L 16 R 322/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 858/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 322/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5a R 314/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. April 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung an den Kläger, insbesondere um die Erfüllung der Wartezeit.

Der 1946 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und trägt den Ehenamen P. , Geburtsname war B ... Geboren ist der Kläger in I. , zur Zeit der Kontenklärung war der Kläger in K. inhaftiert. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wurde für den Kläger ein Kontoklärungsverfahren eingeleitet. Im Fragebogen machte der Kläger nur wenige Angaben, insbesondere gab er keine Versicherungsnummer, keine Arbeitgeber oder sonstigen Versicherungsnachweise bekannt. Im Formblattantrag vom Juni 2004 gab er an, ca. 1960 bis 1962 eine Lehre als Bäcker und Schumacher gemacht zu haben, Nachweise lägen nicht mehr vor. Die Beklagte stellte im Versicherungsverlauf vom 12.08.2004 Versicherungszeiten ab 13.06.1988 bis 29.03.1993 fest, davon 27 Monate Pflichtbeiträge. Die Durchführung eines Versorgungsausgleichs wurde vom Amtsgericht I. ausgeschlossen wegen grober Unbilligkeit.

Der Kläger gab an, über keine Unterlagen zu verfügen.

Ein Schreiben des Klägers vom 02.04.2004 wertete die Beklagte als Rentenantrag; am 05.09.2005 ging vom Kläger ein nur lückenhaft ausgefüllter Formblattantrag ein.

Mit Bescheid vom 20.09.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da für die Wartezeit nur zwei Jahre und drei Kalendermonate anrechnungsfähige Zeiten berücksichtigt werden könnten. Daher sei die Wartezeit von 60 Monaten Beitragszeit nicht erfüllt. Bei diesem Sachverhalt sei nicht geprüft worden, ob eine teilweise oder volle Erwerbsminderung vorliege.

Bereits am 12.07.2005 war beim Sozialgericht Landshut ein Schreiben des Klägers eingegangen, das als Klage bezeichnet wurde. Der Kläger monierte, dass es in seinem Fall nicht um Versorgungsausgleich, sondern um Frührente gehe, denn er sei seit über 40 Jahren Schwerstbehinderter und deshalb stehe ihm Rente zu. Sein GdB betrage 50%, auch seine 80% schwerbehinderte Ehefrau habe Rente erhalten. Gleichzeitig beantragte er, ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wurde vom Sozialgericht mit Beschluss vom 09.11.2005 (S 14 R 858/05) abgelehnt.

Mit Schreiben vom 20.02.2006 legte die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 15.02.2006 vor. Sie wies den Widerspruch des Klägers zurück mit der Begründung, dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, da der Kläger mit der Entrichtung von nur 27 Kalendermonaten Beitragszeit die erforderliche Wartezeit für den Rentenanspruch nicht erfüllt habe. Es läge auch keine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit, zum Beispiel aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit vor.

In der mündlichen Verhandlung wies das Sozialgericht am 27.04.2006 die Klage mit Urteil ab. Zur Begründung wurde gemäß § 136 SGG auf die Begründung des Widerspruchsbescheides hingewiesen. Mit Beschluss vom gleichen Tag wurde der erneute Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurden vom Senat mit Beschluss vom 05.03.2007 abgelehnt bzw. zurückgewiesen. Weder könne die erforderliche Erfolgsaussicht bejaht werden, noch seien die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben.

Außer gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe wendet sich der Kläger in einem beim Landessozialgericht am 12.05.2006 eingegangenen Schreiben auch gegen das Urteil des Sozialgerichts. Er ist der Auffassung, es handele sich um einen Prozessbetrug, er verlange eine Verteidigung. Außerdem habe er an der Sitzung des Sozialgerichts teilnehmen wollen, und sei deswegen bereits zur JVA L. transportiert worden. Dann sei mitgeteilt worden, der Termin sei verlegt worden und er sei nach S. zurückgebracht worden. Dies alles sei Betrug. Er brauche einen Anwalt, um die notwendigen Anträge zu stellen.

Mit Schreiben des Senats vom 05.03.2007 wurde der Kläger zu einer beabsichtigten Entscheidung im Beschlussverfahren gemäß § 153 Abs. 4 SGG gehört und ihm dargelegt, dass er von den erforderlichen 60 Monaten nur 27 Monate Pflichtbeitragszeit zurückgelegt habe.

Gegen die Absicht, im Beschlusswege zu entscheiden, wandte sich der Kläger mit dem am 04.04.2007 beim LSG eingegangenen Schreiben und lehnte die Berichterstatterin ab. Außerdem wiederholte er seine Darlegungen, dass er ohne Anwalt den Prozess nicht führen könne, und berichtete über seine Haftbedingungen und die Schwierigkeiten, seinen Briefverkehr abzuwickeln.

Mit Beschluss vom 13.04.2007 wies der Senat den Antrag des Klägers, die Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, als unbegründet zurück.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.04.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2006 aufzuheben und ihm ab Antrag Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

denn die Berufung enthalte keine neuen Gesichtspunkte, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts sowie die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rentenleistung wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI, da er die für die Rentenleistung erforderlichen Pflichtbeitragszeiten nicht nachgewiesen hat.

Die Beklagte und das Sozialgericht haben zu Recht den Antrag des Klägers abgelehnt.

Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser (voller) Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise (voll) erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäfti gung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Nach den vorliegenden Unterlagen erfüllt der Kläger weder die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Ziff.2 noch Ziff. 3 SGB VI.

Nach § 50, 51 SGB VI ist die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf 1. Regelaltersrente, 2. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und 3. Rente wegen Todes.

Dabei sind auf die Wartezeit anrechenbar die Kalendermonate, die mit Beitragszeiten belegt sind (§ 51 Abs. 1 SGB VI). Unter Beitragszeiten sind Zeiten mit vollwertigen Beiträgen oder beitragsgeminderte Zeiten (§ 54 Abs. 1 Ziff. 1a und b SGB VI) zu verstehen. Als beitragsgeminderte Zeiten gelten Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungszeiten, Zurechnungszeiten oder Ersatzzeiten belegt sind (§ 54 Abs. 3 SGB VI.)

Beitragszeiten hat der Kläger nach dem von der Beklagten festgestellten Versicherungsverlauf in der Zeit von 1988 bis 1993 für nur 27 Monate nachgewiesen. Damit erfüllt er die erforderliche Wartezeit des § 50 Abs. 1 SGB VI von 60 Monaten nicht. Der Kläger hat auch nicht dargetan, dass weitere Beitragszeiten, die bisher nicht berücksichtigt sind, vorliegen, er hat weder Angaben gemacht noch Nachweise zu versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in der Zeit vor 1988 oder nach 1993 eingereicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass solche Zeiten vorliegen. Ohne weitere Angaben zur damaligen Krankenkasse oder den Arbeitgebern sind dem Senat keine weiteren Ermittlungen möglich. Anfragen bei der Beklagten und der DRV Oberbayern unter dem Geburtsnamen des Klägers haben ebenfalls keine weiteren Versicherungszeiten zu Tage gefördert.

Zu Gunsten des Klägers kann die erforderliche Wartezeit auch nicht durch § 53 SGB VI vorzeitig erfüllt sein, denn es ist nicht erkennbar, dass er wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, einer Wehrdienstbeschädigung oder einer Zivildienstbeschädigung oder wegen eines Gewahrsams im Sinne des Häftlingshilfegesetzes vermindert erwerbsfähig geworden ist (§ 53 Abs. 1 SGB VI). Auch ist nicht erkennbar, dass eine Erwerbsminderung beim Kläger vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten ist. Es ist vielmehr entsprechend seinen lückenhaften Angaben anzunehmen, dass der Kläger eine Ausbildung tatsächlich nicht abgeschlossen hat.

Ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente besteht aber auch nicht, weil er nach den vorliegenden Unterlagen keinesfalls die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, also die 36 Pflichtbeiträge in den letzten fünf Kalenderjahren vor Eintritt des Versicherungsfalles, erfüllen kann. Der letzte Beitrag ist 1993 entrichtet und der Antrag wurde vom Kläger erst 2004 gestellt, so dass Pflichtbeiträge im entscheidenden Fünfjahreszeitraum nicht vorliegen.

Auch aus diesem Grunde ergibt sich kein Rentenanspruch, so dass vom Senat auch ungeprüft bleiben konnte, ob der Kläger aus medizinischen Gründen voll oder teilweise erwerbsgemindert i.S. § 43 SGB VI ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Erwägungen, dass der Berufung des Klägers der Erfolg versagt bleiben musste (§§ 183, 193 SGG).

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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