Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1276/04 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 340/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Geschiedenen-Witwenrente aus der Versicherung des 1934 geborenen und am 08.03.2000 verstorbenen Versicherten I. B ...
I. B. war kroatischer Staatsangehöriger und hat bis 1968 in Kroatien und dann im Anschluss in K. gelebt. Die 1935 in Kroatien geborene Klägerin lebt in Kroatien. Sie war mit dem Versicherten vom 15.02.1958 bis zur Scheidung am 27.04.1965 verheiratet. Aus der Ehe ist die Tochter B. B. , geb. 1960, hervorgegangen. Gemäß dem Scheidungsurteil des Kreisgerichts O. war der Versicherte nur der Tochter zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Er war nach der Scheidung noch in zweiter und dritter Ehe verheiratet. Aus der dritten Ehe sind die Töchter V. und M. hervorgegangen.
Am 14.3.2000 beantragte die Klägerin Hinterbliebenenrente durch die in K. lebende Bekannte M. P ... Im Antrag hatte die Klägerin u.a. zur tatsächlichen Unterhaltsleistung angegeben, dass der Versicherte ihr vor seinem Tod keinen Unterhalt geleistet habe. Ebenso wenig hätten sie einen gemeinsamen Haushalt geführt. Auch eine Unterhaltsverpflichtung habe nicht bestanden, ebenso wenig ein Unterhaltsverzicht. Im Scheidungsurteil sei der verstorbene Versicherte überwiegend für schuldig erklärt worden.
Mit Bescheid vom 29.05.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da Unterhaltszahlungen tatsächlich allenfalls an die gemeinsame Tochter B. getätigt worden seien, nicht aber an die Klägerin.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Wi- derspruchsbescheid vom 09.08.2000 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage und trug vor, dass sie in den letzten Jahren vor dem Tod des Versicherten wieder mit diesem zusammengelebt habe. Sie habe mit Touristenvisum jährlich bis zu sechs Monate bei ihm in Karlsruhe gewohnt. Er sei für das Essen und sämtliche Ausgaben aufgekommen, habe auch die Reisekosten der Klägerin sowie Kleidung bezahlt. Der Versicherte habe ihr, wenn sie dann nach Kroatien zurückfuhr, Geld mitgegeben, und zwar Beträge zwischen 300,00 und 500,00 DM. Desgleichen habe er ihr durch Bekannte Geld nach Kroatien geschickt. Die falsche Angabe im Antrag sei durch schlechte Sprachkenntnisse zu erklären. Beim Ausfüllen des Formulars sei kein Dolmetscher anwesend gewesen. Auch sei es sehr schwierig gewesen, auf die Frage nach dem Unterhalt richtig zu antworten, da ja Naturalunterhalt geleistet worden sei.
Die Klage wurde durch den gerichtlichen Vergleich vom 19.01.2004 erledigt. Die Beklagte erklärte sich bereit, erneut rechtsmittelfähig zu entscheiden, sobald die Klägerin Nachweise zu ihrem Unterhaltsanspruch vorgelegt habe.
Die Klägerin teilte daraufhin zu ihren Aufenthalten in Deutschland mit, genauere Daten hierzu nicht mehr nachvollziehen zu können. Insbesondere seien nicht alle Grenzübertritte durch Stempel im Reisepass vermerkt worden.
Die Klägerin übergab eidesstattliche Versicherungen der Zeuginnen G. und P ... Frau D. G. , K. , gab an, 1994/1995 sei die Klägerin mit ihrem geschiedenen Ehemann wieder zusammengekommen. Sie sei im Jahr mehrere Monate in K. bei ihm gewesen. Die Zeugin hat nach ihrer Aussage bei ihren Reisen nach O. für den Versicherten mehrmals Geldbeträge mitgenommen und der Klägerin überbracht. Seit 1995 bis 2000 sei dies zweimal jährlich der Fall gewesen mit Geldbeträgen zwischen 150,00 und 300,00 DM.
Frau M. P. bestätigte ebenfalls das "Zusammenkommen" der beiden Geschiedenen seit 1994. Sie selbst habe für die Klägerin zweimal Beträge von 200,00 DM und zweimal Beträge von 300,00 DM mit nach Kroatien genommen.
Mit Bescheid vom 18.08.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es liege keine tatsächliche Unterhaltsleistung vor. Es handele sich nicht um Unterhalt, wenn von der früheren Ehefrau Gegen- leistungen im Form von gemeinsamer Haushaltsführung erbracht worden seien. Gelegentliche Zuwendungen stellten im Übrigen keine regelmäßige Unterhaltszahlung dar.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie legte die eides- stattliche Versicherung ihrer Tochter B. vor, wonach das vom Vater übersandte Geld nur für die Mutter in Kroatien gedacht gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe nicht den Nachweis führen können, dass tatsächlich Unterhaltszahlungen erfolgt seien. Entscheidend sei auch, dass der Versicherte nicht unterhaltsfä- hig gewesen sei. Er habe Rente in Höhe von 1.200,00 DM monat- lich erhalten. Eine Unterhaltsleistung von ca. 3.000,00 DM jährlich sei nicht glaubhaft. Dazu kämen noch die klägerischen Aufenthaltskosten in Deutschland. Im Rahmen pauschaler Prüfung der Lebensunterhaltskosten seien für die damalige Zeit (März 1999 bis März 2000) ein durchschnittlicher Betrag von umgerech- net 1.339,00 DM für eine alleinstehende Person anzusetzen. Die- ser Betrag sei höher als der zur Verfügung stehende Betrag, so dass von einer mangelnden Unterhaltsfähigkeit auszugehen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 23.12.2004 Klage zum Sozialge- richt (SG) Landshut. Die Klägerin berief sich erneut auf die dreimonatigen Aufenthalte in K. , die ausnahmsweise auch im Sommer oder im Winter stattgefunden hätten. Die Klägerin ha- be monatlich durchschnittlich 250,00 DM vom Versicherten erhal- ten. Andere Nachweise als Zeugenaussagen könnten naturgemäß nicht geboten werden.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 25.02.2005 ab. Für eine tatsächliche Unterhaltszahlung fehle es an einer re- gelmäßig wiederkehrenden Leistung. Soweit Zahlungen erfolgt seien, habe die Klägerin offenbar auch Gegenleistungen er- bracht. Schließlich habe die Klägerin beim Antrag selbst eine Unterhaltszahlung verneint. Auf die Frage der Unterhaltsfähig- keit des Versicherten komme es daher nicht an.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.
Auf gerichtliche Anfrage teilte Frau M. B. mit, der Versicherte habe in dem ihr bekannten Zeitraum von 1989 bis 2000 die Klägerin nicht finanziell unterstützt. Sie habe die finanziellen Verhältnisse ihres Vaters nicht im Detail, jedoch insoweit gekannt, dass von der Rente noch Schuldentilgungsraten abgegangen seien. Wegen der Schulden habe sie auch das Erbe ausgeschlagen. Die monatliche Belastung des Versicherten für die Miete bezifferte sie auf 500,00 DM, die der Schuldenraten auf 300,00 - 400,00 DM. Außer der Rente habe er noch Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten gehabt. Die väterliche Wohnung habe - während der gesamten Zeit ihre Schwester V. , - bis zu ihrer Heirat im Jahr 1998 sie selbst und - bis zu ihrem Umzug (in die B.str) im Jahr 1993 die Stiefschwester B. mitbewohnt. Die Klägerin selbst habe nie dort gewohnt. Einzelne Besuche von schätzungsweise drei Wochen Dauer habe es nur bis 1993 gegeben; sie hätten der Tochter B. gegolten. Auch die späteren Besuche "auf einen Kaffee" seien dann im weiteren Verlauf weggefallen. Ihr Vater habe bis 1998 eine Freundin gehabt, mit der er allerdings nicht zusammengelebt habe.
Auf Anfrage des Senats an die von der Klägerin genannten Zeuginnen, ob sie Angaben zu den streitigen Unterhaltszahlungen machen könnten, teilte Frau M. P. mit: "Frau B. hat I. B. bis zum Tod gepflegt. Von Zahlung weiß ich nichts." Frau B. B. äußerte sich zu der Anfrage ebenso wenig wie Frau D. G ...
Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.02.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.12. 2004 aufzuheben und 2. die Beklagte zur Zahlung von Geschiedenenenwitwenrente zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den geltend gemachten Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 243 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) nicht erfüllt sind:
Gemäß den Absätzen 1 und 2, jeweils Nr. 3 der Norm, müsste die Klägerin Unterhalt tatsächlich erhalten oder zumindest einen Anspruch hierauf gehabt haben. Ein derartiger Anspruch bestand jedoch nicht. Für das kroatische Recht ergibt sich dies unmittelbar aus dem Scheidungsurteil. Kollisionsrechtlich kommt hier auch nicht die ergänzende Anwendung deutschen Rechts in Betracht, da während der Ehezeit - bis 1965 - von Seiten beider Ehegatten keinerlei Anknüpfung an deutsches Recht bestand.
Bezüglich tatsächlicher Unterhaltszahlungen kommt es auf das letzte Jahr vor dem Tod des Versicherten (letzter wirtschaftlicher Dauerzustand) - hier März 1999 bis März 2000 - an.
Eine Unterhaltsleistung liegt definitionsgemäß nur dann vor, wenn regelmäßig Zahlungen zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts erfolgen. Das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit erfordert grundsätzlich monatlich wiederkehrende Leistungen eines der Höhe nach feststehenden Betrags. Unregelmäßige oder gar nur einmalige Geldleistungen erfüllen den Unterhaltsbegriff nicht. Das Gesamtbild aller Zahlungen muss objektiv die Annahme stützen, der Versicherte hätte, wäre er nicht verstorben, auch künftig Unterhalt im erforderlichen Umfang geleistet (siehe Gürtner in Kasseler Kommentar, § 243 SGB VI, Anm.15, 16). Weitere Voraussetzung einer Unterhaltszahlung ist ihre Wesentlichkeit. Die fragliche Leistung muss geeignet sein, den Mindestlebensbedarf eines Unterhaltsberechtigten merklich zu beeinflussen. Die Rechtsprechung verlangt ausnahmslos, dass der Unterhalt 25 % des für den geschiedenen Ehegatten zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erreicht, wie er sich aus den jährlich festzusetzenden Regelsätzen für Haushaltsvorstände ergibt. Bei Fällen mit Auslandsbezug, wie hier, kommt es allein auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland an (siehe hierzu Gürtner in Kasseler Kommentar, § 243 Anm.12 und 13).
Eine Unterhaltszahlung ist hier nicht bewiesen und lässt sich auch durch die von der Klägerin benannten Zeuginnen nicht mehr beweisen.
M. P. war vom Senat als Zeugin nicht zu hören, da sie selbst nunmehr - im Gegensatz zur früheren Erklärung im Jahr 2004 - mitgeteilt hat, dass sie von Zahlungen an die Klägerin nichts wisse. Die Tochter B. der Klägerin hat sich zur Senatsanfrage, ob sie Aussagen machen könne, nicht geäußert. Da sie in Kroatien wohnt, ist sie für eine gerichtliche Einvernahme nicht verfügbar.
Auf die Vernehmung von D. G. als Zeugin konnte der Senat verzichten, weil deren im Jahr 2004 gemachte Aussage, auch wenn man sie als wahr unterstellt, der Klägerin nicht zu einem Rentenanspruch verhilft.
Nach ihrer Erklärung hat D. G. der Klägerin über mehrere Jahre zweimal Geldbeträge in Höhe von - summiert - maximal 600,00 DM pro Jahr nach Kroatien überbracht.
Die Würdigung dieses - als wahr unterstellten - Sachverhalts führt zu einer Bestätigung der Entscheidungen der Beklagten und des SG. Nicht zweifelsfrei erscheint hier schon die Regelmäßigkeit der Zahlungen. Das gesetzliche Merkmal der Regelmäßigkeit einer Unterhaltsleistung ist grundsätzlich nur bei einer monatlich wiederkehrenden Leistung in fixierter Höhe erfüllt. Dann ist es gerechtfertigt, von "Unterhalt" zu sprechen, der für den Empfänger verlässlich und berechenbar sein muss. Ob auch eine in etwa halbjährliche Zahlungsweise in diesem Sinne noch verlässlich ist, mag hier letztlich offen bleiben.
Denn es ist jedenfalls nicht das Merkmal der Wesentlichkeit erfüllt. Die Wesentlichkeit bemisst sich nach dem Mindestbedarf für einen Haushaltsvorstand im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Nach dem BSHG kommt es hier auf die Verhältnisse in Baden-Württemberg als dem Wohnsitzland des Versicherten an. Der Mindestbedarf betrug dort ab dem 01.07.1999 DM 548,00 DM (Bundesarbeitsblatt 2000, Heft 1 S.6). Unterhaltsrelevanz hätte also im Falle der Klägerin nur eine monatliche Zahlung von mindestens 137,00 DM. Auf Monate umgerechnet sind der Klägerin - legt man die Aussage der Zeugin G. zugrunde - jedoch nur 50,00 DM zugeflossen.
Weitere Zahlungen sind nicht zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin - unbewiesene - Zahlungen des Versicherten an sie während der vorgetragenen Aufenthalte in Deutschland geltend macht, müsste sie sich diese - gerade nach ihrem eigenen Vortrag - als Gegenleistung für erbrachte Haushalts- und Pflegeleistungen anrechnen lassen. Denn typischerweise sucht ein geschiedenes Paar im Zusammenleben - auch - den materiellen Vorteil, den diese gemeinsame Lebensführung für jeden der Partner offenkundig bietet im Sinne eines wechselseitigen Gebens und Nehmens. Zahlungen sind dann Gegenleistung für Haushaltsführung und damit definitionsgemäß nicht Unterhalt (siehe Bundessozialgericht - BSG - vom 25.4.1986 - Az 4a RJ 23/85). Die Haushaltsführung ist mit dem Bruttolohn einer Haushaltshilfe zu bewerten (BSG v. 12.9.1990 - Az 5 RJ 67/89). Schon aus diesem rechtlichen Grund können die von der Klägerin für die Zeit ihres Deutschlandaufenthaltes behaupteten Geld- und Sachleistungen nicht Unterhalt sein.
Insgesamt fehlt es daher an einer nachweisbaren Unterhaltsleistung.
Der mangelnde Nachweis eines Umstandes - hier Unterhaltszahlung - geht nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (s. Meyer-Ladewig, § 103 Anm. 19a) zu Lasten dessen, der sich darauf beruft, hier also der Klägerin.
Angesichts dessen war der Senat auch nicht gehalten, zu weiteren Umständen Ermittlungen durchzuführen, insbesondere auch nicht zu einer Reihe von durchaus eindrucksvollen Indizien, die gegen eine Unterhaltszahlung sprechen: - Berechnung der Beklagten zur mangelnden Unterhaltsfähigkeit des Versicherten, umso mehr, nachdem bei ihm offenbar erhebliche Schulden bestanden, - Fehlen einer schlüssigen Darlegung zur Zahlungsmotivation des Versicherten, insbesondere angesichts zweier späterer Ehen und einer anschließenden nichtehelichen Partnerschaft, - schriftliche Aussagen von Frau M. B. und das Fehlen jeglicher plausiblen Gegendarstellung der Klägerin hierzu.
Mangels nachgewiesener Unterhaltszahlung besteht daher kein Anspruch gemäß § 243 Absätze 1 oder 2 SGB VI. Auch § 243 Absatz 3 SGB VI hilft der Klägerin nicht. Denn das ausnahmsweise Absehen von einem Unterhaltsanspruch in Nr. 1 der Vorschrift knüpft an das damals geltende deutsche Ehegesetz an, welches hier - kollisionsrechtlich, s.o. - jedoch nicht anzuwenden ist. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Geschiedenen-Witwenrente aus der Versicherung des 1934 geborenen und am 08.03.2000 verstorbenen Versicherten I. B ...
I. B. war kroatischer Staatsangehöriger und hat bis 1968 in Kroatien und dann im Anschluss in K. gelebt. Die 1935 in Kroatien geborene Klägerin lebt in Kroatien. Sie war mit dem Versicherten vom 15.02.1958 bis zur Scheidung am 27.04.1965 verheiratet. Aus der Ehe ist die Tochter B. B. , geb. 1960, hervorgegangen. Gemäß dem Scheidungsurteil des Kreisgerichts O. war der Versicherte nur der Tochter zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Er war nach der Scheidung noch in zweiter und dritter Ehe verheiratet. Aus der dritten Ehe sind die Töchter V. und M. hervorgegangen.
Am 14.3.2000 beantragte die Klägerin Hinterbliebenenrente durch die in K. lebende Bekannte M. P ... Im Antrag hatte die Klägerin u.a. zur tatsächlichen Unterhaltsleistung angegeben, dass der Versicherte ihr vor seinem Tod keinen Unterhalt geleistet habe. Ebenso wenig hätten sie einen gemeinsamen Haushalt geführt. Auch eine Unterhaltsverpflichtung habe nicht bestanden, ebenso wenig ein Unterhaltsverzicht. Im Scheidungsurteil sei der verstorbene Versicherte überwiegend für schuldig erklärt worden.
Mit Bescheid vom 29.05.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da Unterhaltszahlungen tatsächlich allenfalls an die gemeinsame Tochter B. getätigt worden seien, nicht aber an die Klägerin.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Wi- derspruchsbescheid vom 09.08.2000 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage und trug vor, dass sie in den letzten Jahren vor dem Tod des Versicherten wieder mit diesem zusammengelebt habe. Sie habe mit Touristenvisum jährlich bis zu sechs Monate bei ihm in Karlsruhe gewohnt. Er sei für das Essen und sämtliche Ausgaben aufgekommen, habe auch die Reisekosten der Klägerin sowie Kleidung bezahlt. Der Versicherte habe ihr, wenn sie dann nach Kroatien zurückfuhr, Geld mitgegeben, und zwar Beträge zwischen 300,00 und 500,00 DM. Desgleichen habe er ihr durch Bekannte Geld nach Kroatien geschickt. Die falsche Angabe im Antrag sei durch schlechte Sprachkenntnisse zu erklären. Beim Ausfüllen des Formulars sei kein Dolmetscher anwesend gewesen. Auch sei es sehr schwierig gewesen, auf die Frage nach dem Unterhalt richtig zu antworten, da ja Naturalunterhalt geleistet worden sei.
Die Klage wurde durch den gerichtlichen Vergleich vom 19.01.2004 erledigt. Die Beklagte erklärte sich bereit, erneut rechtsmittelfähig zu entscheiden, sobald die Klägerin Nachweise zu ihrem Unterhaltsanspruch vorgelegt habe.
Die Klägerin teilte daraufhin zu ihren Aufenthalten in Deutschland mit, genauere Daten hierzu nicht mehr nachvollziehen zu können. Insbesondere seien nicht alle Grenzübertritte durch Stempel im Reisepass vermerkt worden.
Die Klägerin übergab eidesstattliche Versicherungen der Zeuginnen G. und P ... Frau D. G. , K. , gab an, 1994/1995 sei die Klägerin mit ihrem geschiedenen Ehemann wieder zusammengekommen. Sie sei im Jahr mehrere Monate in K. bei ihm gewesen. Die Zeugin hat nach ihrer Aussage bei ihren Reisen nach O. für den Versicherten mehrmals Geldbeträge mitgenommen und der Klägerin überbracht. Seit 1995 bis 2000 sei dies zweimal jährlich der Fall gewesen mit Geldbeträgen zwischen 150,00 und 300,00 DM.
Frau M. P. bestätigte ebenfalls das "Zusammenkommen" der beiden Geschiedenen seit 1994. Sie selbst habe für die Klägerin zweimal Beträge von 200,00 DM und zweimal Beträge von 300,00 DM mit nach Kroatien genommen.
Mit Bescheid vom 18.08.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es liege keine tatsächliche Unterhaltsleistung vor. Es handele sich nicht um Unterhalt, wenn von der früheren Ehefrau Gegen- leistungen im Form von gemeinsamer Haushaltsführung erbracht worden seien. Gelegentliche Zuwendungen stellten im Übrigen keine regelmäßige Unterhaltszahlung dar.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie legte die eides- stattliche Versicherung ihrer Tochter B. vor, wonach das vom Vater übersandte Geld nur für die Mutter in Kroatien gedacht gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe nicht den Nachweis führen können, dass tatsächlich Unterhaltszahlungen erfolgt seien. Entscheidend sei auch, dass der Versicherte nicht unterhaltsfä- hig gewesen sei. Er habe Rente in Höhe von 1.200,00 DM monat- lich erhalten. Eine Unterhaltsleistung von ca. 3.000,00 DM jährlich sei nicht glaubhaft. Dazu kämen noch die klägerischen Aufenthaltskosten in Deutschland. Im Rahmen pauschaler Prüfung der Lebensunterhaltskosten seien für die damalige Zeit (März 1999 bis März 2000) ein durchschnittlicher Betrag von umgerech- net 1.339,00 DM für eine alleinstehende Person anzusetzen. Die- ser Betrag sei höher als der zur Verfügung stehende Betrag, so dass von einer mangelnden Unterhaltsfähigkeit auszugehen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 23.12.2004 Klage zum Sozialge- richt (SG) Landshut. Die Klägerin berief sich erneut auf die dreimonatigen Aufenthalte in K. , die ausnahmsweise auch im Sommer oder im Winter stattgefunden hätten. Die Klägerin ha- be monatlich durchschnittlich 250,00 DM vom Versicherten erhal- ten. Andere Nachweise als Zeugenaussagen könnten naturgemäß nicht geboten werden.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 25.02.2005 ab. Für eine tatsächliche Unterhaltszahlung fehle es an einer re- gelmäßig wiederkehrenden Leistung. Soweit Zahlungen erfolgt seien, habe die Klägerin offenbar auch Gegenleistungen er- bracht. Schließlich habe die Klägerin beim Antrag selbst eine Unterhaltszahlung verneint. Auf die Frage der Unterhaltsfähig- keit des Versicherten komme es daher nicht an.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.
Auf gerichtliche Anfrage teilte Frau M. B. mit, der Versicherte habe in dem ihr bekannten Zeitraum von 1989 bis 2000 die Klägerin nicht finanziell unterstützt. Sie habe die finanziellen Verhältnisse ihres Vaters nicht im Detail, jedoch insoweit gekannt, dass von der Rente noch Schuldentilgungsraten abgegangen seien. Wegen der Schulden habe sie auch das Erbe ausgeschlagen. Die monatliche Belastung des Versicherten für die Miete bezifferte sie auf 500,00 DM, die der Schuldenraten auf 300,00 - 400,00 DM. Außer der Rente habe er noch Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten gehabt. Die väterliche Wohnung habe - während der gesamten Zeit ihre Schwester V. , - bis zu ihrer Heirat im Jahr 1998 sie selbst und - bis zu ihrem Umzug (in die B.str) im Jahr 1993 die Stiefschwester B. mitbewohnt. Die Klägerin selbst habe nie dort gewohnt. Einzelne Besuche von schätzungsweise drei Wochen Dauer habe es nur bis 1993 gegeben; sie hätten der Tochter B. gegolten. Auch die späteren Besuche "auf einen Kaffee" seien dann im weiteren Verlauf weggefallen. Ihr Vater habe bis 1998 eine Freundin gehabt, mit der er allerdings nicht zusammengelebt habe.
Auf Anfrage des Senats an die von der Klägerin genannten Zeuginnen, ob sie Angaben zu den streitigen Unterhaltszahlungen machen könnten, teilte Frau M. P. mit: "Frau B. hat I. B. bis zum Tod gepflegt. Von Zahlung weiß ich nichts." Frau B. B. äußerte sich zu der Anfrage ebenso wenig wie Frau D. G ...
Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.02.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.12. 2004 aufzuheben und 2. die Beklagte zur Zahlung von Geschiedenenenwitwenrente zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den geltend gemachten Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 243 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) nicht erfüllt sind:
Gemäß den Absätzen 1 und 2, jeweils Nr. 3 der Norm, müsste die Klägerin Unterhalt tatsächlich erhalten oder zumindest einen Anspruch hierauf gehabt haben. Ein derartiger Anspruch bestand jedoch nicht. Für das kroatische Recht ergibt sich dies unmittelbar aus dem Scheidungsurteil. Kollisionsrechtlich kommt hier auch nicht die ergänzende Anwendung deutschen Rechts in Betracht, da während der Ehezeit - bis 1965 - von Seiten beider Ehegatten keinerlei Anknüpfung an deutsches Recht bestand.
Bezüglich tatsächlicher Unterhaltszahlungen kommt es auf das letzte Jahr vor dem Tod des Versicherten (letzter wirtschaftlicher Dauerzustand) - hier März 1999 bis März 2000 - an.
Eine Unterhaltsleistung liegt definitionsgemäß nur dann vor, wenn regelmäßig Zahlungen zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts erfolgen. Das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit erfordert grundsätzlich monatlich wiederkehrende Leistungen eines der Höhe nach feststehenden Betrags. Unregelmäßige oder gar nur einmalige Geldleistungen erfüllen den Unterhaltsbegriff nicht. Das Gesamtbild aller Zahlungen muss objektiv die Annahme stützen, der Versicherte hätte, wäre er nicht verstorben, auch künftig Unterhalt im erforderlichen Umfang geleistet (siehe Gürtner in Kasseler Kommentar, § 243 SGB VI, Anm.15, 16). Weitere Voraussetzung einer Unterhaltszahlung ist ihre Wesentlichkeit. Die fragliche Leistung muss geeignet sein, den Mindestlebensbedarf eines Unterhaltsberechtigten merklich zu beeinflussen. Die Rechtsprechung verlangt ausnahmslos, dass der Unterhalt 25 % des für den geschiedenen Ehegatten zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erreicht, wie er sich aus den jährlich festzusetzenden Regelsätzen für Haushaltsvorstände ergibt. Bei Fällen mit Auslandsbezug, wie hier, kommt es allein auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland an (siehe hierzu Gürtner in Kasseler Kommentar, § 243 Anm.12 und 13).
Eine Unterhaltszahlung ist hier nicht bewiesen und lässt sich auch durch die von der Klägerin benannten Zeuginnen nicht mehr beweisen.
M. P. war vom Senat als Zeugin nicht zu hören, da sie selbst nunmehr - im Gegensatz zur früheren Erklärung im Jahr 2004 - mitgeteilt hat, dass sie von Zahlungen an die Klägerin nichts wisse. Die Tochter B. der Klägerin hat sich zur Senatsanfrage, ob sie Aussagen machen könne, nicht geäußert. Da sie in Kroatien wohnt, ist sie für eine gerichtliche Einvernahme nicht verfügbar.
Auf die Vernehmung von D. G. als Zeugin konnte der Senat verzichten, weil deren im Jahr 2004 gemachte Aussage, auch wenn man sie als wahr unterstellt, der Klägerin nicht zu einem Rentenanspruch verhilft.
Nach ihrer Erklärung hat D. G. der Klägerin über mehrere Jahre zweimal Geldbeträge in Höhe von - summiert - maximal 600,00 DM pro Jahr nach Kroatien überbracht.
Die Würdigung dieses - als wahr unterstellten - Sachverhalts führt zu einer Bestätigung der Entscheidungen der Beklagten und des SG. Nicht zweifelsfrei erscheint hier schon die Regelmäßigkeit der Zahlungen. Das gesetzliche Merkmal der Regelmäßigkeit einer Unterhaltsleistung ist grundsätzlich nur bei einer monatlich wiederkehrenden Leistung in fixierter Höhe erfüllt. Dann ist es gerechtfertigt, von "Unterhalt" zu sprechen, der für den Empfänger verlässlich und berechenbar sein muss. Ob auch eine in etwa halbjährliche Zahlungsweise in diesem Sinne noch verlässlich ist, mag hier letztlich offen bleiben.
Denn es ist jedenfalls nicht das Merkmal der Wesentlichkeit erfüllt. Die Wesentlichkeit bemisst sich nach dem Mindestbedarf für einen Haushaltsvorstand im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Nach dem BSHG kommt es hier auf die Verhältnisse in Baden-Württemberg als dem Wohnsitzland des Versicherten an. Der Mindestbedarf betrug dort ab dem 01.07.1999 DM 548,00 DM (Bundesarbeitsblatt 2000, Heft 1 S.6). Unterhaltsrelevanz hätte also im Falle der Klägerin nur eine monatliche Zahlung von mindestens 137,00 DM. Auf Monate umgerechnet sind der Klägerin - legt man die Aussage der Zeugin G. zugrunde - jedoch nur 50,00 DM zugeflossen.
Weitere Zahlungen sind nicht zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin - unbewiesene - Zahlungen des Versicherten an sie während der vorgetragenen Aufenthalte in Deutschland geltend macht, müsste sie sich diese - gerade nach ihrem eigenen Vortrag - als Gegenleistung für erbrachte Haushalts- und Pflegeleistungen anrechnen lassen. Denn typischerweise sucht ein geschiedenes Paar im Zusammenleben - auch - den materiellen Vorteil, den diese gemeinsame Lebensführung für jeden der Partner offenkundig bietet im Sinne eines wechselseitigen Gebens und Nehmens. Zahlungen sind dann Gegenleistung für Haushaltsführung und damit definitionsgemäß nicht Unterhalt (siehe Bundessozialgericht - BSG - vom 25.4.1986 - Az 4a RJ 23/85). Die Haushaltsführung ist mit dem Bruttolohn einer Haushaltshilfe zu bewerten (BSG v. 12.9.1990 - Az 5 RJ 67/89). Schon aus diesem rechtlichen Grund können die von der Klägerin für die Zeit ihres Deutschlandaufenthaltes behaupteten Geld- und Sachleistungen nicht Unterhalt sein.
Insgesamt fehlt es daher an einer nachweisbaren Unterhaltsleistung.
Der mangelnde Nachweis eines Umstandes - hier Unterhaltszahlung - geht nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (s. Meyer-Ladewig, § 103 Anm. 19a) zu Lasten dessen, der sich darauf beruft, hier also der Klägerin.
Angesichts dessen war der Senat auch nicht gehalten, zu weiteren Umständen Ermittlungen durchzuführen, insbesondere auch nicht zu einer Reihe von durchaus eindrucksvollen Indizien, die gegen eine Unterhaltszahlung sprechen: - Berechnung der Beklagten zur mangelnden Unterhaltsfähigkeit des Versicherten, umso mehr, nachdem bei ihm offenbar erhebliche Schulden bestanden, - Fehlen einer schlüssigen Darlegung zur Zahlungsmotivation des Versicherten, insbesondere angesichts zweier späterer Ehen und einer anschließenden nichtehelichen Partnerschaft, - schriftliche Aussagen von Frau M. B. und das Fehlen jeglicher plausiblen Gegendarstellung der Klägerin hierzu.
Mangels nachgewiesener Unterhaltszahlung besteht daher kein Anspruch gemäß § 243 Absätze 1 oder 2 SGB VI. Auch § 243 Absatz 3 SGB VI hilft der Klägerin nicht. Denn das ausnahmsweise Absehen von einem Unterhaltsanspruch in Nr. 1 der Vorschrift knüpft an das damals geltende deutsche Ehegesetz an, welches hier - kollisionsrechtlich, s.o. - jedoch nicht anzuwenden ist. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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