L 9 R 5960/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3373/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5960/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1955 geborene Klägerin hat von 1970 bis 1973 Gardinenfachverkäuferin und Dekorateurin gelernt und anschließend als solche gearbeitet. Von 1991 bis zu ihrer Erkrankung im September 2004 arbeitete sie bei der Deutschen Bundespost als Codiererin und Verteilerin von Paketen. Sie hat die postbetriebliche Prüfung abgelegt. Seit 1.7.2005 erhält sie von der Versorgungsanstalt der Post eine Betriebsrente.

Im September 2004 wurde bei der Klägerin eine beidseitige Lungenembolie festgestellt und vom 25.9. bis 8.10.2004 wurde sie deswegen stationär behandelt. Vom 21.10. bis 18.11.2004 befand sie sich zu einem Heilverfahren in dem R.-Kliniken in B. H ... Die dortigen Ärzte stellten bei der Klägerin im Entlassungsbericht vom 16.12.2004 folgende Diagnosen: 1. Lungenembolie 2. Chronisch obstruktive Lungenkrankheit 3. Bösartige Neubildung: Cervix uteri vor acht Jahren 4. Hypercholesterinämie. Als Postfacharbeiterin sei die Klägerin auf Grund der schweren körperlichen Belastungen nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne Akkord, ohne erhöhte Unfallgefahr, ohne extrem schwankende Temperaturen und ohne Exposition mit inhalativen Noxen sechs Stunden und mehr verrichten.

Am 18.5.2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin vom Internisten Dr. B. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten von ein 21.7.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Zustand nach Lungenembolien beidseits 9/04, leichte restriktive Ventilationsstörung 2. Depressive Anpassungsstörung 3. Latente Hypothyreose bei Zustand nach Schilddrüsen-Operation. Er gelangte zum Ergebnis, als Postcodiererin mit Hebetätigkeiten könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne erhöhte psychische Beanspruchung und ohne erhöhte Verletzungsgefahr könne sie noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Mit Bescheid vom 28.7.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.11.2005 zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am ein 21.11.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim, mit der sie Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen und holte ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten ein.

Der Lungenarzt Dr. B. vertrat in der Stellungnahme vom 13.2.2006 die Auffassung, die Klägerin könne noch täglich acht Stunden leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Dem Gutachten von Dr. B. stimmte er zu. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. war der Ansicht (Auskunft vom 20.3.2006), die Klägerin könne eine voll- oder teilschichtige Tätigkeit nicht mehr ausüben.

Der Internist Dr. S. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 19.07. 2006 folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, Zustand nach Lungenembolien beidseits 9/2004 2. Latente Hypothyreose bei Zustand nach Schilddrüsen-Operation 3. Überhöhung für Cholesterin im Blutserum. Die Klägerin könne keine schweren körperlichen Arbeiten verrichten und keine mittelschweren körperlichen Arbeiten drei Stunden und länger sowie keine Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen, von Kälte und Nässe. Die Klägerin sei jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten acht Stunden täglich auszuüben.

Durch Urteil vom 19.10.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen stünden der Ausübung einer leichten sechsstündigen Tätigkeit nicht entgegen. Dies ergebe sich aus den im wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen der Ärzte der Ruland-Kliniken, von Dr. B., Dr. B. und des Sachverständigen Dr. S ... Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Post sei allenfalls als angelernte Tätigkeit der unteren Stufe einzuordnen, sodass die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 23.10.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.11.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Feststellungen des SG zu der bei ihr vorliegenden Depression bzw. depressiven Anpassungsstörung seien nicht haltbar. Sie habe sich in der Universitätsklinik Heidelberg - Abteilung Innere Medizin II Psychosomatische und Allgemeine klinische Medizin - vorgestellt. Den ärztlichen Befundbericht werde sie nachreichen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2005 aufzuheben und ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 10.1., 2.3. und 19.4.2007 aufgefordert, den angekündigten Befundbericht vorzulegen; eine Vorlage ist jedoch nicht erfolgt.

Mit Verfügung vom 14.6.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 14.6.2007 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen der Ärzte der R.-Kliniken, von Dr. B., Dr. B. und Dr. S. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab.

Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin auch nach Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, eine körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Eine länger andauernde Depression mit wesentlichen Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin vermag der Senat auf Grund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen bei der Klägerin - ebenso wie das SG - nicht festzustellen. Im Entlassungsbericht der R.-Kliniken vom 16.12.2004, in der sich die Klägerin vier Wochen aufgehalten hat, werden keine psychische Auffälligkeiten bei der Klägerin beschrieben und dementsprechend auch keine Diagnose auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet gestellt. Dr. B. diagnostiziert im Gutachten vom 21.7.2005 bei der Klägerin zwar eine depressive Anpassungsstörung, verneinte aber schwere depressive Störungen und nahm auf Grund dessen lediglich eine qualitative Leistungseinschränkung insoweit an, als er Arbeiten mit erhöhter psychischer Belastung ausschloss. Quantitative Leistungseinschränkungen resultieren daraus nicht; vielmehr schlug Dr. B. die Vermittlung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes vor. Bei Dr. S. hat die Klägerin zwar über fehlenden Antrieb und fehlende Motivation geklagt, aber angegeben, dass keine psychologische bzw. psychiatrische Behandlung durchgeführt werde. Den im Berufungsschriftsatz vom 21.11.2006 angekündigten Arztbrief über die Vorstellung in der Abteilung Innere Medizin II Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin hat die Klägerin trotz mehrmaliger Erinnerungen vom 10.1., 2.3. und 19.4.2007 nicht vorgelegt und auch keine Angaben über eine fachärztliche psychiatrische Behandlung gemacht. Da somit keinerlei Hinweise vorhanden sind, dass bei der Klägerin Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet vorliegen, die einer zumutbaren fachärztlichen Behandlung nicht zugänglich wären, sah der Senat auch keinen Anlass, weitere Beweiserhebungen durchzuführen.

Das SG hat auch zu Recht entschieden, dass der Klägerin keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zusteht. Bisheriger Beruf der Klägerin war ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kodiererin und Verteilerin von Paketen bei der Deutsche Bundespost. Hierbei handelt es sich um keinen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren und auch um keine angelernte Tätigkeiten des oberen Bereichs (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung- und Anlernzeit von über 12 Monaten bis 24 Monaten). Die postbetriebliche Prüfung, die die Klägerin nach ihren Angaben abgelegt hat, vermittelt keinen Berufschutz (BSG, Urt. vom 22.8.2002 -B 13 RJ 19/02 - in JURIS und 16.11.2000 - B 13 RJ 79/99 R -SozR 3-2600 § 43 Nr. 23; LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 19.3.2002 - L 9 RJ 1324/99 -). Als angelernte Arbeiterin des unteren Bereichs (Anlernzeit drei Monate bis ein Jahr) ist die Klägerin auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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