Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 R 1213/04 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 846/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Erwerbsminderungsrente.
Die 1947 geborene Klägerin war ohne erlernten Beruf zunächst in Serbien von 1968 bis 1970 versicherungspflichtig beschäftigt, im Anschluss daran von 1971 bis Juli 1978 beim B.-Werk in L ... Sie war danach von August 1978 bis April 1980 in Deutschland arbeitslos gemeldet; Kindererziehungszeiten liegen noch bis Februar 1981 vor. Nach einer Lücke war sie von Januar 1987 bis Dezember 2002 sowie von März bis Mai 2003 wiederum in Serbien versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 27.03.2003 beantragte die Klägerin Rente. Sie bezieht daraufhin in ihrer Heimat Invalidenpension der I. Kategorie seit 21.05.2003. Die Klägerin wurde am 09.04.2003 durch die Invalidenkommission B. begutachtet. Danach ist die Klägerin "arbeitsunfähig für alle Arbeiten ( ...) mit Stehen und Gehen, Zwangshaltungen und Tragen von schweren Lasten". Die Kommission stellte folgende Gesundheitsstörungen fest: Diskushernie L4/5/S1 beidseits, vollständige Läsion des Peronäusnervs und anxiös depressives Syndrom, wobei der psychische Befund als "stabil" beschrieben wurde. Aus den vorliegenden Unterlagen des Zeitraums 2002 bis August 2003 ergibt sich u.a. die fachärztliche Einschätzung, dass eine Bandscheibenoperation indiziert sei; die Klägerin sei hierzu aber nicht motiviert.
Mit Bescheid vom 06.07.2004 lehnte die Beklagte - entsprechend dem Votum ihres Prüfarztes Dr. D. - den Rentenantrag aus medizinischen Gründen ab. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mehr als sechs Stunden täglich arbeiten bei Wirbelsäulenfunktionsminderung in Folge eines Bandscheibenschadens, Peronäusparese rechts und depressivem Syndrom.
Ihren Widerspruch stützte die Klägerin auf einen neuropsychiatrischen Befundbericht von Dr. D. , Medizinzentrum J. , P. , vom 20.08.2004, der eine reaktive psychische Störung festgestellt hat mit der Diagnose "Borderline/Grenzfall mit einer dominanten anxio-depressiven Störung". Es wurde eine medizinische Rehabilitation (physikalische Therapie) empfohlen.
Die Beklagte versuchte vergebens eine Arbeitgeberauskunft des B.-Werkes zu erlangen. Sie wies dann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2004 zurück. Die Klägerin genieße insbesondere keinen Berufsschutz und könne daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ohne dass eine Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 08.12.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut: Ihre seit April 2002 bestehende Erkrankung habe sie zunächst für einige Monate an den Rollstuhl gebunden. Erst nach einjähriger ärztlicher Behandlung habe sie sich zuhause mit Krücken bewegen können. Sie verstehe nicht, dass eine so schwere Erkrankung mit sehr eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit den deutschen gesetzlichen Vorschriften nicht genüge. Im Übrigen habe sich ihre Erkrankung in den letzten Monaten wieder ver-schlechtert. Ihrem Ehemann habe das rechte Bein amputiert werden müssen: "Das traf mich so sehr, dass ich wochenlang im Rollstuhl gesessen habe". Die Klägerin bezog sich nochmals auf den schon im Widerspruchsverfahren vorgelegten Befundbericht Dr. D ...
Sie erklärte sich für nicht reisefähig. In den psychiatrischen Attesten Dr. D. vom 18.01.2005 und vom 04.07.2005 wurde die Klägerin als nicht reisefähig aufgrund einer seit zwei Jahren bestehenden Invalidität erster Kategorie und Verschlechterung ihrer psychischen Erkrankung (Borderline) beurteilt.
Das SG holte ein Gutachten nach Aktenlage des Internisten Dr. R. ein. Dr. R. stellte neben den bereits von den Vorgutachtern festgestellten Gesundheitsstörungen noch einen grenzwertigen Bluthochdruck in seinem Gutachten vom 11.08.2005 fest und bescheinigte der Klägerin seit 2002 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen; bei entsprechendem orthopädischem Schuhwerk könne sie auch eine Gehstrecke von 800 m zurücklegen.
Die Klägerin lehnte das Gutachten Dr. R. ab und bestand auf einer Untersuchung in ihrer Heimat.
Das SG holte eine "neurologische Stellungnahme" nach Aktenlage vom 15.12.2005 des Nervenarztes Dr. Dr. W. ein. Dieser bestätigte die Vordiagnosen. Die von der Klägerin behauptete Reiseunfähigkeit sei nicht belegt. Die Unterlagen seien zu dürftig, um eine Einschränkung des Leistungsvermögens belegen zu können.
Gleichwohl hielt die Klägerin an der Behauptung ihrer Reiseunfähigkeit fest und legte ein weiteres Attest ihres behandelnden Nervenarztes Dr. D. vom 13.02.2006 vor, wonach sie erwerbsunfähig sei.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.03.2006 sah der gerichtliche Sachverständige Dr. Dr. W. keine Änderung. Die Klägerin legte nochmals ein Attest von Dr. D. vom April 2006 vor.
Mit Urteil vom 17.11.2006 wies das SG die Klage ab. Es bestehe bei der Klägerin noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten. Zumindest sei ihr Leistungsvermögen nicht weiter aufklärbar. Sie sei insbesondere reisefähig.
In ihrer Berufung vom 13.12.2006 wandte sich die Klägerin gegen diese Feststellung.
Der Senat wies die Klägerin darauf hin, dass es versicherungsrechtlich entscheidend auf den Zeitraum bis April 2005 ankomme.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.11.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2004 in Ge stalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2004 aufzuhe ben und 2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbs minderung ab März 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Denn zum Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - April 2005 - (I) war sie jedenfalls noch nicht erwerbsgemindert (II).
I.
Der Rentenanspruch der Klägerin ist zunächst versicherungsrechtlich limitiert. Nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung ("Drei in fünf Jahren" nach § 43 Absätze 1 und 2, jeweils Satz 1 Nr.2 i.V.m. Abs.4 des Sechsten Sozialgesetzbuches - SGB VI -) ist im Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (Leistungsfall) lediglich eine Lücke von zwei Jahren (also 24 Kalendermonate) unschädlich. Maßgeblicher Kalendermonat für die letztmalige Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ist hier für die Klägerin - bestenfalls - der April 2005, dies aus folgenden Gründen:
Im Fünf-Jahres-Zeitraum April 2000 bis April 2005 hat die Klägerin keinerlei deutsche, wohl aber noch genau die erforderlichen Anzahlen von 36 Kalendermonaten mit serbischen Pflichtversicherungszeiten. Nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 sind durch Art.25 Abs.1 "anrechnungsfähige Versicherungszeiten" beider Vertragsstaaten einander gleichgestellt. Von dieser Gleichstellung könnte die Klägerin allerdings nur profitieren, wenn das genannte Abkommen im Verhältnis zur Republik Serbien auch heute noch anwendbar wäre, wie von den Regierungen vereinbart (Notenwechsel vom 13.11.1992 - BGBl. II, 1196). Ob diese Weitergeltung - trotz fehlenden Zustimungsgesetzes im Sinne von Art.59 Abs.2 Satz 1 Grundgesetz (GG), etwa aufgrund von Völkergewohnheitsrecht - verfassungsrechtlich Bestand hat, ist noch ungeklärt (siehe hierzu den Vorlagebeschluss gemäß Art.100 Abs.2 GG des Bundessozialgerichts - BSG - vom 23.05.2006 - Az.: B 13 RJ 17/05). Im Folgenden soll daher zu Gunsten der Klägerin von Weitergeltung ausgegangen werden mit der Folge, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durch die serbischen Pflichtbeitragszeiten eben bis April 2005 erfüllt wären. Andernfalls wären sie es bereits seit 1984 nicht mehr.
Dagegen kommt es auf den Bezug serbischer Invalidenpension (seit Mai 2003) nicht an. Die "Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit" sind zwar gemäß § 43 Abs.4 Nr.1 SGB VI sogenannte "Aufschubzeiten". Serbische Rentenbezugszeiten sind aber diesen deutschen Rentenbezugszeiten weder abkommensrechtlich noch gesetzlich gleichgestellt. Die Klägerin erfüllt somit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 SGB VI heute nicht mehr. Gleiches gilt für die Übergangsvorschrift des § 241 SGB VI. Die Zeit ab Januar 1984 bis zum Rentenantrag ist nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Hier besteht insbesondere eine Lücke in den Jahren 1984 bis 1986, die auch nachträglich nicht mehr durch eine rückwirkende Belegung mit (freiwilligen) Beiträgen überbrückt werden kann.
II.
Bis April 2005 war die Klägerin aber nicht erwerbsgemindert. Zu dieser Feststellung sah sich der Senat in der Lage, ohne eigene medizinische Ermittlungen anzustellen. Insbesondere eine heutige Untersuchung der Klägerin hätte nach Auffassung des Senats keine näheren Aufschlüsse zum Gesundheitszustand bis April 2005 erbringen können. Bereits die Sachverständigen in erster Instanz haben sich mit dem Gesundheitszustand im genannten Zeitraum eingehend, wenn auch nach Aktenlage, befasst. Weitere Erkenntnisquellen für diesen Zeitraum sind seither nicht ersichtlich geworden. Nachdem weiterhin die Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen nachvollziehbar und auch für den medizinischen Laien überzeugend sind, hat sich der Senat diesen angeschlossen:
Im Vordergrund stehen bzw. standen die Bandscheibenvorfälle im Bereich der beiden unteren Lendenwirbel mit einem Nervenwurzelreiz und Druckschädigung der Ischiasnerven des rechten Beins. Aufgrund dessen ist die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule schmerzhaft eingeschränkt. Weiterhin besteht eine Aufhebung der Dorsalflexion des Fußes (Peronäus-Parese) ohne Angaben zum Kraftgrad. Die hieraus resultierende Gehbehinderung kann jedoch durch orthopädisches Schuhwerk weitgehend gebessert werden. Die Schmerzreaktion der Wirbelsäule ist wechselnd intensiv und beschränkt das Leistungsvermögen auf leichte, vorwiegend sitzende Tätigkeit. Eine operative Behandlung könnte weitere Besserung bewirken.
Dem neurologischen Bericht vom 20.08.2004 lässt sich zwar die Diagnose eines Grenzfalls einer depressiven Verstimmung (Borderline) entnehmen. Weitere Angaben zur psychischen Verfassung, etwa zur Kognition oder zur Antriebslage fehlen jedoch. Eine Reiseunfähigkeit folgt nach Auffassung der Sachverständigen weder aus dem Bandscheibenvorfall noch aus einer psychischen Reaktion, die zu einer zeitweisen Rollstuhlbenutzung geführt hat.
Das Blutdruckleiden ist nicht erheblich ausgeprägt, bewegt sich vielmehr noch im Normgrenzbereich und wirkt sich daher allenfalls auf Schwerarbeiten oder Stressarbeiten aus. Die psychische Belastbarkeit ist mäßig reduziert, Stressbelastungen sind ungeeignet.
Nach Auffassung des Senats ist diese Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen auch deshalb überzeugend, weil fundierte anders lautende ärztliche Unterlagen aus Serbien nicht vorhanden sind. Die älteren Unterlagen aus den Jahren 2002/2003 stützen im Gegenteil die Auffassung, dass die orthopädischen und psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin kein rentenberechtigendes Gewicht haben. Zwar ist die Klägerin bereits im Jahr 2003 wegen Invalidität 1. Kategorie berentet worden. Eine Bindungswirkung einer solchen Entscheidung für das hiesige Verfahren gibt es jedoch nicht. Im Gegenteil ist durchaus von unterschiedlichen sozialmedizinischen Maßstäben auszugehen. Konkret im Falle der Klägerin fällt auf, dass diese Befunde selbst keine Einschränkung im Hinblick auf die zumutbare Arbeitszeit, und somit die entscheidende Voraussetzung nach deutschem Recht, festlegen. Die Invalidenkommission führt vielmehr ausdrücklich nur qualitative Leistungseinschränkungen an. Leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen müssen im Gegenschluss als noch zumutbar angesehen werden. Dies ist deswegen von besonderer Bedeutung, da sie in deutlichen Widerspruch steht zur subjektiven Schilderung der Klägerin, die sich bereits von Beginn der Erkrankung an als so stark eingeschränkt gesehen hat, dass sie sich über viele Monate hinweg nur noch mit Rollstuhl fortbewegte. Diese Diskrepanz von subjektiven Beschwerden und objektiven Gesundheitsstörungen wird auch in den Folgebefundberichten nicht aufgelöst. Für den Folgezeitraum September 2003 bis zur letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen April 2005 liegen lediglich zwei neuropsychiatrische Befundberichte Dr. D. vor. Mit diesen haben sich die Sachverständigen Dr. R. und Dr. Dr. W. befasst und ihnen zu Recht kein gravierendes Gewicht zugemessen. Der im August 2004 erhobene psychische Befund ist nämlich von äußerster Kürze und beschreibt im wesentlichen nur "Anxiosität", "Herabsetzung der vitalen Dynamismen", "depressiv polarisierte Hyperthymia". Der spätere Befund von Januar 2005 ebenso kurz, erwähnt des weiteren eine "Unmöglichkeit zur Kontrolle von Affekte(n)" sowie zeitweilige Agressionsanfälle. Angesichts dieser - in der Tiefe wie in der Breite - wenig ergiebigen medizinischen Dokumentation seitens des behandelnden Arztes erscheint dem Senat eine gravierende Verschlechterung gegenüber dem durch die Invalidenkommission beschriebenen psychischen Zustand ("stabil") weder wahrscheinlich noch gar nachgewiesen. Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen ergaben sich ebenfalls nicht.
Nach alledem steht für den Senat fest, dass die Klägerin zum versicherungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt - bei (zugunsten der Klägerin) zugrundegelegter Weiteranwendung des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens - noch eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich verrichten konnte. Sie hat daher keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Auch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) steht ihr nicht zu, da sie keinen qualifizierten Beruf erlernt und ausgeübt hat. Die Berufung konnte somit keinen Erfolg haben.
Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Erwerbsminderungsrente.
Die 1947 geborene Klägerin war ohne erlernten Beruf zunächst in Serbien von 1968 bis 1970 versicherungspflichtig beschäftigt, im Anschluss daran von 1971 bis Juli 1978 beim B.-Werk in L ... Sie war danach von August 1978 bis April 1980 in Deutschland arbeitslos gemeldet; Kindererziehungszeiten liegen noch bis Februar 1981 vor. Nach einer Lücke war sie von Januar 1987 bis Dezember 2002 sowie von März bis Mai 2003 wiederum in Serbien versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 27.03.2003 beantragte die Klägerin Rente. Sie bezieht daraufhin in ihrer Heimat Invalidenpension der I. Kategorie seit 21.05.2003. Die Klägerin wurde am 09.04.2003 durch die Invalidenkommission B. begutachtet. Danach ist die Klägerin "arbeitsunfähig für alle Arbeiten ( ...) mit Stehen und Gehen, Zwangshaltungen und Tragen von schweren Lasten". Die Kommission stellte folgende Gesundheitsstörungen fest: Diskushernie L4/5/S1 beidseits, vollständige Läsion des Peronäusnervs und anxiös depressives Syndrom, wobei der psychische Befund als "stabil" beschrieben wurde. Aus den vorliegenden Unterlagen des Zeitraums 2002 bis August 2003 ergibt sich u.a. die fachärztliche Einschätzung, dass eine Bandscheibenoperation indiziert sei; die Klägerin sei hierzu aber nicht motiviert.
Mit Bescheid vom 06.07.2004 lehnte die Beklagte - entsprechend dem Votum ihres Prüfarztes Dr. D. - den Rentenantrag aus medizinischen Gründen ab. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mehr als sechs Stunden täglich arbeiten bei Wirbelsäulenfunktionsminderung in Folge eines Bandscheibenschadens, Peronäusparese rechts und depressivem Syndrom.
Ihren Widerspruch stützte die Klägerin auf einen neuropsychiatrischen Befundbericht von Dr. D. , Medizinzentrum J. , P. , vom 20.08.2004, der eine reaktive psychische Störung festgestellt hat mit der Diagnose "Borderline/Grenzfall mit einer dominanten anxio-depressiven Störung". Es wurde eine medizinische Rehabilitation (physikalische Therapie) empfohlen.
Die Beklagte versuchte vergebens eine Arbeitgeberauskunft des B.-Werkes zu erlangen. Sie wies dann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2004 zurück. Die Klägerin genieße insbesondere keinen Berufsschutz und könne daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ohne dass eine Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 08.12.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut: Ihre seit April 2002 bestehende Erkrankung habe sie zunächst für einige Monate an den Rollstuhl gebunden. Erst nach einjähriger ärztlicher Behandlung habe sie sich zuhause mit Krücken bewegen können. Sie verstehe nicht, dass eine so schwere Erkrankung mit sehr eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit den deutschen gesetzlichen Vorschriften nicht genüge. Im Übrigen habe sich ihre Erkrankung in den letzten Monaten wieder ver-schlechtert. Ihrem Ehemann habe das rechte Bein amputiert werden müssen: "Das traf mich so sehr, dass ich wochenlang im Rollstuhl gesessen habe". Die Klägerin bezog sich nochmals auf den schon im Widerspruchsverfahren vorgelegten Befundbericht Dr. D ...
Sie erklärte sich für nicht reisefähig. In den psychiatrischen Attesten Dr. D. vom 18.01.2005 und vom 04.07.2005 wurde die Klägerin als nicht reisefähig aufgrund einer seit zwei Jahren bestehenden Invalidität erster Kategorie und Verschlechterung ihrer psychischen Erkrankung (Borderline) beurteilt.
Das SG holte ein Gutachten nach Aktenlage des Internisten Dr. R. ein. Dr. R. stellte neben den bereits von den Vorgutachtern festgestellten Gesundheitsstörungen noch einen grenzwertigen Bluthochdruck in seinem Gutachten vom 11.08.2005 fest und bescheinigte der Klägerin seit 2002 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen; bei entsprechendem orthopädischem Schuhwerk könne sie auch eine Gehstrecke von 800 m zurücklegen.
Die Klägerin lehnte das Gutachten Dr. R. ab und bestand auf einer Untersuchung in ihrer Heimat.
Das SG holte eine "neurologische Stellungnahme" nach Aktenlage vom 15.12.2005 des Nervenarztes Dr. Dr. W. ein. Dieser bestätigte die Vordiagnosen. Die von der Klägerin behauptete Reiseunfähigkeit sei nicht belegt. Die Unterlagen seien zu dürftig, um eine Einschränkung des Leistungsvermögens belegen zu können.
Gleichwohl hielt die Klägerin an der Behauptung ihrer Reiseunfähigkeit fest und legte ein weiteres Attest ihres behandelnden Nervenarztes Dr. D. vom 13.02.2006 vor, wonach sie erwerbsunfähig sei.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.03.2006 sah der gerichtliche Sachverständige Dr. Dr. W. keine Änderung. Die Klägerin legte nochmals ein Attest von Dr. D. vom April 2006 vor.
Mit Urteil vom 17.11.2006 wies das SG die Klage ab. Es bestehe bei der Klägerin noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten. Zumindest sei ihr Leistungsvermögen nicht weiter aufklärbar. Sie sei insbesondere reisefähig.
In ihrer Berufung vom 13.12.2006 wandte sich die Klägerin gegen diese Feststellung.
Der Senat wies die Klägerin darauf hin, dass es versicherungsrechtlich entscheidend auf den Zeitraum bis April 2005 ankomme.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.11.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2004 in Ge stalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2004 aufzuhe ben und 2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbs minderung ab März 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Denn zum Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - April 2005 - (I) war sie jedenfalls noch nicht erwerbsgemindert (II).
I.
Der Rentenanspruch der Klägerin ist zunächst versicherungsrechtlich limitiert. Nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung ("Drei in fünf Jahren" nach § 43 Absätze 1 und 2, jeweils Satz 1 Nr.2 i.V.m. Abs.4 des Sechsten Sozialgesetzbuches - SGB VI -) ist im Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (Leistungsfall) lediglich eine Lücke von zwei Jahren (also 24 Kalendermonate) unschädlich. Maßgeblicher Kalendermonat für die letztmalige Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ist hier für die Klägerin - bestenfalls - der April 2005, dies aus folgenden Gründen:
Im Fünf-Jahres-Zeitraum April 2000 bis April 2005 hat die Klägerin keinerlei deutsche, wohl aber noch genau die erforderlichen Anzahlen von 36 Kalendermonaten mit serbischen Pflichtversicherungszeiten. Nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 sind durch Art.25 Abs.1 "anrechnungsfähige Versicherungszeiten" beider Vertragsstaaten einander gleichgestellt. Von dieser Gleichstellung könnte die Klägerin allerdings nur profitieren, wenn das genannte Abkommen im Verhältnis zur Republik Serbien auch heute noch anwendbar wäre, wie von den Regierungen vereinbart (Notenwechsel vom 13.11.1992 - BGBl. II, 1196). Ob diese Weitergeltung - trotz fehlenden Zustimungsgesetzes im Sinne von Art.59 Abs.2 Satz 1 Grundgesetz (GG), etwa aufgrund von Völkergewohnheitsrecht - verfassungsrechtlich Bestand hat, ist noch ungeklärt (siehe hierzu den Vorlagebeschluss gemäß Art.100 Abs.2 GG des Bundessozialgerichts - BSG - vom 23.05.2006 - Az.: B 13 RJ 17/05). Im Folgenden soll daher zu Gunsten der Klägerin von Weitergeltung ausgegangen werden mit der Folge, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durch die serbischen Pflichtbeitragszeiten eben bis April 2005 erfüllt wären. Andernfalls wären sie es bereits seit 1984 nicht mehr.
Dagegen kommt es auf den Bezug serbischer Invalidenpension (seit Mai 2003) nicht an. Die "Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit" sind zwar gemäß § 43 Abs.4 Nr.1 SGB VI sogenannte "Aufschubzeiten". Serbische Rentenbezugszeiten sind aber diesen deutschen Rentenbezugszeiten weder abkommensrechtlich noch gesetzlich gleichgestellt. Die Klägerin erfüllt somit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 SGB VI heute nicht mehr. Gleiches gilt für die Übergangsvorschrift des § 241 SGB VI. Die Zeit ab Januar 1984 bis zum Rentenantrag ist nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Hier besteht insbesondere eine Lücke in den Jahren 1984 bis 1986, die auch nachträglich nicht mehr durch eine rückwirkende Belegung mit (freiwilligen) Beiträgen überbrückt werden kann.
II.
Bis April 2005 war die Klägerin aber nicht erwerbsgemindert. Zu dieser Feststellung sah sich der Senat in der Lage, ohne eigene medizinische Ermittlungen anzustellen. Insbesondere eine heutige Untersuchung der Klägerin hätte nach Auffassung des Senats keine näheren Aufschlüsse zum Gesundheitszustand bis April 2005 erbringen können. Bereits die Sachverständigen in erster Instanz haben sich mit dem Gesundheitszustand im genannten Zeitraum eingehend, wenn auch nach Aktenlage, befasst. Weitere Erkenntnisquellen für diesen Zeitraum sind seither nicht ersichtlich geworden. Nachdem weiterhin die Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen nachvollziehbar und auch für den medizinischen Laien überzeugend sind, hat sich der Senat diesen angeschlossen:
Im Vordergrund stehen bzw. standen die Bandscheibenvorfälle im Bereich der beiden unteren Lendenwirbel mit einem Nervenwurzelreiz und Druckschädigung der Ischiasnerven des rechten Beins. Aufgrund dessen ist die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule schmerzhaft eingeschränkt. Weiterhin besteht eine Aufhebung der Dorsalflexion des Fußes (Peronäus-Parese) ohne Angaben zum Kraftgrad. Die hieraus resultierende Gehbehinderung kann jedoch durch orthopädisches Schuhwerk weitgehend gebessert werden. Die Schmerzreaktion der Wirbelsäule ist wechselnd intensiv und beschränkt das Leistungsvermögen auf leichte, vorwiegend sitzende Tätigkeit. Eine operative Behandlung könnte weitere Besserung bewirken.
Dem neurologischen Bericht vom 20.08.2004 lässt sich zwar die Diagnose eines Grenzfalls einer depressiven Verstimmung (Borderline) entnehmen. Weitere Angaben zur psychischen Verfassung, etwa zur Kognition oder zur Antriebslage fehlen jedoch. Eine Reiseunfähigkeit folgt nach Auffassung der Sachverständigen weder aus dem Bandscheibenvorfall noch aus einer psychischen Reaktion, die zu einer zeitweisen Rollstuhlbenutzung geführt hat.
Das Blutdruckleiden ist nicht erheblich ausgeprägt, bewegt sich vielmehr noch im Normgrenzbereich und wirkt sich daher allenfalls auf Schwerarbeiten oder Stressarbeiten aus. Die psychische Belastbarkeit ist mäßig reduziert, Stressbelastungen sind ungeeignet.
Nach Auffassung des Senats ist diese Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen auch deshalb überzeugend, weil fundierte anders lautende ärztliche Unterlagen aus Serbien nicht vorhanden sind. Die älteren Unterlagen aus den Jahren 2002/2003 stützen im Gegenteil die Auffassung, dass die orthopädischen und psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin kein rentenberechtigendes Gewicht haben. Zwar ist die Klägerin bereits im Jahr 2003 wegen Invalidität 1. Kategorie berentet worden. Eine Bindungswirkung einer solchen Entscheidung für das hiesige Verfahren gibt es jedoch nicht. Im Gegenteil ist durchaus von unterschiedlichen sozialmedizinischen Maßstäben auszugehen. Konkret im Falle der Klägerin fällt auf, dass diese Befunde selbst keine Einschränkung im Hinblick auf die zumutbare Arbeitszeit, und somit die entscheidende Voraussetzung nach deutschem Recht, festlegen. Die Invalidenkommission führt vielmehr ausdrücklich nur qualitative Leistungseinschränkungen an. Leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen müssen im Gegenschluss als noch zumutbar angesehen werden. Dies ist deswegen von besonderer Bedeutung, da sie in deutlichen Widerspruch steht zur subjektiven Schilderung der Klägerin, die sich bereits von Beginn der Erkrankung an als so stark eingeschränkt gesehen hat, dass sie sich über viele Monate hinweg nur noch mit Rollstuhl fortbewegte. Diese Diskrepanz von subjektiven Beschwerden und objektiven Gesundheitsstörungen wird auch in den Folgebefundberichten nicht aufgelöst. Für den Folgezeitraum September 2003 bis zur letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen April 2005 liegen lediglich zwei neuropsychiatrische Befundberichte Dr. D. vor. Mit diesen haben sich die Sachverständigen Dr. R. und Dr. Dr. W. befasst und ihnen zu Recht kein gravierendes Gewicht zugemessen. Der im August 2004 erhobene psychische Befund ist nämlich von äußerster Kürze und beschreibt im wesentlichen nur "Anxiosität", "Herabsetzung der vitalen Dynamismen", "depressiv polarisierte Hyperthymia". Der spätere Befund von Januar 2005 ebenso kurz, erwähnt des weiteren eine "Unmöglichkeit zur Kontrolle von Affekte(n)" sowie zeitweilige Agressionsanfälle. Angesichts dieser - in der Tiefe wie in der Breite - wenig ergiebigen medizinischen Dokumentation seitens des behandelnden Arztes erscheint dem Senat eine gravierende Verschlechterung gegenüber dem durch die Invalidenkommission beschriebenen psychischen Zustand ("stabil") weder wahrscheinlich noch gar nachgewiesen. Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen ergaben sich ebenfalls nicht.
Nach alledem steht für den Senat fest, dass die Klägerin zum versicherungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt - bei (zugunsten der Klägerin) zugrundegelegter Weiteranwendung des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens - noch eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich verrichten konnte. Sie hat daher keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Auch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) steht ihr nicht zu, da sie keinen qualifizierten Beruf erlernt und ausgeübt hat. Die Berufung konnte somit keinen Erfolg haben.
Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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