Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 20 R 91/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Rente unter Zugrundelegung eines ungekürzten Zugangsfaktors unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.05.2006 (Az.: B 4 RA 22/05 R).
Die Beklagte bewilligte dem 1948 geborenen Kläger ab dem 01.03.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, befristet bis zum 31.10.2008 (Bescheid vom 18.12.2006) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.01.2007). Außerdem bewilligte sie Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.09.2006 auf Dauer (Bescheid vom 21.12.2006 ), die jedoch wegen Hinzuverdienstes nicht zur Auszahlung kam. In der Anlage 6 der Bewilligungsbescheide heißt es jeweils, dass der Zugangsfaktor von 1,0 für 36 Kalendermonate um 0,108 auf 0,892 vermindert wird.
Hiergegen erhob der Kläger unter Hinweis auf das Urteils des BSG vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R Widerspruch. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass und aus welchen Gründen sie der Entscheidung des BSG über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht folgen werde, und schlug dem Kläger vor, den Ausgang von verschiedenen Musterverfahren abzuwarten. Damit war der Kläger nicht einverstanden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch am 17.04.2007 mit der Begründung zurück, der Rechtsprechung des BSG vom 16.05.2006 werde über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Die Reduzierung des Zugangsfaktors nach § 77 SGB VI sei zunächst nur für vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente vorgeschrieben gewesen. Zum 01.01.2001 sei § 77 SGB VI ergänzt worden und erfasse hinsichtlich der Reduzierung des Zugangsfaktors nunmehr auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie Renten wegen Todes. Nach dem Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sei zunächst die Grundregel aufgestellt, dass für die bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu Grunde zu legenden Entgeltpunkte der Zugangsfaktor zu reduzieren sei, wenn diese vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen würden. Zudem bestimme diese Vorschrift, ab welchem Zeitpunkt die Anzahl der Monate zu bestimmen sei, die für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend seien. Mit dem Datum" Vollendung des 63. Lebensjahres" werde deshalb auch ein Zeitpunkt zur Berechnung des Minderungszeitraums genannt (Beginn des zeitlich rückwärts zu betrachtenden Zeitraums). Die Berechnung setze sich sodann in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI fort, wonach nicht jeder Monat, in dem die Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werde, zu einer Reduzierung des Zugangsfaktors führen solle. Eine Reduzierung sei ausgeschlossen für die Monate der Inanspruchnahme der Erwerbsminderungrente, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres
lägen (Ende des zeitlich rückwärts zu betrachtenden Zeitraums). Damit sei sichergestellt, dass der Zugangsfaktor maximal um 10,8 % (36 Monate x 0,003) reduziert werde. Eine weitere Berechnungsregelung enthalte § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, der im Zusammenhang mit § 77 Abs. 3 SGB VI stehe. Ohne diesen Satz würde der genannte Zugangsfaktor aus einer vor Vollendung des 60. Lebensjahres weggefallenen Erwerbsminderungsrente in eine spätere Rente übernommen. Dies habe der Gesetzgeber ausschließen wollen. § 77 Abs. 2 SGB VI sei nach alledem in eine Grundregel und eine Berechnungsregel unterteilt. Keinesfalls enthalte § 77 Abs.2 SGB VI damit die vom BSG angenommene Grundregel, dass der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte bei der vor Vollendung des 60. Lebensjahres bezogenen Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu reduzieren sei. Auch die Entstehungsgeschichte bestätige die Auffassung der Rentenversicherungsträger. Mit der Einführung des verminderten Zugangsfaktors für Erwerbsminderungsrenten sei die anrechenbare Zurechnungszeit verlängert worden. In der Bundestags-Drucksache 13/8011 werde auf diesen Zusammenhang besonders aufmerksam gemacht. Dort heiße es: "Vorteile aufgrund eines Rentenbeginns vor dem 65. Lebensjahr sollen durch einen verminderten Zugangsfaktor (§ 77 ) ausgeglichen werden. Zur Vermeidung zu starker Wirkungen auf die Renten für frühzeitig erwerbsgeminderte Personen und deren Hinterbliebenen wird für die Zeit zwischen der Vollendung des 55. und 60. Lebensjahres, die bislang nur zu 1/3 angerechnet wurde, zukünftig im vollen Umfang angerechnet." Aus dieser Begründung werde der Zusammenhang zwischen der Einführung des zu vermindernden Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten und der Verlängerung der Zurechnungszeit erkennbar. Besonders deutlich werde dieser Zusammenhang auch durch die §§ 253 a, 264 c SGB VI jeweils i.V.m. Anlage 23 zum SGB VI. Nur in dem Umfang, in dem eine zusätzliche Zurechnungszeit stufenweise zu berücksichtigen war, mindere sich auch der Zugangsfaktor. Die Verminderung des Zugangsfaktors solle gerade diejenigen Erwerbsminderungsrentner nur im begrenzten Umfang treffen, die bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Erwerbsminderungrente aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Anspruch nehmen müssen. Dieser Personenkreis bekommt einen Teil der durch die Minderung des Zugangsfaktors verursachten Rentenminderung durch die Verlängerung der Zurechnungszeit wieder ausgeglichen. Auch die im Rahmen der öffentlichen Anhörung abgegebenen Stellungnahmen ließen nicht erkennen, dass jemand im Sinne der nun vorliegenden BSG-Rechtsprechung von einer Minderung des Zugangsfaktors nur bei Erwerbsminderungsrenten für Zeit nach der
Vollendung des 60. Lebensjahres ausgehe.Gegen die Rechtsauslegung des BSG spreche auch die dadurch entstehende widersprüchliche Situation, dass eine vor Vollendung des 60. Lebensjahres abschlagsfrei in Anspruch genommene Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die Zeit des Bezuges ab Vollendung des 60. Lebensjahres zu mindern wäre. Unklar bleibe bei der Auslegung des BSG auch die Intention des Gesetzgebers, die dieser mit der gleichzeitig vorgenommenen Verlängerung der Zurechnungszeiten verfolgt haben solle. An keiner Stelle der Materialien werde erkennbar, dass der Gesetzgeber diese auch ohne Einführung der Regeln über die Minderung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten, die vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen würden, beschlossen hätte.
Hiergegen richtet sich die am 11.05.2007 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.12.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.01.2007 sowie den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2007 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Rente unter Zugrundelegung eines ungekürzten Zugangsfaktors von 1,0 ab Rentenbeginn zu bewilligen und die Nachzahlung in gesetzlicher Höhe zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.01.2007 sowie der Bescheid vom 21.12.2006 , jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2007, sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten. Ein Fehler der Beklagten bei der Berechnung der Rente des Klägers ist nicht ersichtlich.
Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versiche-rungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Das in einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt. Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelt- und Arbeitseinkom-men abhängig ist. Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt. Vorteile oder Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden. Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden (§ 63 Abs. 1 - 6 SGB VI). Die Beklagte hat die Höhe der Rente hiernach richtig berechnet. Ein Rechtsfehler bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sowie des aktuellen Rentenwertes ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht mehr geltend gemacht. Insbesondere hat die Beklagte, wie nicht mehr streitig ist, die Zurechnungszeit (die Berechnung zusätzlicher, dem Versichterten trotz fehlender tatsächlich geleisteter Beiträge zuzurechnender Entgeltpunkte für den Zeitraum der Erwerbsminderung bis zum 60. Lebensjahr) gemäß § 59 SGB VI i.V.m. § 253a SGB VI richtig ermittelt. Gleiches gilt für die Bewertung des Oktobers 2003 als beitragsgeminderte Zeit (§ 54 Abs. 3 i.V.m. § 71 Abs. 2 SGB VI). Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich noch die Ermittlung des Zugangsfaktors.
Durch den Zugangsfaktor werden die Entgeltpunkte in persönliche Entgeltpunkte umgewandelt und damit zur Grundlage der Höhe der Rente gemacht. Erst durch diese Multiplikation mit dem Zugangsfaktor wird die Summe der Entgeltpunkte zu persönlichen Entpunkten, die ihrerseits ein Faktor der Rentenformel sind. Je nachdem, ob der Zugangsfaktor größer oder kleiner als 1,0 ist, errechnen sich aus der Summe der Entgeltpunkte mehr oder weniger persönliche Entgeltpunkte und dementsprechend höhere oder niederigere Renten. So ist z.B. bei einer Altersrente, die erst nach dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen, der Zugangsfaktor höher als 1,0.
Zunächst hatte der Gesetzgeber für die vor dem 60.Lebensjahr in Anspruch genommene vorzeitige Altersrente die Regelung eines verminderten Zugangsfaktors (Rentenabschlag) eingeführt. Durch diesen soll das Alter des Versicherten bei Rentenbeginn und damit die voraussichtliche Dauer des Rentenbezuges in die Rentenberechnung einfließen. Sie ist damit Ausdruck des Äquivalenzprinzips, d.h. der Abhängigkeit der Rente von der vom Versicherten erbrachten Vorleistung. Mit der Neufassung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-ReformG) vom 20.12.2002 (BGBl. I 1827), mit der die Vorschrift ab 01.01.2001 auf alle Renten, also auch die Erwerbsminderungsrente erweitert wurde, sollte eine Angleichung der Höhe der erwerbsgeminderten Rentner mit den vorzeitigen Altersrentnern erfolgen, insbesondere auch um Ausweichreaktionen zu unterbinden. Der Zugangsfaktor soll durch einen entsprechenden versicherungsmathematischen Zu- oder Abschlag die unterschiedlichen Laufzeiten der Renten ausgleichen, wenn diese vor oder nach der maßgeblichen Regel-Altersgrenze bzw. dem 63. Lebensjahr beginnen. Ebenso wie bei der Rente wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen wird, ist nach der Gesetzesänderung also auch bei Renten wegen Erwerbsminderung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat zu reduzieren.
Nach § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 beträgt der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonts der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0.
Diese Regelung allein hätte bei Erwerbsminderungsrenten, die sehr frühzeitig in Anspruch genommen werden, zur Folge, dass der Zugangsfaktor auf 0 abschmelzen könnte. Deshalb bestimmen Satz 2 und 3, dass dann, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erziehungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend ist. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten gelte nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme.
Die Beklagte hat diese Regelung in der Praxis dahingehend verstanden, dass es sich dabei um eine Berechnungsregelung im Sinne einer Begrenzung der Minderung auf höchstens 36 Kalendermonate (63. - 60. Lebensjahr) beschränkt, und ist dabei, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung und Literatur zunächst unwidersprochen geblieben. Mit Urteil vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R - hat das Bundessozialgericht jedoch entschieden, dass die Praxis der Beklagten, bei einem Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung, das bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres entstanden sei, auch für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres durch Bestimmung eines niedrigen Zugangsfaktors ("Rentenabschlag") einen Teil der vom Rentner für die Rentenversicherung erbrachten Vorleistung unbeachtet zu lassen, gesetzes- und verfassungswidrig sei. Erwerbsminderungsrentner, die bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unterlägen Rentenabschlägen nur, wenn sie die Rente über das 60. Lebensjahr hinaus bezögen. Der Geldwert eines jeden Rechts auf Rente ergebe sich u.a. aus dem Wert des Vorleistung, die der Versicherte für die gesetzliche Rentenversicherung erbracht habe (Entgeltpunkte - EP). Die (Vor-)Leistungsbezogenheit der Rente werde durch den Zugangsfaktor 1,0 verwirklicht. Der Systemgrundsatz der (vor-)leistungsbezogenen Rente bedeute rechtlich, dass stets der volle Wert der Vorleistung bei der Rentenhöhe berücksichtigt werden müsse (technisch: Zugangsfaktor 1,0), es sei denn, dass besondere, im Gesetz ausdrücklich ausgestaltete und verfassungsgemäße Sachgründe es ausnahmsweise erlaubten, ihn teilweise unberücksichtigt zu lassen. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Erwerbsminderungsrente "vorzeitig" in Anspruch genommen werde, könne ohne verfassungswidrige Willkür eine Nichtbeachtung der Vorleistung, die der Versicherte für die Rentenversicherung erbracht habe, in Betracht kommen. Nur eine vorzeitige
Inanspruchnahme sei ein Sachgrund für die Nichtberücksichtigung eines Teils der Vorleistung. Hingegen sei auch die langdauernde Inanspruchnahme der nach dem Gesetz geschuldeten Versicherungsleistung kein Vorteil und keine unterschiedliche Rentenbezugsdauer. Die von der Beklagten praktizierte Durchbrechung des "Prinzips der leistungsbezogenen Rente" werde durch kein derartiges Gesetz gestützt. Das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 habe die teilweise Nichtberücksichtigung der Vorleistung des Versicherten technisch mittels Absenkung des Zugangsfaktors nur zur Abschmelzung systemwidriger und ungerechtfertigter Vermögensvorteile bei Altersrenten (ab 2001) eingeführt. Damit sei eine systemwidrige und rechtsgrundlose vermögensrechtliche Besserstellung eines Teils der frühzeitigen, nämlich nur der "vorzeitigen" Altersrentner gegenüber den Regelaltersrentnern mit gleicher Vorleistung abgeschafft worden. Auch die am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Neufassung des § 63 Abs. 5 SGB VI durch das EM-ReformG habe die Durchbrechung des Prinzips der (vor-) leistungsbezogenen Rente auf die Fälle einer notwendigen Abschmelzung systemwidriger ungerechtfertigter Vermögesvorteile infolge eines gegenüber dem "Normalfall" längeren Rentenbezugs begrenzt. Sie stelle ausdrücklich darauf ab, dass "Vorteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer" durch einen Zugangsfaktor vermieden würden. Diese "Vorteile" könnten nur in der Summe der Rentenzahlbeträge für die Kalendermonate bestehen, in denen die Rente im Vergleich mit Versicherten mit gleichartigen Rechten und gleich hoher Vorleistung "vorzeitig" bezogen werde. Dementsprechend lege das Gesetz auch bei den nunmehr in die Abschmelzung von Vermögensvorteilen einbezogenen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit einen Zeitpunkt (Vollendung des 63. Lebensjahres) fest, "vor" dem die Rentenhöhe gemindert werde, in dem ein Teil der Vorleistung für "unbeachtlich erklärt werde". Dazu bestimme es für jeden der vorliegenden Bezugsmonate eine Nichtbeachtung der Vorleistung in Höhe von 3/1000 (0,003). Den Beginn "Vorzeitigkeit" regele ausdrücklich § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG. Die Vorschrift lege - wie bei den Altersrenten - den frühesten Beginn der "Vorzeitigkeit" auf die Vollendung des 60. Lebensjahres fest. Damit schließe das Gesetz ausdrücklich einen verringerten Zugangsfaktor (Rentenabschlag) zu Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus. Die von der Beklagten geübte Praxis, auch bei einem 20-jährigen Erwerbsminderungsrentner auf Zeit zur Vermeidung eines Ausweichens
vor Abschlägen bei einer Altersrente, die er frühestens 40 Jahre später beanspruchen könne, einen Rentenabschlag vorzunehmen und diesen auf 10,8 v.H. (36 x 0,003 = 0,108; Zugangsfaktor 0,892) zu begrenzen, ihn also so zu stellen, als hätte er das 60. Lebensjahr bereits vollendet, finde im Gesetz nicht einmal andeutungsweise eine Stütze. Vielmehr lege dieses fest, dass Erwerbsminderungrenten erst dann eine Bestimmung des Zugangsfaktors (also einer von 1,0 abweichenden Festsetzung) unterworfen seien, wenn der Rentner das 60. Lebensjahr vollendet habe und damit erstmals ein Ausweichen vor Abschlägen bei Altersrenten überhaupt theoretisch möglich sei. Dies werde nochmals ausdrücklich durch § 77 Abs. 2 S. 3 SGB VI klargestellt, der sage, dass die Zeit eine Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht als Zeit einer vorzeitigen Anspruchnahme gelte. § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG sehe eine Erhöhung des Zugangsfaktors wegen Nichtinanspruchnahme einer vorzeitigen Erwerbsminderungsrente nur für die Monate zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres vor. Auch die nach § 264 c SGB VI als Übergangsregelung bei Rentenbeginn vor dem 01. Januar 2004 anzuwendende Anlage 23 zu SGB VI bezeichne ausdrücklich als maßgebendes Lebensalter das 60. Lebensjahr und die Jahre bis zum 63. Lebensjahr. Die Entstehungsgeschichte des EM-ReformG stütze die Praxis der Beklagten nicht. Prägender Leitgedanke sei gewesen, der Ausweichreaktion von den Altersrenten in die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Ein solches Ausweichen komme jedoch frühestens bei Rentenbezug nach Vollendung des 60. Lebensjahres in Betracht. Etwas anderes ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien nicht, auch nicht aus dem Teil der Gesetzesmaterialien, in dem darauf hingewiesen werde, dass durch eine Verlängerung der Zurechnungszeiten bis zum 60. Lebensjahr für die Versicherten, die bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert seien und Rente bezögen, die Auswirkungen des Abschlags abgemildert werden sollten (§§ 59, 253 a SGB VI i.V.m. der Anlage 23 zum SGB VI). Diese Verlängerung der Zurechnungszeiten führten bei Renten wegen Erwerbsminderung nur dann zu einer höheren Rente, wenn der Versicherte bei Eintritt des Versicherungfalles der Erwerbsminderung das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Hingegen bringe diese Anhebung den Versicherten nichts, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert würden und zugleich erstmals an einem Ausweichen in die Erwerbsminderungsrente denken könnten. Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres seien vom Gesetz gerade nicht als Zeiten eines "vorzeitigen Rentenbezuges" bestimmt. Allein eine derartige Interpretation sei verfassungsgemäß.
Die Kammer folgt der Auslegung des Bundessozialgerichtes jedoch nicht und hält die oben dargestellte Auslegung der Beklagten in der Klageerwiderung, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, für schlüssig und begründet. Die Entscheidung ist zu Recht in der Literatur sowie in der Rechsprechung vorwiegend bisher erster Instanz auf Kritik gestoßen. Sie steht im Widerspruch zur - soweit ersichtlich- unbestrittenen Auffassung der gesamten Rentenliteratur (Plagemann, jurisPR-SozR 20/2006 Anm.4; SG Aachen, Urteil vom 09.02.2007 - S 8 R 96/06 - mit weiteren Hinweisen). Bereits der gesetzlichen Formulierung ist die Rechtmäßigkeit der Verwaltungspraxis zu entnehmen: § 77 Abs. 2 Nr. 3 sieht zunächst einmal - unter Außerachtlassung der Sätze 2 und 3 - eine Minderung des Zugangfaktors generell vor Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Begrenzung vor. Diese Vorschrift ist für sich genommen nicht ausreichend, weil sie zur Folge haben könnte - wie auch das BSG in der genannten Entscheidung darlegt - dass der Zugangsfaktor auf 0 absinkt und deshalb keine Rente bewilligt wurde. Deshalb musste das Gesetz eine Regelung dazu vorsehen, welcher Abschlag maximal vom Versicherten in Kauf genommen werden muss. Diese Berechnungsregelung ist in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI enthalten: Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Hieraus ergibt sich, dass die Verminderung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 63. Lebensjahres auf 36 x 0,003 = 0,108 begrenzt ist. Nur insoweit kommen - also hinsichtlich der Berechnung der höchstmöglichen Reduzierung des Zugangsfaktors bestimmt § 77 Abs. 2 S. 3 SGB VI, dass die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme gilt. Gesetzessystematisch hätte die Bestimmung, dass eine Minderung für Rentner vor dem 60. Lebensjahr gar nicht stattfinden soll, nicht in die Grundregelung des Satzes1 erläuternden Nachfolgeregelung der Sätze 2 und 3, sondern bereits in der Ziff. 3 des Satzes 1 selbst stehen können und müssen. Diese sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebende Interpretation wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Durch das Gesetz zur EM-RentenreformG sollte die Höhe der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten angepasst werden (BT-Drucksache 14/4230 S. 1,26). Zwar sei Sinn der Neuregelung auch, Ausweichreaktionen von den Altersrenten, die nur bei Inkaufnahme von Abschlägen vorzeitig in Anspruch genommen werden können, in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
entgegenzuwirken (BT-Drucksache 14/4230, S. 26 Nr. 22 ). Insofern ist dem BSG Recht zu geben, dass eine solche Ausweichreaktion nur bei Personen stattfinden kann, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Dennoch hat der Gesetzgeber generell zum Ziel gehabt, Vorteile eines längeren Rentenbezugs durch einen verminderten Zugangsfaktor auszugleichen (BT-Drucksache 14/4230 S. 26 zu Nr. 16) und damit dem vom BSG mehrfach zur Begründung herangezogenen Grundsatz der "(Vor-)Leistungsbezogenheit" Rechnung zu tragen. Denn diese ist, wie das BSG nicht diskutiert, bei Erwerbsminderungsrentnern gerade geringer als bei vom Versicherungsverlauf her vergleichbaren Rentnern, die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen (bei Erwerbsminderung ab dem 60.Lebensjahr ist sie höchstens gleich hoch). Der Gesetzesbegründung ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass ein solcher verminderter Zugangsfaktor lediglich für Versicherte gelten soll, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Im Gegenteil geht die Gesetzbegründung generell davon aus, dass die Höhe der Erwerbsmindeurngsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten in der Weise angeglichen wird, dass die Renten mit einem Abschlag von höchstens 10,8 % versehen werden (BT-Drucksache 14/4230 S. 24). Aus dieser Formulierung ist zwar nur indirekt, aber dennoch zwingend zu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die Verringerung des Zugangsfaktors auch Erwerbsminderungsrenten erfasst, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Denn eine Begrenzung des Abschlags auf höchstens 10,8 % braucht nur dann ausdrücklich erwähnt zu werden, wenn sich ohne eine ausdrückliche entsprechende Formulierung ein höherer Abschlag errechnen könnte. Das wäre aber nicht der Fall, wenn ein Abschlag für Rentner vor dem für Erwerbsminderungsrentner vor dem 60. Lebensjahr gar nicht vorgesehen wäre. Auch aus § 264c SGB VI kann entgegen der Auffassung des BSG ein anderer Schluß nicht gezogen werden, denn hierbei handelt es sich um eine Übergangsregelung zur Berechnung der Höhe der Abschläge, die die Berechnungsregel des § 77 Abs. 2 Satz 2 modifiziert. Da für die Berechnung der Abschlagshöhe auch nach der Auslegung der Beklagten die Jahre vor dem 60 Lebensjahr unerheblich sind, mussten diese in die Tabelle nicht mit aufgenommen werden, ohne dass das Fehlen einen Rückschluß auf die Grundregel der Abschläge zuließe.
Insbesondere kann dem BSG auch nicht darin gefolgt werden, dass sich aus der ebenfalls durch das EM-RentenreformG eingeführten, ab 01.01.2001 geltenden Verlängerung der Zurechnungszeit - von der auch der Kläger proftiert - nichts anderes ergibt. Bis zum
31.12.2000 endete gemäß § 59 Abs. 3, Abs. 6 SGB VI a.F. die Zurechnungszeit mit dem Zeitpunkt, der sich ergibt, wenn die Zeit bis zum vollendeten 55. Lebensjahr in vollem Umfang, die darüber hinausgehende Zeit bis zum vollendeten 60. Lebensjahr zu 1/3 hinzugerechnet wird. Auch nach altem Recht hat also der Gesetzgeber bei der Höhe der Rente - wenn auch auf eine andere Berechnungsart - berücksichtigt, dass eine geringere tatsächliche Beitragsleistung ("Vor-Leistung") bei gleichzeitig längerer Dauer der Inanspruchnahme der Leistung auch einen Ausfluss in der Höhe haben kann. Mit der Einführung des zu kürzenden Zugangsfaktors auch für Erwerbsminderungsrenten seit dem 01.01.2001 endet andererseits die volle Zurechnungzeit gemäß § 59 Abs. 2 S. 2 SGB VI erst mit der Vollendung des 60. Lebensjahres. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BT-Drucksache 14/4230 S. 24, 26) sollten die Auswirkungen der Verminderung des Zugangsfaktors dadurch abgemindert werden, dass die Zeit zwischen dem vollendeten 55. und 60. Lebensjahr künftig voll als Zurechnungszeit angerechnet wird. Der Gesetzgeber hat also grundsätzlich seine Entscheidung beibehalten, Erwerbsminderungsrentner, die ja nicht freiwillig aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, nicht in voller Höhe mit den bis zum Erreichen der Altersgrenze beitragszahlenden Rentnern vorzunehmen (nach altem Recht durch Kürzung der Zurechnungszeiten). Der Gesetzgeber hat also zunächst einmal die Art der Berechnung der Berücksichtigung der geringeren Vorleistung verändert. Während er zuvor die Zurechnungszeit gekürzt hatte, hat er nunmehr die Zurechnungszeit erhöht, auf der anderen Seite dies aber teilweise durch den niedrigeren Zugangsfaktor wieder ausgeglichen. Dabei werden insbesondere die Abschläge bei den mit den vorzeitigen Altersrentnern nicht vergleichbaren Erwerbsminderungsrentnern unter 60 Jahren, bei denen eine Ausweichreaktion faktisch gar nicht möglich ist, richtigerweise zumindest teilweise wieder ausgeglichen. Der Gesetzgeber hat sich also für eine andere Art der Berechnung der Rentenminderung bei Inanspruchnahme einer Rente vor dem 60. Lebensjahr für alle Rentenarten entschieden. Eine Auslegung, die diese gesetzessystematische Betrachtungsweise außer Acht läßt und einen Teil des Regelungskomplexes für verfassungswidrig erklärt, den anderen Teil der Regelung hingegen unangetastet lässt, hält die Kammer nicht für zulässig. Dies hätte im Übrigen zur Folge, dass anstelle einer Verminderung der vorzeitig in Anspruch genommenen Erwerbminderungsrenten, die offensichtlich Intention des Gesetzgebers war, sogar eine faktische Erhöhung die Folge ist. Eine solche Absicht ist, wie die Beklagte zutreffend anmerkt, den Materialien gerade nicht zu entnehmen. Es hätte außerdem die konsequente Folge, dass die so erhöhten EP nicht mehr ab 60 zu kürzen
wären, weil die Regelung des § 77 Ab.3 Satz 1 SGB VI entgegen steht. Nach der Auffassung des BSG ist aber Rentnern ab dem 60. Lebensjahr die Rente zu kürzen - entgegen des sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebenden Grundsatzes, dass es bei der Höhe der EP für eine einmal bezogene Rente bleibt, sofern diese nicht aus tatsächlichen Gründen anders zu berechnen sind ( § 88 SGB VI; vgl. auch Plagemann, a.a.O.). Denn das Bundessozialgericht hat die Auswirkungen seiner Entscheidung ausdrücklich auf die Zeit bis zum 60. Lebensjahr beschränkt und erklärt, dass ab dem Zeitpunkt danach ein Rentenabschlag zulässig ist. Diese unterschiedliche Berechnung der laufenden Rente vor und nach dem 60 Lebensjahr hätte im übrigen einen vom Gesetzgeber sicherlich nicht intendierten ernormen Verwaltungsmehraufwand zur Folge. Da nach alledem Wortlaut, Gesetzesbegründung und Gesetzessystematik gegen die vom BSG vorgenommen Auslegung sprechen, ist mangels Auslegungsbedürftigkeit für eine verfassungskonforme Auslegung kein Platz.
Die Sache ist auch nicht auszusetzen und wegen verfassungsrechtlicher Bedenken dem Bundesverfassungsgericht (BverfG) vorzulegen. Denn solche verfassungsrechtlichen Bedenken hat die Kammer nicht. Insbesondere kann dem Bundessozialgericht nicht gefolgt werden, dass es sich bei dieser Regelung um eine Durchbrechung des Grundsatzes der (vor-) leistungsbezogenen Rente handelt und dass deshalb die Bestimmung des Zugangsfaktors von 1,0 wohl aufgrund des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes gemäß Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich geboten ist. Richtig ist zwar, dass allein die Sorge um eine "Ausweichreaktion" nicht ausreicht, um einen Eingriff in eigentumsrechtlich geschützte Positionen zu rechtfertigen, denn eine Ausweichreaktion ist schlüssig nur für die tatsächlich nicht erwerbsgeminderten Versicherten denkbar, die durch die erhöhte Bereitschaft, einen (im Ergebnis erfolglosen, aber erheblich kostenintensiven) Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu stellen, anstatt gleich die vorgezogenen Altersrente in Anspruch zu nehmen. Denn die tatsächlich erwerbsgeminderten Rentner verfolgen lediglich den ihnen zustehenden Anspruch und weichen gerade nicht aus. Jedoch hatte der Gesetzgeber nicht nur die Ausweichreaktion, sondern auch die Ausgleichung der Vorteile eines längeren Rentenbezugs zum Ziel und wollte die Erwerbsminderungsrenten in der Höhe den vorzeitigen Altersrenten gleichstellen. Dies begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die
Erwerbsminderungsrente unterfällt, da sie auch auf Zurechnungszeiten beruht, nur eingeschränkt dem Eigentumsschutz. Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Position nach Artikel 14 Abs. 1 GG ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechtes dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet werden kann. Diese genießt den Schutz der Eigentumsgarantie dann, wenn sie auf nicht unerhebliche Eigenleistungen des Versicherten beruht. In dem durch Beitragsäquivalenz geprägten Leistungsbereich ist der Leistungsschutz intensiver als im sonstigen Bereich der Bewilligung von Leistungsanteilen ohne oder mit nur geminderter Beitragsleistung, hier verfügt der Gesetzgeber über einen weiteren Gestaltungsspielraum. Anwartschaften unterstehen nicht dem Schutz des Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu Grunde liegen, die z.B. in den Herkunftsgebieten nach dem Fremdrentengesetz erbracht oder zurückgelegt wurden (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 16.07.1985 - 1 BvL 5/80 = BvGe 69,272; Beschluss vom 01.07.1981 - 1 BvL 874/77 = BvGe 58,81; Urteil vom 13.06.2006 - 1 BvL 9/00, vgl.auch Plagemann, a.a.O.). Die Erwerbsminderungsrente ist damit teilweise vergleichbar, denn sie beruht - wenn auch in erheblich geringerem Maße - nicht vollständig auf tatsächlichen Beitragszeiten. Die aktuelle Höhe der Erwerbsminderungsrente ergibt sich abweichend von der Berechnung der Regelaltersrente dadurch, dass dem Versicherten fiktiv Beitragsleistungen hinzugerechnet werden (Zurechnungszeiten). Es handelt sich dabei gerade um rentenrechtliche Zeiten, die nicht auf Beitrags- und Beschäftigungszeiten beruhen, so dass diese Zeiten nicht dem uneingeschränkten Eigentumsschutz des Artikel 14 Abs. 1 S. 1 GG unterworfen sind. Gerade diese Zeiten wurden vom Gesetzgeber, ohne dass dies verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre, erhöht, um die Absenkung durch den Zugangsfaktor abzumildern, wie oben dargelegt. Auch hält das BSG hinsichtlich der Berücksichtigung der Vorleistung wohl nur Altersrentner miteinander vergleichbar. Das ist aber nicht zwingend. Warum aus Sicht des BSG die langandauernde Inanspruchnahme der Versicherungsleistung kein Vorteil ist, den der Gesetzgeber berücksichtigen durfte, bleibt unklar. Aufgrund der dem Rentenrecht zugrundeliegenden Kombination der Voraussetzungen aus Vorleistungen einerseits auch bei den Erwerbsminderungsrentnern (z.B. bei der Höhe und bei der Frage der Wartezeiterfüllung) und der Abdeckung eines Risikos (mit Zurechnungszeiten zur Abdeckung des krankheitsbedingten Fehlens rentensteigernder Vorleistungen) ist es nicht systemwidrig, in Zeiten allgemeinen Sparens
und Kürzens von Leistungen auch bei Erwerbsminderungsrentnern eine stärkere Anknüpfung an die Vorleistung vorzunehmen, solange der Sicherungszweck der Risikoversicherung Erwerbsminderungsrente gewahrt bleibt. Das ist aber nach Auffassung der Kammer angesichts der durch die Erhöhung der Zurechnungszeiten faktisch abgestuften Minderung der Fall, selbst wenn im Einzelfall der Ausgleich sich einmal nicht oder nur sehr gering auswirken sollte. Die Auslegung, wie sie das Bundessozialgericht vorgenommen hat, ist nach alledem gerade nicht verfassungsrechtlich geboten.
Der Auffassung des Bundessozialgerichtes ist daher nicht zu folgen (so auch SG Bremen, Urteil vom 21.11.2006 - S 8 RA 180/03; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 13.12.2006 - L 2 R 466/06 ER (obiter dictum); SG Aachen, Urteil vom 09.02.2007 - S 8 R 96/06 - anhängig B 5 R 33/07 R; SG Aachen, Urteil vom 20.03.2007 - S 13 R 76/06, SG Altenburg, Urteil vom 22.03.2007 - S 14 KN 64/07 - anhängig B 8 KN 4/07 R; SG Köln, Urteil vom 12.04.2007, S 29 (25) R 337/06 und SG Saarland, Gerichtsbescheid vom 08.05.2007 - S 14 R 82/07; dem BSG folgen hingegen LSG Saarland, Urteil vom 09.02.2007 - L 7 R 40/06; SG Lübeck, Urteile vom 26.04.2007 - S 14 R 235/07, S 14 R 301/07 und S 14 R 191/07).
Rechtsfehler bei der Berechnung des Zugangsfaktors unter Anwendung der Übergangsvorschrift des § 264 c SGB VI sowie der Höhe der Rente im übrigen sind nicht ersichtlich.
Nach alledem war die Klage mit der aus § 193 SGG beruhenden Kostenfolge abzuweisen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Rente unter Zugrundelegung eines ungekürzten Zugangsfaktors unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.05.2006 (Az.: B 4 RA 22/05 R).
Die Beklagte bewilligte dem 1948 geborenen Kläger ab dem 01.03.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, befristet bis zum 31.10.2008 (Bescheid vom 18.12.2006) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.01.2007). Außerdem bewilligte sie Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.09.2006 auf Dauer (Bescheid vom 21.12.2006 ), die jedoch wegen Hinzuverdienstes nicht zur Auszahlung kam. In der Anlage 6 der Bewilligungsbescheide heißt es jeweils, dass der Zugangsfaktor von 1,0 für 36 Kalendermonate um 0,108 auf 0,892 vermindert wird.
Hiergegen erhob der Kläger unter Hinweis auf das Urteils des BSG vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R Widerspruch. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass und aus welchen Gründen sie der Entscheidung des BSG über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht folgen werde, und schlug dem Kläger vor, den Ausgang von verschiedenen Musterverfahren abzuwarten. Damit war der Kläger nicht einverstanden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch am 17.04.2007 mit der Begründung zurück, der Rechtsprechung des BSG vom 16.05.2006 werde über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Die Reduzierung des Zugangsfaktors nach § 77 SGB VI sei zunächst nur für vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente vorgeschrieben gewesen. Zum 01.01.2001 sei § 77 SGB VI ergänzt worden und erfasse hinsichtlich der Reduzierung des Zugangsfaktors nunmehr auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie Renten wegen Todes. Nach dem Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sei zunächst die Grundregel aufgestellt, dass für die bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu Grunde zu legenden Entgeltpunkte der Zugangsfaktor zu reduzieren sei, wenn diese vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen würden. Zudem bestimme diese Vorschrift, ab welchem Zeitpunkt die Anzahl der Monate zu bestimmen sei, die für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend seien. Mit dem Datum" Vollendung des 63. Lebensjahres" werde deshalb auch ein Zeitpunkt zur Berechnung des Minderungszeitraums genannt (Beginn des zeitlich rückwärts zu betrachtenden Zeitraums). Die Berechnung setze sich sodann in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI fort, wonach nicht jeder Monat, in dem die Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werde, zu einer Reduzierung des Zugangsfaktors führen solle. Eine Reduzierung sei ausgeschlossen für die Monate der Inanspruchnahme der Erwerbsminderungrente, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres
lägen (Ende des zeitlich rückwärts zu betrachtenden Zeitraums). Damit sei sichergestellt, dass der Zugangsfaktor maximal um 10,8 % (36 Monate x 0,003) reduziert werde. Eine weitere Berechnungsregelung enthalte § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, der im Zusammenhang mit § 77 Abs. 3 SGB VI stehe. Ohne diesen Satz würde der genannte Zugangsfaktor aus einer vor Vollendung des 60. Lebensjahres weggefallenen Erwerbsminderungsrente in eine spätere Rente übernommen. Dies habe der Gesetzgeber ausschließen wollen. § 77 Abs. 2 SGB VI sei nach alledem in eine Grundregel und eine Berechnungsregel unterteilt. Keinesfalls enthalte § 77 Abs.2 SGB VI damit die vom BSG angenommene Grundregel, dass der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte bei der vor Vollendung des 60. Lebensjahres bezogenen Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu reduzieren sei. Auch die Entstehungsgeschichte bestätige die Auffassung der Rentenversicherungsträger. Mit der Einführung des verminderten Zugangsfaktors für Erwerbsminderungsrenten sei die anrechenbare Zurechnungszeit verlängert worden. In der Bundestags-Drucksache 13/8011 werde auf diesen Zusammenhang besonders aufmerksam gemacht. Dort heiße es: "Vorteile aufgrund eines Rentenbeginns vor dem 65. Lebensjahr sollen durch einen verminderten Zugangsfaktor (§ 77 ) ausgeglichen werden. Zur Vermeidung zu starker Wirkungen auf die Renten für frühzeitig erwerbsgeminderte Personen und deren Hinterbliebenen wird für die Zeit zwischen der Vollendung des 55. und 60. Lebensjahres, die bislang nur zu 1/3 angerechnet wurde, zukünftig im vollen Umfang angerechnet." Aus dieser Begründung werde der Zusammenhang zwischen der Einführung des zu vermindernden Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten und der Verlängerung der Zurechnungszeit erkennbar. Besonders deutlich werde dieser Zusammenhang auch durch die §§ 253 a, 264 c SGB VI jeweils i.V.m. Anlage 23 zum SGB VI. Nur in dem Umfang, in dem eine zusätzliche Zurechnungszeit stufenweise zu berücksichtigen war, mindere sich auch der Zugangsfaktor. Die Verminderung des Zugangsfaktors solle gerade diejenigen Erwerbsminderungsrentner nur im begrenzten Umfang treffen, die bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Erwerbsminderungrente aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Anspruch nehmen müssen. Dieser Personenkreis bekommt einen Teil der durch die Minderung des Zugangsfaktors verursachten Rentenminderung durch die Verlängerung der Zurechnungszeit wieder ausgeglichen. Auch die im Rahmen der öffentlichen Anhörung abgegebenen Stellungnahmen ließen nicht erkennen, dass jemand im Sinne der nun vorliegenden BSG-Rechtsprechung von einer Minderung des Zugangsfaktors nur bei Erwerbsminderungsrenten für Zeit nach der
Vollendung des 60. Lebensjahres ausgehe.Gegen die Rechtsauslegung des BSG spreche auch die dadurch entstehende widersprüchliche Situation, dass eine vor Vollendung des 60. Lebensjahres abschlagsfrei in Anspruch genommene Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für die Zeit des Bezuges ab Vollendung des 60. Lebensjahres zu mindern wäre. Unklar bleibe bei der Auslegung des BSG auch die Intention des Gesetzgebers, die dieser mit der gleichzeitig vorgenommenen Verlängerung der Zurechnungszeiten verfolgt haben solle. An keiner Stelle der Materialien werde erkennbar, dass der Gesetzgeber diese auch ohne Einführung der Regeln über die Minderung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten, die vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen würden, beschlossen hätte.
Hiergegen richtet sich die am 11.05.2007 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.12.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.01.2007 sowie den Bescheid vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2007 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Rente unter Zugrundelegung eines ungekürzten Zugangsfaktors von 1,0 ab Rentenbeginn zu bewilligen und die Nachzahlung in gesetzlicher Höhe zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.01.2007 sowie der Bescheid vom 21.12.2006 , jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2007, sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten. Ein Fehler der Beklagten bei der Berechnung der Rente des Klägers ist nicht ersichtlich.
Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versiche-rungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Das in einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt. Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelt- und Arbeitseinkom-men abhängig ist. Das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente wird durch den Rentenartfaktor bestimmt. Vorteile oder Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden. Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden (§ 63 Abs. 1 - 6 SGB VI). Die Beklagte hat die Höhe der Rente hiernach richtig berechnet. Ein Rechtsfehler bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sowie des aktuellen Rentenwertes ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht mehr geltend gemacht. Insbesondere hat die Beklagte, wie nicht mehr streitig ist, die Zurechnungszeit (die Berechnung zusätzlicher, dem Versichterten trotz fehlender tatsächlich geleisteter Beiträge zuzurechnender Entgeltpunkte für den Zeitraum der Erwerbsminderung bis zum 60. Lebensjahr) gemäß § 59 SGB VI i.V.m. § 253a SGB VI richtig ermittelt. Gleiches gilt für die Bewertung des Oktobers 2003 als beitragsgeminderte Zeit (§ 54 Abs. 3 i.V.m. § 71 Abs. 2 SGB VI). Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich noch die Ermittlung des Zugangsfaktors.
Durch den Zugangsfaktor werden die Entgeltpunkte in persönliche Entgeltpunkte umgewandelt und damit zur Grundlage der Höhe der Rente gemacht. Erst durch diese Multiplikation mit dem Zugangsfaktor wird die Summe der Entgeltpunkte zu persönlichen Entpunkten, die ihrerseits ein Faktor der Rentenformel sind. Je nachdem, ob der Zugangsfaktor größer oder kleiner als 1,0 ist, errechnen sich aus der Summe der Entgeltpunkte mehr oder weniger persönliche Entgeltpunkte und dementsprechend höhere oder niederigere Renten. So ist z.B. bei einer Altersrente, die erst nach dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen, der Zugangsfaktor höher als 1,0.
Zunächst hatte der Gesetzgeber für die vor dem 60.Lebensjahr in Anspruch genommene vorzeitige Altersrente die Regelung eines verminderten Zugangsfaktors (Rentenabschlag) eingeführt. Durch diesen soll das Alter des Versicherten bei Rentenbeginn und damit die voraussichtliche Dauer des Rentenbezuges in die Rentenberechnung einfließen. Sie ist damit Ausdruck des Äquivalenzprinzips, d.h. der Abhängigkeit der Rente von der vom Versicherten erbrachten Vorleistung. Mit der Neufassung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-ReformG) vom 20.12.2002 (BGBl. I 1827), mit der die Vorschrift ab 01.01.2001 auf alle Renten, also auch die Erwerbsminderungsrente erweitert wurde, sollte eine Angleichung der Höhe der erwerbsgeminderten Rentner mit den vorzeitigen Altersrentnern erfolgen, insbesondere auch um Ausweichreaktionen zu unterbinden. Der Zugangsfaktor soll durch einen entsprechenden versicherungsmathematischen Zu- oder Abschlag die unterschiedlichen Laufzeiten der Renten ausgleichen, wenn diese vor oder nach der maßgeblichen Regel-Altersgrenze bzw. dem 63. Lebensjahr beginnen. Ebenso wie bei der Rente wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen wird, ist nach der Gesetzesänderung also auch bei Renten wegen Erwerbsminderung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat zu reduzieren.
Nach § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 beträgt der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonts der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0.
Diese Regelung allein hätte bei Erwerbsminderungsrenten, die sehr frühzeitig in Anspruch genommen werden, zur Folge, dass der Zugangsfaktor auf 0 abschmelzen könnte. Deshalb bestimmen Satz 2 und 3, dass dann, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erziehungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt, die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend ist. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten gelte nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme.
Die Beklagte hat diese Regelung in der Praxis dahingehend verstanden, dass es sich dabei um eine Berechnungsregelung im Sinne einer Begrenzung der Minderung auf höchstens 36 Kalendermonate (63. - 60. Lebensjahr) beschränkt, und ist dabei, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung und Literatur zunächst unwidersprochen geblieben. Mit Urteil vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R - hat das Bundessozialgericht jedoch entschieden, dass die Praxis der Beklagten, bei einem Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung, das bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres entstanden sei, auch für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres durch Bestimmung eines niedrigen Zugangsfaktors ("Rentenabschlag") einen Teil der vom Rentner für die Rentenversicherung erbrachten Vorleistung unbeachtet zu lassen, gesetzes- und verfassungswidrig sei. Erwerbsminderungsrentner, die bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unterlägen Rentenabschlägen nur, wenn sie die Rente über das 60. Lebensjahr hinaus bezögen. Der Geldwert eines jeden Rechts auf Rente ergebe sich u.a. aus dem Wert des Vorleistung, die der Versicherte für die gesetzliche Rentenversicherung erbracht habe (Entgeltpunkte - EP). Die (Vor-)Leistungsbezogenheit der Rente werde durch den Zugangsfaktor 1,0 verwirklicht. Der Systemgrundsatz der (vor-)leistungsbezogenen Rente bedeute rechtlich, dass stets der volle Wert der Vorleistung bei der Rentenhöhe berücksichtigt werden müsse (technisch: Zugangsfaktor 1,0), es sei denn, dass besondere, im Gesetz ausdrücklich ausgestaltete und verfassungsgemäße Sachgründe es ausnahmsweise erlaubten, ihn teilweise unberücksichtigt zu lassen. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Erwerbsminderungsrente "vorzeitig" in Anspruch genommen werde, könne ohne verfassungswidrige Willkür eine Nichtbeachtung der Vorleistung, die der Versicherte für die Rentenversicherung erbracht habe, in Betracht kommen. Nur eine vorzeitige
Inanspruchnahme sei ein Sachgrund für die Nichtberücksichtigung eines Teils der Vorleistung. Hingegen sei auch die langdauernde Inanspruchnahme der nach dem Gesetz geschuldeten Versicherungsleistung kein Vorteil und keine unterschiedliche Rentenbezugsdauer. Die von der Beklagten praktizierte Durchbrechung des "Prinzips der leistungsbezogenen Rente" werde durch kein derartiges Gesetz gestützt. Das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 habe die teilweise Nichtberücksichtigung der Vorleistung des Versicherten technisch mittels Absenkung des Zugangsfaktors nur zur Abschmelzung systemwidriger und ungerechtfertigter Vermögensvorteile bei Altersrenten (ab 2001) eingeführt. Damit sei eine systemwidrige und rechtsgrundlose vermögensrechtliche Besserstellung eines Teils der frühzeitigen, nämlich nur der "vorzeitigen" Altersrentner gegenüber den Regelaltersrentnern mit gleicher Vorleistung abgeschafft worden. Auch die am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Neufassung des § 63 Abs. 5 SGB VI durch das EM-ReformG habe die Durchbrechung des Prinzips der (vor-) leistungsbezogenen Rente auf die Fälle einer notwendigen Abschmelzung systemwidriger ungerechtfertigter Vermögesvorteile infolge eines gegenüber dem "Normalfall" längeren Rentenbezugs begrenzt. Sie stelle ausdrücklich darauf ab, dass "Vorteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer" durch einen Zugangsfaktor vermieden würden. Diese "Vorteile" könnten nur in der Summe der Rentenzahlbeträge für die Kalendermonate bestehen, in denen die Rente im Vergleich mit Versicherten mit gleichartigen Rechten und gleich hoher Vorleistung "vorzeitig" bezogen werde. Dementsprechend lege das Gesetz auch bei den nunmehr in die Abschmelzung von Vermögensvorteilen einbezogenen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit einen Zeitpunkt (Vollendung des 63. Lebensjahres) fest, "vor" dem die Rentenhöhe gemindert werde, in dem ein Teil der Vorleistung für "unbeachtlich erklärt werde". Dazu bestimme es für jeden der vorliegenden Bezugsmonate eine Nichtbeachtung der Vorleistung in Höhe von 3/1000 (0,003). Den Beginn "Vorzeitigkeit" regele ausdrücklich § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG. Die Vorschrift lege - wie bei den Altersrenten - den frühesten Beginn der "Vorzeitigkeit" auf die Vollendung des 60. Lebensjahres fest. Damit schließe das Gesetz ausdrücklich einen verringerten Zugangsfaktor (Rentenabschlag) zu Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus. Die von der Beklagten geübte Praxis, auch bei einem 20-jährigen Erwerbsminderungsrentner auf Zeit zur Vermeidung eines Ausweichens
vor Abschlägen bei einer Altersrente, die er frühestens 40 Jahre später beanspruchen könne, einen Rentenabschlag vorzunehmen und diesen auf 10,8 v.H. (36 x 0,003 = 0,108; Zugangsfaktor 0,892) zu begrenzen, ihn also so zu stellen, als hätte er das 60. Lebensjahr bereits vollendet, finde im Gesetz nicht einmal andeutungsweise eine Stütze. Vielmehr lege dieses fest, dass Erwerbsminderungrenten erst dann eine Bestimmung des Zugangsfaktors (also einer von 1,0 abweichenden Festsetzung) unterworfen seien, wenn der Rentner das 60. Lebensjahr vollendet habe und damit erstmals ein Ausweichen vor Abschlägen bei Altersrenten überhaupt theoretisch möglich sei. Dies werde nochmals ausdrücklich durch § 77 Abs. 2 S. 3 SGB VI klargestellt, der sage, dass die Zeit eine Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht als Zeit einer vorzeitigen Anspruchnahme gelte. § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des EM-ReformG sehe eine Erhöhung des Zugangsfaktors wegen Nichtinanspruchnahme einer vorzeitigen Erwerbsminderungsrente nur für die Monate zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres vor. Auch die nach § 264 c SGB VI als Übergangsregelung bei Rentenbeginn vor dem 01. Januar 2004 anzuwendende Anlage 23 zu SGB VI bezeichne ausdrücklich als maßgebendes Lebensalter das 60. Lebensjahr und die Jahre bis zum 63. Lebensjahr. Die Entstehungsgeschichte des EM-ReformG stütze die Praxis der Beklagten nicht. Prägender Leitgedanke sei gewesen, der Ausweichreaktion von den Altersrenten in die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Ein solches Ausweichen komme jedoch frühestens bei Rentenbezug nach Vollendung des 60. Lebensjahres in Betracht. Etwas anderes ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien nicht, auch nicht aus dem Teil der Gesetzesmaterialien, in dem darauf hingewiesen werde, dass durch eine Verlängerung der Zurechnungszeiten bis zum 60. Lebensjahr für die Versicherten, die bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert seien und Rente bezögen, die Auswirkungen des Abschlags abgemildert werden sollten (§§ 59, 253 a SGB VI i.V.m. der Anlage 23 zum SGB VI). Diese Verlängerung der Zurechnungszeiten führten bei Renten wegen Erwerbsminderung nur dann zu einer höheren Rente, wenn der Versicherte bei Eintritt des Versicherungfalles der Erwerbsminderung das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Hingegen bringe diese Anhebung den Versicherten nichts, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erwerbsgemindert würden und zugleich erstmals an einem Ausweichen in die Erwerbsminderungsrente denken könnten. Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres seien vom Gesetz gerade nicht als Zeiten eines "vorzeitigen Rentenbezuges" bestimmt. Allein eine derartige Interpretation sei verfassungsgemäß.
Die Kammer folgt der Auslegung des Bundessozialgerichtes jedoch nicht und hält die oben dargestellte Auslegung der Beklagten in der Klageerwiderung, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, für schlüssig und begründet. Die Entscheidung ist zu Recht in der Literatur sowie in der Rechsprechung vorwiegend bisher erster Instanz auf Kritik gestoßen. Sie steht im Widerspruch zur - soweit ersichtlich- unbestrittenen Auffassung der gesamten Rentenliteratur (Plagemann, jurisPR-SozR 20/2006 Anm.4; SG Aachen, Urteil vom 09.02.2007 - S 8 R 96/06 - mit weiteren Hinweisen). Bereits der gesetzlichen Formulierung ist die Rechtmäßigkeit der Verwaltungspraxis zu entnehmen: § 77 Abs. 2 Nr. 3 sieht zunächst einmal - unter Außerachtlassung der Sätze 2 und 3 - eine Minderung des Zugangfaktors generell vor Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Begrenzung vor. Diese Vorschrift ist für sich genommen nicht ausreichend, weil sie zur Folge haben könnte - wie auch das BSG in der genannten Entscheidung darlegt - dass der Zugangsfaktor auf 0 absinkt und deshalb keine Rente bewilligt wurde. Deshalb musste das Gesetz eine Regelung dazu vorsehen, welcher Abschlag maximal vom Versicherten in Kauf genommen werden muss. Diese Berechnungsregelung ist in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI enthalten: Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres, ist die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Hieraus ergibt sich, dass die Verminderung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 63. Lebensjahres auf 36 x 0,003 = 0,108 begrenzt ist. Nur insoweit kommen - also hinsichtlich der Berechnung der höchstmöglichen Reduzierung des Zugangsfaktors bestimmt § 77 Abs. 2 S. 3 SGB VI, dass die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme gilt. Gesetzessystematisch hätte die Bestimmung, dass eine Minderung für Rentner vor dem 60. Lebensjahr gar nicht stattfinden soll, nicht in die Grundregelung des Satzes1 erläuternden Nachfolgeregelung der Sätze 2 und 3, sondern bereits in der Ziff. 3 des Satzes 1 selbst stehen können und müssen. Diese sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebende Interpretation wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Durch das Gesetz zur EM-RentenreformG sollte die Höhe der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten angepasst werden (BT-Drucksache 14/4230 S. 1,26). Zwar sei Sinn der Neuregelung auch, Ausweichreaktionen von den Altersrenten, die nur bei Inkaufnahme von Abschlägen vorzeitig in Anspruch genommen werden können, in die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
entgegenzuwirken (BT-Drucksache 14/4230, S. 26 Nr. 22 ). Insofern ist dem BSG Recht zu geben, dass eine solche Ausweichreaktion nur bei Personen stattfinden kann, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Dennoch hat der Gesetzgeber generell zum Ziel gehabt, Vorteile eines längeren Rentenbezugs durch einen verminderten Zugangsfaktor auszugleichen (BT-Drucksache 14/4230 S. 26 zu Nr. 16) und damit dem vom BSG mehrfach zur Begründung herangezogenen Grundsatz der "(Vor-)Leistungsbezogenheit" Rechnung zu tragen. Denn diese ist, wie das BSG nicht diskutiert, bei Erwerbsminderungsrentnern gerade geringer als bei vom Versicherungsverlauf her vergleichbaren Rentnern, die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen (bei Erwerbsminderung ab dem 60.Lebensjahr ist sie höchstens gleich hoch). Der Gesetzesbegründung ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass ein solcher verminderter Zugangsfaktor lediglich für Versicherte gelten soll, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Im Gegenteil geht die Gesetzbegründung generell davon aus, dass die Höhe der Erwerbsmindeurngsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten in der Weise angeglichen wird, dass die Renten mit einem Abschlag von höchstens 10,8 % versehen werden (BT-Drucksache 14/4230 S. 24). Aus dieser Formulierung ist zwar nur indirekt, aber dennoch zwingend zu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die Verringerung des Zugangsfaktors auch Erwerbsminderungsrenten erfasst, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Denn eine Begrenzung des Abschlags auf höchstens 10,8 % braucht nur dann ausdrücklich erwähnt zu werden, wenn sich ohne eine ausdrückliche entsprechende Formulierung ein höherer Abschlag errechnen könnte. Das wäre aber nicht der Fall, wenn ein Abschlag für Rentner vor dem für Erwerbsminderungsrentner vor dem 60. Lebensjahr gar nicht vorgesehen wäre. Auch aus § 264c SGB VI kann entgegen der Auffassung des BSG ein anderer Schluß nicht gezogen werden, denn hierbei handelt es sich um eine Übergangsregelung zur Berechnung der Höhe der Abschläge, die die Berechnungsregel des § 77 Abs. 2 Satz 2 modifiziert. Da für die Berechnung der Abschlagshöhe auch nach der Auslegung der Beklagten die Jahre vor dem 60 Lebensjahr unerheblich sind, mussten diese in die Tabelle nicht mit aufgenommen werden, ohne dass das Fehlen einen Rückschluß auf die Grundregel der Abschläge zuließe.
Insbesondere kann dem BSG auch nicht darin gefolgt werden, dass sich aus der ebenfalls durch das EM-RentenreformG eingeführten, ab 01.01.2001 geltenden Verlängerung der Zurechnungszeit - von der auch der Kläger proftiert - nichts anderes ergibt. Bis zum
31.12.2000 endete gemäß § 59 Abs. 3, Abs. 6 SGB VI a.F. die Zurechnungszeit mit dem Zeitpunkt, der sich ergibt, wenn die Zeit bis zum vollendeten 55. Lebensjahr in vollem Umfang, die darüber hinausgehende Zeit bis zum vollendeten 60. Lebensjahr zu 1/3 hinzugerechnet wird. Auch nach altem Recht hat also der Gesetzgeber bei der Höhe der Rente - wenn auch auf eine andere Berechnungsart - berücksichtigt, dass eine geringere tatsächliche Beitragsleistung ("Vor-Leistung") bei gleichzeitig längerer Dauer der Inanspruchnahme der Leistung auch einen Ausfluss in der Höhe haben kann. Mit der Einführung des zu kürzenden Zugangsfaktors auch für Erwerbsminderungsrenten seit dem 01.01.2001 endet andererseits die volle Zurechnungzeit gemäß § 59 Abs. 2 S. 2 SGB VI erst mit der Vollendung des 60. Lebensjahres. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BT-Drucksache 14/4230 S. 24, 26) sollten die Auswirkungen der Verminderung des Zugangsfaktors dadurch abgemindert werden, dass die Zeit zwischen dem vollendeten 55. und 60. Lebensjahr künftig voll als Zurechnungszeit angerechnet wird. Der Gesetzgeber hat also grundsätzlich seine Entscheidung beibehalten, Erwerbsminderungsrentner, die ja nicht freiwillig aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, nicht in voller Höhe mit den bis zum Erreichen der Altersgrenze beitragszahlenden Rentnern vorzunehmen (nach altem Recht durch Kürzung der Zurechnungszeiten). Der Gesetzgeber hat also zunächst einmal die Art der Berechnung der Berücksichtigung der geringeren Vorleistung verändert. Während er zuvor die Zurechnungszeit gekürzt hatte, hat er nunmehr die Zurechnungszeit erhöht, auf der anderen Seite dies aber teilweise durch den niedrigeren Zugangsfaktor wieder ausgeglichen. Dabei werden insbesondere die Abschläge bei den mit den vorzeitigen Altersrentnern nicht vergleichbaren Erwerbsminderungsrentnern unter 60 Jahren, bei denen eine Ausweichreaktion faktisch gar nicht möglich ist, richtigerweise zumindest teilweise wieder ausgeglichen. Der Gesetzgeber hat sich also für eine andere Art der Berechnung der Rentenminderung bei Inanspruchnahme einer Rente vor dem 60. Lebensjahr für alle Rentenarten entschieden. Eine Auslegung, die diese gesetzessystematische Betrachtungsweise außer Acht läßt und einen Teil des Regelungskomplexes für verfassungswidrig erklärt, den anderen Teil der Regelung hingegen unangetastet lässt, hält die Kammer nicht für zulässig. Dies hätte im Übrigen zur Folge, dass anstelle einer Verminderung der vorzeitig in Anspruch genommenen Erwerbminderungsrenten, die offensichtlich Intention des Gesetzgebers war, sogar eine faktische Erhöhung die Folge ist. Eine solche Absicht ist, wie die Beklagte zutreffend anmerkt, den Materialien gerade nicht zu entnehmen. Es hätte außerdem die konsequente Folge, dass die so erhöhten EP nicht mehr ab 60 zu kürzen
wären, weil die Regelung des § 77 Ab.3 Satz 1 SGB VI entgegen steht. Nach der Auffassung des BSG ist aber Rentnern ab dem 60. Lebensjahr die Rente zu kürzen - entgegen des sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebenden Grundsatzes, dass es bei der Höhe der EP für eine einmal bezogene Rente bleibt, sofern diese nicht aus tatsächlichen Gründen anders zu berechnen sind ( § 88 SGB VI; vgl. auch Plagemann, a.a.O.). Denn das Bundessozialgericht hat die Auswirkungen seiner Entscheidung ausdrücklich auf die Zeit bis zum 60. Lebensjahr beschränkt und erklärt, dass ab dem Zeitpunkt danach ein Rentenabschlag zulässig ist. Diese unterschiedliche Berechnung der laufenden Rente vor und nach dem 60 Lebensjahr hätte im übrigen einen vom Gesetzgeber sicherlich nicht intendierten ernormen Verwaltungsmehraufwand zur Folge. Da nach alledem Wortlaut, Gesetzesbegründung und Gesetzessystematik gegen die vom BSG vorgenommen Auslegung sprechen, ist mangels Auslegungsbedürftigkeit für eine verfassungskonforme Auslegung kein Platz.
Die Sache ist auch nicht auszusetzen und wegen verfassungsrechtlicher Bedenken dem Bundesverfassungsgericht (BverfG) vorzulegen. Denn solche verfassungsrechtlichen Bedenken hat die Kammer nicht. Insbesondere kann dem Bundessozialgericht nicht gefolgt werden, dass es sich bei dieser Regelung um eine Durchbrechung des Grundsatzes der (vor-) leistungsbezogenen Rente handelt und dass deshalb die Bestimmung des Zugangsfaktors von 1,0 wohl aufgrund des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes gemäß Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich geboten ist. Richtig ist zwar, dass allein die Sorge um eine "Ausweichreaktion" nicht ausreicht, um einen Eingriff in eigentumsrechtlich geschützte Positionen zu rechtfertigen, denn eine Ausweichreaktion ist schlüssig nur für die tatsächlich nicht erwerbsgeminderten Versicherten denkbar, die durch die erhöhte Bereitschaft, einen (im Ergebnis erfolglosen, aber erheblich kostenintensiven) Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu stellen, anstatt gleich die vorgezogenen Altersrente in Anspruch zu nehmen. Denn die tatsächlich erwerbsgeminderten Rentner verfolgen lediglich den ihnen zustehenden Anspruch und weichen gerade nicht aus. Jedoch hatte der Gesetzgeber nicht nur die Ausweichreaktion, sondern auch die Ausgleichung der Vorteile eines längeren Rentenbezugs zum Ziel und wollte die Erwerbsminderungsrenten in der Höhe den vorzeitigen Altersrenten gleichstellen. Dies begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die
Erwerbsminderungsrente unterfällt, da sie auch auf Zurechnungszeiten beruht, nur eingeschränkt dem Eigentumsschutz. Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Position nach Artikel 14 Abs. 1 GG ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechtes dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet werden kann. Diese genießt den Schutz der Eigentumsgarantie dann, wenn sie auf nicht unerhebliche Eigenleistungen des Versicherten beruht. In dem durch Beitragsäquivalenz geprägten Leistungsbereich ist der Leistungsschutz intensiver als im sonstigen Bereich der Bewilligung von Leistungsanteilen ohne oder mit nur geminderter Beitragsleistung, hier verfügt der Gesetzgeber über einen weiteren Gestaltungsspielraum. Anwartschaften unterstehen nicht dem Schutz des Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu Grunde liegen, die z.B. in den Herkunftsgebieten nach dem Fremdrentengesetz erbracht oder zurückgelegt wurden (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 16.07.1985 - 1 BvL 5/80 = BvGe 69,272; Beschluss vom 01.07.1981 - 1 BvL 874/77 = BvGe 58,81; Urteil vom 13.06.2006 - 1 BvL 9/00, vgl.auch Plagemann, a.a.O.). Die Erwerbsminderungsrente ist damit teilweise vergleichbar, denn sie beruht - wenn auch in erheblich geringerem Maße - nicht vollständig auf tatsächlichen Beitragszeiten. Die aktuelle Höhe der Erwerbsminderungsrente ergibt sich abweichend von der Berechnung der Regelaltersrente dadurch, dass dem Versicherten fiktiv Beitragsleistungen hinzugerechnet werden (Zurechnungszeiten). Es handelt sich dabei gerade um rentenrechtliche Zeiten, die nicht auf Beitrags- und Beschäftigungszeiten beruhen, so dass diese Zeiten nicht dem uneingeschränkten Eigentumsschutz des Artikel 14 Abs. 1 S. 1 GG unterworfen sind. Gerade diese Zeiten wurden vom Gesetzgeber, ohne dass dies verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre, erhöht, um die Absenkung durch den Zugangsfaktor abzumildern, wie oben dargelegt. Auch hält das BSG hinsichtlich der Berücksichtigung der Vorleistung wohl nur Altersrentner miteinander vergleichbar. Das ist aber nicht zwingend. Warum aus Sicht des BSG die langandauernde Inanspruchnahme der Versicherungsleistung kein Vorteil ist, den der Gesetzgeber berücksichtigen durfte, bleibt unklar. Aufgrund der dem Rentenrecht zugrundeliegenden Kombination der Voraussetzungen aus Vorleistungen einerseits auch bei den Erwerbsminderungsrentnern (z.B. bei der Höhe und bei der Frage der Wartezeiterfüllung) und der Abdeckung eines Risikos (mit Zurechnungszeiten zur Abdeckung des krankheitsbedingten Fehlens rentensteigernder Vorleistungen) ist es nicht systemwidrig, in Zeiten allgemeinen Sparens
und Kürzens von Leistungen auch bei Erwerbsminderungsrentnern eine stärkere Anknüpfung an die Vorleistung vorzunehmen, solange der Sicherungszweck der Risikoversicherung Erwerbsminderungsrente gewahrt bleibt. Das ist aber nach Auffassung der Kammer angesichts der durch die Erhöhung der Zurechnungszeiten faktisch abgestuften Minderung der Fall, selbst wenn im Einzelfall der Ausgleich sich einmal nicht oder nur sehr gering auswirken sollte. Die Auslegung, wie sie das Bundessozialgericht vorgenommen hat, ist nach alledem gerade nicht verfassungsrechtlich geboten.
Der Auffassung des Bundessozialgerichtes ist daher nicht zu folgen (so auch SG Bremen, Urteil vom 21.11.2006 - S 8 RA 180/03; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 13.12.2006 - L 2 R 466/06 ER (obiter dictum); SG Aachen, Urteil vom 09.02.2007 - S 8 R 96/06 - anhängig B 5 R 33/07 R; SG Aachen, Urteil vom 20.03.2007 - S 13 R 76/06, SG Altenburg, Urteil vom 22.03.2007 - S 14 KN 64/07 - anhängig B 8 KN 4/07 R; SG Köln, Urteil vom 12.04.2007, S 29 (25) R 337/06 und SG Saarland, Gerichtsbescheid vom 08.05.2007 - S 14 R 82/07; dem BSG folgen hingegen LSG Saarland, Urteil vom 09.02.2007 - L 7 R 40/06; SG Lübeck, Urteile vom 26.04.2007 - S 14 R 235/07, S 14 R 301/07 und S 14 R 191/07).
Rechtsfehler bei der Berechnung des Zugangsfaktors unter Anwendung der Übergangsvorschrift des § 264 c SGB VI sowie der Höhe der Rente im übrigen sind nicht ersichtlich.
Nach alledem war die Klage mit der aus § 193 SGG beruhenden Kostenfolge abzuweisen.
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