sinne, bei denen die Betonung auf dem regelmäßig nur vorübergehenden Charakter einer als überwindbar angesehenen Gesundheitsbeeinträchtigung liegt, und Behinderungen, die als weitgehend unabänderlich vor allem unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für eine dauerhaft regelwidrige Körperfunktion die Leistungspflicht begründen können (vgl. auch § 2 Abs 1 SGB IX).
Auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen ist das SG zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin zwar insofern eine Krankheit in diesem Sinne vorliegt, als sie an Rückenschmerzen leidet. Allein die Brustgröße hingegen begründet, da keine körperliche Anomalität vorliegt, keine Erkrankung. Denn nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit kommt Krankheitswert im Rechtssinne zu; die Rechtsprechung hat diese Grundvoraussetzung für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht vielmehr dahingehend präzisiert, dass eine Krankheit nur vorliegt, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (zu Hautverfärbungen vgl. Urteil des BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 4; zu einer Hodenprothese BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5 S 29 f; vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 45 S 253 f, wo eine Entstellung als Unterfall eines Funktionsdefizits aufgefasst wird). Unter dem Gesichtspunkt der körperlichen Fehlfunktion kann der Zustand der Klägerin schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil ihr die begehrte Behandlung auch im Erfolgsfall nur ein anderes Aussehen und keine natürlich gewachsenen funktionsgerechten Organe verschaffen würde.
Ausgehend davon ist die Operation der gesunden Brust keine unmittelbar kausale Therapie für die Behandlung der Rückenbeschwerden der Klägerin. Wird durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei einer Mamma-Reduktionsplastik geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung (BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 1 zur Applikation eines Magenbandes), wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSGE 85, 56, 60 = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 18). Angesichts der unsicheren Prognose lässt sich eine Leistungsgewährung durch die Krankenkasse regelmäßig nicht rechtfertigen, wenn der operative Eingriff zur Behandlung einer psychischen Störung dienen soll (BSGE 72, 96 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 14; BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr. 5 S 29 f). Darum geht es hier indessen nicht, denn die behandlungsbedürftigen Rückenschmerzen haben zwar möglicherweise seelische Ursachen, sind aber selbst keine psychische Krankheit.
Da das Behandlungsziel einer Beschwerdefreiheit im Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen notwendig und wirtschaftlich ist (§ 12 Abs 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Sodann muss untersucht werden, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben sind.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung ist das bei der Klägerin indessen nicht der Fall. Sie hat zum einen nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, wie sich das insbesondere aus dem Gutachten von Dr. H. ergibt. Als solche kommen vorliegend insbesondere krankengymnastische Behandlungen, manuelle Therapie und Muskelaufbautraining und vor allen Dingen auch eine Gewichtsreduktion/Ernährungsberatung in Betracht. Die Klägerin hat zwar nach ihren Angaben und den Aussagen der Sachverständigen eine Vielzahl von Behandlungen und auch eigene sportliche Bemühungen zum Aufbau einer Rückenmuskulatur durchgeführt. Allerdings hat es immer wieder Unterbrechungen gegeben, auch lag der Schwerpunkt mehr auf Massagen, weniger auf dem konsequenten Aufbau einer Rückenmuskulatur. Insofern hat der Sachverständige Dr. H. auch für den Senat nachvollziehbar eine Behandlungsalternative aufgezeigt, nämlich ein spezielles integriertes Behandlungskonzept, der ein Erfolg nicht von vornherein abzusprechen ist, zumal es auch in der Vergangenheit unter konsequenter Behandlung immer wieder zu einer lang anhaltenden Besserung der gesundheitlichen Beschwerden gekommen ist.
Zum anderen fehlt es nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion, wie Dr. L. unwidersprochen ausgeführt hat, an jeglichem Nachweis dafür, dass die operative Brustverkleinerung ein wirbelsäulenbezogenes Beschwerdebild richtunggebend beeinflussen kann. Das hat auch die Sachverständige T. einräumen müssen, indem sie darauf hingewiesen hat, dass sie auf keine randomisierte Studie gestoßen sei, die den Zusammenhang zwischen dem operativen Eingriff und einer folgenden Verringerung der Rückenbeschwerden wissenschaftlich dokumentiere.
Dem kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie sämtliche Behandlungsmöglichkeiten in Anspruch genommen habe, die die Krankenkasse bezahle, dazwischen aber Behandlungspausen lägen. Denn die Krankenkasse muss den Versicherten nicht mit jeglichem Mittel versorgen, das seiner Gesundheit förderlich ist oder für sich in Anspruch nimmt, auf die Krankheit einzuwirken; vielmehr mutet das Gesetz dem Versicherten zu, teilweise selbst für seine Gesundheit zu sorgen (vgl. § 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 2 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Es weist beispielsweise die Ernährung und Körperpflege insgesamt seiner Eigenverantwortung zu, und zwar selbst dann, wenn die dafür eingesetzten Mittel wesentlich dazu beitragen, den Gesundheitszustand zu bessern oder die Verschlimmerung einer Krankheit zu verhüten (vgl. BSGE 81, 240, 243 f = SozR 3-2500 § 27 Nr. 9 S 29 f zu Mehraufwendungen für eine eiweißarme Diät m.w.N. zur früheren, zum Teil abweichenden Rechtsprechung; zur Abgrenzung von Körperpflege und Behandlung auch BSGE 85, 132, 138 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 64 f). Schon daraus ergibt sich, dass Krankheit keinen undifferenzierten Bedarf an Sozialleistungen auslöst, sondern dass der Begriff der Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs 1 Satz 2 SGB V in einem enger umrissenen Sinne zu verstehen ist (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 3 zur Brustvergrößerung). Der Klägerin ist deswegen zuzumuten, dass sie auch auf ihre Kosten sich mit dem von Dr. H. vorgeschlagenen Behandlungskonzept behandeln lässt.
Insgesamt bestehen damit noch Alternativen, mit denen die Klägerin behandelt werden kann. Ein operativer Eingriff in die regelrechte Brust kommt, nachdem dies die ultima ratio darstellt, noch nicht in Betracht.
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 Sozialgerichtsgesetz beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten für eine Brustverkleinerungsoperation (sogenannte Mamma-Reduktionsplastik) streitig.
Die 1957 geborene, bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin ist gelernte Industriekauffrau, umgeschult zur Informatikkauffrau und zuletzt beschäftigt bei der Firma L. D ... In dieser Beschäftigung muss sie Versandtätigkeiten erledigen und Spediteure bedienen, ist somit immer wieder in wechselnder Körperhaltung tätig.
Sie leidet seit Jahren an rezidivierenden Ischialgien bei Bandscheibenprolaps, Cervicobrachial- und Thorakalsyndrom und befand sich deswegen zuletzt im Frühjahr 2004 in einer Rehabilitationsbehandlung in der Klinik H., wo u.a. die Entlassungsdiagnose einer muskulären Haltungsinsuffizienz bei großen Mammae beidseits gestellt wurde. Der Klägerin, die als arbeitsfähig habe entlassen werden können, werde empfohlen, das erlernte krankengymnastische Eigentraining fortzusetzen, sich konsequent rückengerecht entsprechend den Richtlinien der Rückenschule im Alltag zu verhalten, eine ambulante Physiotherapie in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls die Brüste beidseits zu verkleinern.
Am 15. November 2004 beantragte sie deswegen bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine Brustverkleinerung, wobei sie geltend machte, sie habe infolge ihres großen Brustumfangs Schulterbeschwerden, Kopfschmerzen, Migräne und außerdem starke Rückenschmerzen. Ihrem Antrag beigefügt war ein befürwortendes Schreiben des behandelnden Frauenarztes Dr. S. sowie der Entlassungsbericht über das stationäre Heilverfahren in B ...
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). Dr. P. führte aus, die Klägerin leide an einem nicht unerheblichen Übergewicht, so dass vor Einleitung eines Begutachtungsvorgangs das Erreichen des Normgewichts für mindestens sechs Monate unter gleichzeitiger konsequenter physikalischer Therapie gefordert werden könne. Erst dann sei eine Wiedervorlage mit ärztlicher Bestätigung möglich.
Hierauf teilte die Klägerin mit, eine Wartezeit von mehreren Monaten sei ihr nicht zumutbar, da sie bereits in den Wechseljahren sei und bei ihren Hormonwerten nur sehr schwer Gewicht abnehmen könne. Beigefügt war ein Attest des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. N., der eine unveränderte Makromastie auch für die Zeiten bestätigte, als die Klägerin noch bei einer Körpergröße von 1,67 cm 70 kg gewogen habe (BMI unter 25 im Normbereich). Nachdem er die Mutter und die Tochter der Klägerin kenne, sei von einer erblichen Makromastie auszugehen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere Begutachtung nach Aktenlage durch den MDK. Dr. L. führte aus, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, dass die Klägerin seit ihrer Kindheit an einem wirbelsäulenbezogenen Schmerzsyndrom leide. Ihre aktuelle BH-Größe betrage 85 EE, welches einem Organgewicht von ca. 1100 g pro Seite entspreche. Es sei nicht zu erwarten, dass sich die orthopädische Problematik durch eine Brustverkleinerung wesentlich beeinflussen ließe. Dies sei erst bei wesentlich höheren Brustgewichten der Fall. Bei der Klägerin bestehe rein rechnerisch ein Übergewicht von 13 kg (1,67 cm groß, 80 kg schwer). Von einer Reduktion der Körpermasse auf das sogenannte Normalgewicht werde die Klägerin daher wesentlich deutlicher bezüglich des geklagten Beschwerdebildes profitieren als von einer operativen Brustverkleinerung. Erfahrungsgemäß verringere sich parallel zu einer Gewichtsreduktion auch die Brustlast. Zwingende medizinische Gründe für die Durchführung des beantragten Eingriffs könnten daher nicht festgestellt werden, sondern es stünden nicht ausreichend genutzte konservative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Der Hausarzt habe eine jahrelange konsequente Therapie dokumentiert, wenn auch aktiv übende Verfahren nicht im Vordergrund gestanden hätten, sondern eher die klassische Massagetherapie. Die Klägerin legte in der Folge noch eine ergänzende Bescheinigung von Dr. S., Facharzt für plastische Chirurgie, vor, wonach mit einem Resektionsgewicht von etwa 700 bis 800 g pro Seite zu rechnen sei.
Mit Bescheid vom 14. März 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, medizinische Gründe für die Durchführung einer Mammareduktionsplastik lägen bei der Klägerin nicht vor.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, durch die außergewöhnliche Größe beider Brüste komme es aufgrund der biomechanischen Zusammenhänge zu einer Gewichtseinwirkung im Wirbelsäulenbereich, die die Schmerzzustände auslösten, zumindest in großem Maße beeinflussten. Sie habe alle bislang angebotenen physiotherapeutischen Möglichkeiten wie Krankengymnastik, Massage, Fango usw. seit Jahren intensiv genutzt. Außerdem absolviere sie regelmäßig und täglich die ihr während der Rehabilitationsmaßnahme und vom Krankengymnasten beigebrachten Übungen, mache rückenaufbauendes Krafttraining und Nordic Walking. Trotzdem sei keine dauerhafte Besserung des Beschwerdebildes erzielt worden. Es sei zu bezweifeln, ob bei einer generellen Gewichtsabnahme auch die Schwere der Brüste wesentlich abnehme. Sie habe bereits als junge Frau mit Normalgewicht unter einer großen Brust gelitten und entsprechende Rückenbeschwerden gehabt. Auch bemühe sie sich schon seit Jahren um eine Gewichtsreduktion, habe jedoch keine nennenswerte erzielen können. Außerdem sei von einem wesentlich höheren Organgewicht der Brust auszugehen und zwar von mindestens 1800 g je Seite. Ergänzend legte sie eine Bescheinigung der Kliniken H. (weiteres stationäres Heilverfahren im Frühjahr 2005), Assistenzärztin T., vor, wonach unter durchgeführter intensiver physikalischer und balneophysikalischer Behandlung gute therapeutische Ergebnisse hätten erzielt werden können. Die Klägerin sei jedoch nicht beschwerdefrei, sondern leide seit vielen Jahren unter Beeinträchtigung durch übergroße Mammae. Von orthopädischer Seite werde aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms die Indikation für eine Mammareduktionsplastik befürwortet. Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme von Dr. L., MDK, ein, wonach die Mamma-Reduktionsplastik nach wie vor nicht befürwortet werden könne. Durch die im Rahmen der Reha intensivierte Physiotherapie sei es zu einer Besserung der Beschwerden gekommen, eine vollständige Beschwerdefreiheit sei auch durch die operative Brustverkleinerung nicht zu erwarten. Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 den Widerspruch mit der Begründung zurück, nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit komme Krankheitswert zu. Auch müssten Operationen am gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussten, der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen werden. Die von der Klägerin benannten Beschwerden könnten durch konsequente ambulante Therapie und eine Gewichtsreduzierung behoben werden. Zwingende medizinische Gründe für die Durchführung des beantragten Eingriffs könnten daher nicht festgestellt werden.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren unter Hinweis darauf, dass die Größe der Brüste wesentliche Ursachen für ihre körperlichen Beschwerden wären, die durch konservative Therapiemaßnahmen nicht wesentlich hätten reduziert werden können, weiter.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin orthopädisch von Amts wegen und auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.
Der Sachverständige Dr. H. beschrieb chronische Schulter-Nackenschmerzen bei zahlreichen funktionellen Störungen in dieser Region (Blockierungen, Muskelverspannungen) ohne sichere neurologische Ausfallerscheinungen und ohne gravierende Bewegungsstörung von Kopf und Halswirbelsäule bei kernspintomographisch und computertomographisch nachgewiesenem, älterem Bandscheibenvorfall C5/C6 medio-lateral rechts, chronische belastungsabhängige Schmerzen in der Lendenregion mit Ausstrahlung in das rechte Gesäß ohne neurologische Ausfallerscheinungen im Bereich der Beine bei Kreuzdarmbeingelenksblockierung und massiven Verspannungen der Gesäßmuskulatur, chronische belastungsabhängige Fersenschmerzen beidseits bei Verdacht auf Fersensporn sowie unklare Knieschmerzen nach Sturz. Die glaubhaft beschriebenen Schmerzen würden durch mechanische Belastung verstärkt, durch physikalische Anwendungen vorübergehend gebessert. Im Bezug auf die lumbalen Beschwerden sei es äußerst unwahrscheinlich, dass Größe und Gewicht der Brüste irgend eine Rolle spielten. Bezüglich der Schulter-Nackenregion seien die Verhältnisse etwas anders, da deutlich weniger stabil, auch sei die regionale Muskulatur nicht so kräftig. Prinzipiell sei aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass ein zusätzliches Gewicht von 1400 bis 1600 g, welches primär die Brustwirbelsäule, nicht die Halswirbelsäule, belaste, zu nachweisbaren Strukturschäden der Hals- oder der Brustwirbelsäule führen könnte. Problematischer sei der Zusammenhang zwischen der Brustgröße und dem Brustgewicht auf der einen Seite und Funktionsstörungen (Blockierungen, Muskelverspannungen, Triggerpunkte etc.) andererseits. Oft bestehe ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung wie auch bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen (Gewissenhaftig- und Gründlichkeit). Strukturelle Schäden im Bereich der Halswirbelsäule im Rahmen einer Berufskrankheit würden üblicherweise erst dann anerkannt, wenn eine entsprechende Tätigkeit über mehr als 10 Jahre ausgeübt und die betreffenden Lasten - teils deutlich - über 20 kg lägen. Auch wenn die biomechanischen Belastungen durch die eine wie durch die andere Last nicht ganz vergleichbar seien, so zeige dies doch, um wie viel größere Lasten es sich handeln müsse, um nach langjähriger Einwirkung möglicherweise zu strukturellen Schäden der Wirbelsäule zu führen. Ingesamt gesehen liege zwar die Cup-Größe F über dem Normbereich aller erfassten Frauen, es liege jedoch kein eindeutig "pathologischer" Befund vor, so dass eine anhaltend ungünstige Beeinflussung der Rückenschmerzen durch die Brust unwahrscheinlich sei. Die Klägerin habe noch nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. In kompetenten Händen müssten etwa 10 bis 12 passive Behandlungen (Chirotherapie und Massagen) und etwa 10 aktive (Einzel-KG, medizinische Trainingstherapie, Anleiten zu eigenständigem Üben) ausreichend sein und durch ein übergreifendes Entspannungsverfahren (z. B. Jacobson, autogenes Training o. ä.) ergänzt werden. Dadurch könne eine annähernde oder vollständige Beschwerdefreiheit der Klägerin erreicht werden. Insgesamt gesehen könne daher die Mammareduktion nicht befürwortet werden.
Die daraufhin nach § 109 SGG angehörte Assistenzärztin T., Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin, führte aus, sie halte die beklagten Beschwerden für glaubhaft und nachvollziehbar und habe volles Verständnis dafür, dass die Klägerin nach den gescheiterten Bemühungen durch konservative Therapiemaßnahmen ihre chronischen Schmerzen zu lindern, jetzt die Entscheidung für einen operativen Eingriff treffe. Ein Großteil ihrer chronischen Beschwerden könnten dadurch gelindert werden. Durch Minderung der zusätzlichen Belastung könne das Fortschreiten der ventralen degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule positiv beeinflusst werden. Denn das Vorhandensein von übergroßen Mammae stelle eine jahrelange und ständige zusätzliche Belastung des Haltungs- und Bewegungsapparates dar. Sie sei allerdings auf keine randomisierte Studie gestoßen, die den Zusammenhang zwischen dem operativen Eingriff und einer folgenden Verringerung der Rückenbeschwerden wissenschaftlich dokumentiere.
Die Beklagte legte hierzu eine weitere Stellungnahme von Dr. L. vom MDK vor, wonach die Ausführungen in den verschiedenen Gutachten belegten, dass es letztlich keinen unumstößlichen Beweis dafür gebe, dass die operative Brustverkleinerung ein wirbelsäulenbezogenes Beschwerdebild richtunggebend beeinflussen könne. Die immer wieder angeführten Zufriedenheitsstudien seien letztlich nur Statistiken von Meinungsäußerungen betroffener Patienten. Auch die Gutachterin T. habe ausgeführt, dass die Frage, ob die Beschwerden durch Größe bzw. Brustgewicht hervorgerufen würden, nicht mit ja oder nein beantwortet werden könnten. Die medizinischen Voraussetzung für die Leistung seien daher nach wie vor nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 29. März 2007, den Klägerbevollmächtigten zugestellt am 16. Mai 2007, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die bei der Klägerin bestehenden Rückenbeschwerden im Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich lösten zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Behandlung aus. Damit stehe aber nicht fest, dass gerade die gewünschte Behandlungsmethode, nämlich die operative Reduktion der Brüste, erforderlich und notwendig sei. Die Größe der Brüste und auch ihr Gewicht stellten allein noch keinen krankhaften, von der Norm abweichenden Befund dar. Die Umfangs- und Gewichtsmaße bewegten sich vielmehr im oberen Normbereich. Auch sei nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. die alleinige Ursache funktioneller Störungen im Bereich von Hals- und Brustwirbelsäule ausschließlich durch das Brustgewebe unwahrscheinlich. Das Gericht habe sich daher auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. T. nicht davon überzeugen können, dass der gewünschte Effekt, nämlich die Heilung der Rückenbeschwerden, durch die Operation der Brust erreicht werden könne. Vielmehr müsse eine komplexe und konsequente Behandlung der Beschwerden angestrebt werden, die aus Lösung der Blockierungen der gesamten Wirbelsäule, nicht nur der Brust- und Halswirbelsäule, sowie der Lösung der begleitenden Muskelverspannungen und der anschließenden Stärkung der Muskulatur bestehe. Dabei werde nicht verkannt, dass die Klägerin zahlreiche diesbezügliche Behandlungen durchgeführt habe, die auch zu kurzfristigen Besserungen geführt hätten. Dass diese Besserungen nicht dauerhafter Natur gewesen wären, sei auf die ungünstige Haltung am letzten Arbeitsplatz wie auch darauf zurückzuführen, dass es an einer konsequenten, dauerhaften Behandlung fehle. Die Klägerin erhalte nach eigenen Angaben Krankengymnastik nicht durchgängig, sondern jeweils nur abschnittsweise. Die Aktivitäten wie Schwimmen und Walking seien sicherlich geeignet, die Gesundheit zu fördern, eine nachhaltige, gezielte Stärkung der Rückenmuskulatur lasse sich hierdurch jedoch allein nicht erzielen. Der Eingriff in ein gesundes Organ mit den entsprechenden bestehenden Risiken käme jedoch nur als ultima ratio in Betracht, wenn sämtliche andere Therapiemöglichkeiten nachgewiesenermaßen nicht zum Erfolg führen könnten. Davon könne nach derzeitigem Sachstand nicht ausgegangen werden. Das Gericht könne sich daher der Einschätzung von Dr. T. nicht anschließen.
Mit ihrer dagegen am 22. Mai 2007 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, der hohe Gewichtsanteil beeinflusse die Rückenbeschwerden ungünstig. Sie könne nur solche Therapiemöglichkeiten ausschöpfen, die ihr aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse und der Gegebenheiten vor Ort auch zumutbar seien. Krankengymnastik werde nur blockweise gezahlt, dazwischen müsse eine Pause eingelegt werden. Sie führe deswegen täglich Rückentraining an einem Trainingsgerät durch, betreibe regelmäßig Nordic Walking und gehe schwimmen, demnach Sportarten, die für ihre positive Wirkung bei Rückenbeschwerden medizinisch bekannt und anerkannt seien. Die vom Orthopäden H. vorgeschlagene Osteopathiebehandlung werde noch nicht einmal von den privaten Kassen bezahlt. Das gelte auch für das empfohlene Kieser-Krafttraining, zumal dieses nicht in unmittelbarer Umgebung, sondern erst in W. angeboten werde. Mit ihrem neuen Arbeitsplatz sei sie zwar sehr zufrieden, an ihrem Beschwerdebild habe sich dennoch nichts geändert. Der Weg zum Arbeitsplatz betrage einfach 40 km Landstraße, so dass sie erst um 18 Uhr zuhause sei. Deswegen könne sie keine Therapeuten oder Therapiestätten aufsuchen, die weit entfernt lägen. Somit habe sie sämtliche Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft. Durch die Operation mit der dabei einhergehenden Reduzierung der langjährigen chronischen Schmerzen werde auch ein positiver Effekt hinsichtlich ihrer Psyche eintreten, so dass eine Operationsindikation gegeben sei.
Die Klägerin beantragt teilweise sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 29. März 2007 sowie den Bescheid vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer Mamma-Reduktionsplastik zu übernehmen, hilfsweise, ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist darauf, dass der Umstand, dass einzelne Therapien aus persönlichen Gründen nicht genutzt werden könnten, ebenfalls keinen Anspruch auf eine Brustverkleinerung begründen könne. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Beschwerden der Wirbelsäule und der Größe der Mammae könne bei der Klägerin nicht bestätigt werden. Ein seit Ende letzten Jahres bekannter Bandscheibenvorfall der HWS (November 2004 mit entsprechenden Wurzelreizungen) biete eine hinreichende Erklärung für die Schmerzzustände der Klägerin. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, dass eine Gewichtsreduzierung der Brust von 1,5 kg zur Beschwerdefreiheit führen solle, nicht hingegen das rechnerische Übergewicht von 13 kg. Wenn wie bei der Klägerin der therapeutische Nutzen einer Maßnahme nicht ausreichend gesichert sei, bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten.
Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft, da die zu erwartenden Operationskosten die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschreiten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Mamma-Reduktionsplastik.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften für das Begehren der Klägerin maßgeblich sind und weshalb ihr der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat auch auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass es einer weiteren Begutachtung der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet nicht bedarf. Die Klägerin ist bereits zweimal umfassend untersucht und begutachtet worden, unter anderem auf eigenes Kostenrisiko, so dass das Antragsrecht nach § 109 SGG verbraucht ist. Dass Dr. H. auch Zweifel und Widersprüchlichkeiten dargestellt hat, belegt nicht, dass sein Gutachten nicht zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen hat und nach wie vor Aufklärungsbedarf besteht, sondern dass auch verschiedene Argumente zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen waren. Letztendlich ist er aber unter Abwägung aller Gegebenheiten zu dem auch für den Senat nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass die Kosten der Mamma-Reduktionsplastik nicht übernommen werden können. Dass die Sachverständige T. zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, begründet ebenfalls nicht die Erforderlichkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens. Sich mit verschiedenen Gutachten unterschiedlichen Ergebnisses auseinanderzusetzen, ist vielmehr gängige Aufgabe der Sozialgerichte. Lediglich wenn der medizinische Sachverhalt nicht geklärt ist, was hier aber nicht der Fall ist, bedarf es weiterer Aufklärungsmaßnahmen.
Allgemeine Rechtsgrundlage für die mit der Klage beanspruchte Sachleistung ist § 27 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSGE 85, 36, 38 = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 38; BSGE 72, 96, 98 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 14 S 64 jeweils m.w.N.). Soweit § 33 Abs 1 SGB V eine "Behinderung" bzw. eine "drohende Behinderung" genügen lässt, um i.V.m. § 27 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V einen Anspruch auf Krankenbehandlung auszulösen, ist nichts wesentlich anderes als eine Krankheit gemeint; es wird lediglich ein anderer Akzent gesetzt. Indem § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V neben der Heilung ausdrücklich auch die Linderung von Krankheitsbeschwerden zu den möglichen Zielen einer Krankenbehandlung zählt, macht das Gesetz keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Krankheiten im engeren Sinne, bei denen die Betonung auf dem regelmäßig nur vorübergehenden Charakter einer als überwindbar angesehenen Gesundheitsbeeinträchtigung liegt, und Behinderungen, die als weitgehend unabänderlich vor allem unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für eine dauerhaft regelwidrige Körperfunktion die Leistungspflicht begründen können (vgl. auch § 2 Abs 1 SGB IX).
Auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen ist das SG zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin zwar insofern eine Krankheit in diesem Sinne vorliegt, als sie an Rückenschmerzen leidet. Allein die Brustgröße hingegen begründet, da keine körperliche Anomalität vorliegt, keine Erkrankung. Denn nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit kommt Krankheitswert im Rechtssinne zu; die Rechtsprechung hat diese Grundvoraussetzung für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht vielmehr dahingehend präzisiert, dass eine Krankheit nur vorliegt, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (zu Hautverfärbungen vgl. Urteil des BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 4; zu einer Hodenprothese BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5 S 29 f; vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 45 S 253 f, wo eine Entstellung als Unterfall eines Funktionsdefizits aufgefasst wird). Unter dem Gesichtspunkt der körperlichen Fehlfunktion kann der Zustand der Klägerin schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil ihr die begehrte Behandlung auch im Erfolgsfall nur ein anderes Aussehen und keine natürlich gewachsenen funktionsgerechten Organe verschaffen würde.
Ausgehend davon ist die Operation der gesunden Brust keine unmittelbar kausale Therapie für die Behandlung der Rückenbeschwerden der Klägerin. Wird durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei einer Mamma-Reduktionsplastik geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung (BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 1 zur Applikation eines Magenbandes), wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSGE 85, 56, 60 = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 18). Angesichts der unsicheren Prognose lässt sich eine Leistungsgewährung durch die Krankenkasse regelmäßig nicht rechtfertigen, wenn der operative Eingriff zur Behandlung einer psychischen Störung dienen soll (BSGE 72, 96 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 14; BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr. 5 S 29 f). Darum geht es hier indessen nicht, denn die behandlungsbedürftigen Rückenschmerzen haben zwar möglicherweise seelische Ursachen, sind aber selbst keine psychische Krankheit.
Da das Behandlungsziel einer Beschwerdefreiheit im Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen notwendig und wirtschaftlich ist (§ 12 Abs 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Sodann muss untersucht werden, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben sind.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung ist das bei der Klägerin indessen nicht der Fall. Sie hat zum einen nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, wie sich das insbesondere aus dem Gutachten von Dr. H. ergibt. Als solche kommen vorliegend insbesondere krankengymnastische Behandlungen, manuelle Therapie und Muskelaufbautraining und vor allen Dingen auch eine Gewichtsreduktion/Ernährungsberatung in Betracht. Die Klägerin hat zwar nach ihren Angaben und den Aussagen der Sachverständigen eine Vielzahl von Behandlungen und auch eigene sportliche Bemühungen zum Aufbau einer Rückenmuskulatur durchgeführt. Allerdings hat es immer wieder Unterbrechungen gegeben, auch lag der Schwerpunkt mehr auf Massagen, weniger auf dem konsequenten Aufbau einer Rückenmuskulatur. Insofern hat der Sachverständige Dr. H. auch für den Senat nachvollziehbar eine Behandlungsalternative aufgezeigt, nämlich ein spezielles integriertes Behandlungskonzept, der ein Erfolg nicht von vornherein abzusprechen ist, zumal es auch in der Vergangenheit unter konsequenter Behandlung immer wieder zu einer lang anhaltenden Besserung der gesundheitlichen Beschwerden gekommen ist.
Zum anderen fehlt es nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion, wie Dr. L. unwidersprochen ausgeführt hat, an jeglichem Nachweis dafür, dass die operative Brustverkleinerung ein wirbelsäulenbezogenes Beschwerdebild richtunggebend beeinflussen kann. Das hat auch die Sachverständige T. einräumen müssen, indem sie darauf hingewiesen hat, dass sie auf keine randomisierte Studie gestoßen sei, die den Zusammenhang zwischen dem operativen Eingriff und einer folgenden Verringerung der Rückenbeschwerden wissenschaftlich dokumentiere.
Dem kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie sämtliche Behandlungsmöglichkeiten in Anspruch genommen habe, die die Krankenkasse bezahle, dazwischen aber Behandlungspausen lägen. Denn die Krankenkasse muss den Versicherten nicht mit jeglichem Mittel versorgen, das seiner Gesundheit förderlich ist oder für sich in Anspruch nimmt, auf die Krankheit einzuwirken; vielmehr mutet das Gesetz dem Versicherten zu, teilweise selbst für seine Gesundheit zu sorgen (vgl. § 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 2 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Es weist beispielsweise die Ernährung und Körperpflege insgesamt seiner Eigenverantwortung zu, und zwar selbst dann, wenn die dafür eingesetzten Mittel wesentlich dazu beitragen, den Gesundheitszustand zu bessern oder die Verschlimmerung einer Krankheit zu verhüten (vgl. BSGE 81, 240, 243 f = SozR 3-2500 § 27 Nr. 9 S 29 f zu Mehraufwendungen für eine eiweißarme Diät m.w.N. zur früheren, zum Teil abweichenden Rechtsprechung; zur Abgrenzung von Körperpflege und Behandlung auch BSGE 85, 132, 138 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 64 f). Schon daraus ergibt sich, dass Krankheit keinen undifferenzierten Bedarf an Sozialleistungen auslöst, sondern dass der Begriff der Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs 1 Satz 2 SGB V in einem enger umrissenen Sinne zu verstehen ist (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 3 zur Brustvergrößerung). Der Klägerin ist deswegen zuzumuten, dass sie auch auf ihre Kosten sich mit dem von Dr. H. vorgeschlagenen Behandlungskonzept behandeln lässt.
Insgesamt bestehen damit noch Alternativen, mit denen die Klägerin behandelt werden kann. Ein operativer Eingriff in die regelrechte Brust kommt, nachdem dies die ultima ratio darstellt, noch nicht in Betracht.
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 Sozialgerichtsgesetz beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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