Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 SO 68/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 103/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 7. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weiterzahlung der Miete für den Zeitraum der Inhaftierung des Kläges vom 28.11.2004 bis 27.01. 2006 streitig.
Der 1966 geborene Kläger verbüßte vom 28.11.2004 bis 27.01.2006 eine Freiheitsstrafe. Seinen Antrag auf Übernahme bzw. Weiterzahlung der Mietkosten während der Inhaftierung ab 01.01.2005 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.04.2005 ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Niederbayern mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2005 als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid enthielt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung. Laut der vorliegenden Postzustellungsurkunde (PZU) wurde der Widerspruchsbescheid dem Kläger bzw. dem zum Empfang ermächtigten Vertreter in der Justizvollzugsanstalt (JVA) am 26.07.2005 zugestellt bzw. ausgehändigt.
Mit Schreiben vom 25.08.2005 - Eingang beim Sozialgericht (SG) Landshut am 31.08.2005 - erhob der Kläger "zur Fristwahrung" Klage.
Mit Schreiben vom 15.09.2005 wies das SG den Kläger auf die Verfristung der Klage hin. Am 30.09.2005 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe bereits am Morgen des 25.08.2005, also vor Fristablauf, die Klageschrift zur Post gegeben. Er habe also davon ausgehen können und dürfen, dass die Klageschrift fristgemäß beim SG eingehen würde. Es sei wohl davon auszugehen, dass seine Post durch die JVA verspätet weitergeleitet worden sei.
Ermittlungen bei der JVA ergaben, dass die Gefangenen jeden Tag bis 6.00 Uhr früh ihre ausgehende Post in den internen Briefkasten der JVA legen müssen. Dieser werde anschließend von der Poststelle geleert und die Briefe zur Zensur gegeben. Spätestens bis 14.30 Uhr werde die Post des betreffenden Tages in den Briefkasten gegenüber der JVA eingeworfen. Zur Wahrung einer Frist sei es möglich, die Post dem zuständigen Aufsichtsbeamten unmittelbar zu übergeben, welcher dann veranlasse, dass der Brief (ggf. mit Einschreiben) ebenfalls am gleichen Tag zur Post gegeben werde. Aufzeichnungen über ein- und ausgehende Post würden nicht existieren.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 wies das SG wegen Verfristung die Klage ab. Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren. Zwar könne der Kläger die Frist bis zum Ende ausschöpfen, jedoch erhöhe sich kurz vor Fristablauf die Sorgfaltspflicht. Nachdem die Klagefrist am 26.08.2005 geendet habe und der Kläger erst am 25.08.2005 die Klageschrift gefertigt habe, habe es an ihm gelegen, für eine rechtzeitige Weiterleitung des Schriftstückes innerhalb der JVA zu sorgen.
Gegen den Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 richtet sich die Berufung des Klägers, die nicht begründet wurde, weshalb der Beklagte auf sein bisheriges Vorbringen verwies.
Er hält den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 07.11.2006 für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen des Beklagen und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid vom 13.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25 Juli 2005 ist bindend geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X, § 77 SGG), ohne dass eine weitere sachliche Überprüfung durch das SG erfolgen konnte.
Denn die Klage war wegen Verfristung unzulässig. Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben, was hier nicht erfolgt ist.
Der mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehene Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 25.07.2005 ist dem Kläger gemäß der vorliegenden PZU am 26.07.2005 bekannt gegeben worden. Dies erfolgte jedoch durch Aushändigung an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter. An der Wirksamkeit der Bekanntgabe bestehen keine Zweifel. Sie hatte gemäß § 85 Abs. 3 S. 2 SGG entsprechend dem Verwaltungszustellungsgesetz erfolgen dürfen. Gemäß § 3 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZRNovG), durch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 G v. 12.8.2005 I 2354 mWv 01.02.2006 ist eine Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde erlaubt. Für das Zustellen durch den Postbediensteten gelten die Vorschriften der §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung - ZPO - (§ 3 Abs. 3 VwZRNovG). Nach 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist in Gemeinschaftseinrichtungen die Zustellung des Schriftstücks an den Leiter der Einrichtung oder einer dazu ermächtigten Vertreter wirksam.
Die Frist für die Einlegung der Klage begann daher am 27.07. 2005 und endete mit Ablauf des 26.08.2005. Ausweislich des Eingangsstempels ist die Klageschrift vom 25.08.2005 erst am 31.08.2005 beim SG eingegangen. Sie war damit verfristet.
Zu Recht hat das SG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Mit Schreiben vom 15.09.2005 hat das SG den Kläger auf die Verfristung aufmerksam gemacht. Am 30.09.2005 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 67 Abs. 2 SGG ist der Antrag binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses - hier des Hinweises des SG im Schreiben vom 15.09. 2005 - zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Anspruchs sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen, was hier durch den Antrag vom 30.07.2005 geschehen ist.
Der Kläger hat die Klagefrist aber auch insoweit schuldhaft versäumt.
§ 67 SGG liegt ein subjektiver Sorgfaltsbegriff zugrunde. Verschuldet ist die versäumte Verfahrensfrist, wenn ein Beteiligter nicht die ihm nach seinen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt beachtet, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (BSG, 18.03.1987 - 9b RU 8/86 - SozR 1500 § 67 Nr. 18). Unterschiedliche Anforderungen sind daher bei Privatpersonen, Behördenvertretern und Rechtsanwälten zu stellen, wobei die Anforderungen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht zu hoch angesetzt werden (BVerfG, 11.02.1976 - 2 BvR 849/75 - BVerfGE 41, 332).
Grundsätzlich dürfen Fristen ausgeschöpft werden, jedoch erhöht sich an ihrem Ende der Sorgfaltsmaßstab (BSG, 31.03.1993 - 13 Rj 9/92 - SozR 3-1500 § 67 Nr. 7). So darf der Rechtsmittelführer die Bearbeitung (grundsätzlich) auch noch für den letzten Tag der Frist vorsehen, aber nur, wenn er die fristwahrende Handlung noch rechtzeitig vornehmen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.10.1999 - 2 BvR 934/90). Allerdings trifft ihn bei voller Ausschöpfung der Frist eine erhöhte Sorgfaltspflicht, darauf zu achten, dass die Übermittlung noch rechtzeitig und wirksam innerhalb der Frist erfolgt (vgl. BGH NJW 1982, 2670; 1989, 2393; BVerwG Buchholz 310 § 60 Nr. 124 - S. 12). Im Rahmen dieser gesteigerten Sorgfaltsanforderungen hat der BGH u.a. eine unvorhergesehene Reifenpanne (BGH VersR 1988, 249) und Verzögerungen durch ein den eigenen Wagen blockierendes, verkehrswidrig abgestelltes Fahrzeug (BGH NJW 1989, 2393) als Umstände gewertet, die eine Fristversäumung entschuldigen können, nicht aber eine erheblich nachgehende Uhr, da sich ein Rechtsanwalt in solch einer Situation nicht allein auf den genauen Gang seiner eigenen Armbanduhr verlassen dürfe (BGH VersR 1985, 477, 478).
Ein die Wiedereinsetzung rechtfertigender Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Klageschrift datiert vom 25.08.2005, also einen Tag vor Ablauf der Klagefrist. Aufgrund der Angaben der JVA A. , an deren Wahrheitsgehalt als amtlicher Auskunft (§ 106a Abs. 3 Nr. 3 SGG; § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) der Senat keine Zweifel hatte, steht fest, dass die Gefangenen jeden Tag bis 6.00 Uhr früh ihre ausgehende Post in den internen Brifkasten der JVA legen müssen. Dieser wird anschließend von der Poststelle geleert und die Briefe werden zur Zensur gegeben. Spätestens bis 14.30 Uhr wird die Post des betreffenden Tages dann in den Briefkasten gegenüber der JVA eingeworfen. Zur Wahrung einer Frist ist es zudem möglich, die Post dem zuständigen Aufsichtsbeamten unmittelbar zu übergeben, welcher dann veranlasst, dass der Brief (ggf. mit Einschreiben) ebenfalls am gleichen Tag zur Post gegeben wird. Es steht aufgrund der Ermittlungen bei der JVA zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger mit dieser Vorgehensweise vertraut war und sich nicht entsprechend verhalten hat. Zwar führt die JVA A. keine Aufzeichnungen über ein- bzw. ausgehende Post der Gefangenen. Aufgrund der tatsächlichen Gegegenheiten und des Ablaufs bei der Postbeförderung steht jedoch fest, dass der Kläger die Klageschrift nicht rechtzeitig zur Beförderung übergeben hat.
Eine Fristwahrung durch die Einlegung in den internen Briefkasten der JVA ist nicht geschehen (vgl. die in § 91 Abs. 1 SGG aufgezählten Fälle).
Somit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 07.11.2006 zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Kläger ist unterlegen (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weiterzahlung der Miete für den Zeitraum der Inhaftierung des Kläges vom 28.11.2004 bis 27.01. 2006 streitig.
Der 1966 geborene Kläger verbüßte vom 28.11.2004 bis 27.01.2006 eine Freiheitsstrafe. Seinen Antrag auf Übernahme bzw. Weiterzahlung der Mietkosten während der Inhaftierung ab 01.01.2005 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.04.2005 ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Niederbayern mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2005 als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid enthielt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung. Laut der vorliegenden Postzustellungsurkunde (PZU) wurde der Widerspruchsbescheid dem Kläger bzw. dem zum Empfang ermächtigten Vertreter in der Justizvollzugsanstalt (JVA) am 26.07.2005 zugestellt bzw. ausgehändigt.
Mit Schreiben vom 25.08.2005 - Eingang beim Sozialgericht (SG) Landshut am 31.08.2005 - erhob der Kläger "zur Fristwahrung" Klage.
Mit Schreiben vom 15.09.2005 wies das SG den Kläger auf die Verfristung der Klage hin. Am 30.09.2005 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe bereits am Morgen des 25.08.2005, also vor Fristablauf, die Klageschrift zur Post gegeben. Er habe also davon ausgehen können und dürfen, dass die Klageschrift fristgemäß beim SG eingehen würde. Es sei wohl davon auszugehen, dass seine Post durch die JVA verspätet weitergeleitet worden sei.
Ermittlungen bei der JVA ergaben, dass die Gefangenen jeden Tag bis 6.00 Uhr früh ihre ausgehende Post in den internen Briefkasten der JVA legen müssen. Dieser werde anschließend von der Poststelle geleert und die Briefe zur Zensur gegeben. Spätestens bis 14.30 Uhr werde die Post des betreffenden Tages in den Briefkasten gegenüber der JVA eingeworfen. Zur Wahrung einer Frist sei es möglich, die Post dem zuständigen Aufsichtsbeamten unmittelbar zu übergeben, welcher dann veranlasse, dass der Brief (ggf. mit Einschreiben) ebenfalls am gleichen Tag zur Post gegeben werde. Aufzeichnungen über ein- und ausgehende Post würden nicht existieren.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 wies das SG wegen Verfristung die Klage ab. Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren. Zwar könne der Kläger die Frist bis zum Ende ausschöpfen, jedoch erhöhe sich kurz vor Fristablauf die Sorgfaltspflicht. Nachdem die Klagefrist am 26.08.2005 geendet habe und der Kläger erst am 25.08.2005 die Klageschrift gefertigt habe, habe es an ihm gelegen, für eine rechtzeitige Weiterleitung des Schriftstückes innerhalb der JVA zu sorgen.
Gegen den Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 richtet sich die Berufung des Klägers, die nicht begründet wurde, weshalb der Beklagte auf sein bisheriges Vorbringen verwies.
Er hält den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 07.11.2006 für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen des Beklagen und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid vom 13.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25 Juli 2005 ist bindend geworden (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X, § 77 SGG), ohne dass eine weitere sachliche Überprüfung durch das SG erfolgen konnte.
Denn die Klage war wegen Verfristung unzulässig. Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben, was hier nicht erfolgt ist.
Der mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehene Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 25.07.2005 ist dem Kläger gemäß der vorliegenden PZU am 26.07.2005 bekannt gegeben worden. Dies erfolgte jedoch durch Aushändigung an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter. An der Wirksamkeit der Bekanntgabe bestehen keine Zweifel. Sie hatte gemäß § 85 Abs. 3 S. 2 SGG entsprechend dem Verwaltungszustellungsgesetz erfolgen dürfen. Gemäß § 3 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZRNovG), durch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 G v. 12.8.2005 I 2354 mWv 01.02.2006 ist eine Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde erlaubt. Für das Zustellen durch den Postbediensteten gelten die Vorschriften der §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung - ZPO - (§ 3 Abs. 3 VwZRNovG). Nach 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist in Gemeinschaftseinrichtungen die Zustellung des Schriftstücks an den Leiter der Einrichtung oder einer dazu ermächtigten Vertreter wirksam.
Die Frist für die Einlegung der Klage begann daher am 27.07. 2005 und endete mit Ablauf des 26.08.2005. Ausweislich des Eingangsstempels ist die Klageschrift vom 25.08.2005 erst am 31.08.2005 beim SG eingegangen. Sie war damit verfristet.
Zu Recht hat das SG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Mit Schreiben vom 15.09.2005 hat das SG den Kläger auf die Verfristung aufmerksam gemacht. Am 30.09.2005 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 67 Abs. 2 SGG ist der Antrag binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses - hier des Hinweises des SG im Schreiben vom 15.09. 2005 - zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Anspruchs sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen, was hier durch den Antrag vom 30.07.2005 geschehen ist.
Der Kläger hat die Klagefrist aber auch insoweit schuldhaft versäumt.
§ 67 SGG liegt ein subjektiver Sorgfaltsbegriff zugrunde. Verschuldet ist die versäumte Verfahrensfrist, wenn ein Beteiligter nicht die ihm nach seinen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt beachtet, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (BSG, 18.03.1987 - 9b RU 8/86 - SozR 1500 § 67 Nr. 18). Unterschiedliche Anforderungen sind daher bei Privatpersonen, Behördenvertretern und Rechtsanwälten zu stellen, wobei die Anforderungen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht zu hoch angesetzt werden (BVerfG, 11.02.1976 - 2 BvR 849/75 - BVerfGE 41, 332).
Grundsätzlich dürfen Fristen ausgeschöpft werden, jedoch erhöht sich an ihrem Ende der Sorgfaltsmaßstab (BSG, 31.03.1993 - 13 Rj 9/92 - SozR 3-1500 § 67 Nr. 7). So darf der Rechtsmittelführer die Bearbeitung (grundsätzlich) auch noch für den letzten Tag der Frist vorsehen, aber nur, wenn er die fristwahrende Handlung noch rechtzeitig vornehmen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.10.1999 - 2 BvR 934/90). Allerdings trifft ihn bei voller Ausschöpfung der Frist eine erhöhte Sorgfaltspflicht, darauf zu achten, dass die Übermittlung noch rechtzeitig und wirksam innerhalb der Frist erfolgt (vgl. BGH NJW 1982, 2670; 1989, 2393; BVerwG Buchholz 310 § 60 Nr. 124 - S. 12). Im Rahmen dieser gesteigerten Sorgfaltsanforderungen hat der BGH u.a. eine unvorhergesehene Reifenpanne (BGH VersR 1988, 249) und Verzögerungen durch ein den eigenen Wagen blockierendes, verkehrswidrig abgestelltes Fahrzeug (BGH NJW 1989, 2393) als Umstände gewertet, die eine Fristversäumung entschuldigen können, nicht aber eine erheblich nachgehende Uhr, da sich ein Rechtsanwalt in solch einer Situation nicht allein auf den genauen Gang seiner eigenen Armbanduhr verlassen dürfe (BGH VersR 1985, 477, 478).
Ein die Wiedereinsetzung rechtfertigender Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Klageschrift datiert vom 25.08.2005, also einen Tag vor Ablauf der Klagefrist. Aufgrund der Angaben der JVA A. , an deren Wahrheitsgehalt als amtlicher Auskunft (§ 106a Abs. 3 Nr. 3 SGG; § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) der Senat keine Zweifel hatte, steht fest, dass die Gefangenen jeden Tag bis 6.00 Uhr früh ihre ausgehende Post in den internen Brifkasten der JVA legen müssen. Dieser wird anschließend von der Poststelle geleert und die Briefe werden zur Zensur gegeben. Spätestens bis 14.30 Uhr wird die Post des betreffenden Tages dann in den Briefkasten gegenüber der JVA eingeworfen. Zur Wahrung einer Frist ist es zudem möglich, die Post dem zuständigen Aufsichtsbeamten unmittelbar zu übergeben, welcher dann veranlasst, dass der Brief (ggf. mit Einschreiben) ebenfalls am gleichen Tag zur Post gegeben wird. Es steht aufgrund der Ermittlungen bei der JVA zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger mit dieser Vorgehensweise vertraut war und sich nicht entsprechend verhalten hat. Zwar führt die JVA A. keine Aufzeichnungen über ein- bzw. ausgehende Post der Gefangenen. Aufgrund der tatsächlichen Gegegenheiten und des Ablaufs bei der Postbeförderung steht jedoch fest, dass der Kläger die Klageschrift nicht rechtzeitig zur Beförderung übergeben hat.
Eine Fristwahrung durch die Einlegung in den internen Briefkasten der JVA ist nicht geschehen (vgl. die in § 91 Abs. 1 SGG aufgezählten Fälle).
Somit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 07.11.2006 zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Kläger ist unterlegen (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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