L 7 SO 4110/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SO 2961/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4110/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 14. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht Ulm (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)).

Die vom Antragsteller erstrebte Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kommt nicht in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4211/05 ER-B - und vom 12. Dezember 2005 - L 7 SO 4756/05 ER-B - (beide m.w.N.)). Erst dann ist zu prüfen, ob der Antrag begründet ist, nämlich ob ein Anordnungsanspruch, also die Erfolgsaussicht in der Hauptsache, sowie ein Anordnungsgrund, d.h. die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, bestehen und hinreichend glaubhaft gemacht sind (vgl. hierzu etwa Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Eilantrags sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O. (beide m.w.N.)).

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht gegeben. Es ist schon nicht ohne weiteres erkennbar, was der Antragsteller mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen möchte. Zumindest hat er aber im Beschwerdeverfahren klargestellt, dass es ihm mit seinem Eilantrag nicht um ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs (vgl. § 23 BSHG) geht. Einem solchen Begehren hätte im Übrigen jedenfalls für die Zeit vom 14. Januar 2003 bis 22. Mai 2004 das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. Mai 2006 - 1 K 1398/05 - entgegengestanden, mit welchem Ansprüche des Antragstellers auf HLU für den genannten Zeitraum verneint worden sind. Wegen der Rechtskraft des vorbezeichneten Urteils wäre ein derartiges Verlangen auf vorläufigen Rechtsschutz schon nicht statthaft, denn insoweit mangelt es bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis, bezüglich dessen mit einem Eilantrag eine vorläufige Regelung erstrebt werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2007 - L 7 AS 2050/07 ER-B - (juris; m.w.N.)).

Soweit ersichtlich, möchte der Antragsteller mit seinem Eilrechtsbegehren eine Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin über einen von ihm gestellten Antrag erreichen, welche seiner Auffassung nach noch nicht getroffen ist; gleichzeitig mit dem Antrag auf einstweilige Anordnung hat er am 2. August 2007 zum Verfahren S 10 SO 2962/07 auch eine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) erhoben. Das Verlangen des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz dürfte sich jedoch nicht auf den bei der Antragsgegnerin am 20. April 2007 gestellten Antrag (formuliert auf "sofortige Finanzmittel, Überbrückungsgeld od. Ähnliches") sowie seine Faxe vom 16. Juli und 24. Juli 2007 sowie vom 2. und 3. August 2007 beziehen, sofern er hiermit Leistungen nach dem ab 1. Januar 2005 geltenden Recht, beispielsweise in Form der in § 8 Nrn. 3 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) genannten Hilfen (i.V.m. den Kapiteln Fünf bis Neun des SGB XII; vgl. §§ 47 ff., §§ 53 ff, §§ 61 ff., § 67 ff., §§ 70 ff. SGB XII) begehrt haben sollte. Denn sowohl in dem am 2. August 2007 beim SG zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gestellten Antrag auf einstweilige Anordnung als auch in der Beschwerdeschrift hat der Antragsteller deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er eine Bescheidung seines am 30. Dezember 2002 bei der Antragsgegnerin gestellten Antrags auf Hilfe in besondere Lebenslagen nach dem BSHG erreichen möchte, den er im Klageverfahren S 10 SO 2391/06 in der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2007 auf die Zeit vom 23. Mai bis 31. Dezember 2004 eingegrenzt hatte, ohne freilich den geltend gemachten Bedarf mit Blick auf die in § 27 Abs. 1 BSHG aufgeführten Hilfearten zu konkretisieren. Aus all dem dürfte zu schließen sein, dass es dem Antragsteller im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht um Leistungen nach den das BSHG ab 1. Januar 2005 abgelöst habenden Rechtsvorschriften geht. Zudem hat die Antragsgegnerin mittlerweile den Bescheid vom 3. August 2007 über die Ablehnung der Gewährung von Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII erlassen, den der Antragsteller am 13. August 2007 mit dem Rechtsbehelf des Widerspruch angegriffen hat, sodass auch mit einer baldigen Widerspruchsentscheidung zu rechnen ist. Soweit an Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII) zu denken wäre, hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller im Übrigen mit Schreiben vom 3. August 2007 Antragsformulare übersandt, die dieser jedoch bislang (nebst den geforderten ergänzenden Unterlagen) trotz Fristsetzung zum 31. August 2007 nicht vollständig zurückgereicht hat; er ist deswegen von der Antragsgegnerin unter dem 11. September 2007 nochmals angeschrieben worden. Dagegen dürften Hilfen zur Gesundheit nach den §§ 47 ff. SGB XII ohnedies schon deswegen nicht in Betracht kommen, weil der Antragsteller gesetzlich krankenversichert ist; Leistungen nach den §§ 67 ff. und 70 ff. SGB XII dürften von vornherein ausscheiden. Bezüglich des einmalige Beihilfen nach § 23 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ablehnenden Bescheids vom 3. August 2007 (Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007) hat der Antragsteller zwischenzeitlich bereits wieder Klage zum SG (S 4 AS 3372/07) erhoben.

Soweit sich aber das Begehren des Antragstellers auf Bescheidung eines im 30. Dezember 2002 gestellten Antrags auf eine der in § 27 Abs. 1 BSHG genannten Hilfen in besonderen Lebenslagen im Zeitraum bis 31. Dezember 2004 richten sollte, fehlt es - ungeachtet des vom Antragsteller nicht definierten und damit nicht glaubhaft gemachten Bedarfs - bereits am Anordnungsgrund, weil weit zurückliegende Zeiträume betroffen sind. Mangels des in § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG verlangten Gegenwartsbezugs (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B (beide juris)) ist die für die einstweilige Anordnung zu fordernde besondere Dringlichkeit des Begehrens nicht erkennbar, zumal der Antragsteller aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer, darüber hinaus Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung, aus einer Betriebsrente, aus der ungarischen Sozialversicherung sowie ferner aus der sozialen Pflegeversicherung Pflegegeld nach der Pflegestufe I beziehen und seine Ehefrau nach wie vor über eigenes Erwerbseinkommen verfügen dürfte, sodass der Lebensunterhalt der Familie nach Aktenlage gegenwärtig gesichert erscheint.

Dem Antragsteller ist es nach allem zumutbar, den Ausgang des Klageverfahrens S 10 SO 2962/07 abzuwarten, welche eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hat, wobei freilich dort noch zu klären wäre, welche der in § 27 Abs. 1 BSHG aufgeführten Hilfearten er am 30. Dezember 2002 beantragt und über welche dieser Anträge eine Verwaltungsentscheidung noch nicht ergangen sein soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Rechtskraft
Aus
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