L 20 B 1135/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 AS 4911/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 B 1135/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2007 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin mit dem angefochtenen Beschluss die Anträge abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab dem 1. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anerkennung der vollständigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren, sowie Prozesskostenhilfe für die Durchführung des sozialgerichtlichen Verfahrens zu bewilligen. Die hiergegen von den Antragstellern erhobenen Beschwerden sind unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend angenommen, dass die Antragsteller keinen Anspruch auf Leistung weiterer Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - haben, weil die Aufwendungen für ihre Unterkunft (in Höhe von 945,88 EUR monatlich brutto warm) den angemessenen Umfang übersteigen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dabei lässt der Senat offen, ob der Antragsgegner (und das Sozialgericht) dabei die Werte der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II - AV-Wohnen – zu Grunde legen konnten. Zweifel hieran bestehen, weil nicht erkennbar ist, auf welcher Grundlage die Werte der AV-Wohnen ermittelt worden sind. Es erscheint zudem im Hinblick auf die Trennung der Kosten für die Wohnung und der Leistungen für Heizung (vgl. § 22 Abs. 1 und Abs. 3 SGB II) zweifelhaft, ob ein Pauschalsatz für eine Bruttowarmmiete den Anforderungen des § 22 SGB II gerecht wird (vgl. Beschluss des 23. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 23. Mai 2007 zur Parallelvorschrift § 29 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII – L 23 B 38/07 SO ER; veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de). Aus den zur Verfügung stehenden Daten über Wohnlagen, ortsübliche Mieten in Berlin und zu den durchschnittlichen Betriebskosten ergibt sich hier jedenfalls, dass die von dem Antragsgegner mit Bescheid vom 22. Januar 2007 anerkannten 705,00 Euro für die Antragsteller ausreichen, um ihren Bedarf für Aufwendungen für eine im Sinne des § 22 SGB II angemessene Unterkunft zu decken. Zur Feststellung der Angemessenheit der Unterkunftskosten bedarf es zunächst der Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße. Hier ist die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (insbesondere die Werte nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung - WoFG – i.V.m. den landesrechtlichen Bestimmungen; vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R, juris). Danach ist in Berlin, mangels Richtlinien zu § 10 WoFG, zum Einen an die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem WoFG belegungsgebundenen Wohnungen anzuknüpfen, wie sie sich aus der Mitteilung Nr. 8/2004 - Mitt. 8/04 - der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ergeben. In Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach Raumzahl bestimmt (Ziff. 8 Abs.1 Mitt. 8/04). Angemessen ist danach grundsätzlich ein Raum für jeden Haushaltsangehörigen. Zum Anderen ist zur Bestimmung des angemessenen Wohnflächenbedarfs an die Durchführungsregelungen im sozialen Wohnungsbau anzuknüpfen (§ 39 Abs. 1 II. WobauG, vgl. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 43). In Berlin sind insoweit mangels den Mietwohnungsbau betreffender Bestimmungen die Richtlinien über Förderungssätze für eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 7. Mai 1996 - Eigentumsförderungssätze 1996 - (ABl. 1996, S. 2002ff) heranzuziehen. Nach Ziffer 3 (3) der Eigentumsförderungssätze 1996 ist für drei Personen eine Wohnfläche von maximal 80 m² förderungsfähig, für jede weitere Person des Familienhaushaltes erhöht sich die förderungsfähige Wohnfläche um 10 m². Unter Anwendung dieser Maßstäbe wäre hier eine Wohnungsgröße von bis zu 100 m² für die Antragsteller angemessen. Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs sind die Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist" (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R, juris), zu ermitteln. Abzustellen ist dabei auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, welches sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (Produkttheorie, BSG, a.a.O.). Nach der dem Senat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen eingeschränkten Ermittlungen sind hier die sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2005 ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten (Abl. Nr. 41 vom 22.08.2005, S. 3119) zu Grunde zu legen. Für eine Wohnfläche von 90 m² und mehr ergibt sich daraus eine Netto-Kaltmiete von 4,35 Euro/m². Hierzu sind die durchschnittlichen "kalten" Betriebskosten, die regelmäßig mit dem Mietzins zu entrichten sind, zu ermitteln. Unter Zugrundelegung der vom Deutschen Mieterbund - DMB - mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2006 veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de), ergeben sich bei Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,54 EUR/ m² (ohne Mehrwertsteuer). Zzgl. des Mehrwertsteuersatzes von 19 % sind danach durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,84 EUR/ m² zu berücksichtigen. Daraus ergeben sich Kosten für eine Wohnung von einer Größe von 100 m² in Höhe von 619,00 EUR (Bruttokaltmiete). Die Nettokaltmiete der von den Antragstellern bewohnten Wohnung beträgt bereits 720,33 EUR. Weiter sind die von dem Antragsgegner nach § 22 SGB II zu leistenden Heizkosten zu ermitteln. Nach dem Betriebskostenspiegel des DMB sind diese mit 0,76 EUR/ m² anzusetzen, so dass sich für eine Wohnungsgröße von 100 m² eine Summe von 76, 00 EUR ergibt. Da Kostenanteile für Warmwasser – bei fünf Personen in Höhe von 27,40 EUR - bereits im Regelsatz enthalten sind, sind im vorliegenden Fall nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden Prüfung 667,60 EUR (Bruttowarmmiete) ausreichend, um den angemessenen Wohnbedarf der Antragsteller zu decken. Die mit dem angefochtenen Bescheid berücksichtigten Kosten in Höhe von 677,60 EUR sind daher nicht zu beanstanden. Nach dem Berliner Mietenspiegel 2005 sind auch im Bezirk R einfache Wohnlagen im Sinne des Berliner Mietenspiegels vorhanden. Nach den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu ermittelnden Erkenntnissen (vgl. www.immobilienscout24.de) ist auch im Wohnumfeld der Antragsteller – im Umkreis von 5 km - entsprechender Wohnraum verfügbar. Der Senat kann daher dahinstehen lassen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab bei der Ermittlung des "angemessenen Wohnraumes" in Berlin anzunehmen ist, da den Antragstellern mit den vom Antragsgegner gewährten Kosten der Unterkunft jedenfalls ein Verbleiben in ihrem Bezirk möglich ist. Eine kleinere Einheit kommt als Bezugsbereich nicht in Betracht. Dass es für sie nicht möglich war, angemessenen Wohnraum in dem Bezirk mit den von dem Antragsgegner nach § 22 SGB II gewährten Leistungen anzumieten, haben die Antragsteller nicht vorgetragen. Die Antragsteller haben auch keine Gründe glaubhaft gemacht, die einen Wohnungswechsel unzumutbar erscheinen lassen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die ausführlichen Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen, denen der Senat folgt (§ 142 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Mangels Erfolglosigkeit des Rechtsschutzbegehrens war auch die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht zu beanstanden (§ 73 a SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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