L 2 U 85/07 A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 85/07 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen Prof. Dr. D. wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung setzt voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat; vielmehr rechtfertigt schon der bei den ablehnenden Beteiligten erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn von dessen Standpunkt genügend Gründe vorhanden sind, die in den Augen eines vernünftigen und verständigen Menschen geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erwecken (ständige Rechtssprechung; vgl. etwa Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. November 2002 - X ZR 178/01). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit des Gutachtens reichen für sich allein zur Ablehnung des Sachverständigen jedoch nicht aus (vgl. Bundesgerichtshof a.a.O., LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 1997, 373, 375). Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen 2 Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa aus dem Inhalt des Gutachtens, ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Vorliegend wurde schon nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Prof. Dr. D. ist mit Verfügung vom 28. April 2006 zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt worden. Das unter dem 30. Oktober 2006 datierte Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen wurde den Beteiligten mit Gerichtsschreiben vom 14. November 2006 übersandt. Erst am 3. Januar 2007 wurde der gerichtliche Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Soweit der Kläger nach Kenntnis des für ihn negativen Gutachtens Nachforschungen im Internet angestellt hat, hätte er dies binnen 2 Wochen nach der Ernennung des Gutachters durchführen müssen, um nicht das Ablehnungsrecht zu verlieren (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Auflage, § 406 Rdnr. 25). Soweit der Kläger vorträgt, zwischenzeitlich in Erfahrung gebracht zu haben, dass die Reha-Abteilung der Uni H. ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich Patienten von Berufsgenossenschaften unterbringe, ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Grund unverschuldet erst am 3. Januar 2007 geltend gemacht werden konnte. Der Kläger war im Juli 2006 untersucht worden, so dass nicht erkennbar ist, dass die zwischenzeitlichen Erkenntnisse nicht hätten vorher in Erfahrung gebracht werden können. Demgemäß ist auch der Ablehnungsgrund, "wess’ Brot ist ess’, dess’ Lied ich sing" nicht unverzüglich geltend gemacht.

Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass die geltend gemachten Gründe auch in der Sache eine Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen. Dass der ärztliche Direktor der Abteilung Klinische Sozialmedizin mit Schwerpunkt Gesundheitssystemforschung, Berufs- und Umweltdermatologie des Universitätsklinikums H. sich mit Berufskrankheiten beschäftigt und auch Erkrankte untersucht bzw. behandelt, die bei den Berufsgenossenschaften versichert sind, begründet keinen vernünftigen Zweifel an der Objektivität und Unparteilichkeit des Sachverständigen, auch besteht kein Anhalt für ein irgendwie geartetes Abhängigkeitsverhältnis (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., OLG München, NJW 2007, 1540). In den Augen eines vernünftigen und verständigen Menschen ist es nicht zu beanstanden, dass ärztliche Direktoren der Abteilung Klinische Sozialmedizin einer Universitätsklinik mit Schwerpunkt Berufsdermatologie nicht nur Begutachtungen für Gerichte vornehmen, sondern auch Erkrankte behandeln und Schulungen anbieten. Selbst eine Tätigkeit in einem vom HVBG getragenen Institut, als Durchgangsarzt oder in einer berufsgenossenschaftlichen Klinik begründet alleine keine Besorgnis der Befangenheit (vgl. HK-SGG/Roller, 2. Aufl. § 118 Rdnr. 24 m.w.N.).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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