L 15 V 4/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 V 40/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 V 4/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Januar 2007 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1922 geborene Kläger ist schwerkriegsbeschädigt im Sinne von § 31 Abs.3 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Er begehrt im Rahmen der Heilbehandlung eine Kostenübernahme für das Medikament "IRS 19 Spray".

Das Versorgungsamt M. hat mit zuletzt maßgeblichem Bescheid vom 20.10.1981 als Folgen einer Schädigung im Sinne des BVG anerkannt: 1. Geringe Reste einer Querschnittsläsion nach schief verheiltem Stauchungsbruch des 1. Lendenwirbels mit Absprengung an der vorderen oberen Kante; leichte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule. 2. Ausgedehnte Rückgratverbiegung und dadurch bedingte Muskelverspannung im Bereich der langen Rückenmuskulatur. 3. Verlust des Zahnes 6 links oben mit Teilen des dazu gehörigen Zahnfaches und gut verheilter Verschlussplastik zur Kieferhöhle, Teilschädigung des Drillingsnervens (zweiter Ast) und hierdurch bedingte neuralgische Beschwerden in diesem Bereich und reizlose Narbe an der rechten Kinnseite nach Splitterverwundung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist gemäß § 30 Abs.1 BVG mit 60 v.H. bewertet worden.

Die HNO-Ärzte Dres.P. haben am 22.06.2006 das Medikament "IRS 19 Spray" verordnet. Es handelt sich hierbei um eine multibakterielle Spraylösung zur Bekämpfung rezidivierender und chronischer bakterieller Infekte und Superinfekte der Atemwege. Der Handelswert (20 ml = N1) beträgt 18,41 EUR.

Der Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales - Region Oberbayern II vom 07.07.2006 ausgesprochen, dass entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.07.2006 das beantragte "IRS 19 Spray" in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den im Bescheid vom 20.10.1981 anerkannten Gesundheitsstörungen stehe. Eine Bestätigung für den behandelnden Arzt bzw. die Krankenkasse, dass eine Kostenübernahme im Rahmen des BVG möglich sei, könne daher nicht ausgestellt werden.

Der Widerspruch vom 10.07.2006 gegen den Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales - Region Oberbayern II vom 07.07. 2006 ist mit Widerspruchsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 13.10.2006 zurückgewiesen worden. Der Heilbehandlungsanspruch nach dem BVG umfasse gemäß § 11 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BVG auch die Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln, jedoch nur im Rahmen des Leistungsumfanges der gesetzlichen Krankenkassen, soweit das BVG nichts anderes bestimme. Lediglich für die Behandlung von Schädigungsfolgen greife ein Härteausgleich gemäß § 89 BVG aus dem Jahre 1989, der im Falle von schädigungsbedingt notwendigen Medikationen eine Gewährung von Arzneimitteln zulasse, die durch § 34 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) ausgeschlossen seien. Nach den vorliegenden versorgungsärztlichen Stellungnahmen sei die Verordnung von "IRS 19 Spray" nicht wegen der anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich bzw. stehe mit ihnen in keinem ursächlichen Zusammenhang, sondern sei offensichtlich zur Behandlung der schädigungsunabhängig vorliegenden schweren Emphysembronchitis und deren Folgen verordnet worden. Eine Kostenübernahme im Rahmen des BVG sei daher nicht möglich. Die Anerkennung eines Lungenemphysems und damit verbundener bronchitischer Erscheinungen sei bereits mit Bescheid des Versorgungsamtes München II vom 11.05.1966 in Gestalt des Ausführungsbescheides vom 05.01.1977 bestandskräftig abgelehnt worden.

Die hiergegen gerichtete Klage ist mit Urteil des Sozialgerichts München vom 17.01.2007 - S 33 V 40/06 abgewiesen worden. Nachdem das fragliche Medikament privat rezeptiert und auch vom Kläger gegenüber der insoweit gemäß § 18c BVG zuständigen AOK Bayern keine Kostenübernahme im Rahmen des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenkasse geltend gemacht worden sei, käme ausschließlich eine Kostenerstattung im Rahmen des § 89 Abs.1 BVG im Wege eines Härteausgleichs in Betracht. Eine solche Kostenübernahme sei von dem Beklagten zu Recht unter Hinweis darauf abgelehnt worden, dass das fragliche Medikament nicht zur Behandlung der anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich sei. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme sei zutreffend darauf hingewiesen worden, dass die Anerkennung eines Lungenemphysems und damit verbundener bronchitischer Erscheinungen als Kriegsschädigungsfolge mit bindendem Bescheid des Versorgungsamtes M. vom 11.05.1966 abgelehnt worden sei. Die Gesundheitsstörung einer schweren Emphysembronchitis sei ausschließlich im Schwerbehindertenverfahren anerkannt.

Der Kläger legte gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.01.2007 - S 33 V 40/06 am 13.03.2007 Berufung ein. Von Seiten des Bayer. Landessozialgerichts wurden die erstinstanzlichen Akten und die Unterlagen des Beklagten beigezogen. Entsprechend dem Schriftsatz des Beklagten vom 16.04.2007 wurde die AOK Bayern mit Beschluss vom 23.04.2007 beigeladen.

Der Kläger trägt in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2007 vor, dass er die Berufung aufrecht erhält, aber keinen Antrag stellt.

Der Bevollmächtigte des Beklagten stellt den Antrag, die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen stellt keinen Antrag.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG unzulässig.

Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 EUR nicht übersteigt.

Streitgegenständlich ist die einmalige Verordnung des Medikaments "IRS 19 Spray" mit Privatrezept der Dres.P. vom 22.06.2006. Der Handelswert dieser multibakteriellen Spraylösung (20 ml = N1) beträgt 18,41 EUR. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt somit erheblich unter 500,00 EUR (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).

Nachdem das Sozialgericht München die Berufung nicht zugelassen hat und die Berufung mangels grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 144 Abs.2 Nr.1 SGG auch nicht zuzulassen ist, ist die Berufung des Klägers vom 13.03.2007 als unzulässig zu verwerfen.

Eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde im Sinne von § 145 SGG ist nicht veranlasst. Denn die Umdeutung des eingelegten Rechtsbehelfs in einen anderen zulässigen ist grundsätzlich ausgeschlossen (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, Rz.15c vor § 143 SGG). Anders als im Zivilprozess ist in Verfahren nach dem SGG und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Rechtsprechung insoweit wesentlich enger, was wiederum mit der Rechtsmittelbelehrung durch das erstinstanzliche Gericht zusammenhängt. In Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Beklagten wird auch bei nicht rechtskundig Vertretenen eine Umdeutung grundsätzlich nicht für möglich gehalten (Meyer-Ladewig a.a.O. mit Hinweisen auf die höchstrichtreliche Rechtsprechung).

Abgesehen davon ist daran zu erinnern, dass die Anerkennung eines Lungenemphysems und damit verbundener bronchitischer Erscheinungen bereits mit Bescheid vom 11.05.1966 in Gestalt des Ausführungsbescheides vom 05.01.1977 bestandskräftig abgelehnt worden ist. Eine nochmalige Überprüfung nach § 44 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X), welche der Kläger verwaltungsseitig beantragen müsste, erscheint jedoch bereits unter dem Gesichtspunkt nicht erfolgversprechend, dass nach dem gemeinsamen Bekunden des Klägers und des Bevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2007 das streitgegenständliche Medikament "IRS 19 Spray" zwischenzeitlich von seiten des Herstellers vom deutschen Markt genommen worden ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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