Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 KR 3070/07 KO-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Erinnerung des Antragstellers werden die vom Antragsteller zu tragenden Gerichtskosten des Berufungsverfahrens L 5 KR 624/05 auf 2.238,- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wehrt sich gegen die Festsetzung von Gerichtskosten in einem von ihm geführten Berufungsverfahren betreffend die Verpflichtung zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen. In dem Berufungsverfahren haben am 21.06.2006 und am 30.08.2006 mündliche Verhandlungen stattgefunden. Mit Schriftsatz vom 27.10.2006 haben die Bevollmächtigten des Antragstellers die Durchführung eines dritten Verhandlungstermins beantragt und ihre Zustimmung zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung verweigert. Daraufhin ist mit Verfügung vom 21.12.2006 ein dritter Verhandlungstermin auf den 24.01.2007 festgesetzt worden. Mit Faxkopie vom 22.01.2007 hat der Antragsteller seine Berufung zurückgenommen. Am 09.03.2007 hat der Senat den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 137.000,- Euro festgesetzt.
Die Kostenbeamtin hat mit Verfügung vom die vom Antragsteller zu zahlenden Gerichtsgebühren auf 4.350,- Euro festgesetzt (4.224,- Euro nach KV-Nr. 7120 für das Verfahren im Allgemeinen und 126,- Euro nach KV-Nr. 9002 für 36 vorgenommene Postzustellungen).
Der Antragsteller trat der Gebührenfestsetzung nach der KV-Nr. 7120 mit der Begründung entgegen, diese Gebühr sei nur zur Hälfte angefallen, weil die Berufung vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden sei, mithin in Höhe von lediglich 2.112,- Euro.
Die Kostenbeamtin lehnte eine Änderung der Kostenfestsetzung mit der Begründung ab, dass eine Reduzierung der Gebühr nicht gerechtfertigt erscheine, nachdem bereits zwei mündliche Verhandlungen durchgeführt worden seien.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässige Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 04.06.2007 ist begründet. Die Festsetzung der Kostenbeamtin beruht auf § 1 Nr. 4 GKG, der regelt, dass für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem SGG, soweit danach das GKG anzuwenden ist, die Kosten ausschließlich nach dem GKG erhoben werden. Vorliegend sind Kosten für das Berufungsverfahren nach 197 a SGG nach dem GKG zu erheben. Nach § 3 GKG richten sich die Gebühren nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist; die Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.
Nach der Anlage 1 und der darin enthaltenen KV-Nr. 7120 wird für das Verfahren im Allgemeinen die 4-fache Gebühr nach § 34 GKG fällig. Bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Berufung oder der Klage, bevor die Schrift zur Begründung der Berufung bei Gericht eingegangen ist und vor Ablauf des Tages, an dem die Verfügung mit der Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt wird und vor Ablauf des Tages, an dem die den Beteiligten gesetzte Frist zur Äußerung abgelaufen ist (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG), ermäßigt sich die Gebühr 7120 nach der KV-Nr. 7121 auf 1,0.
Bei der Beendigung des gesamten Verfahrens, wenn nicht Nummer 7121 erfüllt ist, durch Zurücknahme der Berufung oder der Klage vor dem "Schluss der mündlichen Verhandlung", ermäßigt sich die Gebühr nach der KV-Nr. 7122 Nr. 1 Buchstabe a) auf 2,0.
Nach den §§ 106, 112 und 121 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der mündlichen Verhandlung. Dieser Grundsatz besagt, dass mehrere mündliche Verhandlungen als Einheit gelten und der Vortrag eines Beteiligten in gleicher Weise ungeachtet der Frage zu berücksichtigen ist, in welcher von gegebenenfalls mehreren mündlichen Verhandlungen dieser Vortrag erfolgt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 112 Rdnr. 2).
"Schluss der mündlichen Verhandlung" ist in diesem Zusammenhang der Moment, ab dem Beteiligtenvorbringen nicht mehr zu berücksichtigen ist (vgl. § 121 SGG und hierzu BSGE 7, 230). Bei mehreren Verhandlungsterminen gibt es daher nur einen einzigen "Schluss der mündlichen Verhandlung", weil nach jedem Verhandlungstermin, der nicht der letzte ist, noch Beteiligtenvortrag erfolgen kann.
Daher wird auch in der kostenrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten, dass bei den Kostenvorschriften des GKG das Gebührenprivileg bei einer Zurücknahme "vor Verhandlungsschluss" im Sinne des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung auszulegen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, GKG, Rdnr. 5 zu KV 1211 mit Hinweis auf OLG Düsseldorf, MDR 99, 1465).
Demnach ist vorliegend die Berufung vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Sinne von KV-Nr. 7122 des GKG zurückgenommen worden.
Zwar ist einzuräumen, dass das vorliegende Verfahren besonders aufwendig war, weil Beiladungen, mehrere Zeugen und zwei mündliche Verhandlungen mit Beweisaufnahmen erforderlich geworden worden sind. Es ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber das Gebührenprivileg der KV-Nr. 7122 des GKG - und damit den Anreiz zur Berufungsrücknahme - in den Fällen nicht gewähren wollte, in denen bereits eine oder auch mehrere mündliche Verhandlungstermine durchgeführt worden sind. Denn eine Reduzierung von Verwaltungsaufwand lässt sich auch auf diese Weise noch erreichen.
Bei den Wertgebühren nach § 34 GKG beträgt die einfache Gebühr bei einem Streitwert bis 140.000,- Euro 1.056,- Euro; damit ergibt sich eine zweifache Gebühr von 2.112,- Euro (vgl. auch die Anlage 2 zum GKG), die vorliegend zu einer Gesamtgebühr von 2.238,- Euro führt.
Die Kostenfestsetzung war daher antragsgemäß zu korrigieren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 66 Abs. 3 Satz 2 und 3 GKG.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wehrt sich gegen die Festsetzung von Gerichtskosten in einem von ihm geführten Berufungsverfahren betreffend die Verpflichtung zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen. In dem Berufungsverfahren haben am 21.06.2006 und am 30.08.2006 mündliche Verhandlungen stattgefunden. Mit Schriftsatz vom 27.10.2006 haben die Bevollmächtigten des Antragstellers die Durchführung eines dritten Verhandlungstermins beantragt und ihre Zustimmung zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung verweigert. Daraufhin ist mit Verfügung vom 21.12.2006 ein dritter Verhandlungstermin auf den 24.01.2007 festgesetzt worden. Mit Faxkopie vom 22.01.2007 hat der Antragsteller seine Berufung zurückgenommen. Am 09.03.2007 hat der Senat den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 137.000,- Euro festgesetzt.
Die Kostenbeamtin hat mit Verfügung vom die vom Antragsteller zu zahlenden Gerichtsgebühren auf 4.350,- Euro festgesetzt (4.224,- Euro nach KV-Nr. 7120 für das Verfahren im Allgemeinen und 126,- Euro nach KV-Nr. 9002 für 36 vorgenommene Postzustellungen).
Der Antragsteller trat der Gebührenfestsetzung nach der KV-Nr. 7120 mit der Begründung entgegen, diese Gebühr sei nur zur Hälfte angefallen, weil die Berufung vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden sei, mithin in Höhe von lediglich 2.112,- Euro.
Die Kostenbeamtin lehnte eine Änderung der Kostenfestsetzung mit der Begründung ab, dass eine Reduzierung der Gebühr nicht gerechtfertigt erscheine, nachdem bereits zwei mündliche Verhandlungen durchgeführt worden seien.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässige Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 04.06.2007 ist begründet. Die Festsetzung der Kostenbeamtin beruht auf § 1 Nr. 4 GKG, der regelt, dass für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem SGG, soweit danach das GKG anzuwenden ist, die Kosten ausschließlich nach dem GKG erhoben werden. Vorliegend sind Kosten für das Berufungsverfahren nach 197 a SGG nach dem GKG zu erheben. Nach § 3 GKG richten sich die Gebühren nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist; die Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.
Nach der Anlage 1 und der darin enthaltenen KV-Nr. 7120 wird für das Verfahren im Allgemeinen die 4-fache Gebühr nach § 34 GKG fällig. Bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Berufung oder der Klage, bevor die Schrift zur Begründung der Berufung bei Gericht eingegangen ist und vor Ablauf des Tages, an dem die Verfügung mit der Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt wird und vor Ablauf des Tages, an dem die den Beteiligten gesetzte Frist zur Äußerung abgelaufen ist (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG), ermäßigt sich die Gebühr 7120 nach der KV-Nr. 7121 auf 1,0.
Bei der Beendigung des gesamten Verfahrens, wenn nicht Nummer 7121 erfüllt ist, durch Zurücknahme der Berufung oder der Klage vor dem "Schluss der mündlichen Verhandlung", ermäßigt sich die Gebühr nach der KV-Nr. 7122 Nr. 1 Buchstabe a) auf 2,0.
Nach den §§ 106, 112 und 121 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der mündlichen Verhandlung. Dieser Grundsatz besagt, dass mehrere mündliche Verhandlungen als Einheit gelten und der Vortrag eines Beteiligten in gleicher Weise ungeachtet der Frage zu berücksichtigen ist, in welcher von gegebenenfalls mehreren mündlichen Verhandlungen dieser Vortrag erfolgt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 112 Rdnr. 2).
"Schluss der mündlichen Verhandlung" ist in diesem Zusammenhang der Moment, ab dem Beteiligtenvorbringen nicht mehr zu berücksichtigen ist (vgl. § 121 SGG und hierzu BSGE 7, 230). Bei mehreren Verhandlungsterminen gibt es daher nur einen einzigen "Schluss der mündlichen Verhandlung", weil nach jedem Verhandlungstermin, der nicht der letzte ist, noch Beteiligtenvortrag erfolgen kann.
Daher wird auch in der kostenrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten, dass bei den Kostenvorschriften des GKG das Gebührenprivileg bei einer Zurücknahme "vor Verhandlungsschluss" im Sinne des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung auszulegen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, GKG, Rdnr. 5 zu KV 1211 mit Hinweis auf OLG Düsseldorf, MDR 99, 1465).
Demnach ist vorliegend die Berufung vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Sinne von KV-Nr. 7122 des GKG zurückgenommen worden.
Zwar ist einzuräumen, dass das vorliegende Verfahren besonders aufwendig war, weil Beiladungen, mehrere Zeugen und zwei mündliche Verhandlungen mit Beweisaufnahmen erforderlich geworden worden sind. Es ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber das Gebührenprivileg der KV-Nr. 7122 des GKG - und damit den Anreiz zur Berufungsrücknahme - in den Fällen nicht gewähren wollte, in denen bereits eine oder auch mehrere mündliche Verhandlungstermine durchgeführt worden sind. Denn eine Reduzierung von Verwaltungsaufwand lässt sich auch auf diese Weise noch erreichen.
Bei den Wertgebühren nach § 34 GKG beträgt die einfache Gebühr bei einem Streitwert bis 140.000,- Euro 1.056,- Euro; damit ergibt sich eine zweifache Gebühr von 2.112,- Euro (vgl. auch die Anlage 2 zum GKG), die vorliegend zu einer Gesamtgebühr von 2.238,- Euro führt.
Die Kostenfestsetzung war daher antragsgemäß zu korrigieren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 66 Abs. 3 Satz 2 und 3 GKG.
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