L 21 R 267/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 16 R 666/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 267/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 23. November 2006 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU) ab dem 01. Oktober 2000.

Der 1950 geborene Kläger ist von Beruf Kfz Elektriker, seit 1977 ist er Kfz Elektriker Meister. Nach Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bei der A GmbH mit Wirkung zum 30. April 1995 stand der Kläger bis September 1996 im Bezug von Arbeitslosengeld bei der Bundesanstalt für Arbeit. Dieser gegenüber zeigte er mit Veränderungsmitteilung vom 09. September 1996 an, ab dem 06. September 1996 selbständig tätig zu sein. Der Kläger war vom 06. September 1996 bis 25. Januar 1999 Geschäftsführer der Firma AD GmbH, R. Gesellschafter der GmbH waren der Kläger und sein Sohn RD. Von dem Stammkapital der Gesellschaft übernahmen der Kläger eine Stammeinlage in Höhe von 26 000,00 DM und sein Sohn eine Stammeinlage in Höhe von 24 000,00 DM. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 31. August 1994 wurden als erste Geschäftsführer der Kläger und Herr R D berufen, die die Gesellschaft gemeinsam vertreten sollten. Der Gesellschaftsvertrag bestimmt in § 7 "Gesellschafterversammlung", dass die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung mit einer Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen erfolgen, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag anderes vorschreiben. § 7 Abs. 2 bestimmt, dass je 100,00 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme "gewähren". Das von der Gesellschaft betriebene Gewerbe war in der Zeit vom 06. September 1996 bis 25. Januar 1999 auf den Namen des Klägers und seines Sohnes bei der Stadt R angemeldet.

Im Februar 1999 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld ab dem 15. Februar 1999.

Seit April 1999 klagte der Kläger über verstärkten nächtlichen Harndrang. Am 17. Mai 1999 erfolgte eine stationäre Behandlung, bei der ein Nierenkarzinom festgestellt wurde, das am 16. Juni 1999 mitsamt der befallenen Niere operativ entfernt wurde. Ab dem 17. Mai 1999 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog Krankengeld. Vom 10. November 1999 bis 08. Dezember 1999 nahm er an einer Reha Maßnahme in den Kliniken H teil. Im Reha Entlassungsbericht vom 04. Januar 2000 wird dem Kläger für seine letzte berufliche Tätigkeit ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt. Insofern heißt es, der Kläger wird bis Ende des Jahres (1999) arbeitsunfähig nach Hause entlassen, anschließend werde er einen Arbeitsversuch starten. Dieser Arbeitsversuch konnte nicht begonnen werden, da es bei dem Kläger zu ausgeprägten Ödemen in beiden Beinen und zu einem Schlaf Apnoe Syndrom gekommen war. In Auswertung eines Arztberichts Schlaflabor, einer 24 Stunden-Langzeit-Blutdruckmessung sowie diverser Laborwerte und nach Rücksprache mit dem behandelnden Internisten stellte der SR Dr. G. K in einem sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung MDK Berlin Brandenburg vom 23. August 2000 eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 51 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch SGB V fest.

Nach Aufforderung durch seine Krankenkasse beantragte der Kläger am 18. September 2000 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte ein freies Rentengutachten des Arztes für Urologie Dr. K vom 15. Oktober 2000 ein. Der Gutachter stellte ein auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränktes zeitliches Leistungsvermögen seit dem 16. Juni 1999, dem Tag der operativen Entfernung der Niere, fest.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente mit der Begründung ab, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgebenden Zeitraum vom 17. Mai 1994 bis 16. Mai 1999 seien nur 33 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Den hiergegen vom Kläger am 15. Januar 2001 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2001 zurück, der nach Aktenlage am 8. August 2001 zur Post gegeben wurde.

Daraufhin hat der Kläger am 10. September 2001, einem Montag, Klage zum Sozialgericht Potsdam erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Firma D als Pflichtversicherungszeit zu berücksichtigen sei, da er in dieser Firma als Arbeitnehmer tätig geworden sei, und hat einen undatierten, von ihm sowohl als Arbeitgeber als auch als Arbeitnehmer unterzeichneten "Arbeitsvertrag für Arbeitnehmer" mit der D GmbH zur Akte gereicht, wegen dessen Inhalts auf Blatt 111 bis 113 der Gerichtsakte Bezug genommen wird.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, die Zeit vom 01. Januar 1984 bis 16. Mai 1999 sei nicht durchgehend mit Beiträgen oder Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Unbelegt sei insbesondere die Zeit vom 06. September 1996 bis zum 14. Februar 1999, in der der Kläger eigenen Angaben zufolge selbständig gewesen sei.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 02. Dezember 2004 abgewiesen. Die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die Firma D in der Zeit vom 06. September 1996 bis 14. Februar 1999 könne nicht als versicherungsrechtliche Zeit anerkannt werden. In dieser Zeit sei der Kläger nicht abhängig, sondern selbständig tätig gewesen. Bereits aus § 35 des GmbH Gesetzes folge, dass der Geschäftsführer die Firma nach außen vertrete, insofern mangele es schon aus diesem Grunde an einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Zudem habe der Kläger die Mehrheit an der Stammeinlage gehalten und somit die Rechtsmacht gehabt, nachhaltig auf die Geschicke der Firma einzuwirken. Bei dem undatierten Arbeitsvertrag handele es sich um ein unzulässiges In Sich Geschäft. Für einen abhängig Beschäftigten atypisch sei auch die vertragliche Verpflichtung, trotz der Festlegung einer 40 Stunden Woche Mehrarbeit in Form von Überstunden zu leisten, ohne hierfür eine Bezahlung zu erhalten. Im Übrigen habe sich der Kläger in seinem Antrag auf Kontenklärung vom 18. September 2000 hinsichtlich des betroffenen Zeitraumes selbst als selbständig Tätiger in einem Autohaus bezeichnet.

Der Kläger hat gegen das ihm am 30. März 2005 zugestellte Urteil am 29. April 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, er habe lediglich formal als selbständiger Gewerbetreibender fungiert, d.h. er habe nach außen hin offiziell als Geschäftsführer fungiert, weil nur er über den Meistertitel verfügt habe. In Wirklichkeit sei er aber bei seinem Sohn angestellt gewesen, der sämtliche anstehenden geschäftlichen Entscheidungen allein getroffen und das Unternehmen eigenverantwortlich geleitet habe. Ihm könne nunmehr nicht zum Nachteil gereichen, dass er seinem Sohn die Selbständigkeit ermöglicht habe, damit die Familie ein eigenes Einkommen erzielen konnte. Im Übrigen verstoße es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, ihm wegen einer fehlenden Zeit von nur drei Monaten die Gewährung einer Rente zu versagen, obwohl er zuvor über Jahrzehnte hinweg Beiträge eingezahlt habe, die die Höhe der ihm zu bewilligenden Rente bei weitem überstiegen. Es bestehe eine Regelungslücke, die derart zu schließen sei, dass ihm analog für den Zeitraum ab Antragstellung Rente wegen EU auf Dauer zu bewilligen sei. Bei geringfügigen Ausfallzeiten müsse unter Bewertung des Einzelfalls eine Abwägungsentscheidung nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben getroffen werden, dies entspreche auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Im Übrigen macht der Kläger geltend, dass der Versicherungsfall nicht bereits im Mai 1999, sondern erst im Mai 2000 eingetreten sei. Seine Auffassung werde gestützt durch den ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik vom 04. Januar 2000, in dem er für vollschichtig erwerbsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erklärt worden sei. Er sei zwar seit Mai 1999 arbeitsunfähig gewesen, aber auch der Arzt für Urologie Dr. K habe in der sozialmedizinischen Beurteilung vom 15. Oktober 2000 als Beginn der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers den 16. Juni 2000 genannt.

Der Kläger hat am 16. November 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gestellt, den die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2006 abgelehnt hat.

Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers den folgenden Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 02. Dezember 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm, dem Kläger, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01. Oktober 2000, hilfsweise eine Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01. Dezember 2006 zu gewähren.

Die Beklagte hat den Bescheid vom 23. November 2006 zur Akte gereicht und beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis für zutreffend. Während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers habe kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und somit auch keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden. Da wegen der fehlenden Pflichtbeiträge die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen EU nicht erfüllt seien, könne trotz eingetretenen Leistungsfalles dem Kläger keine EU Rente nach § 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch SGB VI in des Fassung bis 31. Dezember 2000 zuerkannt werden. Ein späterer Leistungsfall als der 17. Mai 1999 mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit (AU) sei medizinisch nicht begründet. Bei der vom Gutachter in seiner sozialmedizinischen Beurteilung vorgenommenen zeitlichen Bestimmung der Leistungseinschränkung handele es sich um einen Schreibfehler.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Az.: ) sowie die Verwaltungsvorgänge der Arbeitsverwaltung (2 Bände, Az.: ) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG ).

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2006 ist bereits unzulässig.

Die Klage gegen den kraft gewillkürter Klageänderung zur erstinstanzlichen Entscheidung des Senats gestellten Bescheid vom 23. November 2006 ist unzulässig, da es an der instanziellen Zuständigkeit des Senats fehlt (vgl. § 29 SGG). Die vorliegende Klageänderung in der Berufungsinstanz ist auch nicht entgegen der anders lautenden Rechtsmittelbelehrung der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid nach § 96 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG zulässig mit der Folge, dass die Entscheidung kraft Gesetzes Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden wäre und der Senat über sie in der Sache erstinstanzlich hätte entscheiden müssen. Mit dem genannten Bescheid hat die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung EM nach § 43 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung abgelehnt. Dieser Bescheid ändert oder ersetzt nicht den streitgegenständlichen Bescheid vom 28. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2001, mit dem die Beklagte einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen EU, hilfsweise BU, nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht abgelehnt hat. Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU. Nur hierüber hat die Beklagte mit dem mit der Klage angefochtenen Bescheid entschieden. Auch das Sozialgericht hat nur über ein Recht des Klägers auf Rente wegen EU oder BU, nicht aber über ein Recht des Klägers auf Rente wegen voller oder teilweiser EM entschieden. Dieses war daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens (vgl. BSG, Beschluss vom 16. März 2006, B 4 RA 24/05 B, veröffentlicht in juris). Renten wegen BU oder EU nach altem Recht bilden einen von den Renten wegen EM nach neuem Recht zu unterscheidenden Streitgegenstand (vgl. Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 06. März 2003, SozR 4 2600 § 313 Nr. 1 Rn. 16).

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 28. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2001 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen EU oder BU.

Ausgehend von einer Antragstellung des Klägers im September 2000 richten sich die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen EU nach § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung SGB VI a. F. (§ 300 Abs. 2, § 302 b Abs. 1 SGB VI).

Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Erkrankung oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger seit dem 17. Mai 1999 vor. Seit diesem Tag war der Kläger arbeitsunfähig und bezog Krankengeld. Im Juni 1999 erfolgte die Operation wegen eines Nierenzell-Karzinoms. Nach den aktenkundigen ärztlichen Befunden und Gutachten bestand bereits präoperativ ein Hypertonus, der zu hypertonen Krisen neigte. Darüber hinaus lag ein Diabetes mellitus und eine Gichterkrankung vor. Bei der noch vorhandenen Niere kam es in der Folgezeit zur Retension harnpflichtiger Substanzen. Auf der Grundlage der gutachterlichen Feststellungen waren dem Kläger zur Überzeugung des Senats daher bereits seit Beginn der AU keine mittelschweren und schweren Arbeiten mehr zumutbar und sein zeitliches Leistungsvermögen mit drei bis sechs Stunden arbeitstäglich herabgesunken. Arbeiten in Nässe und Kälte mussten entfallen. Für einen späteren Leistungsfall ergibt sich kein Hinweis.

Für die Annahme eines erst im Jahr 2000 eingetretenen Leistungsfalles gibt es keine Anhaltspunkte. Der Eintritt eines späteren Leistungsfalles folgt auch nicht aus den Feststellungen im Reha Entlassungsbericht vom 4. Januar 2000, in dem dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert wird. Denn diese ärztlichen Feststellungen haben sich im Nachhinein als unzutreffend erwiesen. Eine Arbeitserprobung Anfang 2000 konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht durchgeführt werden. Vielmehr war der Kläger aufgrund des Nierenkarzinoms und weiterer Erkrankungen durchgehend seit dem 17. Mai 1999 arbeitsunfähig. Die operative Entfernung der befallenen Niere erfolgte am 16. Juni 1999. Wenn der Arzt für Urologie Dr. K in seinem Gutachten für die Beklagte vom 15. Oktober 2000 an mehreren Stellen den Zeitpunkt des Eintritts der AU mit 17. Mai 2000 bzw. die Tumornephrektomie mit 16. Juni 2000 und das Datum der Einschränkung der Leistungsfähigkeit mit 16. Juni 2000 angibt, handelt es sich erkennbar um Schreibfehler. Der Sachverständige wollte offenkundig das tatsächliche Datum der Nephrektomie als Leistungsfall festlegen und hat im Übrigen in seiner abschließenden "Differenzierung der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung" angegeben, das festgestellte Leistungsvermögen bestehe "seit dem 16. Juni 1999". Dies deckt sich auch mit den ärztlichen Feststellungen in dem Gutachten des Dr. K im sozialmedizinischen Gutachten vom 23. August 2000 des M B, der eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers, ausgehend von einer seit dem 17. Mai 1999 durchgängigen AU, angibt.

Der Kläger hat ausgehend von einem Leistungsfall am 17. Mai 1999 jedoch keinen Anspruch auf die Gewährung der begehrten Rente wegen EU, weil er die so genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Vorschrift des § 44 SGB VI a. F. setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der rentenrechtlich erheblichen EM voraus (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI a. F.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend ausweislich des im Verwaltungsvorgang der Beklagten enthaltenen Versicherungsverlaufs vom 21. Dezember 2000 nicht erfüllt. Der Kläger hat in dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 17. Mai 1994 bis 16. Mai 1999 lediglich 33 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Für den Zeitraum vom 06. September 1996 bis zum 14. Februar 1999 sind keine Pflichtbeiträge für den Kläger entrichtet worden. Der Kläger übte in diesem Zeitraum als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine selbständige Tätigkeit aus. Entgegen seinem Vorbringen bestand für ihn im Zeitraum vom 06. September 1996 bis zum 14. Februar 1999 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil er als Geschäftsführer der AD GmbH nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand; einen Antrag auf Versicherungspflicht als Selbständiger (§ 4 Abs. 2 SGB VI) hatte er nicht gestellt.

Geschäftsführer einer GmbH, die zugleich Gesellschafter sind, stehen dann in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, wenn sie aufgrund des Umfangs ihrer Kapitalbeteiligung ihnen nicht genehme Weisungen des Dienstberechtigten verhindern können (BSG SozR Nr. 68 zu § 165 RVO; BSGE 38, 53, 57 f; BSG, Urteil vom 24. Juni 1982 12 RK 43/81 , juris). Diese Voraussetzungen liegen bei einer Kapitalbeteiligung an einer GmbH in Höhe von 50 % des Stammkapitals in der Regel vor. Auch der hier zu beurteilende Gesellschaftsvertrag, gibt insoweit keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Vielmehr hat der Kläger vom Stammkapital der GmbH in Höhe von 50.000 DM eine Einlage in Höhe von 26.000 DM erbracht, wobei nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags für je 100 DM Geschäftsanteil 1 Stimme gewährt wurde. Ein "Überstimmen" des Klägers in der Gesellschafterversammlung der GmbH war mithin rechtlich ausgeschlossen, mag er auch, wie er nunmehr vorträgt, tatsächlich seinem Sohn und Minderheitengesellschafter die geschäftlichen Entscheidungen überlassen haben.

Auch unter Berücksichtigung der Verlängerung des Zeitraumes von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit lassen sich keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit feststellen.

Nach § 44 Abs. 4 i. V. m. § 43 Abs. 3 SGB VI verlängert sich der genannte Zeitraum um

1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,

2. Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeit eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war,

(Berücksichtigungszeit ist nach § 57 SGB VI die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen, bzw. nach § 249 b SGB VI die Zeit die Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen im Zeitraum vom 01. Januar 1992 bis 31. März 1965 unter den dort genannten Bedingungen.)

3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt,

die nicht auch Pflichtbeitragszeiten sind.

Diese Voraussetzungen sind erkennbar nicht erfüllt.

Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (§ 44 Abs. 4 i.V.m. § 43 Abs. 4 SGB VI).

Nach § 44 Abs. 4 SGB VI i.V.m. § 43 Abs. 4 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Die Voraussetzungen einer allgemeinen Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI liegen jedoch nicht vor.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind auch nicht nach §§ 240, 241 SGB VI a. F. entbehrlich.

Danach gilt: Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit

1. Beitragszeiten,

2. Beitragsfreien Zeiten,

3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt,

4. Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeiten eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war,

5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder

6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992,

(Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Berufsunfähigkeit vor dem 01. Januar 1994 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.

Nach dem vorliegenden Versicherungsverlauf lässt sich eine vollständige Belegung der Zeit ab 01. Januar 1984 bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit im Mai 1999 mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht feststellen. Für den Zeitraum vom 06. September 1996 bis zum 14. Februar 1999 ist keine der oben genannten Voraussetzungen erfüllt.

Es liegt auch keine beitragsfreie Zeit im Sinne des § 241 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI vor. Beitragsfreie Zeiten im Sinne der Nr. 2 i. V. m. § 54 Abs. 4 SGB VI sind nur Anrechnungs- und Ersatzzeiten (§§ 58, 252, 252 a und §§ 250, 251 SGB VI).

Für die genannten Kalendermonate im Zeitraum vom 06. September 1996 bis zum 14. Februar 1999 ist auch eine Beitragszahlung nicht mehr zulässig. Die Zahlung von freiwilligen Beiträgen kann nur bis zum 31. März des Jahres erfolgen, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Von dieser Frist kann auch nicht ausnahmsweise nach § 197 Abs. 3 SGB VI abgesehen werden, denn der Kläger war nicht ohne Verschulden gehindert, freiwillige Beiträge zu leisten. Anhaltspunkte, dass ein sog. Herstellungsanspruch gegeben sein könnte (vgl. Kreikebohm, SGB VI, Komm., 2. Aufl., § 7 Rn. 48 ff.), liegen nicht vor.

Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen BU (§ 43 SGB VI a. F.) identisch mit denen einer Rente wegen EU sind, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die hilfsweise beantragte Gewährung einer Rente wegen BU. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsfall der BU anders datiert werden könnte als der der EU, nämlich auf ein Datum im Oktober 1998 oder früher, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt wären, lassen sich den Akten nicht entnehmen und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.

Weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch das Verhältnismäßigkeitsprinzip verhelfen dem Kläger zu den geltend gemachten Ansprüchen. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers verkennt insoweit, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Bereich der staatlichen Eingriffsverwaltung die Rechtmäßigkeit staatlicher Eingriffsakte oder im Bereich der Gesetzgebung Regelungspflichten des Gesetzgebers bestimmt, aus diesen jedoch keine Leistungsansprüche erwachsen. Vorliegend ist auch keine Regelungslücke gegeben. Der Kläger erfüllt lediglich die tatbestandlichen gesetzlich detailliert geregelten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Renten nicht. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben ermächtigt das Gericht nicht, sich über die klaren gesetzgeberischen Vorgaben hinwegzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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