Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 419/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Der Bescheid vom 04.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2001 wird aufgehoben. 2.Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Künstlersozialabgabe.
Der Kläger ist eingetragener Verein mit Sitz in M. Er wurde 1991 gegründet, um - nach eigenen Angaben - den Namen des Orchesters rechtlich zu schützen. In § 2 der Vereinssatzung wird der Vereinszweck wie folgt beschrieben: "Zweck des Vereins ist die Aufführung hochrangiger Konzerte, die auch der Pflege selten aufgeführter Werke der klassischen und der zeitgenössischen Musikliteratur dienen sowie die Durchführung von Gastspielreisen und Platteneinspielungen in dem genannten Sinne. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnittes "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Er ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ..."
Nach § 5 der Vereinssatzung besteht der Vorstand aus drei Vereinsmitgliedern, dem Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vorsitzenden und dem Geschäftsführer.
Der Verein selbst hat sieben Mitglieder, die ihrerseits ganz geringfügige Jahresbeiträge zahlen. Der Verein erzielt keine Einnahmen.
Das Orchester X T M setzt sich aus führenden Musikern aus ca. acht nordrhein-westfälischen Orchestern zusammen, die unter Leitung von K jährlich mehrere Konzerte geben und auch Tourneen durchführen. Repertoire-Schwerpunkte ist die musikalische Literatur der Klassik, frühen Romantik und klassischen Moderne. Die Orchestermitglieder haben ausschließlich feste Anstellungsverträge bei anderen nordrhein-westfälischen Orchestern, bei denen sie hauptberuflich tätig sind und wirken im Orchester der X T M lediglich auf Honorarbasis, die für jede Aufführung vereinbart wird, mit. Die Organisation und Vertragsabwicklung liegt in den Händen der Konzertagentur "B1 J - J N1 N2 - Mitglied des Verbandes der E L.V.", geleitet von B2. Die Künsteragentur tritt dabei nicht als Konzertveranstalter auf. Sobald ein Konzertveranstalter, z.B. eine Kommune, der Konzertagentur den Auftrag zur Durchführung eines Konzertes mit der X Q M erteilt, vereinbart die Konzertagentur mit dem Konzertveranstalter ein Gesamtbudget, stimmt mit dem Konzertveranstalter und dem Dirigenten das Programm ab und schließt mit den für dieses Programm erforderlichen Musikern entsprechende Honorarverträge ab. Die Einnahmen aus dem Kartenverkauf gehen an den Konzertveranstalter. Der Kläger hat keinerlei Einfluss auf diesen Ablauf.
Mit Bescheid vom 04.09.2001 stellte die Beklagte fest, der Kläger sei gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG grundsätzlich zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet, weil er als Unternehmer ein Orchester betreibe, dessen Zweck überwiegend darauf gerichtet sei, künstlerische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten. Laut der Vereinssatzung sei Zweck des Vereins die Aufführung hochrangiger Konzerte sowie die Durchführung von Gastspielreisen und Platteneinspielungen. Seit 1996 würden ca. 10 Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt. Nach den Musterverträgen würden die Musiker auf Honorarbasis beschäftigt und seien somit selbständig für den Beklagten tätig. Die Honorare seien daher in die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe einzubeziehen und der Beklagten zu melden.
Dagegen hat der Kläger am 15.10.2001 Widerspruch erhoben. Die Musiker seien nicht selbständig, sondern in festen Anstellungsverhältnissen tätig. Dem Kläger flössen auch keinerlei Einnahmen aus den Konzerten zu. Der Kläger sei somit kein Endverwerter künstlerischer Leistungen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2001 als unbegründet zurück. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.09.2001 sei zu Recht die grundsätzliche Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG festgestellt worden. Die Abgabepflicht ergebe sich aus dem in der Satzung des Beklagten festgelegten Zwecks des Vereins. Es spiele keine Rolle, dass die Musiker bei anderen Orchestern in festen Anstellungsverhältnissen stünden; maßgeblich sei nur das Rechtsverhältnis der Künstler zum Kläger.
Dagegen hat der Kläger am 20.12.2001 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Der Kläger betreibe weder ein Orchester noch eine Konzertagentur. Er hätte lediglich sieben Mitglieder und erziele keine Einnahmen. Der Kläger fungiere lediglich als Namensgeber des Orchesters. Der Kläger sei somit kein Unternehmer im Sinne des KSVG. Das BSG definiere den Begriff des Unternehmers als jede nachhaltige, d.h. nicht nur gelegentliche Tätigkeit, mit der Einnahmen erzielt werden sollten, ohne dass darüber hinaus ein Gewinn erstrebt werde. Zur Zahlung der Künstlersozialabgabe seien nach Auffassung des Klägers die Konzertveranstalter verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 04.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Auffassung nach sei der Kläger Unternehmer im Sinne des § 24 KSVG. Bei Erfassung von abgabepflichtigen Unternehmern müsste die Beklagte sich danach richten, wer nach außen im Rechtsverkehr aufträte. Für eingetragene Vereine sei insoweit auf den Zweck nach der Satzung abzustellen. Durch die Einbeziehung in den Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen werde zunächst lediglich vermutet, dass Geschäfte getätigt würden, die der Künstlersozialabgabe unterlägen. Die Erhebung der Abgabe werde zum Zwecke eines effektiven Verwaltungsvollzuges auf diese Unternehmen konzentriert. Ein Unternehmer, der entgegen dem niedergelegten Zweck nur eine kunstvermarktende Geschäftstätigkeit ausübe, der jedoch von der Beklagten aufgrund der Zweckrichtung als abgabepflichtig erfasst sei, unterläge zunächst nur der Pflicht, jährlich eine Meldung über die an selbständige Künstler oder Publizisten gezahlten Vergütungen abzugeben. Eine Künstlersozialabgabe falle nur an, soweit im Abrechnungszeitraum Entgelte an selbständige Künstler oder Publizisten gezahlt worden seien. Solange es daran fehle, sei der Beklagten lediglich jährlich eine sogenannte Nullmeldung abzugeben. Die grundsätzliche Abgabepflicht des Klägers unterläge aus Sicht der Beklagten jedoch keinerlei Zweifel: Der Kläger träte als Vertragspartner der Musiker auf, nähme Zahlungen an Dirigenten, Musiker und andere vor und gäbe entsprechende Erklärungen über die Umsätze des eingetragenen Vereins an das Finanzamt ab. Sollte eine Abgabepflicht des Klägers nicht bestehen, müsse die Beklagte zwangsläufig die Abgabe von der beigeladenen Inhaberin der Künstleragentur, Frau B2, prüfen müssen. Entscheidend sei hierbei, für wen die Beigeladene bei Verpflichtung der Musiker und bei Auszahlung der Entgelte und dem Vertragsabschluss mit den Veranstaltern aufgetreten sei. Nach den in der Akte befindlichen Beweismitteln gehe die Beklagte davon aus, dass die Beigeladene, die als Geschäftsführerin des Klägers in das Vereinsregister beim Amtsgericht M eingetragen ist, obwohl sie selbst nicht Mitglied des Klägers sei, bei den genannten Verträgen als Geschäftsführerin des Klägers aufgetreten ist.
Mit Beschluss vom 12.12.2006 hat das Gericht die Inhaberin der Künstleragentur B2 gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.
Das Gericht hat sich vom Kläger exemplarisch Verträge der Beigeladenen mit den Konzertveranstaltern und den Musikern sowie sonstige Abrechnungsunterlagen vorlegen lassen.
Die Beklagte hat vom Finanzamt beigezogene Unterlagen über den Kläger vorgelegt.
Das Gericht hat weiteren Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Auf die Niederschrift der Vernehmung des Dirigenten K vom 23.05.2003 sowie der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beigeladenen Zeugin B2 vom 01.06.2006 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvehalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Beklagte hat zu Unrecht mit Bescheid vom 04.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2001 die grundsätzliche Abgabepflicht des Klägers gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG festgestellt.
Der während des Widerspruchsverfahrens ergangene Bescheid vom 14.11.2001 in der Fassung des während des Gerichtsverfahrens eingegangenen Widerspruchsbescheides vom 09.08.2002 über die aufgrund einer Schätzung festgesetzte Höhe der zu entrichtenden Künstlersozialabgabe ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand dieser Anfechtungsklage geworden. Durch den Abgabebescheid wird der hier angefochtene, die Abgabepflicht grundsätzlich feststellende Erfassungsbescheid weder ersetzt oder abgeändert (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 16.04.1998 - B 3 KR 5/97 R -).
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG ist ein Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, der u.a. ein Orchester betreibt; Voraussetzung ist, dass der Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten.
In § 24 Absatz 1 KSVG ist zwischen dem Begriff des Unternehmers und dem des Unternehmens zu unterscheiden:
Der Begriff des Unternehmens setzt voraus, dass die Tätigkeit "mit einer gewissen Regelmäßigkeit" (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10) bzw "mit Nachhaltigkeit" (BSG SozR 3-5425 § 24 Nrn 6 und 8) ausgeübt wird. Nach Auffassung des BSG ist dies dann der Fall, wenn jährlich mindestens 2 bis 3 Veranstaltungen ausgerichtet werden (BSG Urt. v. 16.04.1998 –B3 KR 5/97 R). In dem Sinne ist das Orchester "X T M" zweifellos ein Unternehmen; es werden jährlich ca. 10 öffentliche Konzerte aufgeführt.
Der Begriff des Unternehmers ist gesetzlich nicht definiert. Das BSG hat den Begriff des Unternehmers daher am Zweck des KSVG ausgerichtet (vgl. BSG Urt.v. 20.04.1994 – 3/12 RK 33/92). Dieser bestehe darin, alle Personen zu erfassen, die Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten in Anspruch nähmen und vermarkten, sofern sie überhaupt ein Unternehmen betrieben; d.h. eine nachhaltige und nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausübten. Unternehmer i.S. des § 24 KSVG seien daher alle natürlichen und juristischen Personen, deren Tätigkeit einem der in dieser Vorschrift genannten Zwecke diene. Eine Gewinnerzielungsabsicht auf Seiten des Vermarkters sei nicht erforderlich (BSG SozR 3-5425 § 24 Nrn 2 und 3). Eine Gemeinnützigkeit stehe der Unternehmenseigenschaft nicht entgegen. Eine Professionalität im Sinne einer Gewinnerzielungsabsicht werde ebenfalls nicht vorausgesetzt. Ausreichend sei vielmehr, dass die Inanspruchnahme künstlerischer Leistungen im Rahmen einer sonstigen nachhaltigen Tätigkeit geschähe, mit der Einnahmen erzielt würden (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 8 und LSG Baden-Württemberg Urt. v. 25.04.2007 - L 5 KR 4654/05 - ).
Der Begriff des Unternehmers setzt somit eine unternehmerische Tätigkeit voraus, d.h. das "Betreiben" eines Unternehmens. Der in § 24 Absatz 1 KSVG enthaltene Begriff: "betreibt" ist ebenfalls gesetzlich nicht definiert. Ohne dass die verschiedensten Formen des Betreibens eines Unternehmens dargelegt werden müssen, lässt sich der Begriff negativ abgrenzen: Von einem Betreiben eines Unternehmens kann dann keine Rede sein, wenn keinerlei Einfluss auf die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird und die Unternehmensführung auch nicht zugerechnet wird.
Im vorliegenden Fall kommen als "Betreiber" des Orchesters der Kläger, ein bisher nicht benannter Förderverein, die beigeladene Künstleragentur und die jeweiligen Konzertveranstalter in Betracht. Streitgegenständlich ist ausschließlich die Frage, ob der Kläger Betreiber des Orchesters ist.
Die regelmäßige Abwicklung der Konzerttätigkeit des Orchesters gestaltete sich wie folgt: Zunächst schloss die Beigeladene mit dem jeweiligen Konzertveranstalter eine Vereinbarung ab, in der Zeit, Ort und Programm der Aufführung sowie das Gesamthonorar vereinbart wurde. Die Beigeladene trat dabei als Vermittler zwischen Veranstalter und den Künstlern (nicht dem Kläger, wie die Beklagte annimmt) auf. Die schriftliche Vereinbarung trug den Briefkopf der Beigeladenen. Soweit die Unterschrift der Beigeladenen den Zusatz enthielt: "i.A. X T M", handelt es sich um die Bezeichnung des Orchesters und nicht um die des Klägers. Zu dem o.g. Gesamthonorar kam häufig noch ein Zuschuss des WSL-Fördervereins. Mit diesem Gesamtbudget musste die Beigeladene die Ausgaben für die Musiker, den Dirigenten, ev. Solisten, Unterkunftskosten, Porto und Kopien sowie die eigene Provision bestreiten. Dementsprechend schloss sie mit den einzelnen Musikern, dem Dirigenten und den Solisten Honorarvereinbarungen mit Schreiben, die den Briefkopf der Beigeladenen trugen, ab. Die Zahlungen wurden über ein von der Beigeladenen seit November 2002 eingerichtetes Sonderkonto für Angelegenheiten der X T M abgewickelt. Das vor November 2002 benutzte Konto des Klägers wurde nach Beanstandung auf die Beigeladene umgeschrieben.
Nach diesen Organisationsstrukturen nahm der Kläger überhaupt keinen Einfluss auf Art und Umfang, Organisation und Abwicklung der Konzerttätigkeit des Orchesters. Vertragsabschlüsse, Zahlungen und Verbindlichkeiten sind ihm auch nicht zuzurechnen. Zwar benutzte die Beigeladene für die Zeit bis November 2002 für den Zahlungsverkehr ein Konto des Klägers. Dieser Zahlungsverkehr ist dem Kläger jedoch nicht zuzurechnen, da die Zahlungen nicht der Erfüllung von Verbindlichkeiten des Klägers dienten: Die Honorarverträge waren nicht im Namen des e.V. geschlossen worden. Außerdem setzte die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des eingetragenen Vereins laut veröffentlichter Satzung die Erklärung von zwei Vorstandsmitgliedern voraus.
Für die Zeit ab November 2002 wurde nicht einmal ein Konto des Klägers benutzt.
Der Kläger ist somit entgegen der Ansicht der Beklagten weder als Vertragspartner der Konzertveranstalter noch der Musiker aufgetreten, noch hat er Zahlungen an Musiker und Dirigenten vorgenommen. Die an das Finanzamt abgegebenen Erklärungen über den Zahlungsverkehr beziehen sich einerseits auf die Zahlungen an die Musiker; der Rückschluss, dass es sich insofern um Ausgaben des Klägers gehandelt hat, kann andererseits daraus jedoch nicht gezogen werden: Wegen der erteilten Null-Bescheide bestand keine Möglichkeit, sich gegen eine beim Finanzamt ev. vorhandene Auffassung über die grundsätzliche Körperschaftsteuerpflichtigkeit zur Wehr zu setzen.
Der Kläger hat somit kein Unternehmen betrieben und ist daher kein Unternehmer im Sinne von § 24 Absatz 1 KSVG.
Der angefochtene Erfassungsbescheid ist daher rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis 01.01.2002 geltenden Fassung; diese Fassung ist hier noch anzuwenden, da die Klage vor dem 02.01.2002 erhoben wurde.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Künstlersozialabgabe.
Der Kläger ist eingetragener Verein mit Sitz in M. Er wurde 1991 gegründet, um - nach eigenen Angaben - den Namen des Orchesters rechtlich zu schützen. In § 2 der Vereinssatzung wird der Vereinszweck wie folgt beschrieben: "Zweck des Vereins ist die Aufführung hochrangiger Konzerte, die auch der Pflege selten aufgeführter Werke der klassischen und der zeitgenössischen Musikliteratur dienen sowie die Durchführung von Gastspielreisen und Platteneinspielungen in dem genannten Sinne. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnittes "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Er ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ..."
Nach § 5 der Vereinssatzung besteht der Vorstand aus drei Vereinsmitgliedern, dem Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vorsitzenden und dem Geschäftsführer.
Der Verein selbst hat sieben Mitglieder, die ihrerseits ganz geringfügige Jahresbeiträge zahlen. Der Verein erzielt keine Einnahmen.
Das Orchester X T M setzt sich aus führenden Musikern aus ca. acht nordrhein-westfälischen Orchestern zusammen, die unter Leitung von K jährlich mehrere Konzerte geben und auch Tourneen durchführen. Repertoire-Schwerpunkte ist die musikalische Literatur der Klassik, frühen Romantik und klassischen Moderne. Die Orchestermitglieder haben ausschließlich feste Anstellungsverträge bei anderen nordrhein-westfälischen Orchestern, bei denen sie hauptberuflich tätig sind und wirken im Orchester der X T M lediglich auf Honorarbasis, die für jede Aufführung vereinbart wird, mit. Die Organisation und Vertragsabwicklung liegt in den Händen der Konzertagentur "B1 J - J N1 N2 - Mitglied des Verbandes der E L.V.", geleitet von B2. Die Künsteragentur tritt dabei nicht als Konzertveranstalter auf. Sobald ein Konzertveranstalter, z.B. eine Kommune, der Konzertagentur den Auftrag zur Durchführung eines Konzertes mit der X Q M erteilt, vereinbart die Konzertagentur mit dem Konzertveranstalter ein Gesamtbudget, stimmt mit dem Konzertveranstalter und dem Dirigenten das Programm ab und schließt mit den für dieses Programm erforderlichen Musikern entsprechende Honorarverträge ab. Die Einnahmen aus dem Kartenverkauf gehen an den Konzertveranstalter. Der Kläger hat keinerlei Einfluss auf diesen Ablauf.
Mit Bescheid vom 04.09.2001 stellte die Beklagte fest, der Kläger sei gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG grundsätzlich zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet, weil er als Unternehmer ein Orchester betreibe, dessen Zweck überwiegend darauf gerichtet sei, künstlerische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten. Laut der Vereinssatzung sei Zweck des Vereins die Aufführung hochrangiger Konzerte sowie die Durchführung von Gastspielreisen und Platteneinspielungen. Seit 1996 würden ca. 10 Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt. Nach den Musterverträgen würden die Musiker auf Honorarbasis beschäftigt und seien somit selbständig für den Beklagten tätig. Die Honorare seien daher in die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe einzubeziehen und der Beklagten zu melden.
Dagegen hat der Kläger am 15.10.2001 Widerspruch erhoben. Die Musiker seien nicht selbständig, sondern in festen Anstellungsverhältnissen tätig. Dem Kläger flössen auch keinerlei Einnahmen aus den Konzerten zu. Der Kläger sei somit kein Endverwerter künstlerischer Leistungen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2001 als unbegründet zurück. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.09.2001 sei zu Recht die grundsätzliche Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG festgestellt worden. Die Abgabepflicht ergebe sich aus dem in der Satzung des Beklagten festgelegten Zwecks des Vereins. Es spiele keine Rolle, dass die Musiker bei anderen Orchestern in festen Anstellungsverhältnissen stünden; maßgeblich sei nur das Rechtsverhältnis der Künstler zum Kläger.
Dagegen hat der Kläger am 20.12.2001 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Der Kläger betreibe weder ein Orchester noch eine Konzertagentur. Er hätte lediglich sieben Mitglieder und erziele keine Einnahmen. Der Kläger fungiere lediglich als Namensgeber des Orchesters. Der Kläger sei somit kein Unternehmer im Sinne des KSVG. Das BSG definiere den Begriff des Unternehmers als jede nachhaltige, d.h. nicht nur gelegentliche Tätigkeit, mit der Einnahmen erzielt werden sollten, ohne dass darüber hinaus ein Gewinn erstrebt werde. Zur Zahlung der Künstlersozialabgabe seien nach Auffassung des Klägers die Konzertveranstalter verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 04.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Auffassung nach sei der Kläger Unternehmer im Sinne des § 24 KSVG. Bei Erfassung von abgabepflichtigen Unternehmern müsste die Beklagte sich danach richten, wer nach außen im Rechtsverkehr aufträte. Für eingetragene Vereine sei insoweit auf den Zweck nach der Satzung abzustellen. Durch die Einbeziehung in den Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen werde zunächst lediglich vermutet, dass Geschäfte getätigt würden, die der Künstlersozialabgabe unterlägen. Die Erhebung der Abgabe werde zum Zwecke eines effektiven Verwaltungsvollzuges auf diese Unternehmen konzentriert. Ein Unternehmer, der entgegen dem niedergelegten Zweck nur eine kunstvermarktende Geschäftstätigkeit ausübe, der jedoch von der Beklagten aufgrund der Zweckrichtung als abgabepflichtig erfasst sei, unterläge zunächst nur der Pflicht, jährlich eine Meldung über die an selbständige Künstler oder Publizisten gezahlten Vergütungen abzugeben. Eine Künstlersozialabgabe falle nur an, soweit im Abrechnungszeitraum Entgelte an selbständige Künstler oder Publizisten gezahlt worden seien. Solange es daran fehle, sei der Beklagten lediglich jährlich eine sogenannte Nullmeldung abzugeben. Die grundsätzliche Abgabepflicht des Klägers unterläge aus Sicht der Beklagten jedoch keinerlei Zweifel: Der Kläger träte als Vertragspartner der Musiker auf, nähme Zahlungen an Dirigenten, Musiker und andere vor und gäbe entsprechende Erklärungen über die Umsätze des eingetragenen Vereins an das Finanzamt ab. Sollte eine Abgabepflicht des Klägers nicht bestehen, müsse die Beklagte zwangsläufig die Abgabe von der beigeladenen Inhaberin der Künstleragentur, Frau B2, prüfen müssen. Entscheidend sei hierbei, für wen die Beigeladene bei Verpflichtung der Musiker und bei Auszahlung der Entgelte und dem Vertragsabschluss mit den Veranstaltern aufgetreten sei. Nach den in der Akte befindlichen Beweismitteln gehe die Beklagte davon aus, dass die Beigeladene, die als Geschäftsführerin des Klägers in das Vereinsregister beim Amtsgericht M eingetragen ist, obwohl sie selbst nicht Mitglied des Klägers sei, bei den genannten Verträgen als Geschäftsführerin des Klägers aufgetreten ist.
Mit Beschluss vom 12.12.2006 hat das Gericht die Inhaberin der Künstleragentur B2 gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.
Das Gericht hat sich vom Kläger exemplarisch Verträge der Beigeladenen mit den Konzertveranstaltern und den Musikern sowie sonstige Abrechnungsunterlagen vorlegen lassen.
Die Beklagte hat vom Finanzamt beigezogene Unterlagen über den Kläger vorgelegt.
Das Gericht hat weiteren Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Auf die Niederschrift der Vernehmung des Dirigenten K vom 23.05.2003 sowie der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beigeladenen Zeugin B2 vom 01.06.2006 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvehalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Beklagte hat zu Unrecht mit Bescheid vom 04.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2001 die grundsätzliche Abgabepflicht des Klägers gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG festgestellt.
Der während des Widerspruchsverfahrens ergangene Bescheid vom 14.11.2001 in der Fassung des während des Gerichtsverfahrens eingegangenen Widerspruchsbescheides vom 09.08.2002 über die aufgrund einer Schätzung festgesetzte Höhe der zu entrichtenden Künstlersozialabgabe ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand dieser Anfechtungsklage geworden. Durch den Abgabebescheid wird der hier angefochtene, die Abgabepflicht grundsätzlich feststellende Erfassungsbescheid weder ersetzt oder abgeändert (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 16.04.1998 - B 3 KR 5/97 R -).
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG ist ein Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, der u.a. ein Orchester betreibt; Voraussetzung ist, dass der Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten.
In § 24 Absatz 1 KSVG ist zwischen dem Begriff des Unternehmers und dem des Unternehmens zu unterscheiden:
Der Begriff des Unternehmens setzt voraus, dass die Tätigkeit "mit einer gewissen Regelmäßigkeit" (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10) bzw "mit Nachhaltigkeit" (BSG SozR 3-5425 § 24 Nrn 6 und 8) ausgeübt wird. Nach Auffassung des BSG ist dies dann der Fall, wenn jährlich mindestens 2 bis 3 Veranstaltungen ausgerichtet werden (BSG Urt. v. 16.04.1998 –B3 KR 5/97 R). In dem Sinne ist das Orchester "X T M" zweifellos ein Unternehmen; es werden jährlich ca. 10 öffentliche Konzerte aufgeführt.
Der Begriff des Unternehmers ist gesetzlich nicht definiert. Das BSG hat den Begriff des Unternehmers daher am Zweck des KSVG ausgerichtet (vgl. BSG Urt.v. 20.04.1994 – 3/12 RK 33/92). Dieser bestehe darin, alle Personen zu erfassen, die Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten in Anspruch nähmen und vermarkten, sofern sie überhaupt ein Unternehmen betrieben; d.h. eine nachhaltige und nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausübten. Unternehmer i.S. des § 24 KSVG seien daher alle natürlichen und juristischen Personen, deren Tätigkeit einem der in dieser Vorschrift genannten Zwecke diene. Eine Gewinnerzielungsabsicht auf Seiten des Vermarkters sei nicht erforderlich (BSG SozR 3-5425 § 24 Nrn 2 und 3). Eine Gemeinnützigkeit stehe der Unternehmenseigenschaft nicht entgegen. Eine Professionalität im Sinne einer Gewinnerzielungsabsicht werde ebenfalls nicht vorausgesetzt. Ausreichend sei vielmehr, dass die Inanspruchnahme künstlerischer Leistungen im Rahmen einer sonstigen nachhaltigen Tätigkeit geschähe, mit der Einnahmen erzielt würden (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 8 und LSG Baden-Württemberg Urt. v. 25.04.2007 - L 5 KR 4654/05 - ).
Der Begriff des Unternehmers setzt somit eine unternehmerische Tätigkeit voraus, d.h. das "Betreiben" eines Unternehmens. Der in § 24 Absatz 1 KSVG enthaltene Begriff: "betreibt" ist ebenfalls gesetzlich nicht definiert. Ohne dass die verschiedensten Formen des Betreibens eines Unternehmens dargelegt werden müssen, lässt sich der Begriff negativ abgrenzen: Von einem Betreiben eines Unternehmens kann dann keine Rede sein, wenn keinerlei Einfluss auf die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird und die Unternehmensführung auch nicht zugerechnet wird.
Im vorliegenden Fall kommen als "Betreiber" des Orchesters der Kläger, ein bisher nicht benannter Förderverein, die beigeladene Künstleragentur und die jeweiligen Konzertveranstalter in Betracht. Streitgegenständlich ist ausschließlich die Frage, ob der Kläger Betreiber des Orchesters ist.
Die regelmäßige Abwicklung der Konzerttätigkeit des Orchesters gestaltete sich wie folgt: Zunächst schloss die Beigeladene mit dem jeweiligen Konzertveranstalter eine Vereinbarung ab, in der Zeit, Ort und Programm der Aufführung sowie das Gesamthonorar vereinbart wurde. Die Beigeladene trat dabei als Vermittler zwischen Veranstalter und den Künstlern (nicht dem Kläger, wie die Beklagte annimmt) auf. Die schriftliche Vereinbarung trug den Briefkopf der Beigeladenen. Soweit die Unterschrift der Beigeladenen den Zusatz enthielt: "i.A. X T M", handelt es sich um die Bezeichnung des Orchesters und nicht um die des Klägers. Zu dem o.g. Gesamthonorar kam häufig noch ein Zuschuss des WSL-Fördervereins. Mit diesem Gesamtbudget musste die Beigeladene die Ausgaben für die Musiker, den Dirigenten, ev. Solisten, Unterkunftskosten, Porto und Kopien sowie die eigene Provision bestreiten. Dementsprechend schloss sie mit den einzelnen Musikern, dem Dirigenten und den Solisten Honorarvereinbarungen mit Schreiben, die den Briefkopf der Beigeladenen trugen, ab. Die Zahlungen wurden über ein von der Beigeladenen seit November 2002 eingerichtetes Sonderkonto für Angelegenheiten der X T M abgewickelt. Das vor November 2002 benutzte Konto des Klägers wurde nach Beanstandung auf die Beigeladene umgeschrieben.
Nach diesen Organisationsstrukturen nahm der Kläger überhaupt keinen Einfluss auf Art und Umfang, Organisation und Abwicklung der Konzerttätigkeit des Orchesters. Vertragsabschlüsse, Zahlungen und Verbindlichkeiten sind ihm auch nicht zuzurechnen. Zwar benutzte die Beigeladene für die Zeit bis November 2002 für den Zahlungsverkehr ein Konto des Klägers. Dieser Zahlungsverkehr ist dem Kläger jedoch nicht zuzurechnen, da die Zahlungen nicht der Erfüllung von Verbindlichkeiten des Klägers dienten: Die Honorarverträge waren nicht im Namen des e.V. geschlossen worden. Außerdem setzte die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des eingetragenen Vereins laut veröffentlichter Satzung die Erklärung von zwei Vorstandsmitgliedern voraus.
Für die Zeit ab November 2002 wurde nicht einmal ein Konto des Klägers benutzt.
Der Kläger ist somit entgegen der Ansicht der Beklagten weder als Vertragspartner der Konzertveranstalter noch der Musiker aufgetreten, noch hat er Zahlungen an Musiker und Dirigenten vorgenommen. Die an das Finanzamt abgegebenen Erklärungen über den Zahlungsverkehr beziehen sich einerseits auf die Zahlungen an die Musiker; der Rückschluss, dass es sich insofern um Ausgaben des Klägers gehandelt hat, kann andererseits daraus jedoch nicht gezogen werden: Wegen der erteilten Null-Bescheide bestand keine Möglichkeit, sich gegen eine beim Finanzamt ev. vorhandene Auffassung über die grundsätzliche Körperschaftsteuerpflichtigkeit zur Wehr zu setzen.
Der Kläger hat somit kein Unternehmen betrieben und ist daher kein Unternehmer im Sinne von § 24 Absatz 1 KSVG.
Der angefochtene Erfassungsbescheid ist daher rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis 01.01.2002 geltenden Fassung; diese Fassung ist hier noch anzuwenden, da die Klage vor dem 02.01.2002 erhoben wurde.
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