S 24 AS 1798/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 24 AS 1798/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.09.2006 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 22.09.2006, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.11.2006, verurteilt, der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2. für den Zeitraum vom 01.07. – 30.09.2006 höhere Leistungen ohne Anrechung des an die Klägerin zu 2. gezahlten BAföG als Einkommen zu gewähren. 2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. und zu 2. zu erstatten. 3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungsbewilligung streitig.

Die Klägerin zu 1. steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug bei der Beklagten.

Mit Bescheid vom 20.03.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 1. Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.09.2006 in Höhe von 246,23 EUR (Regelleistung in Höhe von 331 EUR, Kosten der Unterkunft = KdU 188,23 EUR, zu berücksichtigendes Gesamteinkommen 273 EUR).

Mit Bescheid vom 12.04.2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Brandenburg der Klägerin zu 2. eine Waisenrente für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von monatlich 95,80 EUR.

Am 01.08.2006 teilte die Klägerin zu 2. der Beklagten mit, dass sie am 07.07.2006 in die Wohnung der Klägerin zu 1. eingezogen sei.

Mit Änderungsbescheid vom 03.08.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09. bis 30.09.2006 in Höhe von 258,49 EUR. Ab September 2006 sei die veränderte Miete berücksichtigt worden.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 10.08.2006 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemein-schaft, bestehend aus der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2., Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.07.2006 in Höhe von 277,10 EUR (Regelleistungen in Höhe von 575 EUR, KdU 238,43 EUR, zu berücksichtigendes Gesamt-einkommen 536,33 EUR), für den Zeitraum vom 01.08. bis 31.08.2006 in Höhe von 282,99 EUR (Re-gelleistungen in Höhe von 621 EUR, KdU 250,99 EUR, zu berücksichtigendes Gesamteinkommen 589 EUR) und für den Zeitraum vom 01.09. bis 30.09.2006 in Höhe von 280,67 EUR (Regelleistun-gen in Höhe von 621 EUR, KdU 248,67 EUR, zu berücksichtigendes Gesamteinkommen 589 EUR). Die Klägerin zu 2. sei ab 07.07.2006 Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Der Leistungsanspruch und die Kosten der Unterkunft seien überprüft und neu berechnet worden. Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen würden insoweit aufgehoben. Am 11.09.2006 erhob der Bevollmächtigte "Namens und in Vollmacht von Frau A. F." Wider-spruch gegen den Änderungsbescheid vom 10.08.2006. Der Widerspruch richte sich gegen die Anrechnung von BAföG als Einkommen bei der Tochter A. F. BAföG sei nicht anzurechnen, wenn dieser Betrag für Schulgeld und Fahrtkosten verbraucht werde. Das Schulgeld für die Ausbildung der Tochter betrage monatlich 198 EUR. Ferner seien die Fahrtkosten zu berücksichti-gen. Die Kosten für die Monatskarten beliefen sich auf 77,90 EUR, 18,00 EUR und 39,50 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 18.09.2006 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2., Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.07.2006 in Höhe von 309,10 EUR, für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.08.2006 in Höhe von 321,39 EUR und für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von 319,07 EUR. Es sei eine Neuberechnung erfolgt. Bei der Anrechnung des BAföG sei nachträglich ein Absetzungsbetrag in Höhe von 38,40 EUR (20 Prozent des BAföG-Betrages) berücksichtigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2006 wurde der Widerspruch unter Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 18.09.2006 zurückgewiesen. Das an die Tochter gezahlte BAföG sei unter Abzug einer 20-%-igen Pauschale für die Ausbildungskosten als Einkommen anzu-rechnen. Es verbleibe ein monatlicher anrechenbarer BAföG-Betrag in Höhe von 153,60 EUR. Die Absetzung weiterer Werbungskosten sei nicht möglich, da es sich bei den Einnahmen aus BA-föG nicht um Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit handele. Die Versicherungspauschale von 30 EUR sei vom Einkommen aus Kindergeld abgesetzt worden.

Die Klägerin zu 1. hat am 23.07.2006 Klage erhoben.

Mit Schriftsatz vom 07.05.2007 hat der Bevollmächtigte der Klägerin zu 1. mitgeteilt, dass die Tochter der Klägerin dem Rechtsstreit ebenfalls beitritt und entsprechende Prozessvollmacht überreicht.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, Sinn und Zweck der gezahlten Berufsausbildungsförde-rung sei in erster Linie, die Ausbildung sicherzustellen. Sofern das BAföG vollständig für die Ausbildung, also für Schuldgeld und Fahrkosten verbraucht werde, sei eine Anrechnung auf Leistungen nach dem SGB II nicht zulässig. Sofern die BAföG-Leistungen auf den Lebensun-terhalt verrechnet werde, könne die Ausbildung nicht mehr bezahlt werden. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die Leistungen ohne Berücksichtigung der BAföG-Zahlungen zu bewilligen.

Die Klägerin zu 1. und die Klägerin zu 2. beantragen,

den Bescheid vom 10.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2006, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.11.2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2. für den Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.2006 höhere Leistungen ohne Anrechung des an die Klägerin zu 2. gezahlten BAföGs als Einkommen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, zutreffend habe sie zwanzig Prozent der Ausbildungsförde-rung nach dem BAföG als pauschale Ausbildungskosten als zweckbestimmte Einnahmen ange-sehen und diese nicht als Einkommen angerechnet. Es sei ferner die Versicherungspauschale von 30 EUR vom Einkommen aus Kindergeld abgesetzt worden. Eine Absetzung weiterer Kosten in Form von Fahrkosten und Schulgeld sei nicht möglich und zulässig, da hierfür eine gesetzli-che Grundlage nicht gegeben sei. Die Absetzung von Fahrkosten und Werbungskosten sei aus-schließlich von dem Einkommen Erwerbstätiger möglich. Da es sich bei dem BAföG-Einkommen jedoch gerade nicht um Einkommen aus Erwerbstätigkeit handele, könne eine solche Absetzung nicht erfolgen.

Mit Änderungsbescheid vom 09.11.2006 hat die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2., Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von 328,47 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Schwangere ab 25.09.2006 bewilligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (ein Band zur BG-Nr ...) sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16.05.2007 Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 10.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.11.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) in ihren Rechten, denn diese haben für den Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.2006 Anspruch auf höhere Leistungen.

Der Rechtsstreit wird von Beginn an nicht nur von der Klägerin zu 1), sondern auch von der Klägerin zu 2) geführt (Mehrheit von Klägern, so genannte subjektive Klagehäufung). Dem steht nicht entgegen, dass in der Klageschrift zunächst allein die Klägerin zu 1) als klagende Partei bezeichnet war. Denn diese Prozesshandlungen sind der Auslegung zugänglich, die er-gibt, dass sowohl die Durchsetzung eines höheren Leistungsanspruchs der Klägerin zu 1) als auch der Klägerin zu 2) bereits Gegenstand der erhobenen Klage(n) waren. Der Klageschrift ist eindeutig das Begehren zu entnehmen, Leistungen ohne Berücksichtigung der an die Kläge-rin zu 2) geleisteten BAföG – Zahlungen und damit im Ergebnis höhere Leistungen zu erhal-ten. Da es jedoch einen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft als solcher nicht gibt, sondern An-spruchsinhaber jeweils alle einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (vgl. BSG, Ur-teil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R), ist zu schlussfolgern, dass die Einzelansprüche der Mit-glieder der Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht werden. Auf Hinweis des Gerichts hat der Bevollmächtigte der Klägerin zu 1) und zu 2) dies auch entsprechend klargestellt.

Es steht auch nicht in Frage, dass die Klage der Klägerin zu 2) unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Durchführung eines Vorverfahrens unzulässig sein könnte, da die oben genannten Grundsätze für eine Übergangszeit bis 30.06.2007 auch für das Verwaltungsverfahren gelten (vgl. BSG, a. a. O.).

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Ge-setzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.03.2006 (BGBl I 558) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die er¬werbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bun¬desrepublik Deutschland haben (Nr. 4).

Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der genannten Fassung erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsge-meinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in der genannten Fassung die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und nach Nr. 4 die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II in der genannten Fassung haben Auszubildende, deren Ausbil-dung u. a. im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II in der genannten Fassung findet Absatz 5 keine Anwendung auf Auszubildende, deren Bedarf sich u. a. – wie hier der Bedarf der Klägerin zu 2) – nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG be-misst.

Zur Bedarfsgemeinschaft gehören damit die Klägerin zu 1) (Nr.1) und die zum Zeitpunkt des Zuzuges zur Klägerin zu 1) 22 Jahre alte Klägerin zu 2) (Nr. 4). Die Übergangsregelung des § 68 SGB II, die lediglich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität geschaffen wurde, um den SGB II-Leistungsträgern ausreichend Zeit für die erforderlichen Umstellungsarbeiten beim Übergang zur neuen Rechtslage zu geben (vgl. BT-Drs. 16/688, Seite 15) findet vorliegend keine Anwendung, da die Beklagte den Zuzug der Klägerin zu 2) unter dem Aspekt einer we-sentlichen Änderung der Verhältnisse betrachtet und eine Neuberechnung des Anspruchs vor-genommen hat. Dies zeigt insbesondere die Formulierung "Die bisher in diesem Zusammen-hang ergangenen Entscheidungen werden insoweit aufgehoben".

Nach § 9 Abs. 1 SGB II in der genannten Fassung ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunter-halt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsge-meinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, u. a. nicht aus dem zu berücksich¬tigenden Einkommen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistun-gen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts u. a. nicht aus ihrem eigenem Einkommen beschaf-fen können, das Ein¬kommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen.

Nach § 19 Satz 1 SGB II in der hier insoweit an¬wendbaren Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II (Alg II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kos¬ten für Unterkunft und Heizung sowie unter den Voraussetzungen des § 24 einen befristeten Zuschlag.

Danach hat die Beklagte jeweils zutreffend den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung von §§ 20 Abs. 2 und 22 Abs. 1 SGB II in der genannten Fassung für den Juli 2006 mit 813,43 EUR (Regelleistung = 575,00 EUR, KdU = 238, 43 EUR), für den August 2006 mit 871,99 EUR (Regelleistung = 621,00 EUR, KdU = 250,99 EUR) und für den September 2006 mit 879,07 EUR (Regelleistung = 621,00 EUR, Mehrbedarf für werdende Mütter (anteilig) = 9,40 EUR, KdU = 248,67 EUR) ermittelt.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der oben genannten Fassung Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II sowie bestimmter weiterer hier nicht einschlägiger Leistungen.

Danach hat die Beklagte zunächst zutreffend das monatlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt der Klägerin zu 1) zu Grunde gelegt und um die Freibeträge in Höhe von 100,00 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der genannten Fassung bereinigt. Als weiteres Einkommen der Klägerin zu 1) war die monatliche Rentenzahlung aus der Wit-wenrente i. H. v. 221,00 EUR zu berücksichtigen.

Das zu Grunde zu legende Einkommen der Klägerin zu 2) resultiert aus der bis 30.09.2006 i. H. v. monatlich 95,80 EUR gezahlten Waisenrente sowie zusätzlich aus Kindergeld i. H. v. 154,00 EUR (für Juli anteilig i. H. v. 128,33 EUR).

Die Einkünfte der Klägerin zu 2) aus dem monatlich i. H. v. 192,00 EUR gezahlten BAföG sind hingegen gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a) SGB II in der oben genannten Fassung nicht zu berück-sichtigen. Danach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbe-stimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären.

Um eine solche zweckbestimmte Einnahme handelt es sich bei der streitgegenständlichen BA-föG-Leistung.

Nach § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbil-dung geleistet. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gilt als monatlicher Bedarf für Schüler von Berufsfachschulen und Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, 192,00 EUR. Nach dem Wortlaut wird nicht auf den tatsächlichen Bedarf des Empfängers abgestellt, son-dern der Bedarf pauschaliert. Eine Aufschlüsselung des Bedarfs in einen Anteil für den Le-bensunterhalt und einen Anteil für die Ausbildung findet nicht statt. Der geringe Grundbedarf-satz von 192,00 EUR rechtfertigt sich dabei aus der Überlegung, dass der Empfänger noch im Haushalt eines Elternteils oder der Eltern untergebracht ist und daher für ihn Lebensunterhal-tungskosten in geringerer Höhe anfallen, wie auch die höheren Bedarfssätze für außerhalb des Elternhauses wohnende Schüler dokumentieren, § 12 Abs. 2 Satz 1 BAföG. Die Bewilligung der BAföG-Förderung setzt gemäß § 2 BAföG voraus, dass die Ausbildungs-stätte auch besucht wird, es besteht also ein Kausalzusammenhang. Vorliegend muss die Klä-gerin zu 2) bereits ein monatliches Schulgeld i. H. v. 198,00 EUR aufwenden, um ihre Ausbil-dungsstätte besuchen zu können. Ohne die Schulgeldzahlung könnte die Klägerin die Ausbil-dung nicht durchführen und hätte damit keinen Anspruch auf die Leistungen nach dem BAföG. Würde die BAföG-Zahlung bei nachgewiesenen ausbildungsbedingten Kosten vollständig oder – wie hier teilweise – als Einkommen i. S. d. SGB II berücksichtigt werden, würde der vorran-gige Zweck des BAföG, nämlich das Absolvieren einer Ausbildung zu ermöglichen, außer Kraft gesetzt. SGB II-Leistungsempfänger nur auf schulgeldfreie oder wohnortnahe Ausbil-dungen zu verweisen, hält die Kammer nicht für vertretbar. Schließlich ist festzuhalten, dass dem SGB II das Bedarfsdeckungsprinzip zu Grunde liegt. Daher hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Regelung in § 7 Abs. 6 SGB II bewusst u. a. die Bezieher des "Mini-BAföG" nicht aus der Anspruchsberechtigung herausgenommen, son-dern den Weg zur Bedürftigkeitsprüfung für diese Gruppe eröffnet. Sobald aber das BAföG ausbildungsbedingt– wie hier – nachweislich nicht mehr zur Deckung des Bedarfs zur Verfü-gung steht, kann es die (Bedarfs-)Lage des Empfängers auch nicht mehr günstig beeinflussen.

Wollte man der Argumentation der Beklagten folgen und die BAföG-Leistungen als Einnah-men i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sehen, wären jedenfalls das gezahlte Schulgeld und die Fahrtkosten nach Absatz 2 Nr. 5 unter Berücksichtigung des Kausalitätsgedankens als mit der Erzielung des Einkommens verbundene Ausgaben abzusetzen. Dem Wortlaut der Regelung lässt sich eine Einschränkung auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht entnehmen. Dagegen spricht auch, dass der Gesetzgeber ausdrücklich für erwerbstätige Einkommensbezieher in § 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II und in Absatz 2 Satz 2 spezielle Regelungen geschaffen hat. Aus der Alg II-V ergibt sich nichts anderes, da diese Verordnung nur die Modalitäten der Einkommensbe-rechnung regelt, nicht aber Anwendungsfragen zu § 11 Abs. 2 SGB II (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.03.2007, L 32 B 399/07 AS ER).

Im Ergebnis resultiert aus der Nichtanrechenbarkeit der BAföG-Leistungen, auch unter Be-rücksichtigung der bisher nicht zugrunde gelegten Einnahmen aus der Waisenrente, die die Beklagte in ihre Berechnungen noch einzubeziehen haben wird, ein höherer Anspruch der Klä-gerin zu 1) und zu 2).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da keiner der in § 144 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Fälle vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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